08 - Die Nieren sterben leise, neue Erkenntnisse / Erfahrungsaustausch Neoblase/Pouch Männer/Frauen

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Ein sehr aufschlussreicher und interessanter Bericht zum Thema Nachsorge / Neoblase / Pouch.

Quelle: ShB (Selbsthilfe Bund Blasenkrebs e.V.)


Mit neuen wichtigen Erkenntnissen für uns Neoblasen / oder mit der Harnableitung Pouch, absolut lesenswert !!


Erfahrungsaustausch Neoblase

Ist heute alles besser?

Auszüge aus einem Erfahrungsaustausch über die Nachsorge einer Neoblase. Als Gruppenleiter von zwei Blasenkrebs-SHG wollte ich wissen, welche persönlichen Erfahrungen zwei Betroffene in 22 Jahren bzw. 10 Jahren nach der Operation Ersatz der Harnblase) mit ihrer Neoblase gemacht haben. Beide Männer würden sich zwar erneut für eine Neoblase entscheiden, dies aber erfordere die Bereitschaft des Patienten zur aktiven Mitarbeit und Compliance (Erläuterung siehe Compliance). Dazu ist Wissen erforderlich, welches heute umfänglicher vorhanden ist als früher.

Die beiden stellen ihre Erfahrungen im Rahmen unserer Selbsthilfearbeit gerne zur Verfügung.

Dazu gehören Sachverhalte, oft auch „Probleme“ genannt, deren Aufzählung nicht vollständig ist und die nicht zwangsläufig bei jedem Neoblasenträger auftreten müssen. Die Problematik ist bei männlichen und weiblichen Betroffenen auch zum Teil unterschiedlich. Viele Schwierigkeiten können aber durch lebenslangen pfleglichen Umgang mit der Neoblase im Rahmen der Compliance gelöst oder unter Berücksichtigung des heute vorhandenen Wissens vermieden werden.


Die Nieren sterben leise.

Deshalb müssen Nephrologen (Definition siehe Nephrologie) frühzeitig in die Nachsorge mit eingebunden werden. Den negativen Langzeitauswirkungen der Neoblase auf die Nieren muss vorbeugend begegnet werden, um das Risiko der Notwendigkeit einer Dialyse hinauszuzögern.

So konnte ein nach 9 Jahren verschlechterter Kreatinin-Wert durch intermittierenden Selbstkatheterismus leider nur vorübergehend stabilisiert werden.

Ernährungsempfehlungen für die Nierengesundheit sind wichtig (z.B. Salzreduktion).

Es gibt Wechselwirkungen zwischen erhöhtem Blutdruck und Niereninsuffizienz und ein erhöhter Blutzucker schädigt die Filtereinheiten der Nieren.

Diabetes, Bluthochdruck und Nierenschädigung beeinflussen sich gegenseitig und sollten deshalb durch einen Nephrologen ganzheitlich behandelt werden.

Weitere Themen

  • Restharn und damit verbunden Reflux in die Nieren und unzureichende Aufnahmekapazität
  • Harnverhalt und Schleimbildung
  • Diverse Formen von (chologenen) Durchfällen durch den Verlust eines Dünndarmabschnittes
  • Verschiedene Stadien der Inkontinenz, besonders in der 2. Nachthälfte (aufgrund der Dünndarm-Peristaltik)
  • Übersäuerung des Körpers (Azidose) und wichtige Blutgasanalyse, moderate Sportaktivitäten, die Folgen von entfernten Lymphknoten sowie deren Behandlung
  • Vitamin-B-12-Mangel und Resorptionsfähigkeit der Darmblase - in deren Folge die Mehrbelastung der Nieren durch Rückresorption von Medikamenten und Ausscheidungsprodukten

Fazit

Die Neoblase erfordert lebenslang eine intensive und kritische Aufmerksamkeit sowie persönliche Zuwendung!
Das Wissen um die Neoblase ist heute umfassender als vor 20 Jahren. Aber es gibt noch Diskussionsbedarf!

Langfassung der Dokumentation

Claus lebt seit 22 Jahren mit einer Neoblase; Helge ist 10 Jahre Neoblasen-Träger. Beide akzeptieren ihre empfohlene und praktizierte kontinente Harnableitung nach radikaler Zystektomie und würden sich erneut für eine Neoblase entscheiden. Das ist 10 bzw. 22 Jahre nach OP eine sehr positive Aussage. Sie ist u.a. auch Ausdruck dafür, dass die vorbereitenden Gespräche auf die Operation, die Operation selbst und auch die Nachsorge - im Rahmen des jeweils Möglichen - zur persönlichen Zufriedenheit verlaufen sind. Diese Einschätzung stimmt mit übereinstimmenden Aussagen in studienähnlichen Arbeiten der urologischen Fachpresse zu den Harnableitungen überein. Seit 20 Jahren wird in der Urologie für eine dauerhaft gut funktionierende Neoblase die große Bedeutung der Compliance (das ist die 'Bereitschaft eines Patienten zur aktiven Mitwirkung an therapeutischen Maßnahmen') der Betroffenen betont. Dieses dafür erforderliche Wissen stand vor ca. 20 Jahren für die Neoblase nur punktuell in Fachkreisen zur Verfügung und war für Betroffene nur schwer bzw. nicht erreichbar. Die ersten Neoblasen nach Prof. Studer (Bern) und Hautmann (Ulm) wurden 1986 operiert. Heute gibt es hinsichtlich der Operationsdurchführung diverse Erfahrungen - dann auch bezüglich einer lebenslang erforderlichen Nachsorge. Dass eine solch schwere OP aktuell besser gemacht wird als vor 25 - 30 Jahren, ist keine Kritik, sondern bedarf ganz schlicht der Beachtung und Bewertung bei einer Langzeitbetrachtung.

