Servus aus Wien!

  • Ich war sehr lange nicht mehr im Forum und möchte mich nochmals kurz vorstellen: ich bin Mutter eines Sohnes (47) der vor 2 Jahren an Blasenkrebs erkrankt ist.

    Gott sei Dank konnte ich mir aus dem Forum wertvolle Informationen holen. Obwohl mein Mann und ich immer sehr guten Kontakt zu unseren Sohn hatten und haben

    bekamen wir von ihm nur spärliche Infos zu seiner Erkrankung. Was ich weiß: er hatte nicht-muskelinvasive Tumore, es wurde 3 mal eine TUR-B durchgeführt, und es beginnt nun das 3. Jahr der BCG-Therapie.

    Die Schmerzen nach den Behandlungen sind jetzt schon ziemlich heftig und dauern an.

    Meine Frage: welche Medis könnten ihm helfen UND wie sieht es aus mit Schmerzmitteln von Cannabinoid-Medikamenten??????? Hat jemand Erfahrung?:?:

    Vielen Dank!

  • Liebe Etaner,


    erstmal werde ich nochmals allgemeine Informationen zu der BCG - Therapie geben, damit du nachvollziehen kannst, welche Nebenwirkungen "normal" und welche "unnormal" und somit Behandlungsnotwendig wären. Ich gebe Dir diese Informationen auch, da dein Sohn wohl nicht mit Euch darüber spricht.


    Die BCG - Therapie ist in den meisten Fällen auch kein Spaziergang, hierbei handelt es sich im abgeschwächte aber dennoch lebendige Tuberkulosebakterien, die per Katheder in die Blase gegeben werden, dort müssen die Bakterien ca. 2 Stunden verbleiben und können dann ausgeschieden werden.

    Durch diese Bakterien kommt es in der Blase zu einer Immunreaktion, was eine Blasenentzündung auslöst. Diese Immunreaktion des Körpers soll dazu führen, dass die körperlichen Antikörper auch Krebszellen in der Blase bekämpfen und so neue Tumoren verhindern helfen.


    Therapieplan wird sich wie folgt aufteilen:

    1. eine 6 wöchige Initialtherapie mit je einer Therapie pro Woche

    2. der Erhaltungstherapie mit 3 Instillationen in wöchentlichem Abstand in den Monaten 3, 6, 12, 18, 24, 30 und 36 (gerechnet nach der letzten TUR-B). In diesem Schema werden insgesamt 27 Instillationen über einen Zeitraum von 3 Jahren verabreicht.


    Nebenwirkungen:

    Bei einer immunologischen Behandlung mit BCG kann die Harnblase in den Tagen nach der Behandlung gereizt sein. Dies kann insbesondere beim Wasserlassen zu Schmerzen (Krampfartig) führen und Harndrang verursachen. Die Patienten können auch etwas Blut im Urin und leicht erhöhte Temperatur haben und an Müdigkeit leiden.

    Weiterhin kann die Therapie grippeähnliche Symptome wie Schüttelfrost, Fieber, Muskelschmerzen, Schwäche, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall verursachen.

    All diese Nebenwirkungen betreffen Großteils die ersten 48 Stunden nach der Instillation des BCG - danach sollten sie deutlich abklingen. Der verstärkte Harndrang aber, kann noch Monate nach der Behandlung auftreten (Reiz - und Schrumpfblase).


    Hygiene:

    Am Tag und Folgetag der Instillation sollte man verstärkt auf die Hygiene achten und nicht nur nach jedem Toilettengang die Hände waschen, sondern auch desinfizieren, ebenso ist es hilfreich die Toilette selbst mit Desinfektionsspray nach jedem Toilettengang zu reinigen.

    Durch den verstärkten Harndrang sollte man ebenso darauf achten immer eine Toilette in der Nähe zu haben, aus eigener Erfahrung weiß ich, das man oftmals keine 20 Meter weit kommt, wenn man erst mal merkt das man mal "muss".

    Durch die Blutbeimengungen im Urin, der dann auch Gelleeartig sein kann, bietet es sich an am Tag der Instillation und dem Folgetag Einlagen zu tragen, sodass man sich die Unterwäsche nicht versaut.

    Diese Inkontinenzeinlagen kann der Urologe als so genanntes Hilfsmittel verschreiben, sollte dies geschehen sein, sollte man mit der Krankenkassen in Kontakt treten und sich das Sanitätshaus nennen lassen mit denen sie zusammenarbeiten. Danach dann das Sanitätshaus aufsuchen, dort findet eine Beratung statt und eine Abklärung der Kostenübernahme durch die Krankenkasse.


