21 - Pouchanlage, vor, während und nach der Behandlung, entleeren, Nachuntersuchungen

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Pouch Anlage | Die verschiedenen Techniken



Erst 1972 gelang es dem schwedischen Chirurgen Nils G. Kock eine "künstliche" Ersatzblase zu schaffen. Die sogenannte Koch`sche Tasche. Dabei wurde aus einem Teil des Dünndarms eine "Tasche" geformt, die den Urin sicher sammeln konnte. Der Urin wurde über die Harnleiter direkt in die neu geschaffene Harnblase geleitet und dort gesammelt.


Um die Nieren zu schützen, wurde die natürliche Verschlussfunktion der Harnleiter genutzt. So konnte kein Urin aus der Tasche in die Nieren zurücklaufen.


Diese Tasche "sitzt" etwas unter dem Bauchnabel. Über eine Öffnung am Bauchnabel, wird der Urin mittels Einmalkatheter entleert. Der Betroffene ist somit kontinent und kann selbst bestimmen, wann er auf "Toilette" geht.


Die Techniken wurden in den Jahren immer mehr verfeinert. Die häufigste Operationstechnik ist unter anderem der




Der MAINZ-Pouch


Eine der verbreitesten und sehr vorteilhaften Techniken ist der MAINZ-Pouch I.


Der MAINZ-Pouch I besteht zu 1/3 aus Dickdarm und zu 2/3 aus Dünndarm. Das Urinvolumen kann so zwischen 300 - 600 ml betragen. Der MAINZ-Pouch I gehört zu den Niederdrucksystemen.


Die so neu geschaffene Ersatzblase wird über ein Dünndarmstück oder dem Bilddarm (falls noch verhanden) mit dem Bauchnabel verbunden. Mittels eines Einmalkatheters kann der Urin über ein "Nabelstoma" entleert werden. Betroffene sind so in der Regel kontinent.


Es gibt eine Vielzahl von modifizierten Techniken wie den sogenannten


> MAINZ Pouch II
> Indiana Pouch
> Harnableitung nach Hautmann
> Neoblase nach Studer


Ihr Urologe wird die für Ihre Situation in Frage kommende Operationstrechnik ausführlich besprechen.


Kontinente Harnableitung nach Mitrofanoff | Mitrofanoff Stoma
Bereits 1980 beschrieb Mitrofanoff seine Technik der kontinenten Harnableitung durch ein Stoma.


Dabei wird aus Teilen des Blinddarms (Appendix vermiformis) oder aus dem Dünndarm eine künstliche Harnblase gebildet. Diese kann über einen
dünnen Kanal katheterisiert werden. Die "Stomakontinenz" wird über einen Klappenmechanismus gewährleitet (über den Bauchnabel).


So kann der Betroffene seine neue künstliche Harnblase über das "Mitrofanoff Stoma" selbstständig mittels einem Einmalkatheter entleeren.


Operationsvorbereitung | Vor der Behandlung


Wichtiger Hinweis: Alle Angaben dienen zur groben Orientierung und sind nach dem aktuellen Wissensstand. Ihr behandelnder Arzt wird rechtzeitig vor der Operation mit Ihnen ein aufklärendes Gespräch zum geplanten Eingriff führen.


Vor der Operation ist eine Reihe wichtiger Untersuchungen notwendig. Dabei wird, wie vor jeder Operation, die sichere Durchführung der Vollnarkose abgeklärt.


Da der Pouch aus einem Teil des Darms gebildet wird, ist auch eine ausführliche Darmdiagnostik wichtig. Dabei wird Ihr Darm mittels einer Kontrastmitteluntersuchung oder Darmspiegelung beurteilt. Es wird festgestellt, ob Ihr Darm unversehrt und für eine Darmersatzblase geeignet ist.


Auch die Untersuchung der Harnwege spielt eine zentrale Rolle. So wird bereits vor der Operation sichergestellt, dass keine weiteren Erkrankungen des Harntrakts den Erfolg der Operation gefährden.


Ihr Arzt wird sich zudem Zeit nehmen und mit Ihnen ein ausführliches Gespräch zum geplanten Eingriff führen. Er wird Ihnen die Durchführung, die nächsten Schritte sowie eventuelle Risiken und vor allem die Chancen aufzeigen.


Infektionen vorbeugen


Um eine mögliche Infektion während und nach der Operation vorzubeugen, wird unmittelbar vor der Operation eine intensive und komplette Darmreinigung durchgeführt.