Wo drückt der 'Schuh' aktuell

Drückt er überhaupt? Im geführten mehrstündigen Gespräch traten bereits bei Gesprächsbeginn jeweils persönlich akute Probleme/Fragen in den Vordergrund, die sich aber für 10 oder gar 22 Jahre nach OP doch deutlich unterschieden.

Es entspricht langjähriger Beobachtung, dass bei der funktionell eleganten Operation 'Neoblase' mit dem Ziel einer zuverlässigen Miktion auf natürlichem Weg stets ein vorsorglicher, pfleglicher und gut überlegter Umgang mit dieser 'Ersatzlösung' notwendig ist. Compliance erfordert Wissen! Dieses Wissen steht über den ShB-Blasenkrebs, über den nachsorgenden Praxis-Urologen, über Literatur, Internet usw. zeitnah zur Verfügung. Auch das ist ein Riesenfortschritt innerhalb von 20 Jahren!

Für Claus ergeben sich aktuell nach 20 -22 Jahren große Probleme und Sorgen hinsichtlich seiner sich auf einmal wieder akut verschlechternden Kreatinin-Werte, die in absehbarer Zeit eine Dialyse erforderlich machen könnten. Nach jahrelangen persönlichen Aktivitäten im Sinne der Compliance-Erfordernis bestand der Abschluss dieser Phase im 9. Jahr nach der OP durch den Beginn des ISK (ISK = Intermittierender Selbstkatheterismus). Eine für den Moment sehr hohe Hürde. Mit dieser Therapie gelang es aber, die schleichende Verschlechterung des Kreatininwertes - ein zentraler Nieren-Laborwert - für 12 Jahre zu stabilisieren.

Wir sollten wissen, dass dieser Kreatininwert - über einige Zeit betrachtet - zwei Entwicklungen kennt:

  • Stillstand - die Leistungsfähigkeit der Niere verändert(e) sich nicht - oder
  • Erhöhung - die Nieren­-Leistungsfähigkeit verschlechtert(e) sich.

Nieren reproduzieren sich nicht, die Nieren sterben leise. Ganz wesentlich war, dass es ab diesem ISK-Beginn gelang, dauerhaft eine gute Lebensqualität zu erlangen. Dazu trug auch bei, dass die zahlreichen Unkenrufe mit der Grundaussage 'Jeder Harnkatheter stellt immer auch ein Infektionsrisiko dar' im Weiteren genau nicht eintraten, sondern das bemerkenswerte Gegenteil. Bis zum ISK-Beginn waren wiederholte Harnwegsinfekte - teils bis zur Sepsis (Blutvergiftung) - aufgetreten, aber seit ISK-Beginn kein einziger akuter Harnwegsinfekt!

Wichtig für den Beginn der ISK-Praxis ist eine gute Unterweisung- in Verbindung mit Teilen der heutigen 'Leitlinie S2k der DGU'. 12 Jahre später ist der Kreatininwert nun wieder ins Rutschen gekommen. Kaum vermeidbare, negative Langzeitwirkungen auf die Nieren müssen als Ursache vermutet werden.

Es besteht bisher der Eindruck, dass das Risiko - mögliche negative Auswirkungen einer Neoblase auf die Nieren - urologischerseits zwar bekannt ist, aber als Langzeitproblem bisher nur eine nachrangige Bedeutung für eine vorsorgende/vorbeugende Beachtung hatte. Gegebenenfalls liegt dies auch daran, dass 'langlebende Ersatzblasen' erst langsam häufiger werden. Hierzu scheint auf längere Sicht das Erfordernis zu entstehen- egal ob im Rahmen der onkologischen oder funktionellen Nachsorge - dass die Urologen als spezialisierte Chirurgen, die Nephrologen als spezialisierte Internisten und evtl. auch noch die Gynäkologen die Niereninsuffizienz frühzeitig als langfristiges Risiko einer Neoblase sehen und zusammenarbeiten.

Die in Teilen bei Niereninsuffizienz-Betroffenen- also noch vor der Notwendigkeit einer Dialyse - zu beobachtende abwartende Passivität kann doch einfach nicht richtig sein. Nichts bewegt sich in der Regel im Selbstlauf – schon gar nicht eine zeitliche Verzögerung des Dialysebeginns!

Die rund 10-jährige Neoblase von Helge befindet sich in einer alterstypischen Normalität; OP in 2008 ist eben nicht 1996! - Fortschritte in allen Lebensbereichen sind unsere Lebensnormalität!

Probleme

Bei der 22-jährigen Neoblase sind über die vielen Jahre folgende gravierende „Probleme„ aufgetreten, die in Teilen bei mehr Wissen und dessen Anwendung durchaus vermeidbar gewesen wären. Dieses Wissen steht aktuell - in Verbindung mit besseren Operationen! - in vielfältiger Form nutzbar zur Verfügung. Aber auch hier der erneute Hinweis auf die dafür erforderliche Compliance!

