Urostoma Rolf

  • Meine Urostoma-Geschichte


    Vor genau 10 Jahren ist mir die Harnblase auf Grund eines Harnblasen-Karzinoms entfernt worden. Seitdem lebe ich mit einem Ileum Conduit.


    Am 08.03. 2007 fand die Operation im Weender Krankenhaus, Göttingen, statt. Erkannt wurde das Karzinom ca. ein Jahr vorher. Leider reichte die Chemotherapie in der Harnblase nicht. Der Krebs wuchs in die Muskelschicht und die Zystektomie war nötig. Es ist sehr wichtig, das Urostoma in keine Bauchfaltung installieren zu lassen, da sonst mit Dichtigkeitsproblemen zu rechnen ist.


    Mit einem Beutel zu leben war eine Horrorvorstellung für mich. Auch ein Ausprobieren kurz vor der Operation änderte meine Einstellung nicht wesentlich.

    Das Ileum Conduit war aber nach Aussage meines Operateurs die einzige Option für mich, da mein Tumor sehr dicht am Ausgang zur Harnröhre lag.


    Nach der Operation wurde zuerst mein künstlicher Ausgang vom Pflegepersonal versorgt. Später in der Anschlussheilbehandlung übernahm ich das neue Anlegen. Am Anfang war es sehr schwierig, die Basisplatte exakt über den künstlichen Ausgang zu positionieren. Ich hatte die Angst, dass ich einmal den Ausgang ganz abdichten könnte. Mit der Zeit kam aber eine Routine, so dass die Angst langsam abnahm.


    Zum Einsatz kommt ein 2-teiliges System mit Basisplatte und Urostomiebeutel (Schnappring-Verschluss). Ich habe in den 10 Jahren nur dieses System benutzt. Da sich mein außenliegender Darmabschnitt nicht schön regelmäßig über die Bauchdecke wölbt, muss ich die Konvex-light -Form der Basisplatte verwenden. Konvex-light heisst, dass sich der Innenteil der Platte mit dem Loch etwas aus der planen Ebene wölbt. Ich nehme Basisplatten mit ausgestanztem, größen-definierten Loch. Es gibt auch Platten, bei denen das Loch nach entsprechenden Bedürfnissen zugeschnitten werden kann. Diese Schneiderei hat mir nicht gefallen. Leider gibt es von der erst beschriebenen Version nur einige Lochdurchmesser im Angebot.

    Zur weiteren Abdichtung verwendete ich am Anfang eine Stoma-Barriere-Paste. Sie kann man leicht um die Öffnung in der Basisplatte auftragen. Seit ca. 2 Jahren nehme ich aber zur Abdichtungen halbierte Stomaringe. Der Grund für die Änderung liegt darin, dass es mit der Barriere-Paste nach einer Zeit manchmal unter der Platte zu jucken anfing (besonders häufig im Sommer). Ich hatte das Gefühl, dass etwas Flüssigkeit unter die Basisplatte gelangt ist.

    Ich wechsele die Beutel täglich und die Basisplatte zweimal die Woche. Die künstliche Öffnung reinige ich mit einer Duschbrause und mit Flüssigseife. Zum Schutz (ich weiß nicht ob sinnvoll) creme ich die Ränder des Ausgangs mit einer zinkhaltigen Creme ein. Zink soll schützend für die Haut wirken. Man soll sehr wenig Creme nehmen. Meine Tube hält schon seit Jahren ohne Verderbnisanzeichen. An Wechseltagen für die Basisplatte dauert die morgendliche Reinigungsprozedur nur ca. 5 Minuten länger, zeitlich also vernachlässigbar. In Abständen entferne ich die Haare im Bereich unter der Basisplatte, um Hautreizungen zu vermeiden.Auf jeden Fall sollte man beim Wechsel des Beutels prüfen, ob das Auslaufventil verschlossen ist. In der ganzen Zeit habe ich es leider ca. 5 mal vergessen mit den entsprechenden Folgen.

    Nach 10 Jahren habe ich leichte Ansätze an Waschfrauenhaut im unteren Teil des Stomas. Nach Auskunft meiner Stomaberaterin ist dieses aber nicht problematisch.


    Über Nacht arbeite ich mit einem Bettbeutel, der ein Fassungsvermögen von 2000 ml besitzt und einer Zuleitung von 145 cm. Diesen langen nicht abklemmbaren Schlauch brauche ich, um den Bettelbeutel am Fußende des Bettes zu befestigen. Er hängt aus Sicherheitsgründen in einem Behältnis. Es mir bisher einige wenige Male passiert, dass ich vergessen habe, den Hahn des Beutels zu schließen.

