Entscheidungshilfe für die Zystektomie ... und wie es weitergeht

  • Hallo Ihr Lieben!


    Zu meiner Vorgeschichte könnt ihr unter "Allgemeine Fragen zum oberflächlichen Tumor" und „Diagnose Cis und BCG in Schweden“ nachlesen.


    Am letzten Freitag war ich also dran zu meiner zweiten TUR-B. Das Aufwachen war wieder einmal schmerzhaft, aber jetzt kannten sie mich ja schon und konnten alles ein bisschen besser machen. Der Spülkatheter wurde gleich im Aufwachraum entfernt und so wurde mir recht viel Leid erspart.


    Mein Urologe erklärte mir nun noch einmal, dass bei der letzten Blasenspiegelung im Februar maligne Zellen im Spülwasser gefunden worden waren, jedoch in keiner der beiden Biopsien.

    Unter der TUR-B bemerkte er (laut Operationsbericht) gerötete Flächen an der linken Blasenwand, im Trigonum und Hinterwand. Auch um das linke Ostium herum war relativ viel Rötung zu sehen. Hexvix hatte sich offensichtlich nicht allzu viel abgesetzt, jedoch beschreibt er, dass sich Gewebe blutend von der Blasenwand löste nachdem er sie nur leicht mit dem Instrument berührt hatte. In den abgelösten Gewebeteilen fluoreszierte es.


    Zurzeit sieht der Plan folgendermaßen aus: Falls sich Cis wieder bestätigt soll ich eine erneute Initialbehandlung mit BCG bekommen. Die Möglichkeit, dass es mehr als Cis sein könnte haben wir bisher nur leicht angedacht, aber in meinem Kopf kreisen die wilden Fantasien. Ich denke mal, dass die Blase dann raus muss. Auch wenn es „nur“ Cis ist gibt es ja das nicht geringe Risiko eines zweiten BCG-versagens.


    Ich habe meinen Arzt schon mal gefragt ob man hier vergleichbare Operationen wie die Berliner Neoblase macht. Er erkundigte sich und fand heraus dass man es definitiv nicht in Linköping mache (nächstgelegene Möglichkeit und Unikrankenhaus). Wenn man jedoch Indikation für Zystektomie stelle, stünde mir die gesamte EU frei.


    Seit einiger Zeit versuche ich also etwas Durchblick zu bekommen, was die unterschiedlichen Modelle angeht. Ich schreib es mal so, wie ich es hier im Forum verstanden habe.

    Drei Modelle könnten in Frage kommen:

    1. Pouch – da werden ca 30 cm Dünndarm benutzt aus dem man eine Blase formt und an dem man dann die Harnleiter anschliesst. Die Mündung des Pouch sitzt innen an der Bauchwand unterm Nabel, wo man es dann mit einem Katheter leeren kann. So eine Art Ventil also, stelle ich mir praktisch vor, wenn man gerne aktiv ist. Ist das das gleiche wie eine Bricker-Blase? Kann man damit auch baden?
    2. Urostoma - da nimmt man nur ein klitzekleines Darmstück als Rückflussverhinderungsventil und die Mündung sitzt in der Bauchwand, so dass man einen Beutel anbringen kann. – Ist nicht unbedingt mein Favorit.
    3. Berliner Neoblase – Das Darmstück wird zur Blase geformt und oben mit den Harnleitern, unten mit der Harnröhre verbunden. Von außen sieht dann alles ganz normal aus und wenn man Glück hat braucht man sich nicht zu katheterisieren. - Klingt sehr verlockend, kann aber auch Probleme mit sich bringen und dann muss der Katheter ran. Das sollte an und für sich ja kein Problem sein, aber ich denke, dass man ja auch alt werden möchte und dann ist es vielleicht nicht mehr ganz so komplikationsfrei mit Katheterübungen und Toilettengymnastik.


    Bitte korrigiert mich wenn ich etwas falsch verstanden haben sollte.