Weitere „Probleme“ können auftreten - ohne Garantie auf Vollständigkeit:

  • Vitamin-B-12-Mangel
  • Azidose (Übersäuerung des Körpers)
  • mögliche Folgen nach der operativen Entfernung von Lymphknoten und Weiteres

Dabei ist es wiederholt falsch, von „Problemen“ zu sprechen. Es handelt sich dabei vielmehr häufig um eine fast unvermeidbare Form aus praktizierter Compliance: Die Neoblase muss lebenslang mit viel Zuwendung, Wissen und zunehmender persönlicher Erfahrung 'betreut' werden- eben auch noch 10 Jahre nach OP und weiter!

Beobachtungen

Im Rahmen dieses Erfahrungsaustausches konnten nur einige Aspekte, Übersichten und Wechselbeziehungen herausgearbeitet werden; manches davon ist subjektiv, weil es ganz wesentlich von unseren individuellen Erfahrungen geprägt wird.

Ein operationsfolgebedingter Harnverhalt im Jahre 2016 im Umfeld des Ruhrgebietes wird sich aller Voraussicht ganz anders darstellen als der gleiche Vorgang 1998 im 'flachen Land'.

Vorsicht ist auch hinsichtlich von Medikamentierungs-Empfehlungen angebracht, da dies genaue Detailkenntnisse des Einzelfalles und der Person voraussetzt.

Ausgiebige Eigenerfahrungen aus Ernährungsempfehlungen und -beratungen - möglicherweise eine wesentliche/einzige(?) Möglichkeit, den Zeitpunkt des Eintrittes eines Dialyseerfordernis' zu verzögern bzw. zu verhindern - erscheinen uns ebenso (noch?) äußerst schwierig. Fehlt hier evtl. gesichertes Wissen für eine Ernährungsberatung, um die Langzeit-Erfordernisse der Neoblase und einer Niereninsuffizienz­ ohne allzu viel Kompromisse unter einen Hut zu bringen?? Eine Ernährungsberatung mit 4 oder 5 Sitzungen blieb aktuell ohne jedes nutzungsfähiges Ergebnis!

Bereits die noch unvollständige Übersicht über mögliche „Probleme“, Kurz- und Langzeitfolgen nach Anlage einer Neoblase weiter oben liest sich erschreckend und abstoßend. Aus langjähriger Erfahrung in der Selbsthilfearbeit ist hier die Beobachtung der letzten Jahre sehr wichtig, dass der einzelne Neoblasenträger - wenn überhaupt noch - jeweils nur von einem kleinen Teil dieser Risiken betroffen wird! Was allerdings auch eintreten kann, dass ein Problem geht bzw. in den Hintergrund tritt und dafür ein neues Problem oder Verhalten nach vorn rückt.

Wechselbeziehungen

Ein schwieriger und sehr komplexer Sachverhalt sind die diversen, teils unauflösbaren Wechselbeziehungen, die in Teilen unmittelbare Operationsfolge sind:

  • Schleimbildung bei Restharn und Harnverhalt; nach ISK sofort problemlos!
  • Niereninsuffizienz erhöht Blutdruck; erhöhter Blutdruck schädigt Nieren! Dieser 'teuflische Kreislauf' kann auch mit Bluthochdruck beginnen! Der Bluthochdruck kann/muss medikamentös gesenkt werden; schädigt Nieren!
  • Die Neoblase verliert trotz spezieller OP-Techniken vielfach nicht ganz ihre Peristaltik, die durch die notwendige Peristaltik des Dünndarmes angeregt wird! Langjährige Eigenbeobachtungen speisen die Vermutung, dass eine harnvolle Ersatzblase zumindest gelegentlich ihrerseits die Dünndarmperistaltik anregt!? Nochmals eine Vertiefung der Peristaltik-Problematik- möglicherweise auf Stand OP-Technik 1996. Vor der Praktizierung des ISK (08/2005) bestand wiederholt der Eindruck, dass es in Verbindung mit akuten Durchfällen häufig besser gelang, die Neoblase zu leeren!? Ferner existiert eine im Jahre 1992 gefertigte französisch/israelische Studie, die die langjährige Eigenbeobachtung einer deutlich erhöhten, jedoch so unerklärlichen Harninkontinenz in der 2. Nachthälfte nachweist und begründet, dass der Dünndarm in dieser Zeit seine Aktivitäten wieder aufnimmt bzw. verstärkt und sich seine Peristaltik auf die Neoblase überträgt-mit den obigen Folgen. Eigenbeobachtungen scheinen die Erkenntnisse aus dem Jahre 1992 in der Tendenz zu bestätigen. In der Konsequenz dieser Erkenntnis hat sich für einen Rentner dauerhaft bewährt, täglich bereits gegen 17 Uhr mit einem leichten Kaffeetrinken die letzte feste Nahrungsaufnahme des Tages zu realisieren; aber Trinken bis zur Nachtruhe! Die spätnächtliche Harninkontinenz hat sich in der Tat stark reduziert; ein ISK-Gang erfolgt wie zuvor. Wo nichts ist, hat der Dünndarm keinen Grund zum 'Wackeln' und damit ruht die Neoblase bis zum Ende der Nachtruhe! Erscheint logisch und ist vor allem erfolgreich!
  • Die Neoblase behält in Teilen ihre ursprüngliche Resorptionsfähigkeit und praktiziert das auch - zumindest in Anteilen - mit dem zur Entsorgung in der Neoblase 'zwischengelagerten' Harn - auch 'Schadstoffe' durch Rückresorption, was die bereits hoch beanspruchten Nieren weiter zusätzlich belastet!

