Vater, Jahrgang 1943 mit Harnblasenkarzinom und Verdacht auf Harnleitertumor

  • Hallo liebe Forum Gemeinde,


    erst einmal vielen Dank für dieses Forum mit diesen vielen informativen Beiträgen. Nachdem ich jetzt einige Tage mitgelesen habe, habe ich mich jetzt aus aktuellem Anlass angemeldet und möchte die Situation meines Vaters einmal hier darstellen und hoffe auf weitere Informationen und Hilfestellung zur Zweitmeinungseinholung, Alternativen zu Kliniken oder Therapieformen.


    Krankheitsverlauf meines Vaters Jahrgang 1943

    Durch einen Lendenwirbelsäulenbruch im Jahr 2000 ist der Spinalkanal verengt. Aus diesem Grunde wird seit Jahren alle 3 Monate beim Urologen die Resturinmenge in der Blase kontrolliert. Seit ca, 12-14 Monaten klagte er über immer häufigeren Harndrang, dies wurde bei den Kontrolluntersuchungen immer dem Urologen mitgeteilt. Hier wurde als Ursache immer wieder die Spinalkanalverengung genannt. Vor ca. 4 Monaten war dann erstmals sichtbar Blut im Urin und beim Wasserlassen traten Schmerzen auf. Der Urologe machte eine Blasenspiegelung, erkannte einen trüben Blaseninhalt und meinte es wäre eine Harnwegsinfektion. Diese wurde mit einem Antibiotikum behandelt, nach kurzer Zeit war das sichtbare Blut im Urin verschwunden und kam auch erst einmal nicht wieder. Was blieb, war der immer häufigere Harndrang, die Diagnose, Spinalkanalverengung blieb weiterhin bestehen. Im Juli 2017 war dann wieder Blut im Urin, daraufhin wurde von dem Urologen eine Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel veranlasst. Das Ergebnis am 26.07.17 nach Auffälligkeiten bei der Untersuchung, sofortige Einweisung in das Sana Klinikum Offenbach. Am 27.07.2017 Urethrozystoskopie mit Verdacht auf Blasentumor. Am 31.07.2017 Harnblasentumorresektion (TURBT) und DJ-Katheter-Einlage links. Am 01.08.2017 transurethrale Nachkoagulation, sowie ein seitengetrenntes Nierenclearance. Nach körperlichem Abbau und geistiger Eintrübung 4 Erythrozytenkonzentraten, schnelle Besserung des Allgemeinzustandes. Dann CT Abdomen im Bauch- und Beckenraum am 02.08.2017, ohne Auffälligkeiten. Am 08.08.2017 Retrograde Pyelographie rechts, diagnostische Ureterorenoskopie mit PE links und DJ-Katheter-Einlage rechts.

    Diagnosen:

    1. Urothelkarzinom der Harnblase pTA G3 (high grade) + pTis, histologischer Befund vorhanden
    2. Verdacht auf Harnleitertumor, histologischer Befund steht noch aus (Besprechung am 18.08.2017)
    3. Harnleiterstenose beidseits
    4. Blutungsanämie

    weitere Diagnosepunkte meiner Meinung nach nicht relevant, deswegen führe ich diese nicht weiter auf.


    Bei positivem histologischen Befund des Harnleiters, wurde vom Assistenzarzt schon folgende Vorgehensweise im schlimmsten Fall angedeutet

    • Entfernen der Niere, des Harnleiters, einem Teil der Blase, bzw. der kompletten Blase je nach Schwere


    Die Besprechung des noch offenen histologischen Befundes und weitere Vorgehensweise mit dem Leiter der Urologie des Klinikums ist für den 18.08.2017 angesetzt.


    Wir möchten gerne noch eine Zweitmeinung einholen. Die Universitätsklinik Heidelberg hat hier erst am 28.08.2017 einen Termin frei. Wir fragen uns, hat mein Vater noch die Zeit oder ist hier Eile geboten. Hat hier jemand noch eine kompetente Adresse (GKV) zur Zweitmeinung?


    Gibt es noch andere kompetente Kliniken im Rhein-Main Gebiet? Das Sana Klinikum Offenbach hat laut Internet recht gute Bewertungen, wie sind Eure Erfahrungen?


    Habt Ihr noch Tipps, für das Gespräch mit dem Leiter der Urologie? Hier vor allem wegen Behandlungsmethoden (z.B. Mitomycin C oder BCG)?


    Für weitere Vorschläge bzw. Informationen wäre ich Euch sehr dankbar.


