Leben mit der Neoblase

  • Ich bin fast 70 Jahre, Rentner und war mein Leben lang in der IT-Branche tätig. Ich war 35 Jahre verheiratet und habe 2 erwachsene Töchter. Seit fast 10 Jahre lebe ich alleine.
    Ich bin viel gereist, kenne die halbe Welt und bin eigentlich positiv und humorvoll.
    Der Humor ist mir vergangen, als ich im Jan. diesen Jahres über Nacht und völlig unerwartet Blut im Urin vorfand. Die anschl. Untersuchung und eine Blasenspiegelung ergab dann den ersten Befund: Blasenkrebs. Nach dem Schock hat mich der Urologe dann sofort in die Klinik überwiesen, dort wurde eine Endoskopie mit folgendem Ergebnis gemacht: (siehe vorl. Arztbericht im Anhang).
    Schon bei Entlassung aus dem Krankenhaus deutete der Arzt an, dass die Sache damit nicht ausgestanden ist, aber es muss der Befund des Pathologen abgewartet werden. Der lieg nun ebenfalls vor (siehe Histol Befund im Anhang).
    Ich will nicht sagen dass die Welt für mich zusammen gebrochen ist, aber der Schock war riesig. So wie es aussieht muss ich mich in nächster Zeit mit einer OP zur Entfernung der Blase abfinden. Mein jetziger mentaler Zustand ist gefasst, aber immer noch in Schockstarre.
    Wie es das Schicksal so will, habe ich vor vielen Jahren das Buch von Peter Noll "Diktate über Sterben & Tod" gelesen, das sich genau mit dieser Krankheitssituation befasst. Ich glaub zwar schon, dass sich in der Zwischenzeit medizinisch viel getan hat, trotzdem gehen mit die Gedanken von Peter Noll nicht aus dem Kopf.
    Eine Neoblase, Selbstkathetrisierung, mögliche Inkontinenz und die zu erwartenden schmerzhaften Therapien gehen mir im Kopf rum.


    Tja, das ist mein aktueller Zustand, ich könnte Rat und Trost gut vertragen.


    fritz69


    Klinik Bogenhausen vorl Arztbericht_geschwärzt.pdf
    Klinik Bogenhausen Histol Befund_geschwärzt.pdf

  • Guten Abend, Fritz69,
    oh ja, diesen Schock kann ich nachvollziehen, das haben wir alle hier erfahren!
    Du schreibst ja selbst, dass wahrscheinlich eine Zystektomie für dich ansteht, und der Befund spricht auch eindeutig dafür. Da kommst du nicht drum herum, leider.
    Ich schreibe dir aus zwei Gründen:


    1. Ich lebe seit ziemlich genau 2,5 Jahren mit einer Neoblase, und ich lebe gut damit! Ich war zwar einige Monate ziemlich ausgeknockt, aber habe innerhalb, sagen wir mal, einen Jahres meinen Fittnesszustand von vor der OP komplett wieder erlangt: Ich arbeite voll (Ich bin 63 Jahre alt), mache viel Musik und viele Auftritte, hüte Enkel, kümmerere mich um meine alten Eltern, mache genauso Reisen wie vorher, ja , es geht mir gut. Mein Mann und ich verreisen im Urlaub ganz normal, nehmen am kulturellen und politischen Leben teil. Ich habe mich sehr gut erholt! --- und hatte auch einen T2G3.
    Keine Selbstkatheterisierung, nachts halt mit Vorlage...... alles gut! Tagsüber bin ich kontinent, und das war ich auch sehr schnell nach der OP.
    Also, nur Mut!


    2. Nimm dir jetzt Zeit! Informiere dich, frag die Urologen und Operateure Löcher in dern Bauch, nimm dir Zeit, dich mit dieser Krankheit auseinanderzusetzen. Der Schock geht nicht so schnell weg, aber , wie soll ich sagen, man gewöhnt sich daran. Das Wort KREBS verliert irgendwann seinen totalen Schrecken.
    Und such dir den besten Operateur, den du kriegen kannst!


    Liebe Grüße aus dem Norden


    Hibiskus

  • Hallo Fritz,
    richtig, so eine Diagnose verpackt man nicht so einfach, ist auf jeden Fall für alle Betroffene ein schwerer Schock. Ich hab mir Deine Histo durchgelesen und sehe auch keinen anderen Weg als eine Blasenentfernung.
    Ich bin gerade 66 geworden, lebe seit 13 Jahren mit meiner Neoblase ziemlich gut. Du gehst stramm auf die 70 zu und soltest dir Gedanken über die mögliche Harnableitung machen.
    Ehrlich gesagt, mit 70 würde ich mir keine Neoblase mehr antun, dann käme für mich nur noch das Urostoma in Betracht. Vorteile gegenüber der Neoblase liegen für einen 70 jährigen klar auf der Hand: wesentlich kürzere OP Zeit (3 bis 4 Stunden, gegenüber 8 bis 10 Stunden bei Neoblase) sofort kontinent, also keine Windeln, kein nächtliches aufstehen, einfach zu handhaben.


