Definition Komplementär - Alternativ - Schul - und Evidenzbasierte Medizin

  • Komplementärmedizin


    Definition
    Komplementärmedizin wird ähnlich wie die Begriffe „CAM“ und „Alternativmedizin“ als Überbegriff für eine Vielzahl von Verfahren außerhalb der konventionellen Medizin benutzt.
    Der Begriff umfasst sowohl mündlich und schriftlich überlieferte traditionelle Medizinsysteme aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt, als auch neu entwickelte unkonventionelle medizinische Verfahren.
    Die Naturheilkunde mit ihren klassischen Bereichen (Hydro- Bewegungs- Phyto- Ernährungs- und Ordnungstherapie) stellt ebenso wie das traditionelle volksmedizinische Heilwissen eine Unterkategorie dar.
    Es handelt sich um eine Ablösung des Begriffes Alternativmedizin, welche signalisieren soll, dass die Methoden nicht als Alternativen zur etablierten Medizin angesehen werden sollten, sondern als Ergänzungen.
    Dies entspricht zum einen den Gepflogenheiten der Patienten/-innen bzw. Klienten/-innen, die von sich aus konventionelle und komplementäre Methoden kombinieren und unterstreicht zum anderen die Absichten vieler Anbieter/-innen traditioneller und komplementärer Heilmethoden, die an einer Zusammenarbeit mit der etablierten Medizin interessiert sind.


    Alternativmedizin


    Definition
    Als Alternativmedizin oder auch alternative Medizin versteht man Behandlungsmethoden und diagnostische Konzepte, die sich als Alternative oder Ergänzung zu wissenschaftlich begründeten Behandlungsmethoden verstehen, wie sie im Medizinstudium und im Psychologiestudium gelehrt werden. Letztere werden in diesem Sinn zur Abgrenzung auch als Schulmedizin bezeichnet.


    Zu den alternativmedizinischen Behandlungsmethoden gehören populäre Behandlungsmethoden wie Naturheilverfahren, Homöopathie, Osteopathie und Akupunktur.
    Die Wirkungen vieler alternativmedizinischer Therapien ist nicht nach den Maßstäben der Evidenzbasierten Medizin belegt.


    Schulmedizin
    1 Definition
    Als Schulmedizin wird die ärztliche Diagnose und Therapie nach wissenschaftlich anerkannten Methoden bezeichnet, wie sie an den medizinischen Hochschulen gelehrt wird. Im Gegensatz dazu steht die Alternativmedizin, die in der universitären Ausbildung eher im Hintergrund steht.


    2 Hintergrund
    Der Begriff der Schulmedizin wird von ihren Gegnern häufig pejorativ verwendet, um die Fixierung der Medizin auf eingefahrene Denkstrukturen zu suggerieren.
    Die Schulmedizin bedient sich jedoch im Gegensatz zur Alternativmedizin oder Erfahrungsmedizin einer wissenschaftlichen Methodik.
    Ihr Einsatz führt nicht zwangsläufig zu eindeutigen oder unumstrittenen Ergebnissen, bietet jedoch den Vorteil der Nachvollziehbarkeit und der statistischen Relevanz der Ergebnisse.
    Die Alternativmedizin bleibt diese Nachvollziehbarkeit häufig schuldig, was aber nicht zwangsläufig eine mindere Qualität der therapeutischen Leistung zur Folge hat. So kann auch die homöopathische Medizin auf zahlreiche Heilerfolge verweisen, für die jedoch häufig keine wissenschaftlich fundierten Erklärungsmodelle geliefert werden können.
    Kritiker ordnen diese Erfolge dem Placebo-Effekt zu, da die Alternativmedizin in randomisierten Doppelblindstudien oft keine Effekte über den Placebo-Effekt hinaus nachweisen kann.
    Ferner warnen sie vor dem Nocebo-Effekt. Problematisch ist, dass sobald eine Wirkung wissenschaftlich bewiesen wäre, das Verfahren per Definition der Schulmedizin zugeordnet werden müsste. Somit bleibt die Alternativmedizin das Sammelbecken für Verfahren, deren Wirkung bzw. Nutzen nicht wissenschaftlich belegt ist.