Aus dem Bereich der 'Deutschen Herzstiftung e.V.' gibt es ganz aktuell Hinweise darauf, dass es auch Wechselbeziehungen zwischen Darm und Herz-/ Kreislauftätigkeit gibt, die jedoch bisher ganz überwiegend noch nicht mit weiteren Fakten vertiefend untersetzt wurden.

Wem von uns Neoblasenträgern ist eigentlich in einer täglichen Normalsituation ohne Hilfsmittel zuverlässig - mit niedriger Fehlerquote - bekannt, wie viel Restharn er nach einer Miktion hat? Wie wird das festgestellt? – Zur Erinnerung: Restharn bedeutet ein erhöhtes Infektions- und Refluxrisiko und reduzierte Aufnahmekapazität der Neoblase.

Ergänzende Sachverhalte

  • Ganz wichtig ist es, mittels moderater Sportaktivitäten mobil zu bleiben! Bewegung ist in jeder Weise förderlich auch für uns Betroffene!
  • Wir müssen uns als Betroffene darüber im Klaren sein, dass alle Harnableitungsvarianten- insbesondere aber auch die Neoblase - einen radikalen Umbau des Körpers und vieler Körperfunktionen darstellen. Unser Körper wird als OP-Folge gezwungen, auch damit zu funktionieren. Das kostet den Körper dauerhaft viel zusätzlichen Aufwand.
  • Unseren Nieren frühestmöglich u.a. damit zu helfen, den unvermeidbar hohen Salzkonsum zu reduzieren! Die bekannte Zielgröße von maximal 6 Gramm/Tag ist auf moderate Art und Weise kaum erreichbar. Lt. deutscher Trinkwasser-VO (Leitungswasser) ist Trinkwasser mit einem Natriumwert bis 200 mg/Liter qualitätsgerecht; Rhönsprudel (natriumarm ist bis 20 mg/Liter) hat hier einen konstanten Wert von 2,9 mg/Liter!!

Unsere Neoblase erfordert lebenslang intensive und kritische Aufmerksamkeit sowie persönliche Zuwendung! Und unsere Nieren bedürfen ständig jeder noch so kleinen Hilfe!

Nachtrag

In der kurzen Zeit unseres 4-stündigen Erfahrungsaustauschs konnten nicht alle (Nachsorge-) „Probleme“ weder vollständig und detailliert ausgeführt noch fachlich diskutiert werden, so ergaben sich noch folgende Stichpunkte, die medizinisch verifiziert werden müssen:

  • Gründe für erhöhten Durst nach Neoblasen-OP?
  • Die neue Blase von anfangs um 150 ml Aufnahmevermögen muss zu Beginn alle 2 Stunden geleert werden. Bis zur endgültigen Aufnahmekapazität der Neoblase mit 400-500 ml können die Entleerungsintervalle langsam auf 4 Stunden ausgedehnt werden. Die Weckuhr – auch nachts - ist dann zum Teil nicht mehr erforderlich. Die gewissenhafte Entleerung der Ersatzblase (Miktion) erfolgt nach einer Eingewöhnungszeit individuell auch nicht immer mehr auf dieselbe empfohlene Art im Sitzen.
  • Fieber bei einer Neoblase ist immer ein ernstes Zeichen für eine Harnwegsinfektion. Steigen die Krankheitserreger in die Harnleiter hoch, kann sich eine gefährliche Infektion der Nieren entwickeln. Gelangen die Keime in die Blutbahn, so kann dies eine schwere Blutvergiftung (Sepsis) ergeben.
  • Die Blutgasanalyse (BGA) zur Überwachung der Übersäuerung des Blutes (Azidose) muss regelmäßig durchgeführt werden. Deshalb soll das Behandlungsteam direkt nach der Operation mindestens einmal pro Woche (lt. Patientenleitlinie) den Säuregehalt im Blut bestimmen (lt. Nachsorgepass 2 Untersuchungen im Monat). Die Analysegeräte sind oft nur in Spezialpraxen vorhanden (Lungen- oder Nierenfacharzt/Klinik). Die Durchführung der Untersuchung sollte mit dem sogenannten arteriell-venösen Mischblut aus der Fingerbeere oder dem Ohrläppchen erfolgen.
  • So wie ein richtig eingestellter Blutdruck die Dialysepflicht um Jahre verzögern kann, muss auch der richtige Blutzuckerwert regelmäßig bestimmt werden (HbA1c-Wert). Durch einen dauerhaft hohen Blutzucker werden im Laufe der Jahre die kleinen Blutgefäße im Körper geschädigt, so auch die Filtereinheiten der Nieren (erkennbar an Eiweißausscheidung im Urin und Ödembildung).
  • Diabetes, Bluthochdruck und Nierenschädigung beeinflussen sich gegenseitig und sollten deshalb vom Nephrologen ganzheitlich behandelt werden.

Die Verkürzung des Darms um ca. 50 bis 70 cm zur Bildung der Neoblase bedeutet die Ausschaltung eines nicht unbedeutenden Darmabschnitts von den vorgesehenen Funktionen. Das Ausmaß der Veränderungen ist bei jedem einzelnen Betroffenen unterschiedlich und kann zu den oben beschriebenen Problemen führen.