    Bisher habe ich eigentlich nur bar65 ´s Geschichte gelesen und in ein paar anderen Threads herumgeschmökert. Oft wird ja von euch hier zur Berliner Neoblase geraten. Gibt es eigentlich Studien zur Patientinnenzufriedenheit die jünger als von 2008 sind?


    Mein Urologe meinte, dass man bei Cis ein Stück von der Harnröhre entfernen müsse und deshalb zweifele er ob für mich die Berliner Neoblase in Frage käme. Aber hier im Forum gibt es doch wohl einige Cis mit Neoblasen? Was wisst ihr darüber?


    Ähnlich wie Barbara liebe ich das Outdoor-Leben, paddele gerne auf Ost-und Nordsee herum, laufe Ski und fahre Fahrrad, jedenfalls war das in meinem bisherigen Leben so, bevor die Schmerzen kamen. Mit welcher Ableitung ist die Chance am größten, sich diesem Lebensstil wieder anzunähern?


    Freue mich auf eure Antworten.


    /Anja

    Nov 2017 Cis

    Mai 2018 Abbruch der BCG-behandlung

    Aug 2018 Urostomie


    Medlidande är som fisar. Man står knappast ut med de egna men de andras stinker förfärligt!

  • Liebe Anja,


    genau wie Du hatte ich mich kürzlich vor die selben Fragen gestellt gefühlt.

    Ich hatte mich für ein Uro-Stoma entschieden. Im Falle eines Falles.

    Beutel-Lösung nicht das Non Plus Ultra. Aber da ich gerne wandere, oder bummele beim Einkaufen - wenn ich den Harn loswerden muss ? Über Bauchnabel, wo geht es in der Stadt steril zu - auf öffentlichen Toiletten ?

    Im Wald beim Wandern ? Wie sich da selbst katheterisieren ? Neo-Blase - mir wurde gesagt, dass die Uni-Klinik in D..... (habe ich nicht überprüft) diese Möglichkeit bei Frauen nicht mehr durchführt, weil bei Frauen die Inkontinenz nicht beseitigt werden kann. Bei Männern soll es funktionieren, da kann man auch eine künstlichen Schließmuskel einbauen?

    Beutel- vom Uro-Stoma am Bauch, weiter geleitet zum Beinbeutel, damit Frau flexibel ist!

    Dies sind meine Recherchen zum Thema.


    Da ich nicht Deine ganze Geschichte gelesen habe: Eine Zweit-Meinung - ist dies auch eine Option ?


    Ich bin sehr erleichtert, dass es jetzt mit BCG weiter geht.


    Ich wünsche Dir ein gutes Gelingen - möge ein Engel Dich begleiten und seine Flügel über Dir ausbreiten. Gott beschütze Dich !

    02/15 Blasentumor pT1 G 2 - 3, 04/15 TUR-B, kein Malignitätsnachweis, 07/15 MMC, nach der 3. Installation – Abbruch wegen starken Nebenwirkungen, 05/17 und 07/17 Blasen-NPL CIS, 09/17 6-malige BCG-Installationen, 01/18 1. Zyklus BCG, 05/18 2. Zyklus BCG, 05/18 Brustkrebs;OP und 26 Bestrahlungen, 11/18 3. Zyklus BCG

  • Hallo Anja,


    jede Ableitung hat ihre Vor- und Nachteile, wie du ja selbst schon recheriert hast. Inkontinenz, ständige Harnwegsinfekte, Nierenstauung - das sind Komplikationen die u.a. auftreten können. Der Umgang und die Versorgung mit Einmalkatheter, Beutelsystem muss erlernt werden und kann Probleme verursachen. Und auch die Psyche spielt eine große Rolle. Wichtig vor allem ist doch, daß das "Urgewächs" samt Blase entfernt wird.


