Lymphologische Folgen der Blasenentfernung
Bei einer Blasenentfernung aufgrund von Blasenkrebs werden immer Lymphknoten mit entfernt. Diese werden vom Pathologen untersucht, um festzustellen, ob sie Metastasen des Blasenkrebses enthalten. Die Anzahl der entfernten Lymphknoten variiert nach meiner Erkenntnis mit dem Alter – je jünger man ist, um so mehr Lymphknoten werden entfernt. Bei mir wurden in der Uniklinik Mainz 63 Stück entfernt (im Alter von 55!), auf meine Frage, wie viele man einem 70-Jährigen entfernen würde, wurde mir die Zahl 12 genannt. Und auf meine Frage, warum so viele Lymphknoten entfernt wurden, kam eine kurze und eigentlich nicht überraschende Antwort: Es gibt einen statistischen Zusammenhang zwischen der Anzahl der entfernten Lymphknoten und der Überlebenswahrscheinlichkeit. Eigentlich klar, denn wenn in einem Lymphknoten eine Metastase drin ist, dann kommt sie auf diesem Weg raus und es ist dann auch klar, dass Folgetherapien wie Chemotherapie durchgeführt werden müssen. Bei mir hat der Pathologe in keinem der 63 Lymphknoten eine Metastase gefunden, was natürlich sehr erfreulich war! Eigentlich war damit die ganze Aktion also überflüssig, aber das weiß man halt immer erst hinterher! Aber die Lymphknotenentfernung hat nicht nur ein (in meinem Fall positives) Ergebnis, sondern auf jeden Fall auch Folgen, unmittelbare, verzögerte und lebenslängliche Folgen. Welche das bei mir waren, davon möchte ich hier berichten.
Die unmittelbaren Folgen nach der Operation waren Lymphansammlungen im Hodensack (sofort nach der OP) und im Bauchraum im Bereich der Leber (nach einigen Tagen).
Die Lymphansammlung im Hodensack ist eine offensichtlich erwartete Komplikation, die mit „aufbocken und kühlen“ therapiert wurde. Der Hodensack wurde von unten unterstützt und von oben gekühlt. Da es im August warm war, bin ich zur Verdunstungskühlung übergegangen: Lappen anfeuchten, drauflegen und Luft dran lassen, Flüssigkeit verdunstet und kühlt dabei. Das Verfahren war sehr wirksam, die Schwellung ist reversibel, geht mit der Zeit zurück und verschwindet wieder vollständig.
Die Lymphansammlung im Bauchraum war wohl eine unerwartete Komplikation. Es dauerte einige Tage, bis die Lymphozele sich entwickelt hatte und einige weitere Tage, bis sie als solche erkannt und dann für eine Drainage punktiert wurde. Sie hat mich lange begleitet und ist wohl auch für meine lange Verweildauer im Krankenhaus (6 Wochen!) verantwortlich. In der reichlich drainierten Lymphe waren nämlich Urinbestandteile nachweisbar, was bedeutete, dass der Pouch undicht war! Außerdem verstopfte die Drainage einmal mitten in der Nacht und ließ sich nicht mehr gängig machen. Nachdem die Nachtschwester alle ihr zur Verfügung stehenden Schmerzmittel an mir ausprobiert hatte (ohne nennenswerten Erfolg!), wurde eine Arzt gerufen, der im Bett die Drainage wechselte. Jetzt weiß ich auch, wie man das macht: Draht durch den Schlauch rein, Schlauch raus, neuen Schlauch über den Draht rein, Draht wieder raus, fertig, läuft wieder (und wie!). Ist nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig, aber danach sind die Schmerzen sehr schnell weg! Da die Drainage der Lymphozele über Wochen nicht nur große Mengen Flüssigkeit, sondern auch Urinbestandteile förderte und damit klar war, dass der Pouch nicht dicht war, wollte man mich nach Hause „zum Abwarten“ schicken. Auf meine Frage in die Runde der Visite, „worauf man denn warten würde?“, entschied Prof. Thüroff, sich das Ganze mal persönlich unter Röntgenkontrolle anzuschauen. Er sah das Problem auf den ersten Blick: Die Drainage lag zu nah am Pouch! Ein entschlossener Ruck, einige Zentimeter Schlauch kamen aus meinem Körper und wenige Tage später war der Pouch dicht und der Flüssigkeitsstrom versiegte.