Mein Vater trägt jetzt ein Urostoma

  • Hallo und danke, dass es dieses Forum gibt! Bin die Silke (46) und wir wissen seit ca. 7 Wochen, dass mein Vater (66) Blasenkrebs hat. Seitdem lese ich die Beiträge hier hoch und runter und habe mich nun doch entschlossen, einen Beitrag zu schreiben.


    Wie gesagt, mein Vater hat vor 6 Wochen nach der 1. TUR B den Befund mind. PT1 G3 L1 erhalten. Seine Beschwerden bestanden eigentlich "nur" darin, dass er ziemlich oft Wasser lassen musste. Also keine Schmerzen und auch kein sichtbares Blut im Urin. Es wurde ihm aufgrund des Befundes zur Blasenentfernung geraten mit der Versorgung eines Stomas. Es stand noch das Thema Bestrahlung im Raum, aber da er vor 30 Jahren nach Hodenkrebs schon einmal bestrahlt wurde, käme wohl in dieser Region keine Bestrahlung mehr in Frage.


    Nach 6 Wochen "Bedenkzeit" hat er sich dann dazu entschlossen, diese OP vornehmen zu lassen mit den Worten: "Wenn es schief geht, dann habe ich wenigestens alles versucht". Wo er Recht hat, hat er Recht :klatschen:. Die OP fand dann an diesem Montag (03.09.) in der Uniklinik in Leipzig statt (6 Std.). Anschließend bis Mittwochvormittag lag er auf der Intensivstation und seit gestern wurde er auf die URO-1 verlegt. Als wir ihn gestern besucht haben, war er tippi toppi drauf und man hatte auch nicht das Gefühl, dass ihn unser Besuch anstrengt. Heute leider wieder das ganze Gegenteil :sehr Traurig: Er hat nur geschlafen und wollte auch nicht, dass ihn morgen jemand besuchen kommt, damit er sich ausruhen kann. Das macht mir schon wieder totale Angst und deshalb die Frage an euch "Operierten": Ist das normal, dass das Befinden von einem Tag auf den anderen so unterschiedlich ist? Ich weiß natürlich, dass es eine große OP war und der Körper sehr geschwächt ist. Dass er noch nichts Richtiges zu Essen bekommt, wird auch seinen Teil dazu beitragen. Eigentlich ist mein Vater ein "Stehauf-Männchen" und so kenne ich ihn überhaupt nicht. Ich habe Angst, zumal ich schon etliche liebe Menschen verloren habe, die an Krebs erkrankt waren.


    Wäre schön, wenn mich jemand aufbauen könnte :Ausruf1: Danke!


    Liebe Grüße


    Silke

  • "Wenn es schief geht, dann habe ich wenigestens alles versucht".



    Liebe Silke,


    Bin die Silke (46)


    und ich bin die "Waage" :)
    Dasselbe (o.g. Zitat von dir) hat mein Vater auch gesagt, deshalb schreibe ich dir nun unvermittelt, weil ich diese Situation leider auch -wie du- miterleben musste.


    Auch mein Vater (70) hatte diese Durchhänger, anfangs, nach der OP- auch er hat ein Urostoma. Die OP verlief "gut" und alles war soweit im Griff, dann Durchhänger aufgrund von Darmproblemen und nichts essen können. Erbrechen und Übelkeit. 14 lange Tage hat er im wesentlichen nichts konsumiert bzw. letztlich bei sich behalten können.


    Eines Abends hat er keine große Notiz von mir genommen, als ich ihn besuchte. Ich war verzweifelter als jemals zuvor.


    Versetze dich in die Lage des Papas und du wirst merken, dass da ganz miese Situationen entstehen. Man denkt, es wird nicht besser und bald ist alles womöglich vorbei. Depressive Phasen musst du deinem Vater zugestehen. Es ist eine schwere Zeit mit ungewisser Zukunft. Wie komme ich zurecht? Wie komme ich klar? Bin ich befreit vom Krebs? Komme ich wieder auf die Beine? Wie sieht mein Alltag künftig aus? etc. Er hat evtl. Schmerzen?


    Ich möchte dir Mut machen. Das ist ganz normal. Du wirst sehen, dass er sich bald von den Strapazen der OP erholt (und wenn es 14 Tage dauern möge), aber ich bin sicher, die Wunden heilen schneller als du denkst und dein Vater kommt wieder auf die Beine. Hilf ihm dabei, besuch ihn, lass ich manchmal auch allein, wenn er allein sein will. Aber nimm seine Aussagen nicht zuuuu Ernst.