    Die obige Konstruktion verwende ich, damit der Beutel nicht an der Seite befestigt werden muss. Mich würde stören, wenn der Schlauch über meinem Bauch laufen würde. Bei meiner Konstruktion habe ich dass Gefühl, ohne „Strippe“ im Bett zu liegen.


    Die obige Horrorvorstellung hat sich gelegt. Ich habe mich an das Leben mit dem Beutel gewöhnt. Er ist voll in mein Leben integriert. Ich mache fast alles mit dem Beutel. Selbst Baden ist möglich. Durch mein Badeshort wird das Stoma voll abgedeckt. Ich bin schon zwischen 20 und 30 Minuten im Wasser gewesen, ohne dass sich etwas gelöst hat.

    Ich kann alles essen, ohne negative Wirkungen am Stoma zu spüren. Angeblich sollen gewisse Lebensmittel Probleme am Stoma bereiten. Bei mir nicht. Fahrradfahren ist ebenfalls uneingeschränkt möglich. Durch ein Bauchgefühl erkennt man sehr schnell, wann eine Toilette aufzusuchen ist.

    Fuß- bzw Handball-Spielen würde ich nicht betreiben, da Stöße auf das Stoma nicht ausgeschlossen wären. Auch Gewichte über 10 kg würde ich nicht heben. Die Bauchmuskeln sind durch das Loch in der Bauchdecke geschwächt. Aber sonst kann man alles machen. Bei Reisen ist etwas mehr Aufwand nötig, um für die Zeit während der Abwesenheit von zuhause, gut versorgt zu sein. Ich nehme immer etwas mehr mit. Man weiß nicht, ob man auf Grund von Umständen erst etwas später wieder nach Hause kommt.


    Die Neoblase ist nach einer Operation natürlich die beste Option. Aber nur, wenn sie optimal funktioniert, was leider nicht immer der Fall ist. Dann kommt aber für mich schon das Ileum Conduit. Die Lebensqualiät wir nur minimal eingeschränkt. Regelmäßige Blutkontrollen sind bei mir nicht erforderlich.

    Ein Problem kann man leider nicht wegdiskutieren. Angeblich sollen mit 100%iger Wahrscheinlichkeit im Laufe der Zeit Probleme mit dem Ileum Conduit auftauchen. Bisher sind – darüber bin ich sehr glücklich – diese Stoma-Probleme noch nicht aufgetreten.


    Das ist meine Urostoma-Geschichte. Ich hoffe, dass sie einigen Leute etwas die Angst vor einem Urostoma nimmt.


    Viele Grüße

    Rolf


    P.S. Das Forum ist echt gut geworden.

  • Hi Rolf,

    ich als "Beuteltier" (mit Harnleiterschiene) habe interessiert deinen Beitrag gelesen. Du hast mir ja etliche Jahre als Beuteltier voraus (Urostoma im Mai 2013).

    Vielleicht ist es diesem Umstand geschuldet, dass du - für meine Begriffe - sehr viel Aufwand betreiben musst, um das Leben mit einem Urostoma zu ermöglichen.

    Kurz zu meinem Umgang mit dem Stoma:

    Ich benutze seit der Zystektomie (Mai 2013) ein einteiliges System, bei dem ich niemals Probleme hatte. Ich erhalte die Stomabeutel mit vorgestanztem und

    konvexem Ausschnitt. Hat bisher immer hervorragend gepasst; ich hatte und habe absolut keine Probleme mit dem Wechsel des Systems.

    Der Wechsel findet inzwischen alle 2 bis 4 Tage statt, je nachdem wie der Kleber hält. In der Regel wechsle ich alle 3 Tage. Man merkt aufgrund der Erfahrung

    wann ein Wechsel notwendig wird.

    Pflegeprodukte für die Haut habe ich bisher nur sehr, sehr sporadisch benutzt; einmal aus dem Grund dass ich eigentlich keine Hautprobleme habe, andererseits habe ich festgestellt, dass mit dem Gebrauch der Beutel nicht so lange hält.

    Dem Beutelwechsel lasse ich immer dann wenn es möglich ist, eine "Abduschung" des Stomabereichs vorausgehen; d.h. kurze, schnelle Dusche im unteren Körperbereich und nach dem Abtrocknen das Aufkleben des Beutels. Sollte - warum auch immer - keine Dusche da sein, bekomme ich mit den Kompressen den Stomabereich auch wieder klar zum Wechsel.