Die Schleimbildung ist eine Folge der natürlichen Funktion des Dünndarms. In der Neoblase wird dadurch der Urin eingetrübt, das Wasserlassen erschwert und kann in seltenen Fällen zu einem Notfall führen, dem Harnverhalt. Normalerweise nimmt die Schleimbildung aber mit der Zeit ab. Durch erhöhte Trinkmenge wird die Blase gespült und der Schleim verdünnt. Dies kann durch ACC (Acetylzystein) oder Preiselbeer- und Cranberrysaft unterstützt werden.


Der Dünndarm hat normalerweise auch die Funktion, Elektrolyte, Nährstoffe, Vitamine, Wasser und andere Substanzen (z.B. Medikamente) zu resorbieren. Befindet sich in dem Darmanteil „Neoblase“ jetzt Urin, werden die von der Niere bereits eliminierten Stoffe aus dem Urin in die Blutbahn zurückgegeben und müssen von den Nieren erneut ausgeschieden werden und können dann erneut rückresorbiert werden. Diese mehrfache Medikamentenbelastung müsste nicht nur bei der Dosierung berücksichtigt werden, sondern macht auch den Nieren doppelte Arbeit, sodass sie noch schneller müde werden. Je schlechter die Nierenfunktion, desto geringer sind viele Medikamente zu dosieren.

Eine erhöhte Neigung zur Harnsteinbildung (Ca-Oxalat, Ca-Phosphat und Harnsäuresteine) wird lt. Patientenleitlinie als mögliche Komplikation nur beim Pouch aufgeführt!? Praxis und Literatur sehen dies aber auch bei Neoblasen.


Um Stauungsnieren zu vermeiden wird Wert darauf gelegt, die oberen Harnwege bei der Nachsorge mit Ultraschall kontrollieren zu lassen. Im „Nachsorgepass Blasenkrebs“ ist dies als „Ultraschall Niere“ aufgeführt. In der „Patienten-Leitlinie“ wird der Rückstau des Urins bis in die Nieren zwar als Komplikation aufgeführt, in der „Nachsorgetabelle“ nur unter „Ultraschall“ subsumiert.

Bei Frauen mit Ileum-Neoblase (OPS 5-577) tritt nach fünf und mehr Jahren in bis zu 70 % der Fälle eine sog. Hyperkontinenz auf, d. h. die Notwendigkeit, sich per Katheter die Neoblase entleeren zu müssen. Einige Operateure legen deshalb bei Frauen lieber gleich einen MAINZ-Pouch (OPS 5-566) an. Gibt es speziell bei Frauen noch weitere Komplikationen mit einer Neoblase die hier nicht angesprochen sind? Erfahrungen bitte der ShB-Geschäftsstelle mitteilen.

Beim Mann wie auch bei der Frau ist in den ersten Monaten nach der OP ein gezieltes Kontinenztraining erforderlich. Zur Unterstützung gibt es in den Reha-Kliniken aktive und passive Therapiemöglichkeiten. Ist die Kontinenz nach der Therapie wieder hergestellt, gilt die Aussage: „Höre ich aber mit dem Muskeltraining wieder auf, fängt die Inkontinenz wieder an.“ Vorteilhaft sei auch, bereits vor der OP die Beckenbodenmuskulatur zu stärken.


Hintergrundinformation zum Beitrag

Historie

Ein SHG-Mitglied mit Neoblase hatte angeregt, eine Veranstaltung aller Selbsthilfegruppen Blasenkrebs in Hessen (SHGBH) speziell für Neoblasenträger zu organisieren. Zur Vorbereitung des Themas traf ich (F.H.) mich, am 4. Mai 2018 auf der Raststätte Pfefferhöhe zu einem 4-stündigen Gespräch mit C. H. u. H. M., um deren Erfahrungen mit der Neoblase zu erfahren. Ich wusste, dass Claus wohl die längste Erfahrung mit dieser Harnableitung unter unseren ShB-Kollegen hat. Diese Erfahrungen wollte ich festhalten. Wieder zuhause dokumentierten wir das Gespräch. Ich reservierte Räumlichkeiten in der Uniklinik Frankfurt für den letzten Samstag im August 2018 zu der gewünschten Veranstaltung für die Neoblasenträger und gab die Dokumentation an mehrere Urologen und 2 Professoren der Nephrologie zur Überprüfung. Nur positive Rückantworten erreichten mich, siehe z.B. unten. Aber leider musste ich den Termin im August dann mangels Interesse absagen.

Offene Fragen

Das Desinteresse an der Veranstaltung konnte ich gar nicht verstehen, denn selbst mir als „Nichtbetroffenen“ sind durch die Recherchen heute noch folgende Fragen offen geblieben:

  • Warum gehen Neoblasenträger unbewusst passiv abwartend auf die Dialyse zu?
  • Warum werden neue Patienten mit gesunden Nieren bei der Auswahl der Harnableitung nicht auf das Risiko der Langzeitfolgen durch die Mehrbelastung der Nieren bei Neoblase (OPS 5-577) hingewiesen, wenn schon bei Patienten mit kranken Nieren von der Neoblase abgeraten wird?
  • Warum werden Nephrologen nicht von Beginn an in die Nachsorge mit eingebunden?
  • Warum kennt man keine langfristige Prävention z.B. durch Ernährungsregeln zur Vermeidung der evtl. Dialyse? Prävention wäre für Patienten und Krankenkassen günstiger!

