Bitte helft mir, wieder etwas Licht zu sehen!

  • Hallo,


    es ist lange her, dass ich geschrieben habe. Ich bin jetzt aber in der Situation, dass ich absolut verzweifelt bin un nicht mehr weiter weiß. Mein neurondokriner Misttumor hat sich gegen die Chemo gestellt und mein Rückenmark zerfressen. Seit 3 Tagen weiß ich nun, dass ich querschnittsgelähmt bin. Und dann eröffnet mir mein Onkologe heute, dass er mir von einer weiteren Chemo abrät. Er sagt, die einzige noch mögliche Chemolinie mit Topotecan wäre so belastend, dass ich mir übrlegen soll, ob ich die mir verbleibende Zeit nicht ohne die Nebenwirkungen verleben möchte. Das war echt ein Schock, denn ohne Chemo habe ich ja keine Chance. Ich habe einen 12-jährigen Sohn, für den ich leben möchte. Zur Zeit bekomme ich Bestrahlungen, meine Werte sind im Normbereich.
    Wie kann er mich da so aufgeben. Bisher dachte ich, wir kämpfen gemeinsam um ein paar Jahre und nun habe ich Angst, ob ich meinen 43. Geburtstag im April noch erlebe. Dabei hatte ich gerade versucht, mich auf das Leben im Rollstuhl hier im Krankenhaus vorzubereiten. Ich will unbedingt leben.


    Kann mir irgendjemand etwas schreiben, was mich aus der Dunkelheit hilft?


    Verena


    :(



  • Liebe Verena,


    ich traue mich, dir hier zu antworten, obwohl mir die Worte nicht leicht fallen. Denn für mich als Laien sieht das gar nicht gut aus, was du da schreibst.


    Dass ich für dich bete, habe ich dir schon mal geschrieben. Dass ich dir ein Wunder wünsche, schreibe ich dir jetzt.


    Aber ich fürchte, so leid mir das tut, dass du dich - ohne deswegen deinen Lebenswillen aufzugeben! - mit dem Sterben auseinandersetzen musst.


    Mir laufen hier die Tränen herunter, ich habe deine Geschichte noch einmal gelesen und ich lese aus jeder Zeile heraus, dass du für deinen Sohn da sein willst, dass du ihn aufwachsen sehen willst.


    Aber es kann dir niemand garantieren, dass es so sein wird.


    Und deshalb würde ich dich ganz herzlich bitten, dass du dich mit deinem Sohn zusammensetzt und mit ihm redest. Ich glaube, dass er das brauchen wird, falls wirklich das Schlimmste eintritt und du den Kampf verlierst.


    Er wird möglicherweise davon zehren müssen und so würde ich an deiner Stelle ihm auch noch einen Brief schreiben, in dem du ihm erklärst, dass du alles, aber wirklich alles versucht hast, um zu überleben - für ihn. Sage ihm, dass du auch als Engel für ihn da sein kannst und so gut es geht auf ihn aufpassen kannst. Schreibe ihm, wie stolz du auf ihn bist und wie sehr du ihn liebst. Und sage ihm, dass er nciht Schuld daran ist. Kinder suchen immer in allem die Schuld bei sich, was Erwachsene oft gar nicht nachvollziehen können.


    Und ich bete und hoffe, dass er diesem Brief niemals lesen muss, sondern dass du wieder gesund wirst. Dass du mit ihm diesen Brief einmal gemeinsam lesen kannst, wenn er erwachsen ist. Aber trotzdem... baue bitte vor.


    Und wenn du dir diesen unendlich großen Druck, für deinen Sohn da sein zu können, ein wenig von den Schultern genommen hast durch Gespräch und Brief... dann gehe den Kampf gegen den Krebs noch einmal an und überlege dir, ob du dir eine Zweitmeinung holst.


    Ich wünsche dir von Herzen einen Weg heraus aus der Dunkelheit.



    Liebe Grüße


    Christina

    Ich habe für meine Mutter geschrieben, bei der im Jahr 2008 Blasenkrebs diagnostiziert wurde. Am 10.01.2015 ist sie im Alter von 80 Jahren daran verstorben.