Wie wird diese Darmreinigung durchgeführt?


Der Darm wird von oben nach unten gereinigt. Hierzu wird Ihnen eine Trinklösung verabreicht. Die erforderlichen Mengen können von Patient zu Patient variieren. Durchschnittlich liegt die Menge der Trinklösung von 2 bis 4 Litern in einer Zeit von 3 bis 6 Stunden.


Die salzhaltige Trinklösung reinigt so den Darm. Die Nahrungsaufnahme in fester Form wird mit Beginn der Darmreinigung ausgesetzt. Um den Flüssigkeitshaushalt im Körper nicht zu gefährden, sollte ausreichend Flüssigkeit (neben der Trinklösung) aufgenommen werden. Besonders geeignet sind stille Wasser (auch Leitungswasser) und Tees.


Sollten Sie während der Darmreinigung Hunger verspüren, wird Ihnen eine klare Brühe gereicht.


Die Operation | Während der Behandlung


Die Operation bedeutet einen großen Eingriff und wird unter Vollnarkose durchgeführt.


Direkt nach der Operation werden Sie intensivmedizinisch überwacht. Die intensivmedizinische Behandlung dient zu Ihrer Sicherheit und ist Standard nach einer derartigen Operation.


Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie nach dem Aufwachen von einerVielzahl von Monitoren, Kabeln, Infusionspumpen, Drainagen und Kathetern umgeben sind.


Wie wird meine neue Harnblase direkt nach der Operation versorgt?


Ihre neue Harnblase muss direkt nach der Operation von Urin geschützt werden. So wird die Wundheilung nicht gefährdet.


Aus dem Bauchnabel leitet ein Katheter alle ankommenden Flüssigkeiten ab. Über den sogenannten Pouchofix, der im rechten Unterbauch liegt, kann alternativ Flüssigkeit ablaufen bzw. als Zugang in die neue Harnblase gegebenenfalls Stubstanzen eingebracht werden.


Sie werden auch zwei weitere dünne Katheter sehen. Dies sind die Harnleiterschienen. Die kleinen Schläuche werden über die Harnleiter direkt in die Nierenbecken gelegt. So kann der dort porduzierte Urin direkt aus dem Köper aus- und in einen Urinbeutel abgeleitet werden. Die Nahtstellen können ausheilen, da sie nicht mit dem aggressiven Urin in Berühung kommen.


Zwei weitere Schläuche, die sogenannten Wunddrainagen, leiten Sekret und Blut aus der Wunde, das in einem angeschlossenen Beutel oder einer Flasche gesammelt wird.


Nach der Pouch Operation | Die ersten Tage


Nach so einem großen Eingriff wird der Patient direkt auf die Intensivstation verlegt. Das dient zur eigenen Sicherheit. So ist eine enge Überwachung der Genesung möglich.


Tag 1 nach der OP
Bereits am ersten Tag wird Ihr Körper wieder "aktiviert". Sie beginnen mit kleinen Übungen auf der Bettkante um den Kreislauf wieder in Schwung zu bringen. Ihre neue Ersatzblase wird anhand der Katheter und Drainagen kontrolliert.


Leider gibt es am ersten Tag nach der OP noch keine feste Kost. Das Pflegepersonal reicht Ihnen maximal 50 ml Tee / Stunde. Alle weiteren Nährstoffe erhalten Sie über ein Infusionsprogramm.
Die darauffolgenden Tage sind vor allem für Ihre Genesung und Mobilisierung da. Nach ca. 5 bis 8 Tagen, je nach Wundsekret, werden die Drainagen entfernt. Auch die Hautklammern und die Magensonden werden nach ca. 8 bis 10 Tagen entfernt.
Die Harnleiterschienen werden in der Regel am 12. oder 13. Tag nach der Operation entfernt, der Urin fließt in den Pouch und wird über den noch gelegten Pouch-Katheter sofort ausgeleitet.


Nach der Kontrolle der Dichtigkeit des Pouch wird am 21. Tag der Pouch-Katheter entfernt. Ab sofort können Sie Ihre Blase mittels Einmalkatheter selbstbestimmt entleeren.


Die Zukunft selbstbestimmt gestalten | Die Pouch-Entleerung


Jetzt ist es an der Zeit, Ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen. Sobald der Pouch-Katheter entfernt wurde, müssen Sie lernen Ihre neue Blase selbstständig zu entleeren.


Viele Betroffene denken über eine reduzierte Trinkmenge nach, um weniger oft den Pouch zu entleeren.