    3 Sicht des Patienten
    Der Konflikt zwischen Schulmedizin und Alternativmedizin ist aus Sicht des Patienten häufig irrelevant, da für ihn nicht das methodische Vorgehen, sondern die individuelle Behandlungserfahrung wichtig ist.
    Hier muss die Schulmedizin eingestehen, dass sie in Grenzbereichen (z.B. unheilbare Tumorerkrankungen, psychosomatische Störungen) nicht immer eine überzeugende Lösung zur Hand hat.
    Für eine große Zahl von Patienten in Deutschland sind alternative Heilmethoden eine wichtige Alternative zur Schulmedizin.
    Kritiker hingegen führen dagegen an, dass Patienten auch leiden oder sterben, wenn sie Zeit und Geld in die Alternativmedizin investieren. In diesem Zusammenhang weisen sie darauf hin, dass Alternativmedizin auch aus wirtschaftlichen Erwägungen betrieben wird und es teilweise fraglich ist, ob ein Verfahren eingesetzt werden sollte, dessen Nutzen nicht belegt ist.
    Dies trifft natürlich auch auf verschiedene Verfahren der klassischen Schulmedizin zu. Skeptiker fordern daher, dass nicht zwischen Schul- und Alternativmedizin sondern nur zwischen wissenschaftlich belegbar wirksamen und nichtwirksamen Verfahren unterschieden werden soll.


    Evidenzbasierte Medizin
    1 Definition
    Unter Evidenzbasierter Medizin, kurz EBM, versteht man eine medizinische Versorgung, welche die Erkrankung eines Patienten auf der Grundlage der besten zur Verfügung stehenden Wissensquellen bzw. Daten behandelt. ( Anm.: Dies ist allgemein in den sog. "Studien" der Fall )


    2 Methodik
    Die Evidenzbasierte Medizin wertet und klassifiziert klinische Studien nach ihrer Aussagefähigkeit. Dazu werden Studien nach den Empfehlungen des AHCPR in verschiedene Evidenzklassen von Ia bis IV eingeteilt. Höhere Evidenzklassen bieten eine bessere wissenschaftliche Begründbarkeit für eine Therapieempfehlung.
    Die höchste Aussagefähigkeit haben zum Beispiel Studien der Evidenzklasse Ia, Meta-Analysen von randomisierten, kontrollierten Studien. Aufgrund der Einteilungen in Evidenzklassen ergibt sich eine Bewertung nach Empfehlungsgraden für bestimmte Therapieoptionen.

    • Klasse A ist belegt durch schlüssige Literatur von guter Qualität (Evidenzgrad Ia, Ib), die mindestens eine randomisierte Studie enthält.
      Klasse B ist belegt durch gut durchgeführte, nicht randomisierte klinische Studien. (Evidenzgrad IIa, IIb, III)
      Klasse C ist belegt durch Berichte und Meinungen von Experten oder klinische Erfahrung anerkannter Autoritäten.
      Direkt anwendbare klinische Studien guter Qualität fehlen (Evidenzgrad IV).


    Ihren Ursprung hat die Evidenzbasierte Medizin im 1972 von Archie Cochrane veröffentlichten Buch “Effectiveness and Efficiency: Random Reflections on Health Services”, in dem die Grundidee von wissenschaftlich begründbaren medizinischen Handlungen enthalten ist.


    3 Praktisches Vorgehen
    Für die praktische Umsetzung der evidenzbasierten Medizin im klinischen Alltag haben sich die so genannten 5 A’s als Merkhilfe bewährt:

    • Ask: Am Anfang klare, strukturierte Fragen stellen, die als Ausgangspunkt einer Recherche dienen.
      Acquire: Geeignete Informationsquellen und wissenschaftliche Publikationen finden, die Antworten auf die Fragen geben.
      Appraise: Die gefundenen Ergebnisse nach den Qualitätskriterien der EBM (Evidenzgraden) bewerten.
      Apply: Das so gewonnene Wissen anwenden. Das gewählte Vorgehen muss individuell angemessen sein und die individuelle Situation des Patienten berücksichtigen.
      Assess: Abschließend die Grundlagen der Entscheidung und ihren Erfolg kontrollieren.


    4 Kritik
    Die Evidenzbasierten Medizin ist ein unverzichtbarer Bestandteil zur Qualtätssicherung in der Medizin. Vorteile sind die Objektivierbarkeit der Ergebnisse und das Erkennen von “Ausreißern” durch statistische Methoden. Als Kritikpunkte sind zu nennen:

    • Unveröffentliches wird nicht berücksichtigt (z.B. abgebrochene Studien, Teilstudien).
      Der Zugang zu Quellen zur Nachvollziehbarkeit und Überprüfung ist nur teilweise gewährleistet.
      Das Ergebnis ist von der Durchführbarkeit einer Studie abhängig.
      Die Anwendbarkeit des Ergebnises auf den individuellen Patienten ist nicht immer gegeben.
      Die klinische Anwendbarkeit ist bei bestimmten Begleiterkrankungen ggf. nicht möglich.
      Es besteht ein mangelnder Schutz vor gefälschten Studien.


    Quelle : http://flexikon.doccheck.com/de