    Diesen Peter Noll kenne ich nicht, ich denke das du dich da jetzt in deiner Panik etwas reingesteigert hast. Das Leben lebt sich mit einem Stoma genauso gut wie mit einer noch orginalen Blase. Klar, anfänglich gewöhnungsbedürftig, später, nach ein paar Monaten machst du aber alles das mit dem Stoma was du heute auch machst. Egal ob reiten, schwimmen, Sauna, Motorrad fahren, am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, alles geht !!


    Falls du weitere Fragen hast, stelle sie, dafür sind wir da.


    Gruss Rainer

  • Hallo Fritz,
    auch von mir ein herzliches willkommen hier im Forum. Aus meiner Sicht der erste Schritt in die richtige Richtung.
    Ich kann Deine Gedanken so gut nachvollziehen. Aber ich kann Dir sagen die schlimmste Zeit ist die in der Du Dich jetzt
    befindest. Denn jetzt werden von Dir Entscheidungen abverlangt mit denen man nie konfrontiert werde hätte wollen.
    Aber es bringt nichts. Es wird Dir bereist viel besser gehen sobald Du eine Entscheidung getroffen hast. Was mache ich?
    Wo mache ich es? Mit wem mache ich es? Das Forum hat mir sehr geholfen die Diagnose anzunehmen und zu einem
    Entschluss zu kommen hinter dem ich zu 100% stehen konnte.


    Stell all deine Frage und lass uns an Deinen Sorgen teilhaben. Wir werden unser bestes tun Dich auf Deinem Weg zu begleiten.


    Viele Grüße und alles Gute
    Sascha

    Diagnose: pt1a -high grade, R1; Cis G3,
    Urinableitung: Neoblase seit 10.02.2017
    Operateur: Prof. Dr. Heidenreich (Uni-Klinik Köln)


    "Es kommt im Leben nicht darauf an wie viel Du austeilst, sondern darauf wie viel Du einstecken kannst!"

  • Moin Fritz


    Also ich habe mal so geschaut, worum es bei Peter Noll geht und es ist bestimmt interessant zu lesen, warum ein Mensch die Behandlung seines Blasenkrebses ablehnt aaaabbbbeeeerrrrr...... lese hier die Geschichten von den Menschen die es geschafft haben.


    Lese bei Sascha mit, wie er jeden Tag beschreibt..., warum er es macht...... und wie er damit umgeht. Lese die Geschichten der alten Hasen hier und Du wirst sehen, es gibt ein gutes und glückliches Leben auch nach dieser Diagnose.


    Wenn Du leben möchtest, lege diesen Peter Noll beiseite.


    Versuche Deine Energie aus der Schockstarre zu entziehen und setze sie um ins Handeln. Den ersten Schritt hast Du ja mittlerweile gemacht und Dich hier angemeldet.


    Wir sind ein grundsätzlich ehrliches Forum und keiner wird Dir zu etwas raten oder abraten, was völlig utopisch ist. Du kannst alles ansprechen, Deine Ängste und alles was Dich bewegt und interessiert.


    Liebe Grüsse
    Tatjana

  • Moin Fritz,


    auch von mir ein herzliches Willkommen im Forum. Was gibt es zu sagen bei solch einer Mitteilung? Nichts, was aufbaut. Wohl aber die Möglichkeiten die sich bieten. Die sind begrenzt und überschaubar. Sascha ist für Leute wie uns kein Maßstab, das kriegen wir allein altesbedingt nicht mehr hin. Wir können aber alles daransetzen, unser Leben zu erhalten und relativ normal weiterleben. An der OP führt nach meiner Einschätzung kein Weg vorbei. Ich ignoriere Peter Noll bewusst. Die Blase entfernen und mit einem Urostoma leben ist die Option. Bei mir werden es am kommenden Samstag sieben Jahre sein die ich seit der OP mit dem Stoma lebe und es lebt sich verdammt gut.


    Gruß
    wolfgangm

    05/2009 CIS, 02/2010 pT4 a, G 3, sechs Zyklen Chemotherapie, Gem/Cis, 08/2018 Nephrektomie rechts


    "wer kämpft, der kann verlieren; wer nicht kämpft, hat bereits verloren"

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