Vielleicht kann unsere Initiative diese Fragen in öffentlichen und

medizinischen Diskussionen zu positiven Ergebnissen führen?

Ergänzende Literaturhinweise

Auszug aus ShB-Broschüre „Blasenkrebs – was nun?“

Seite 8:

Die Nieren regulieren den Wasserhaushalt des Körpers und filtern nicht mehr verwertbare Stoffe sowie Giftstoffe (z.B. Medikamente und krebserregende Stoffe) aus dem Blutkreislauf.

Die Nieren regulieren auch den lebenswichtigen Säure-Basen-Haushalt des Körpers. Er wird über den sog. pH-Wert gemessen und darf nur in engen Grenzen schwanken. Der in den Nieren gebildete Urin (Wasser mit den darin gelösten Stoffen) gelangt durch die Harnleiter in die Blase als Sammelbehälter und wird nach der Meldung „Blase ist voll“ normalerweise in einem kontrollierten Vorgang durch die Harnröhre ausgeschieden.

Eine gute Nierenfunktion ist für die Gesundheit sehr wichtig. Sie ist außerordentlich wichtig für Träger einer Ersatzblase aus Darmstücken, denn in diesem Fall werden die Nieren noch stärker als sonst belastet, siehe Abschnitt „Kontinente Harnableitung“….


Seite 42:

Folgeprobleme bei Ersatzblasen aus Darmsegmenten:

Für die Anlage einer Neoblase oder eines Pouch wird ein längeres Stück des Dünndarms ausgeschaltet, d.h. aus dem Darmverlauf herausoperiert und zu einem Beutel als Ersatzblase umgeformt. Diese Ersatzblase bleibt aber an die Blutversorgung wie vorher angeschlossen.

Das Gewebe behält auch seine „Darmeigenschaften“ über längere Zeit, d.h. es bildet sehr viel Schleim, der hin und wieder zur Störung der Urinableitung führt.

Und es werden Stoffe, die eigentlich mit dem Urin ausgeschieden werden sollten, über die Darmschleimhaut wieder in den Blutkreislauf überführt, was u.a. zu einer Übersäuerung (Azidose) des Blutes führen kann. Die Nieren werden damit in starkem Maße zusätzlich belastet.

Wegen des Fehlens klarer Signale der vollen Blase oder durch Ableitungsstörungen kann es zu einem Harnrückstau in die Nieren kommen, der auch zu Nierenversagen führen kann. Kritisch kann es werden, wenn der rückgestaute Harn durch eine Infektion belastet ist.

Deshalb sind unbedingt Maßnahmen zum Schutz der Nieren erforderlich.

Andererseits fehlt die Funktion des herausgetrennten Darmstücks im Verdauungssystem….

Im Gegensatz zu oben Gesagtem (beim orthotopen Blasenersatz) gilt beim Ileum-Conduit (OPS 5-565):

Auszug ShB-Broschüre Harnableitungen – Entscheidungshilfen für Betroffene“


Seite 17:

Uro-Stoma HERAUSFORDERUNGEN:

Da der Urin beständig abfließen kann und der Säure-Base-Haushalt des Körpers kaum beeinträchtigt wird, ist diese Form der Harnableitung sehr nierenschonend. Der Patient muss weder auf die regelmäßige Blasenentleerung achten noch mit Kathetern hantieren. Allerdings kann es anfangs zu Verengungen an der Stelle kommen, wo die Harnleiter in den Darmabschnitt eingenäht wurden, oder zu Infektionen der Harnwege. Daraus können Schmerzen und Nierenbeckenentzündungen resultieren. Spätere Komplikationen betreffen das Stoma oder Veränderungen im oberen Harntrakt, etwa jeder vierte Patient ist davon betroffen…

In der S3-Leitline Blasenkrebs ist nur beschrieben, dass eine eingeschränkte Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance < 35-40 ml/min) eine Kontraindikation für einen orthotopen Harnblasenersatz ist.

An anderen Stellen ist zu lesen, dass ab einer glomerulären Filtritationsrate < 50 ml/min eine kontinente Harnableitung zu vermeiden ist.

In der Patientenleitlinie Blasenkrebs (Mai 2017) wird zur Nachsorge bei künstlicher Harnableitung lediglich eine regelmäßige „Blutuntersuchung“ empfohlen.

Fachliche Reaktionen

Zwei Direktoren Urologischer Kliniken antworten mir:


Hallo Herr H.,
den Artikel finde ich sehr gut. Er basiert natürlich auf die durch Dünndarm konzipierte Neoblase (Hautmann oder Studer) und dessen Folgen. Es gibt andere kontinente Harnableitungen mit anderen Darmanteilen (z.B. orthotoper ileocoecaler Mainz-Pouch oder Sigma-Pouch), die andere mögliche Folgen haben, aber weniger propagiert werden.
Wichtig ist jedoch, dass die Nachsorgebetreuung lebenslang stattfinden muss, und dass eine „subklinische“ nicht symptomatische Verschlechterung der Nierenfunktion im Verlauf entstehen kann. Deswegen sehe ich die Vermeidung weiterer Noxen *1 (wie z.B. Nikotin) und eine gute Einstellung weiterer Risikofaktoren (Diabetes, Hypertonie) sowie eine frühzeitige Mitbetreuung durch einen Nephrologen als immanent wichtig. Dieses haben Sie auch in Ihrem Artikel betont.
Die spezifischen Komplikationen der Neoblase bei Frauen, insbesondere die Hyperkontinenz, haben Sie erwähnt. Natürlich ist bei Frauen auch die Einschränkung des Sexuallebens zu berücksichtigen, welches aber nicht durch die Neoblase per se bedingt ist, sondern ursächlich mit der partiellen Entfernung der Vagina während der Cystektomie und mit neuralen Schäden zu tun hat. Diesbezüglich gab es in der letzten Ausgabe der Zeitschrift der Selbsthilfegruppe einen persönlichen Erfahrungsbericht *2.
VG ….