    Nach der Instillation:

    ca. 1 1/2 Stunden nach der Instillation kann man beginnen mit trinken, das Beste sind Tee´s oder stilles Mineralwasser. Kohlensäurehaltige Getränke können die Blase zusätzlich reizen. Je mehr man trinkt, je besser wird die Blase gespült, Anhaltspunkt ist ein Liter Flüssigkeit pro Stunde das sollte man dann ca. 4 Stunden lang machen und ab dann kann weniger getrunken werden.

    Gönne Dir am Tag der Instillation + dem Folgetag ruhe, auch wenn Du wahrscheinlich nach den ersten Instillationen kaum Nebenwirkungen verspüren wirst, werden die Nebenwirkungen von Behandlung zu Behandlung mehr werden, teilweise kann es auch Aufgrund der Nebenwirkungen zu einem Therapieabbruch kommen.

    Ebenso muss der Arzt bei der Instillation aufpassen, dass z.B. die Harnröhre nicht verletzt wird und somit BCG in die Blutbahn kommt, denn dann kann es zu einer Bcgitis kommen (Tuberkulose).


    Sexualität während der BCG-Therapie:

    Während der BCG-Therapie sollte bei jedem Verkehr ein Kondom benutzt werden, dies sollte man auch noch bis 4 Wochen nach der letzten Therapie beibehalten. Weiterhin zeigte sich in Studien und Untersuchungen, dass durch die BCG-Therapie die Qualität der Spermien abnehmen und es nicht ausgeschlossen werden kann, das es zu einer dauerhaften Schädigung kommt. Sollte die Familienplanung noch nicht abgeschlossen sein, sollte hierüber mit dem Urologen gesprochen werden.

    Männer sollten sich vor Therapiebeginn hinsichtlich einer möglichen Spermienkonservierung beraten lassen, leider werden die Kosten dafür nicht von den Krankenkassen übernommen.


    Nun zu den Schmerzen, die dein Sohn hat:

    Hier muss man unterscheiden zwischen Schmerzen, die während des Wasserlassens auftreten und Schmerzen, die fast dauerhaft auftreten und sich auch Wochen oder Monate nach der letzten Therapie noch auftreten.

    Durch die BCG-Therpie können sehr starke Blasenkrämpfe auftreten, hier kann es Helfen Spasmex einzunehmen, Spasmex ist eigentlich ein Medikament welches bei Prostatavergrößerungen verschrieben wird - wirkt aber auch "Krampflösend oder Krampfverringernd" auf die Blase und wäre damit eine Möglichkeit die Blase zu beruhigen.


    Weiterhin wird während der BCG-Therapie die Blasenschleimwand sehr stark angegriffen, dadurch fehlt dann so zu sagen, die Schutzschicht der Blasenmuskulatur - durch die falsche Getränkeauswahl kann nun ein zu sauer oder zu basischer Urin in Kontakt mit der Muskulatur kommen - welches dann auch mit Schmerzen verbunden wäre.

    (Sinnbildlich: Lege Dir mal eine Scheibe Zitrone auf eine offene Wunde ... das Brennt auch sehr gut)

    Hier sollte Dein Sohn auch auf sein "Trinkverhalten" achten!!!


    Zu Cannabinoid-Medikamenten kann ich Dir leider keine Auskunft geben.


    Mit freundlichem Gruss

    AndreasW

    22.06.2012 erste [lexicon='TUR-B'][/lexicon] apfelgrosser [lexicon='Tumor'][/lexicon] wurde soweit wie sichtbar entfernt
    03.07.2012 Tumorklassifikation:
    ICD-0: C67 M8130/21 G1 pTa pNx pMx l0 v0 Rx
    22.10.2012 zweite [lexicon='TUR-B'][/lexicon], diesmal ohne Befund
    16.12.2013 dritte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], 5 rezidive wurden entfernt. high grad (rpTa)
    24.06.2016 vierte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], ein [lexicon='rezidiv'][/lexicon] pTa G1

    „I am the master of my fate, I am the captain of my soul“

  • Lieber AndreasW, vielen Dank für die umfangreiche Info!

    Die Spasmex-Empfehlung werde ich an ihn weitergeben da die Blasenkrämpfe sehr heftig sind.

    Danke und einen schönen Abend! etaner