  • Liebe Verena,


    ebenso wie Chris, schreibe auch ich Dich an. Wohlwissend, in welcher Situation Du dich befindest, welche Ängste und Sorgen dich so arg belasten müssen. Sehr genau erninnere ich, wie ein ähnlicher Verlauf sich bei meiner Frau abzeichnete. So sehr verwurzelt in tiefer Liebe, Zuneigung und Verantwortung für ihre Lieben. Die Besonderheit im Umgang mit einem Kind macht es eben besonders schwer. Unser Sohn war zwar bereits erwachsen und hatte dennoch eine schwere Zeit zu durchstehen. Selbst die Erklärungen zu den unvermeidlichen Entwicklungen gestalteten sich schwierig, schier unmöglich. Im Nachhinein, inzwischen sind mehr als sechs Jahre vergangen, hat man ein wenig Abstand gewonnen. Die von mir und meiner Frau geforderte Offenheit in den letzten Monaten hat sich als richtig erwiesen. Mit guter Erinnerung an einen großartigen Menschen, einer liebevollen Mutter ist sie uns heute noch sehr nahe und stets präsent. Auch unser Sohn konnte Abschied nehmen. Nun bist Du, ebenso wie dein Sohn, zehn Jahre jünger als meine Frau und mein Sohn seinerzeit. Das macht es in der Tat noch schwerer.


    Es fällt unendlich schwer, solche Beiträge zu schreiben aber auch das gehört zu unserem Leben. Wir, die Forumgemeinde, wollen Dich begleiten so gut dies eben möglich ist. Daher kann ich mich nur den inhaltlichen Aussagen von Chris anschließen. Binde Deinen Sohn ein, entsprechend seinem Alter und seiner Altersentwicklung. Allemal wird es schwer sein für ihn und er wird hadern. Doch was euch von nun an noch enger aneinander bindet, wird wichtig sein für sein zukünftiges Leben. Wie schwer Dir ums Herz sein muß kann man nur erahnen.


    So scheue ich mich nicht, Dir zu sagen, dass auch mir Deine Entwicklung sehr, sehr nahe geht. Verena, die Hoffnung darf man nicht aufgeben auch wenn es schwer fällt. Alle Kraft und Gottes segen mögen bei Dir sein, dich und deinen Sohn durch diese Zeit begleiten.


    wolfgangm

    pT4 a, G 3 und CIS, sechs Zyklen Chemotherapie, Gem/Cis


    "wer kämpft, der kann verlieren; wer nicht kämpft, hat bereits verloren"

  • Hallo, Verena!
    Kannst Du dir vorstellen eine Zweitmeinung einzuholen?

    Wie kann er mich da so aufgeben.


    Dein Lebenswille ist ja ungebrochen.
    Ich würde versuchen zu kämpfen ( mein Sohn war der Auslöser für meine Kraft).
    Ich hoffe für Dich.
    Gruß vom Löwen aus der Heide

    Positiv denkend und lebenslustig nach - Radikaler Zystektomie mit Anlage eines Nabelpouches am 17.11.2005.

  • Liebe Verena,


    gib nicht auf. Auch wenn dies mein zweiter Versuch ist, den ich hier an dich starte, weil ich dir nicht wirklich einen guten Rat geben kann, so möchte ich wenigstens heute versuchen, dir diese Zeilen zu schicken. Es hilft dir nicht weiter, wenn ich hier erwähne, dass ich als Mama sehr gut verstehen kann, wie dir zumute ist, aber ich will es dennoch nicht einfach weglassen. Du bist jung, dein Kind braucht dich, das ist der Horror einer jeden Mutter, was du gerade durchleben musst. Aber wie Löwe schreibt, Kinder können Kraft geben und dein Sohn trägt sicherlich zu deiner Kraft und deinem Durchhaltevermögen bei. Aber er wird auch merken, wenn es dir nicht gut geht, und auch wenn man seinem Kind eine unbeschwerte Kindheit schenken möchte, ist das nicht immer einfach. Und wenn dieser Arzt nicht mehr weiter weiß, dann suchst du dir einen anderen. Die Hoffnung stirbt schließlich zuletzt. Ich wünsche dir, dass du die Chance zum Weiterleben bekommst.


    Ganz viel Kraft und viele gute Wünsche von mir für dich.


    m-m-chen

  • Hallo Verena,
    wenn dem wirklich so ist, dass eine Chemo nur eine qualvolle Verlängerung des Leidens ist, dann wäre der Verzicht zu Gunsten von mehr Lebensqualität vielleicht der richtige Weg. Das würde ich aber genau prüfen, nicht einfach so hinnehmen. Schicke Deine Befunde an Chefärzte, Professoren, Onkologen, Strahlentherapeuten in ganz Deutschland, bitte um dringende schnelle Antwort. Vielleicht öffnet sich dadurch eine Tür, eine neue Möglichkeit. Wie sieht es aus mit Präzisionsbestrahlungen, Cyberknife oder Protonen? Könnten diese vielleicht helfen die Ausbreitung des Tumors zu verhindern ohne die Nebenwirkungen der Chemo? Ich wünsche mir sehr, dass Du es schaffst. Grüße, Hans

    05/2010 Harnblasenkarzinom mit Infiltration der prostatischen Harnröhre: Pt2b, G3-4, L1. 09-10/2010 Radiochemotherapie, 02/2011 Lungenmetastase, 05/2011 Cyberknife Therapie