    Die Neoblase ist natürlich die Königsdisziplin unter den Zystektomien und wird zum Glück jetzt auch vielen Frauen angeboten. Vor 5 Jahren noch hat man eher einen Pouch oder Urostoma angelegt. Hauptargument: Harnröhre zu kurz, Neigung zur Inkontinenz

    Nun, das hat sich geändert, die Operationsmethoden sind verfeinert und auf die Bedürfnisse der Frau abgestimmt worden (da werden sich bestimmt noch einige Neobläslerinnen melden)


    Die Pouchanlage ist eine Alternative zum Urostoma, falls eine Neoblase nicht möglich ist. Gründe hierfür können ein tiefgreifender Tumor, der die Harnröhre und die Scheide bereits befallen hat, sein. Hier braucht man aber wirklich erfahrene Chirurgen und Urologen.


    Da bei mir sich während der Operation ein Befall der Harnröhre und Scheide gezeigt hatte, bekam ich einen Indiana-Pouch mit Nabelstoma (30 cm Dickdarm, 10 cm Ileum), ich war auch für ein Urostoma aufgeklärt. Ich katheterisiere den Pouch 8 x täglich, auch in der Nacht - hier kommt es auch auf die Trinkmenge an. Kathetern kann ich überall, sowohl im Stehen als auch im Sitzen. Ich gehe schwimmen, wandern, treibe Sport, fahre Fahrrad - ich lebe glücklich, aber anders. Mein Nabelstoma ist nicht ganz kontinent, v.a. ab einer Urinmenge von 350 ml geht schon mal Urin spontan ab, bei größerer körperlicher Belastung wie über Kopf arbeiten oder ständiger erhöhter Druck auf den Unterbauch. Deshalb trage ich immer eine Vorlage vor dem Nabel (als Sicherheit). Ich bin dennoch glücklich und zufrieden mit meinem Pouch. Hier gibt es einige Pouchies, die gar keine Probleme hatten.


    Das Urostoma ist die Beutelvariante. Auch hier gibt es tolle Erfahrungsberichte von unseren Mitgliedern.


    Lies dich einfach ein bisschen durch unser Forum,

    hier ein paar Links




    LG Gabi

    01/2013 TUR B, pT2a,G3

    03/2013 radikale Zystektomie mit Pouchanlage, Nephrektomie li., pT4a,V1,L1,Pn1,R1,G3,pN0(0/7)

    05-08/2013 Chemotherapie Gem/Cis

    "Die Hoffnung ist der Regenbogen über den herabstürzenden Bach des Lebens"

  • Liebe Anja,

    Mein Urologe meinte, dass man bei Cis ein Stück von der Harnröhre entfernen müsse und deshalb zweifele er ob für mich die Berliner Neoblase in Frage käme. Aber hier im Forum gibt es doch wohl einige Cis mit Neoblasen? Was wisst ihr darüber?


    Es kommt nicht auf das CIS oder nicht CIS drauf an - sondern auf die Lage des CIS.


    Bei Dir war eben wahrscheinlich auch das Trigonum befallen - dies ist eine Bezeichnung für das "Blasendreieck" am Blasenboden - also in direkter nähe der Harnröhre - daher kann dein Urologe schon recht haben, dass es dadurch notwendig werden kann, die Harnröhre etwas zu "kürzen" um dort die Tumorfreiheit zu gewährleisten.


    Gruß

    AndreasW

    22.06.2012 erste [lexicon='TUR-B'][/lexicon] apfelgrosser [lexicon='Tumor'][/lexicon] wurde soweit wie sichtbar entfernt
    03.07.2012 Tumorklassifikation:
    ICD-0: C67 M8130/21 G1 pTa pNx pMx l0 v0 Rx
    22.10.2012 zweite [lexicon='TUR-B'][/lexicon], diesmal ohne Befund
    16.12.2013 dritte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], 5 rezidive wurden entfernt. high grad (rpTa)
    24.06.2016 vierte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], ein [lexicon='rezidiv'][/lexicon] pTa G1

    „I am the master of my fate, I am the captain of my soul“

  • Liebe anjazeta ,

    leider nähert sich deine Geschichte meiner an - wobei ich nicht so arge dauerhafte Schmerzen leiden musste. Ich hatte seinerzeit nicht den Mumm, eine 2. BCG Initialtherapie zu machen, sondern wollte gar kein Risiko mehr eingehen und hab mich gleich für die Zystektomie entschieden. Auch mein CIS saß an der Harnröhre und während der OP musste auch nachgeschnitten werden, da im ersten Versuch der schnittrand der Harnröhre nicht frei von Krebszellen war - und R0 hatte ich als Bedingung für die Neoblase angegebenen.