    Gruß Internetuser

    (Thomas)

  • Lieber Thomas,

    herzlich willkommen, auch wenn der Anlass beschieden ist. Nun möchte ich direkt auf das Problem eingehen: ein Tumor im Harnleiter ist leider der instillationstherapie mit Mytomycin / BCG nicht zugänglich. Damit führt eher kein Weg an der Entfernung der betroffenen Niere / Harnleiter vorbei, wenn sich der Verdacht bestätigt. Liegt der Tumor sehr günstig - blasennah kann evtl. der Harnleiter gekürzt und neu an die Blase angenäht werden. Da aber in der Blase auch ein Befund vorliegt, noch dazu mit dem gefährlichem CIS ist die Empfehlung zur Entfernung wohl der sicherste Weg. Wieviel Zeit ihr habt hängt vom Befund des Harnleiters ab, aus Sicht des blasenbefunds wäre sicher noch Zeit für eine Zweitmeinung. Bleibt es ausschließlich beim Befall der Blase, kann ein Versuch der blasenerhaltenden Therapie unternommen werden, bei CIS auf jeden Fall mit BCG. Das ist aber auch eine enorm anstrengende Behandlung. Hier müsste der Gesamtzustand des Vaters kritisch betrachtet werden, die Zystektomie und Anlage eines Stomas kann da die schonendere und sicherste Behandlung sein!

    Die verlorene Zeit durch die Ignoranz des Urologen könnt ihr nicht aufholen, aber aktuell scheint ihr in kompetenter Betreuung - es scheint sehr zügig gehandelt zu werden. Zu Kliniken in eurem Umfeld kann ich nix sagen, komme aus der Berliner Gegend.

    Fragt, was immer ihr wissen möchtet, es werden sich sicher noch weitere melden und wir versuchen euch zu helfen!

    Einstweilen liebe Gruß von Barbara

    Berliner (netzgestützte) Neoblase seit 4.9.2015 wegen BCG resistentem CIS, entdeckt 2014 durch NMP22 (IGEL beim Gyn)

    "Alles hat einen Zweck, selbst wenn es uns nur an das erinnert, was wir nicht tun sollten." Catherine Ryan Hyde

  • Lieber Thomas,


    eigentlich muss man abwarten, was der Harnleiter-Befund her gibt.


    Bezüglich einer BCG-Therapie:

    Diese Therapie würde ich einem fast 75 jährigen Patienten nicht empfehlen, schon für wesentlich jüngere ist diese Therapie eine enorme Herausforderung und körperlich Anstrengend - und dies bei einer Behandlungsdauer von 36 Monaten.


    Damit du Dir mal eine Vorstellung von der Behandlung mit BCG machen kannst hier meine allgemeinen Informationen dazu:


    die BCG - Therapie ist in den meisten Fällen auch kein Spaziergang, hierbei handelt es sich im abgeschwächte aber dennoch lebendige Tuberkulosebakterien, die per Katheter in die Blase gegeben werden, dort müssen die Bakterien ca. 2 Stunden verbleiben und können dann ausgeschieden werden.

    Durch diese Bakterien kommt es in der Blase zu einer Immunreaktion, was eine Blasenentzündung auslöst. Diese Immunreaktion des Körpers soll dazu führen, dass die körperlichen Antikörper auch Krebszellen in der Blase bekämpfen und so neue Tumoren verhindern helfen.

    Therapieplan wird sich wie folgt aufteilen:

    1. eine 6 wöchige Initialtherapie mit je einer Therapie pro Woche

    2. der Erhaltungstherapie mit 3 Instillationen in wöchentlichem Abstand in den Monaten 3, 6, 12, 18, 24, 30 und 36 (gerechnet nach der letzten TUR-B). In diesem Schema werden insgesamt 27 Instillationen über einen Zeitraum von 3 Jahren verabreicht.

    Nebenwirkungen:

    Bei einer immunologischen Behandlung mit BCG kann die Harnblase in den Tagen nach der Behandlung gereizt sein. Dies kann insbesondere beim Wasserlassen zu Schmerzen (Krampfartig) führen und Harndrang verursachen. Die Patienten können auch etwas Blut im Urin und leicht erhöhte Temperatur haben und an Müdigkeit leiden.

    Weiterhin kann die Therapie grippeähnliche Symptome wie Schüttelfrost, Fieber, Muskelschmerzen, Schwäche, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall verursachen.

