03 - Verlauf (Allgemein) einer Neoblasenoperation

nicht übernehmen




Fragen0051.mp3


Bei der Operation werden beim Mann die Harnblase, die Prostata und Samenblasen entfernt. Bei Frauen werden in der Regel neben der Blasenentfernung die Gebärmutter, die Eileiter und
Eierstöcke sowie der an den Muttermund angrenzende vordere Teil der Scheide entfernt. Die möglichen Risiken, Komplikationen und Alternativen zum geplanten Eingriff werden wir Ihnen
in einem persönlichen Gespräch erklären und Ihr Einverständnis dokumentieren. Damit der weitere Ablauf des Urins gewährleistet ist, wird bei Ihnen die Harnableitung über eine
neu konstruierte Harnblase aus eigenen Darmanteilen (Neoblase) angestrebt.

  • Ablauf des stationären Aufenthaltes:
    Nach der Operation verbringen Sie die erste Nacht auf der Wachstation und kommen am Folgetag in Ihr Zimmer zurück. In der Regel können Sie nach gut drei Wochen das Krankenhaus wieder verlassen. Während des stationären Aufenthaltes findet ein Gespräch über eine evtl. Kur (Anschlussheilbehandlung) statt.
  • Drainagen:
    Während der Operation werden Drainagen eingelegt, damit eine Ergussbildung reduziert wird. Ihr Stationsarzt entscheidet, wann die Drainagen entfernt werden. In der Regel werden sämtliche Drainagen innerhalb von 4 Tagen nach der Operation entfernt.
  • Harnröhrenkatheter:
    Es werden 2 Katheter in die Neoblase eingelegt. Einer verläuft durch die Harnröhre und der andere durch die Bauchdecke. In der Regel werden sie nach erfolgreicher Dichtigkeitsprüfung am 21. Tag nacheinander entfernt. Sie erhalten vom Pflegepersonal ein Protokoll, auf dem Sie dann Ihr Miktionsverhalten (Häufigkeit des Wasserlassens und Urinmenge) notieren.
  • Hautnaht bzw. Klammern:
    Meistens wird die Haut mit einem Faden genäht, der sich selbst auflöst. Sollte eine Klammerung erfolgen, werden die Wundklammern in der Regel am 10. postoperativen Tag entfernt.
  • Wundversorgung:
    Der Verband wird in der Regel alle 2 Tage gewechselt.
  • Essen nach der Operation:
    In der Regel erhalten Sie am 2. Tag nach der Operation etwas zu trinken. Vertragen Sie dies gut, werden Tag für Tag Ihre Mahlzeiten größer. Man nennt dies Kostaufbau.
  • Duschen:
    Sie dürfen ab dem 4. Tag nach der Operation bzw. wenn die Drainagen entfernt sind duschen (Absprache mit dem Pflegepersonal). Ausgiebiges Duschen sollte vermieden werden und nach dem Duschen wird Ihr Verband durch das Pflegepersonal gewechselt.
  • Was dürfen Sie bzw. worauf sollten Sie nach Ihrer Entlassung achten?
    · Achten Sie auf regelmäßigen weichen Stuhlgang. · Sie dürfen spazieren gehen. · Für 8 Wochen sollten Sie nicht schwerer als 5 kg heben. · Achten Sie darauf, dass Cystofix und Harnröhrenkatheter nicht abgeknickt oder verdreht sind. · Sollten Sie feststellen, dass die Urinausscheidung abnimmt, konsultieren Sie Ihren Urologen.
  • Was dürfen Sie nicht?
    · Übermäßige körperliche Anstrengungen sollten Sie 4 bis 6 Wochen vermeiden. · Beim Stuhlgang nicht pressen. · Übungen zum Schließmuskeltraining
  • Wann sollten Sie einen Arzt informieren bzw. aufsuchen?
    · Wenn Sie Fieber, Schmerzen oder Schwellungen im Wundbereich feststellen. · Wenn die Naht, mit der der Cystofix an der Haut befestigt ist, sich zu lösen droht oder der Cystofix „locker“ wird. · Wenn der Cystofix oder der Harnröhrenkatheter herausgefallen ist. · Wenn vermehrt Urin oder Blut neben dem Cystofix bzw. Harnröhrenkatheter herausläuft. · Wenn der Urin andauernd trüb ist und stechend riecht.
  • Ernährung nach der Operation:
    Trinken Sie normal, d. h. ca. 2 bis 3 Liter Flüssigkeit pro Tag. Eine ausgewogene ballaststoffreiche Ernährung zur Stuhlgangsregulation ist sinnvoll. Eine spezielle Diät müssen Sie in der Regel nicht einhalten.
  • Thrombose:
    Zur Vermeidung von Thrombosen erhalten Sie während des stationären Aufenthaltes täglich eine Spritze und müssen Antithrombosestrümpfe tragen. Diese Spritzen müssen zu Hause weiter durchgeführt werden, genaue Informationen finden Sie im Entlassbrief.