    Ganz ehrlich - ich würde mich immer wieder für die Neoblase entscheiden und hier ein Berlin kriegen auch mind. 2 Operateure das super hin. Gerade bei noch oberflächlichen Tumoren muss nicht ganz so exzessiv rausgeschnitten werden, es werden nur wenige Lymphknoten entnommen und so konnte man mir auch die Nerven und die Scheide einigermaßen brauchbar erhalten. Damit sinkt alles in allem auch das Risiko von Komplikationen.

    Ich bin absolut dicht und Mandelauge wird dir das auch bestätigen. Schade, dass Frauen immer wieder erzählt wird, das es mit der Kontinenz nicht klappt. Ja, es kann Probleme geben, aber viele Frauen haben es geschafft. Sollte sich im Alter eine Hyperkontinenz einstellen, muss eben der Katheter her. Glaub mir, das klingt schlimmer als es ist. Das einzige ist, man muss sich mit der Abhängigkeit von den Dingern abfinden und die Versorgung (Schweden?) und Bezahlung sollte vorab geklärt sein. Aber das ist bei den anderen Ableitungen ja noch viel essentieller.

    Die Notwendigkeit regelmäßig zu entleeren besteht bei allen Ableitungen, am einfachsten ist das dann mit dem Beutel. Das wäre fürs paddeln ein echter Vorteil - nicht mal mehr raus aus dem Boot. Bei der Neoblase wird der Scan nach nem Klo zum ständigen Begleiter aber gerade in Skandinavien hab ich beste Erfahrungen gemacht. Ich denke, sportlich können alle Ableitungen mithalten - Löwe „wühlt“ mit Pouch im Garten, g.dezember wandert mit Pouch, vitoatsea ist „extrem“ Rad- und Skilanglauf Sportler mit Neoblase, wolfgangm erobert mit Stoma die Welt auf dem Fahrrad... ich denke jeder wird dir sagen können, dass es klappt und Spaß macht. Wenn es alles gut geht und das nötige Quäntchen Glück dabei mitspielt, sollte der Sport kein Problem sein.

    Für mich wäre das auch nicht das entscheidende Kriterium. Ich würde die Versorgung und die Nachsorge in Wohnortnähe für entscheidend halten. Du brauchst einen Urologen, der sich mit deiner Lösung einigermaßen auskennt oder du hast die Möglichkeit im Bedarfsfall nach Deutschland zu kommen und dich hier behandeln zu lassen. Es braucht einfach ein bisschen bis sich alles eingespielt hat, sei es die mögliche übersäuerung, seien es Entzündungen - aber damit sollten die Uros klar kommen und im Zweifelsfall eben auch der Hausarzt.

    Ach Mensch Anja ich nehm dich mal virtuell fest in den Arm und wünsch dir alle Kraft der Welt für diese große Entscheidung, wenn sie denn notwendig wird. Noch viel mehr wünschte ich, die Ergebnisse blieben ohne Befund - das wäre wohl ganz großes Glück.

    Einstweilen lieben Gruß von Barbara

    Berliner (netzgestützte) Neoblase seit 4.9.2015 wegen BCG resistentem CIS, entdeckt 2014 durch NMP22 (IGEL beim Gyn)

    "Alles hat einen Zweck, selbst wenn es uns nur an das erinnert, was wir nicht tun sollten." Catherine Ryan Hyde

  • Hallo Anja,


    du kannst den Ärzten deinen Wunsch natürlich angeben, welche Ableitung du haben möchtest. Letztendlich entscheiden aber die Ärzte während der OP, quasi am offenen Bauch, welche Ableitung bei dir machbar ist oder eben auch nicht. Da kommen u.a. dann evtl. vorherige OP's in dem Bereich in's Spiel.

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