Lieber Herr H.,


….. Zur Erklärung, warum eine Niereninsuffizienz bei Ersatzblasen ein Problem ist:
Während bei einer normalen Harnblase der Urin nicht wieder in den Körper aufgenommen wird, kommt es bei der Ersatzblase zu einer teilweisen Resorption von Urinbestandteilen. Damit sind die Nieren gefordert, viel mehr Urin zu produzieren, als tatsächlich am Ende aus dem Körper ausgeschieden wird. Diese Dauerbelastung können die Nieren nur bis zu einem Serum-Kreatininwert von 2 mg/dl leisten. Ist die Nierenfunktion dagegen schlechter, kommt es durch diese Rückresorption zu einer immer weiteren Reduktion der Nierenleistung. Unter diesen Umständen ist es wichtig, die Neoblase bei schlechter Nierenfunktion nicht nur über einen Einmalkatheterismus, sondern über eine Dauerableitung mit Katheter permanent leer zu halten. Nur so fließt der Urin direkt ab und kann nicht wieder resorbiert werden. Da das für die meisten Patienten ungünstig ist, bietet sich dann über kurz oder lang die Umwandlung in ein Ileum-Conduit (Stoma mit Beutel) an, um die Nierenfunktion nicht zu gefährden. Durch diese Umoperation, kann dann langfristig in den meisten Fällen die Nierenfunktion erhalten bleiben.

Die wichtigsten Gründe für das Nachlassen der Nierenfunktion im Verlauf sind Harnstauungsnieren durch narbige Stenosen der Harnleiterimplantationsstellen und rezidivierende aufsteigende Harnwegsinfektionen, seltener auch die Restharnbildung mit Rückstau in die Nieren.

Natürlich ist eine nephrologische Mitbetreuung für jeden Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion wünschenswert. Die Tätigkeit des Nephrologen umfasst hier meist die Einstellung von Blutdruck und Blutzucker, die beide zusätzlich die Nierenfunktion schädigen können, und die Anpassung von Medikamenten. Es ist erstaunlich, wie viele Patienten mit Medikamenten versorgt sind, die möglicherweise schädlich für die Nierenfunktion sein können.


Thema Peristaltik:

Die Peristaltik von Harnleitern und Dünndarm ist gekoppelt. Die Neoblasen haben grundsätzlich ihre Peristaltik behalten, werden aber so gegenläufig genäht, dass dabei der Druck in der Ersatzblase auch bei größerer Füllung niedrig bleibt. Wenn wir Ultraschall bei gefüllter Neoblase machen, sehen wir immer eine Bewegung der Neoblasenwand. Auch die Bewegung der Dünndarmwand ist physiologisch vorhanden. Sie ist besonders ausgeprägt nach dem Essen oder Trinken, v.a. in Ruhephasen danach (Klassischer „Mittagsschlaf“). In Stressphasen oder bei der Arbeit ist die Peristaltik dagegen geringer. Ab einer bestimmten, von Patient zu Patient unterschiedlichen Füllung der Ersatzblase, beginnt der Patient die Peristaltik in der Ersatzblase zu spüren, auch wenn er noch keinen Urin verliert. Nachts im Schlaf wird er davon meist noch nicht wach. Bei sehr starker Peristaltik können eventuell Medikamente wie Duspatal dies ausgleichen. Eine Anpassung der Ernährung, insbesondere viele kleine Trinkmengen statt weniger großer Trinkmengen, erscheint hilfreich. Nicht vergessen darf man dabei, dass alle Patienten mit Ersatzblasen unter Verwachsungen von Darmschlingen im Bauchraum leiden. Das ist bei dieser Operation nicht vermeidbar. Konsequenz ist dann bei besonders schwer verdaulichen Nahrungsmitteln zusätzlich eine Störung des Darmtransportes.
Wir haben für die Hautmann-Blasen überprüft, was schädlicher für den oberen Harntrakt ist: der Reflux mit aufsteigenden Infekten oder narbige Stenosen bei antirefluxiver Implantation der Ureteren. Endergebnis war, dass das Risiko bei dem Refluxschutz viel größer war. Das was die Nieren hauptsächlich schädigt, ist das chronische Abflusshindernis und nicht der Reflux mit Infekt – sofern die Blase entleert werden kann.
Dabei gilt die Spielregel, dass die Harnblase nicht grundsätzlich bei jedem Wasserlassen vollständig entleert werden muss. Letztlich reicht es aus, wenn sie 3-4mal am Tag ganz leer wird.
Für Patienten mit häufigen Infektionen reichen diese 3-4mal aber nicht aus. Patienten, die die Harnblase überhaupt nicht selbst entleeren können, sollten alle 4 Stunden spätestens die Blase mittels Einmalkatheterismus entleeren.
Hierzu ein Rechenexempel: Bakterien verdoppeln sich alle 20 min. In 1 Stunde werden aus 1 Bakterium 8, in 2 Stunden 8×8 =64, in 3 Stunden 8 x 8 x 8 = 512, in 4 Stunden 8 x 8 x 8 x 8 = 4096 Bakterien. Da ab einer Bakterienkonzentration von 100.000/µl klinische Infektzeichen auftreten, ist für jeden erkennbar, dass diese Keimgrenze nur dann nicht erreicht wird, wenn mit dem Einmalkatheterismus nicht zu lange gewartet wird.