Bitte kontaktieren Sie Ihren niedergelassenen Urologen oder Hausarzt. Sollte dieser nicht erreichbar sein, können Sie selbstverständlich jederzeit auch in eine Urologische Klinik
gehen. Nach der Operation kann es Wochen dauern, bis Sie sich mit der neuen Situation vollständig vertraut gemacht haben.


Umgang mit der neuen Blase
Nach Entfernung des Blasenkatheters können Sie beginnen, über die Harnröhre Wasser zu lassen. Dies tun Sie während des stationären Aufenthaltes unter unserer Anleitung.


Wie wird die Neoblase entleert?
Am besten entleeren Sie die Neoblase im Sitzen. In dieser Position können Sie den Beckenboden mit dem Schließmuskel am besten entspannen. Die Neoblase zieht sich nicht durch eigene
Muskelkraft zusammen wie Ihre ursprüngliche Harnblase. Sie wird vielmehr durch Pressen mit dem Bauch (Erhöhung des Druckes im Bauchinnenraum) gewissermaßen leergepresst.
Entsprechend müssen Sie beim Wasserlassen mit dem Bauch leicht pressen oder zusätzlich mit der Hand auf den Unterbauch drücken und gleichzeitig den Beckenboden entspannen. Die
vollständige Entleerung der Neoblase dauert länger als bei Ihrer ursprünglichen Harnblase. Sie sollten versuchen, die Neoblase möglichst vollständig zu entleeren. Zurückbleibender Urin
begünstigt die Entstehung von Entzündungen und kann auf die Dauer zu einer Überdehnung führen.


Die Neoblase muss nach der Uhr entleert werden! Sie verspüren keinen Harndrang und merken nicht, wenn die Neoblase voll ist. Einige Patienten entwickeln allerdings mit der Zeit ein
dumpfes Füllungsgefühl. Um eine Überdehnung und unwillkürlichen Urinverlust zu vermeiden, ist aber die Blasenentleerung nach der Uhr wichtig. In den ersten 3 Monaten nach der Operation
muss die Neoblase alle 3 - 4 Stunden entleert werden. Dies muss auch nachts geschehen und Sie müssen sich anfangs alle 4 Stunden den Wecker stellen. Nach etwa 3 Monaten ist die
Neoblase so erweitert, dass Sie die Abstände zwischen den Entleerungen auf 4 - 6 Stunden ausdehnen können. Sie sollten sich jedoch auch auf Dauer noch einmal nachts den Wecker
stellen, um den Urin zu entleeren.


Schwierigkeiten beim Wasserlassen
Wenn Sie nur unter Schwierigkeiten oder überhaupt nicht mehr Wasserlassen können, müssen Sie sich an Ihren Urologen wenden. Ihr Urologe wird mittels Ultraschall untersuchen, ob Resturin
in der Neoblase zurückbleibt. Es kann sich sonst eine gefährliche Überdehnung der Neoblase oder Entzündungen ausbilden. Manchmal ist beispielsweise eine narbige Verengung am Übergang
zwischen Neolase und Harnröhre Grund der Schwierigkeiten. Dies ist genau die Stelle, an der die Neoblase an die Harnröhre angenäht wurde. In diesem Fall ist eine Schlitzung der Enge durch die
Harnröhre möglich. Weitere Ursachen für Schwierigkeiten beim Wasserlassen können Schleimbildung, Blasensteine oder Wucherungen in der Harnröhre sein. Treten diese
Beschwerden plötzlich und mit stärkerer Ausprägung auf, sollten Sie notfallmäßig einen Arzt – nach Möglichkeit einen Urologen - aufsuchen. In unserer Klinik ist 24 Stunden am
Tag ein Urologe vor Ort.