    Alles Gute, das wird sicher bald besser.
    Waage

  • Liebe Raffi,


    auch für den Betroffenen ist die Situation nicht leicht zu ertragen.
    Ich kann hier z.B. von mir schreiben:
    man ist bei den primitivsten körperlichen Vorgängen auf fremde Hilfe angewiesen, muß seine Scham überwinden, dazu kommen die Zweifel, werde ich es schaffen, was ist, wenn nicht, wie geht es weiter usw. Ich bin eigentlich ein fröhlicher Mensch mit sonnigem Gemüt; dennoch hatte auch ich unter Stimmungsschwankungen zu leiden...
    Ich war kurz nach der OP sicher manchmal auch eine Zumutung für meine nächsten Angehörigen :sehr Traurig:
    Heute kann ich das erst so richtig erfassen, wieviel Geduld und Liebe mein Umfeld in dieser Zeit aufgebracht hat.


    Es wird seine Zeit brauchen, aber dann wird dein Papa ganz sicher wieder "der Alte".


    Liebe Grüße
    Hexe :tanzen:

  • Guten Abend, Silke,


    sei gegrüßt im Forum.
    Ich bin der Eckhard......


    .....und der Meinung, dass Dein Vater sich - bei dem pT1G3L1 - hinsichtlich der Radikalen richtig entschieden hat.
    Erst in den letzten Tagen hatten wir hier noch eine Diskussion über die Gefährlichkeit eines pT1G3, ( Hochrisikokarzinom ), und dies ohne L1, ( Lymphbahnenbefall ).
    Diagnose pT1 G3 (possibly progressing to pT2)
    Wegen des L1 wird Dein Vater - eventuell - noch eine Chemo durchstehen müssen. :weinen:
    Aber ich kann Dir zu den Abläufen der nächsten vierzehn Tage etwas sagen :


    • Morgen oder übermorgen werden ihm die ersten Schläuche gezogen.
      Dann gibt es auch wieder etwas Vernünftiges für die Kauleisten.
      Am Montag holt er sich seinen Kaffee aus der Kaffeeküche,
      ab Dienstag dackelt er hinter jeder der jungen, drallen Karbolmäuskes her,
      heute in einer Woche fragt er nach dem Entlassungstag,
      nächsten Sonntag will er dann mit nach Hause fahren, ihr werdet ihn davon abbringen müssen, sich im Wagen zu verstecken.


    Denke heute in zwei Wochen an meine Worte, :grinsen: :grinsen:


    Gruß
    Eck :ecke: hard

  • Liebe Silke,


    auch ich habe als Tochter das volle Programm durchlebt. Leider ging bei uns schon vor der Blasen-Entfernung so einiges schief und ich musste mitansehen, wie mein Vater, der immer unser Fels in der Brandung war, hilflos und nicht mehr er selbst war. Er ließ sich noch nie hängen und klagte nie, auch wenn es ihn mal schlimmer erwischt hatte. Und dann lag er da und wir wussten nicht weiter. Das alles war eigentlich für ihn und ja auch uns eine Ausnahmesituation. Dann kam einige Zeit danach die OP zur Blasenentfernung. Es tat mir in der Seele weh, ihn so zu sehen. Es gab gute und schlechtere Tage und ich muss sagen, auch wenn es ihm körperlich zusehends besser ging, hat es ihn psychisch sehr angegriffen und ich habe auch hier meinen Vater noch nie so erlebt, wie in der Zeit "danach". Es wird immer ein auf und ab geben, aber es ist wichtig, dass man in dieser Zeit nicht alleine ist.


    Ich wünsche euch alles Gute und schicke dir liebe Grüße


    m-m-chen

  • Liebe Silke,


    auch meine Mutter (damals 73 Jahre alt) war sehr schwierig nach der Stoma-Operation.


    Erst ließ sie ausrichten, dass niemand (auch ich nicht) zu Besuch kommen dürfe, da sie sich umbringen würde, wenn sie jemand mit all diesen Schläuchen sehen würde. Sie sammelte Schlaftabletten in ihrem Nachtkästchen und schien es ernst zu meinen.


    Dann durfte ich sie doch besuchen... aber sie konnte sich niemals daran erinnern, dass ich da gewesen war.


    Ich denke auch, dass sich Menschen nach dieser schweren Operation im Ausnahmezustand befinden. Sei es der Schock der Diagnose, sei es die lange Narkose. Für die Angehörigen ist die Zeit nicht leicht zu ertragen, aber auch ich kann dich beruhigen: Es wird jeden Tag besser, jede Woche besser, jeden Monat besser.


    Du schaffst das!



    Weiterhin viel Kraft und ein bisschen Gelassenheit :streicheln:


    wünscht dir Christina

    Ich habe für meine Mutter geschrieben, bei der im Jahr 2008 Blasenkrebs diagnostiziert wurde. Am 10.01.2015 ist sie im Alter von 80 Jahren daran verstorben.

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