Zu den Nierensteinen:
In unserem riesigen Zystektomieregister mit 1000 Neoblasen habe ich gerade einmal 10 Fälle mit Bildung von Harnsteinen gefunden. Das ist fast seltener als in der Normalbevölkerung. Da die Nieren sowieso immer mit sonographiert werden kann das problemlos mit kontrolliert werden. Viel schwieriger ist die Therapie, da der Harnleiter oft zystoskopisch/ureterorenoskopisch überhaupt nicht erreichbar ist und die Steine so nicht entfernt werden können.

Hyperkontinenz bei Frauen:
Die Hyperkontinenz der Neoblase bei Frauen ist ein gemischtes Problem: Ein Teil der Frauen leidet unter einem Prolaps, der dazu führt, dass die Scheidenvorderwand mit der Harnröhre beim Pressen nach unten absinkt und die Harnröhre dadurch so abknickt, dass die Blase nicht mehr entleert werden kann. Wenn das auftritt, sollte man einen Versuch mit einem dicken Tampon oder einem kleinen Ring- oder Würfelpessar machen. Wenn hierunter die Blasenentleerung verbessert werden kann, muss eine Operation zur Anhebung des Scheidenstumpfes (Sakrokolpopexie) angestrebt werden. Diesen Eingriff sollte der Gynäkologe immer mit dem Urologen gemeinsam machen!
Bei einem weiteren Teil der Patienten liegt es an einer Überaktivität des Schließmuskels. Hier haben wir mit mehreren Patientinnen diskutiert, ob man den Schließmuskel nicht teilweise durch Botox lähmen sollte. Das lehnten aber alle Frauen aus Angst vor Inkontinenz ab und zogen einen Einmalkatheterismus vor.
Beste Grüße …..

  • Hallo Rainer,


    der erhöhte Durst, woher kommt der? Das kann ich dem Bericht nicht entmehmen. Ich trinke 4 Liter, das geht nachts leider in die "Hosen".

    Zuckermessungen wurden mehrfach gemacht ohne Auffälligkeiten.

    LG

    berti

    • 4 Liter am Tag, denke das ist noch im grünen Bereich. Ich selbst komme so auf 2 bis max. 3 Liter am Tag.


      Nun, ich bin kein Arzt, kann auch nur googeln. Möglich wäre folgendes.

      Eine drastisch vermehrte Harnausscheidung führt zu ausgeprägtem Durst. Oberbegriff hier: Diabetes insipidus (sogenannte Wasserharnruhr). Im Mittelpunkt hier: Probleme mit dem antidiuretischen Hormon, kurz: AD

      Für die Zuckerkrankheit(Diabetes mellitus) sind Harnflut und Durst zwar ebenfalls kennzeichnend, aber es handelt sich um eine völlig andere Störung.

      Weitere Ursachen für Durst und / oder viel Trinken – denn dieses kommt auch ohne vermehrten Durst vor – umfassen: andere hormonelle Störungen, Gehirnerkrankungen, Gerhinverletzungen und -operationen, Arzneimittelnebenwirkungen, Nachwirkungen einer Alkoholvergiftung, psychische Veränderungen, absichtlich vermehrte Flüssigkeitszufuhr, etwa beim Hochleistungssport.

  • Danke für diesen Bericht. Ich hatte schon unterschwellig das Gefühl, dass das Thema Auswirkungen auf die Nieren in der ganzen Nachsorge zu kurz kommt. Ein Grund mehr, da bei den Laborwerten selber genau hinzusehen....

    Ich denke, dass man über eine hohe Trinkmenge das Problem mildern kann. So bleibt die schadstoffkonzentration im Urin niedrig, die Entleerung erfolgt häufiger und der Schleim wird dünn gehalten.

    • Es ist aber auch so, das merke ich an mir selbst, das man inzwischen (nach 14 Jahren Neoblase) das Pinkeln gehen stark hinauszögert. Ich merke die Blase ist voll, gehe trotzdem nicht, das geht soweit, das bis nie Nierengegend anfängt zu klopfen, erst dann raff ich mich auf und gehe zur Toilette. Ich weiß das ich das nicht machen sollte, tue es aber trotzdem, verdammt ich könnte mich selbst in den Hintern treten.

      Nachts stehe ich seit über 10 Jahren nicht mehr auf, ich penne meine acht bis neun Stunden durch, erst durch das zarte Nierenklopfen werde ich wach und dann steh ich auf und renne auf die Toilette. Gelegentlich dreh ich mich aber auch noch mal um und denk Schei... drauf und penn weiter. Passieren tut dabei nix.


      ich weiß, ich muss mich bessern, ich werde mich bessern.

    • das Daumen hoch für den letzten Satz😉

  • Lieber Rainer,

    ein sehr informativer und wichtiger Leitfaden nach Zystektomie mit Neoblase oder Pouch!

    Großartig, tausend Dank für Deine Mühe! Einfach janz dolle toll :*