LASSEN SIE DAS!


Bei einer zu geringen Trinkmenge konzentriert sich der Urin. Dies kann zu Harnwegsinfektionen und im schlimmsten Fall zu einem Pouchstein führen.



Daher unsere Empfehlung:


Trinken Sie innerhalb von 24 Stunden 3 bis 4 Liter. Am Besten stilles Mineralwasser (oder Leitungswasser), Fruchtschorlen oder Tees.


Ein Tipp: Machen Sie einen 1 Liter Krug voll mit Leitungswasser und legen darin ein Stück Ingwer und eine halbe Limette. Schmeckt frisch und ist gesund.


Intermittierende Selbstkatheterisierung (ISK) über den Bauchnabel


Um den Urin über den Bauchnabel zu entleeren, benötigen Sie einenEinmalkatheter. Diese Technik nennt man in der Fachsprache
"intermittierenden Selbstkatheterismus" kurz ISK.


Welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?


Ihr Arzt und das Pflegepersonal in der Klinik wird Sie aufklären. Erwird mit Ihnen die anatomischen Gegebenheiten, die Pouch-Konstruktion
und Lage sowie die Positionierung des Eingangs besprechen. Das kannmögliche Komplikationen vorbeugen.


Wie oft muss ich den Pouch entleeren?


Der Pouch hat ein Urinfassungsvolumen von 300 bis 600 ml. Wichtig ist,dass der Pouch nicht überdehnt wird. Sonst kann es zu Komplikationen und
Lageveränderungen kommen.


Vor der Operation sind Sie in der Regel 4 bis 6 mal täglich auf die Toilette gegangen. Diesen Rhythmus sollten Sie auch bei der Pouch-Entleerung
einhalten. Natürlich ist dies abhängig von der täglichen Trinkmenge.


Ein Tipp: Notieren Sie anfangs die Trinkmengen und die anschließenden Urinmengen. So bekommen Sie ein Gefühl dafür.


Einen Drang, auf Toilette zu müssen, werden Sie nach der OP nicht mehr verspüren.


Welchen Einmalkatheter nehme ich für die Pouch-Entleerung?


Es gibt verschiedene Systeme auf dem Markt. Neben Einmalkathetern ohneBeutel gibt es auch welche für unterwegs, die mit einem
Urinauffangbeutel versehen sind. Der Urin fließt so direkt in den Beutel und kann später entsorgt werden.


Darauf sollten Sie achten:
> Katheterlänge: 40 cm
> Atraumatische, sanfte Katheteraugen (Öffnungen)
> Gebrauchsfertig verpackt | beschichtet oder mit Gleitgel
> Hohe Gleitfähigkeit
> Einfach in der Anwendung


Die Katheter-Größe (Druchmesser in CH) wird Ihnen Ihr Arzt verraten.


Vertrauen ist gut - Kontrolle ist besser | Die Nachuntersuchung


Bereits bei der Entlassung wird Ihr Arzt das weitere Vorgehen und dieNachuntersuchung ansprechen. Halten Sie diese strikt ein - dann haben
Sie alles unter Kontrolle.


> Blutkontrolle
Ihr Darmteil, der jetzt die Harnblase bildet, wird Substanzen aus dem Urinaufnehmen (resorbieren) und in die Blutbahn leiten. Dies kann zu einer
Übersäuerung führen. Daher ist die Kontrolle des Säure-Basen-Haushalts sehr wichtig. Die Blutuntersuchung sollte einmal im Jahr durchgeführt werden. Wichtig ist dabei auch die Kontrolle des Vitamin-Spiegels, der Blutsalze, der harnpflichtigen Substanzen sowie die Leberwerte.


> Ultraschallkontrolle Ihrer Nieren
Der Schutz Ihrer Nieren hat höchste Priorität. Daher sollte in regelmäßigen Abständen ein Ultraschall Ihrer Nieren stattfinden. Urinaufstauungen
können Nierenschäden verursachen. Dies muss unbedingt vermieden werden.


Wichtiger Hinweis:


Eine medizinische Beratung kann nur ein Arzt vornehmen. Bitte wenden Sie sich bei medizinischen Fragen ausschließlich an einen Facharzt. In
akuten Fällen erreichen Sie den Notruf der nächsten Rettungsleitstelle unter


Telefon: 19 222
(aus dem deutschen Festnetz)
Telefon: 112
(aus dem Mobilfunknetz)

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