    Zwischendurch müssen logischerweise auch die Härchen abrasiert werden. Bei den Einwegrasierern sollte man nicht sparen! So werden keine Härchen ausgerissen sondern tatsächlich abgetrennt.

    Also: Beutelwechsel dauert mit Reinigung und Pflege max. 10 min.

    Nun zur Nacht:

    Der "Nachtbeutel" mit 2 Liter Fassungsvermögen hängt am Bettende. Den Verbindungsschlauch klipse ich mit Hilfe eines immer mitgelieferten Adapters

    an den Stomabeutel. Mein Stoma befindet sich auf der rechten Körperseite - wohlweislich mit Hilfe der Stomaschwester bei der OP geplant, da ich schon immer auf der rechten Seite schlafe - dadurch ergeben sich nachts keine Probleme. 2000 ml reichen eigentlich immer aus, um die Nacht durchzuschlafen, es sei denn, es waren ein (oder 2) Weizenbier zuviel :). Dann wird es zum Morgen hin schon eng.

    Nächtliche Undichtigkeiten gab es anfangs mal, aber seit Jahren gibt es keine Probleme. Ich nehme auf Reisen auch keine Unterlage mit; lediglich irendwelche Befestigungsmöglichkeiten für den Nachtbeutel, aber da kann man/frau (gendern!;)) kreativ sein.

    Mein Beutel beeinträchtigt mich eigentlich sehr wenig in meinem neuen Leben: Laufen, Fahrradfahren, Schwimmen, Urlauben ist fast wie vorher.

    Wichtig ist nur eine Möglichkeit den Beutel zu leeren und die gibt es auch überall ohne Toilette:).

    Think positive

    Harald

    Zystektomie 05/2013 pT3a pN0 (0/25) G3 R0 L1 V0 mit Anlage Ileum-conduit. 09/2013 Einlage beidseits Schienen. Rezidiv 01/2014. 3 Zyklen Chemo. Seither rechts Schiene

  • Hallo Doris,

    mein Hollister-System heißt 1454 compact, ist einteilig, konvex mit 25 mm vorgestanztem Lochdurchmesser und klebt wie "festgetackert";

    so zumindest das Personal der Klinik, wo ich alle 6 Wochen die Harnleiterschiene wechseln lassen muss.

    Seit fast 4 Jahren mit diesem System eine sehr gute Lebensqualität, Leckagen sind seit Jahren nicht mehr aufgetreten; und die davor waren

    von mir auf Grund von Unsicherheit oder Hektik verursacht

    Seit Jahren alles gut.... so soll es weitergehen :)


    Wir sind auf dem besten Weg !!!!

    Harald

    Zystektomie 05/2013 pT3a pN0 (0/25) G3 R0 L1 V0 mit Anlage Ileum-conduit. 09/2013 Einlage beidseits Schienen. Rezidiv 01/2014. 3 Zyklen Chemo. Seither rechts Schiene

  • Ich benutze auch seit der Reha Hollister einteilig 25900 plan, da Stoma auf Hautebene eher noch drunter.

    In der Klinik hat man vergeblich versucht ein 2-teiliges System zu befestigen (Stoma liegt tief in der Sitzfalte)

    hat immer nur ein paar Stunden gehalten.

    In Bad Wildungen hat man sofort auf obiges einteiliges System umgestellt - seitdem bin ich "dicht"

    Nachts mit Adapter 2ltr. Bettbeutel angeklipst fertig. Tagüber bei Bedarf Beinbeutel angeschlossen,

    fasst dann auch 800 ml.

    Soviel von mir als Uro-Stoma-Anfänger und uralt Colo-Stoma-Träger.

  • Hallo Rolf,Harald,Freddy , ihr seit ja schon echt erfahrene Uro-Hasen. Habe eure Beiträge mit großem Interesse gelesen.Habe mein Ileunconduit seit Nov.14. Komme auch mit allem gut klar.Nur mit dem Nachtbeutel stehe ich manchmal auf Kriegsfuß , der Beutel verdreht sich und dann läuft nichts mehr.Nun meine Frage: lhr schreibt euer Nachtbeutel hängt am Fussende? Habe nicht verstanden,wie das funktioniert.Mein Beutel steht neben meinem Bett auch in einem Behälter,da mir auch einmal passiert ist,das der Hahn offen War. LG Gertrud

  • Meiner steht auch auf dem Boden und ich achte darauf, das der Connector zu Nachtbeutel passend gedreht ist,

    um ein abknicken zu verhindern.

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