    All diese Nebenwirkungen betreffen Großteils die ersten 48 Stunden nach der Instillation des BCG - danach sollten sie deutlich abklingen. Der verstärkte Harndrang aber, kann noch Monate nach der Behandlung auftreten (Reiz - und Schrumpfblase).

    Hygiene:

    Am Tag und Folgetag der Instillation sollte man verstärkt auf die Hygiene achten und nicht nur nach jedem Toilettengang die Hände waschen, sondern auch desinfizieren, ebenso ist es hilfreich die Toilette selbst mit Desinfektionsspray nach jedem Toilettengang zu reinigen.

    Durch den verstärkten Harndrang sollte man ebenso darauf achten immer eine Toilette in der Nähe zu haben, aus eigener Erfahrung weiß ich, das man oftmals keine 20 Meter weit kommt, wenn man erst mal merkt das man mal "muss".

    Durch die Blutbeimengungen im Urin, der dann auch Gelleeartig sein kann, bietet es sich an am Tag der Instillation und dem Folgetag Einlagen zu tragen, sodass man sich die Unterwäsche nicht versaut.

    Diese Inkontinenzeinlagen kann der Urologe als so genanntes Hilfsmittel verschreiben, sollte dies geschehen sein, sollte man mit der Krankenkassen in Kontakt treten und sich das Sanitätshaus nennen lassen mit denen sie zusammenarbeiten. Danach dann das Sanitätshaus aufsuchen, dort findet eine Beratung statt und eine Abklärung der Kostenübernahme durch die Krankenkasse.

    Nach der Instillation:

    ca. 1 1/2 Stunden nach der Instillation kann man beginnen mit trinken, das Beste sind Tee´s oder stilles Mineralwasser. Kohlensäurehaltige Getränke können die Blase zusätzlich reizen. Je mehr man trinkt, je besser wird die Blase gespült, Anhaltspunkt ist ein Liter Flüssigkeit pro Stunde das sollte man dann ca. 4 Stunden lang machen und ab dann kann weniger getrunken werden.

    Gönne Dir am Tag der Instillation + dem Folgetag ruhe, auch wenn Du wahrscheinlich nach den ersten Instillationen kaum Nebenwirkungen verspüren wirst, werden die Nebenwirkungen von Behandlung zu Behandlung mehr werden, teilweise kann es auch Aufgrund der Nebenwirkungen zu einem Therapieabbruch kommen.

    Ebenso muss der Arzt bei der Instillation aufpassen, dass z.B. die Harnröhre nicht verletzt wird und somit BCG in die Blutbahn kommt, denn dann kann es zu einer Bcgitis kommen (Tuberkulose).


    Anbei auch noch die Fachinformationen zur BCG-Therapie.


    Gruss

    AndreasW

    Dateien

    22.06.2012 erste [lexicon='TUR-B'][/lexicon] apfelgrosser [lexicon='Tumor'][/lexicon] wurde soweit wie sichtbar entfernt
    03.07.2012 Tumorklassifikation:
    ICD-0: C67 M8130/21 G1 pTa pNx pMx l0 v0 Rx
    22.10.2012 zweite [lexicon='TUR-B'][/lexicon], diesmal ohne Befund
    16.12.2013 dritte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], 5 rezidive wurden entfernt. high grad (rpTa)
    24.06.2016 vierte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], ein [lexicon='rezidiv'][/lexicon] pTa G1

    „I am the master of my fate, I am the captain of my soul“

  • Es gäbe noch eine andere Therapiemöglichkeit, die ähnlich effektiv wie BCG ist, aber eben deutlich weniger Nebenwirkungen aufweisst.


    Das wäre die Synergo - Therapie, soweit ich weiss, gibt es in Frankfurt / Main eine Klinik .. oder Urologen, der diese Therapie durchführt.


    Hier weitere Informationen dazu:


    1. Info zu Synergo


    2. Behandlungszentren


    Gruss

    AndreasW

    22.06.2012 erste [lexicon='TUR-B'][/lexicon] apfelgrosser [lexicon='Tumor'][/lexicon] wurde soweit wie sichtbar entfernt
    03.07.2012 Tumorklassifikation:
    ICD-0: C67 M8130/21 G1 pTa pNx pMx l0 v0 Rx
    22.10.2012 zweite [lexicon='TUR-B'][/lexicon], diesmal ohne Befund
    16.12.2013 dritte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], 5 rezidive wurden entfernt. high grad (rpTa)
    24.06.2016 vierte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], ein [lexicon='rezidiv'][/lexicon] pTa G1

    „I am the master of my fate, I am the captain of my soul“

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