Unwillkürlicher Urinverlust
Vor allem in den ersten Wochen nach der Operation kommt es zu unkontrollierten Urinverlusten. Der Grund hierfür ist, dass der Beckenbodenmuskel nun alleine den Neoblasenverschluss
übernehmen muss. Der Schließmuskel im Beckenboden muss diese Aufgabe gewissermaßen neu erlernen und seine Muskelkraft muss trainiert werden. Sie können mit dem Schließmuskeltraining
nach der Entfernung des Harnröhrenkatheters beginnen. Hierzu werden Sie auf der Station mit Hilfe der Physiotherapie und Informationsbroschüren zum Beckenbodentraining angeleitet. Bei
einigen Patienten dauert es Wochen, manchmal auch einige Monate, bis sie den Urin wieder zur vollen Zufriedenheit halten können. Häufig zeigt sich jedoch bereits in den ersten Wochen eine
durchgreifende Besserung. Durch anfängliche Probleme sollten Sie sich nicht entmutigen lassen. In der Übergangszeit sind einfache Vorlagen hilfreich. Nach einem Jahr sind über
90 % aller Patienten tagsüber vollständig "trocken" und brauchen keine Vorlagen mehr. Nachts sollten Sie sich allerdings auf Dauer mindestens einmal den Wecker stellen und auf die Toilette
gehen, um Urinverluste im Schlaf und eine Überdehnung der neuen Blase zu verhindern. Im Rahmen einer Anschlussheilbehandlung oder Krankengymnastik werden Ihnen gezielt
Übungen zum Training der Kontinenz gezeigt.


Schleimbildung
Der Darm, aus dem die Neoblase gebildet ist, behält seine natürliche Eigenschaft, Schleim zu produzieren, bei. Es ist also ganz normal, dass der Urin aus der Neoblase Schleimflöckchen
enthält oder trübe ist. Auch nach dem Wasserlassen können einmal Schleimflöckchen aus der Harnröhre nachtropfen. Wird zuviel Schleim produziert, kann der Blasenabfluss in der Harnröhre
verstopfen. Vor allem kurz nach der Operation besteht häufig eine erhöhte Schleimproduktion. Auch bei Röntgenuntersuchungen mit Kontrastmittel kann die Schleimproduktion vorübergehend
zunehmen. Sollten Sie plötzlich kein Wasser lassen können, so kann dies durch eine Verstopfung mit Schleim verursacht sein. Suchen Sie bitte in diesem Fall umgehend einen Arzt auf.


Flüssigkeitszufuhr
Die Neoblase sondert über ihre Darmwand Flüssigkeit in den Urin ab. Die tägliche Urinmenge ist dementsprechend bei einer Neoblase erhöht. Dieser Umstand kann leicht zur Austrocknung
führen, wenn bei vermindertem Durstgefühl vor allem im Alter vergessen wird, die verlorene Flüssigkeit durch Trinken zu ersetzen. Erwachsene mit einer Neoblase sollten jeden Tag 2 - 3 Liter
Flüssigkeit aufnehmen. Dies kann in Form von beliebigen Getränken oder Suppen geschehen. Auf keinen Fall sollten Sie abends dursten, um Urinverlust im Schlaf zu vermeiden. Dies ist nicht
erfolgreich und führt zu gefährlichen Flüssigkeitsverlusten. Sie sollten abends normal trinken und vor dem Zubettgehen lediglich auf harntreibende Substanzen (Tee, Alkohol, Kaffee ...) verzichten.


Blutübersäuerung
Bei einem Teil der Patienten mit Neoblase kann es zu einer Übersäuerung des Blutes oder zu Veränderungen der Blutsalze (Elektrolyte) kommen. Der Grund hierfür ist, dass der Darm von der
Niere ausgeschiedene Säuren wieder aus dem Urin zurückgewinnt und an das Blut abgibt. Bei geringer Ausprägung kann dies vom Körper gut ausgeglichen werden. Sie erhalten zusätzlich von
uns vorsorglich Medikamente, die einer Übersäuerung vorbeugen. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus müssen daher regelmäßig die Blutsäuerung und die Blutsalze bei Ihrem Arzt
kontrolliert und die Medikamentendosis gegebenenfalls verändert werden. Anfängliche Symptome, die durch eine Übersäuerung entstehen können, sind Abgeschlagenheit und Müdigkeit.


Durchfall
Bei einem kleinen Teil der Patienten kommt es nach der Operation zu vorübergehendem Durchfall. Der Grund hierfür sind körpereigene Gallensäuren, die jetzt in den Dickdarm gelangen können und diesen reizen. Die Ursache ist, dass zur Schaffung der Neoblase Anteile desjenigen Darmstückes verwendet werden mussten, die normalerweise die Gallensäuren aus dem Darm entfernen. Fast
immer ist der Durchfall mit einfachen Mitteln zu beheben. Dazu gehören Medikamente, welche die Gallensäuren binden oder die Darmtätigkeit beruhigen. Günstig sind dann "stopfende"
Nahrungsmittel wie Reis, Brot, Schokolade, Bananen, schwarzer Tee usw..


