Vorgehensweise bei einem muskelinvasivem Blasentumor T2,3,4

  • Einleitung
    Etwa 30 % der Blasenkarzinome sind bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung muskelinvasiv. Je nach pathologischem
    Stadium des Primärtumors und dem Lymphknotenstatus rezidivieren die Hälfte dieser Tumoren nach radikaler
    Zystektomie, 30 % mit Lokalrezidiv im kleinen Becken, in den meisten Fällen jedoch werden Fernmetastasen diagnostiziert.
    10–15 % der Patienten sind bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung metastasiert.


    Diagnose und Staging
    Hauptsymptom ist die schmerzlose Hämaturie. Zusätzliche Symptome können Dysurie, Drangsymptomatik und Pollakisurie
    sein, sowie beim fortgeschrittenen Blasenkarzinom auch Schmerzen im kleinen Becken.
    Das primäre diagnostische Vorgehen unterscheidet sich im Wesentlichen nicht gegenüber dem nicht-invasiven Blasenkarzinom:

    Transurethrale Resektion/Bimanuelle Palpation


    Während der transurethralen Resektion (TUR) kann der Operateur die Tumorausdehnung im Bereich der tiefen Muskelschichten bzw. des perivesikalen Fetts beurteilen.
    Die Biopsie (TUR) der prostatischen Harnröhre des Mannes sowie des Blasenhalses bei der Frau dient zum Ausschluss einer Harnröhreninfiltration. Mit der bimanuellen Palpation
    vor und nach jeder TUR lässt sich eine Fixation des Tumors im kleinen Becken ausschließen.


    Bildgebende Verfahren


    Zum Ausschluss einer Hydronephrose, die meist eine deutlich schlechtere Prognose zur Folge hat, ist die Sonographie der Nieren bei allen Patienten vor einer TUR angezeigt
    (Evidenzlevel 3). Die Frage der Organüberschreitung wird präoperativ mit einer Computertomographie (Abflussbild) bzw. Magnetresonanz des Abdomens (65–80 % Korrelation bzgl. Organüberschreitung) abgeklärt. Zum Ausschluss einer pulmonalen Metastasierung ist ein CT-Thorax obligatorisch.


    Therapie


    Die radikale Zystektomie mit pelviner Lymphadenektomie ist Goldstandard der Behandlung des muskelinvasiven Harnblasenkarzinoms ohne erkennbare lymphogene oder
    hämatogene Metastasen. Die Operation erfolgt in erster Linie unter kurativer Zielsetzung.
    In einigen besonderen Fällen steht jedoch die Erhaltung bzw. Verbesserung der Lebensqualität bei tumorbedingter Beeinträchtigung der Blasenfunktion, rezidivierenden Blutungen oder
    tumorbedingten Schmerzen im Vordergrund.


    Radikale Zystektomie


    Indikation (kurativ)

    • BCG-resistentes Cis
    • T1-Blasenkarzinom mit schlechten Prognosefaktoren (High-Grade, multilokulär, +Cis, Tumor > 3 cm)
    • Therapie- (intravesikal) resistentes T1-Blasenkarzinom

    Technik

    Regionale Lymphadenektomie +

    – beim Mann: Zystoprostatektomie mit Entfernung der Samenblasen. Urethrektomie bei Befall der prostatischen Harnröhre bzw. massiver Infiltration der Prostata
    – bei der Frau: Zystektomie und Entfernung von Uterus und Adnexen. Urethrektomie bei positivem Absetzungsrand bzw. Primärtumor am Blasenhals


    Harnableitung

    • – Orthotope Darm-Ersatzblase
    • – Supravesikale Harnableitung

    ● Kontinent
    ● Inkontinent
    oder Ureterokutaneostomie (palliativ)


    Die orthotope Darm-Ersatzblase sollte sowohl beim Mann als auch bei der Frau bei tumorfreier Harnröhre bzw. keinen zusätzlichen Kontraindikationen die 1. Wahl der Harnableitung nach
    radikaler Zystektomie sein.


    Blasenerhaltende Therapie


    Eine blasenerhaltende Therapie beim muskelinvasiven Blasenkarzinom ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Überlebensrate im Vergleich zur primären Zystektomie nicht verschlechtert ist
    und eine hohe Wahrscheinlichkeit einer lokalen Heilung mit funktionell nicht eingeschränkter Harnblase besteht.


    Transurethrale Resektion


    Eine alleinige TUR stellt in den meisten Fällen keine kurative Therapie-Option dar.

    Strahlentherapie


    Die alleinige Strahlentherapie ist weniger effektiv als die radikale Zystektomie.


    Multimodale Therapie (TUR + Radio- + Chemotherapie)


    Diese Therapieform stellt eine Alternative für hochselektionierte Patienten dar bzw. bei denen eine radikale Zystektomie nicht möglich ist.


    Blasenteilresektion


    Nur bei hochselektionierten Patienten, ohne begleitendem Cis oder positiven Lymphknoten angezeigt. Mit dieser strengen
    Indikationsstellung sind die 5-Jahre-Überlebensraten vergleichbar mit jenen der Zystektomie.


    Palliative Therapie


    Die Indikation zur palliativen supravesikalen Harnableitung (Conduit, Ureterokutaneostomie, PCN) mit oder ohne palliative Zystektomie ergibt sich primär aus der tumorbedingten
    Beeinträchtigung (rezidivierende Blutungen, Schmerzen) der Lebensqualität.


    Nachsorge


    Die Nachsorge von Patienten mit muskelinvasivem Urothelkarzinom der Harnblase ist abhängig vom histologischen Tumorstadium und von der Wahl der Harnableitung nach radikaler
    Zystektomie bzw. von der „alternativen“ Therapieform. Derzeit wird von der EAU folgendes Nachsorgekonzept vorgeschlagen. (Siehe Bild)


    Nachsorge.jpg

  • rainer

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