Kassel, den 11. August 2015
Der 9. Senat des Bundessozialgerichts hat heute entschieden, dass das Versorgungsamt dem Kläger dessen
Schwerbehindertenstatus entziehen durfte, obwohl es das schon über10 Jahre vorher hätte tun können und es ihm stattdessen einen
unbefristeten Schwerbehindertenausweis ausgestellt hatte.
Beim Kläger wurde 1992 ein bösartiges Geschwulst diagnostiziert und dieses
operativ entfernt. Obwohl diese Krebsbehandlung sich später als
erfolgreich erwies, stellte das zuständige Versorgungsamt beim Kläger im
Januar 1993 einen Grad der Behinderung mit 50 seit dem 1. Juli 1992
fest. Dies entspricht den Vorschriften über die sogenannte
Heilungsbewährung. Sie sehen bei bestimmten schweren Krebserkrankungen
wie derjenigen des Klägers während eines Zeitraums von fünf Jahren
pauschal die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft vor.
Denn in dieser Zeit kommen häufig Rückfälle vor; die Angst davor verschlimmert
für die Betroffenen die ohnehin erheblichen Auswirkungen der
Krebstherapie. Nach Ablauf der Zeit der Heilungsbewährung richtet sich
der Grad der Behinderung dann aber nach dem tatsächlichen
Gesundheitszustand des Betroffenen. Diesen zu überprüfen hatte das
Versorgungsamt aber im Fall des Klägers trotz Ablaufs der
Heilungsbewährung, also ab 1997, versäumt. Stattdessen hatte es ihm
sogar einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis ausgestellt. Erst
2012 holte das Versorgungsamt die versäumte Überprüfung nach und entzog
dem Kläger für die Zukunft seinen Schwerbehindertenstatus.
Zu Recht, wie das Bundesozialgericht jetzt entschieden hat. Bereits 1997
rechtfertigte der Gesundheitszustand des Klägers seinen
Schwerbehindertenstatus nicht mehr. Seine Krebserkrankung war nicht
wieder aufgetreten, ansonsten war er weitgehend gesund. Die
jahrzehntelange Untätigkeit des Versorgungsamtes macht die Aufhebung für
die Zukunft nicht rechtswidrig.
Der Kläger durfte nicht darauf vertrauen, für alle Zeiten seinen Status als Schwerbehinderter behalten
zu können, obwohl sein Gesundheitszustand dies schon lange nicht mehr
rechtfertigte. Das Versorgungsamt hatte sein Aufhebungsrecht auch nicht
verwirkt. Es hatte dem Kläger niemals ausdrücklich zu verstehen gegeben,
trotz der Besserung seines Zustands auf die Aufhebung verzichten zu
wollen. Das lange Untätigbleiben des Versorgungsamtes allein führte
nicht zur Verwirkung. Auch die unbefristete Ausstellung des
Schwerbehindertenausweises begründete für sich genommen keine Rechte,
sondern dokumentierte nur die zu Grunde liegende Feststellung. Sie
aufzuheben hatte das Versorgungsamt lediglich aus Versehen unterlassen.
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Az.: B 9 SB 2/15 R
W. ./. Land Baden-Württemberg