Vitaminmangel durch Darmausschaltung
Durch die Operation kann es selten zu einer Aufnahmestörung für Vitamin B12 kommen. Grund hierfür ist, dass zur Schaffung der Neoblase Anteile desjenigen Darmstückes verwendet wurde,
die für die Aufnahme dieses Vitamins aus der Nahrung zuständig sind. Die körpereigenen Reserven an diesem Vitamin reichen in der Regel für etwa 3 Jahre. Üblicherweise reicht es aus,
wenn Ihr Arzt 1 bis 2 Jahre nach der Operation den Vitamin-B12-Spiegel im Blut bestimmt. Wenn dann in seltenen Fällen ein Mangel festgestellt wird, so kann man von einer Aufnahmestörung
ausgehen und das Vitamin kann in Form von Spritzen ersetzt werden. Die Ernährung muss wegen der Neoblase nicht umgestellt werden. Im Prinzip dürfen Sie essen, was Ihnen schmeckt. Günstig
ist aber eine fettarme Ernährung mit viel Gemüse und Vitaminen.


Habe ich Einschränkungen im täglichen Leben?
Die Neoblase bringt auch nach der Eingewöhnungszeit Änderungen in Ihrem täglichen Leben mit sich. Wichtig sind eine regelmäßige Entleerung, ärztliche Nachkontrollen und gegebenenfalls die
Vorbeugung einer Schleimverstopfung. Wie bisher sind Schwimmbad- und Saunabesuche möglich.


Welchen Einfluß hat die Operation auf mein Geschlechtsleben?
In der Regel erfolgt die Anlage einer Neoblase, weil die radikale Operation eines bösartigen Harnblasentumors notwendig wird. Die Entfernung der ursprünglichen Harnblase und der Prostata
bewirkt, dass beim Mann der Samenerguss und die Zeugungsfähigkeit verloren gehen. Es ist wahrscheinlich, dass die für die Potenz verantwortlichen Nerven entfernt werden müssen. Bei
Männern bleibt das Gefühlsempfinden im Penis meist erhalten. Je nach Ausdehnung und Lokalisation des Tumors ist es möglich, eine potenz- bzw. sexualitätserhaltende
Operationsmethode anzuwenden. Bei der Frau kann es durch die teilweise Entfernung der Scheide zu Schwierigkeiten bis hin zur Unmöglichkeit des Geschlechtsverkehrs kommen.
Verengung am Übergang zwischen Harnleiter und Darmblase Es kann mit der Zeit zu einer Verengung an der Einpflanzungsstelle eines der Harnleiter in die
Neoblase kommen. Dies kann dann zu einer Abflussbehinderung und Schädigung der Niere führen - ohne dass dies Schmerzen bereiten muss, da sich die Nierenstauung langsam entwickelt.
Es muss dann überprüft werden, ob eine Behandlung notwendig ist. Diese bestünde beispielsweise in einer Schlitzung der Engstelle von innen oder einer Operation mit
Neueinpflanzung des Harnleiters in die Neoblase. Daher sind regelmäßige Untersuchungen der Nieren mit Ultraschall bei Ihrem Urologen unbedingt empfohlen.


Ärztliche Nachkontrollen
Wichtig ist, dass Sie nach der Operation regelmäßige Kontrollen bei Ihrem Urologen durchführen lassen. Er wird den Urin, die Nieren, die Blutsalze und Blutsäuerung prüfen sowie die
Tumornachsorge durchführen. Die Kontrollen müssen zunächst in kürzeren und können später in längeren Abständen durchgeführt werden.
Tumornachsorge War der Grund für die Operation ein bösartiger Harnblasentumor, wird Ihr Urologe regelmäßig die oberen Harnwege (Niere, Harnleiter) als auch die neue Blase untersuchen. Eventuell ist auch ein Kontrastmittelröntgen der Nieren erforderlich. Außerdem werden in regelmäßigen Zeitabständen eine Computertomografie (CT) und Röntgenbilder des Brustkorbes (Röntgen Thorax) durchgeführt.


Am letzten Tag Ihres stationären Aufenthaltes verlassen Sie die Station mit einem Entlassbrief. Er enthält alle wichtigen Informationen für Ihren Urologen und/oder Hausarzt, bei denen Sie sich
kurzfristig zur Kontrolle vorstellen und den Entlassbrief abgeben sollten, da der Arztbrief auch eine Empfehlung für die weitere Diagnostik bzw. Therapie enthält. Es ist möglich, dass Sie bei
Entlassung einen vorläufigen Arztbrief erhalten, in dem einige Angaben noch fehlen (z. B. das Ergebnis der feingeweblichen Untersuchung). Sobald alle Angaben vorliegen, bekommen Ihr
Urologe und/oder Hausarzt einen endgültigen Brief zugesendet.
Bei akuten Problemen wenden Sie sich bitte an Ihren niedergelassenen Arzt oder einer urologische Poliklinik