Papa hat eine Neoblase und es geht ihm gar nicht gut

  • Hallo liebe Community,


    Ich habe mich hier angemeldet in der Hoffnung hilfreiche Tipps und Erfahrungen anderer zu bekommen.


    Mein Papa wurde letztes Jahr mit Blasenkrebs diagnostiziert und hat seit Januar diesen Jahres eine Neoblase. Er hatte nach der OP mehrere Harnwegs-Infektionen.

    Da die Neoblase immernoch immer wieder sehr viel schleim produziert und es regelmäßig zu einer Verstopfung kommt, muss er nun vorerst Katheter anlegen und die Neoblase mit einer Kochsalzlösung spülen. Er versucht regelmäßig ohne Katheter Wasser zu lassen aber es funktioniert nicht.

    Er war noch nicht in der Reha, fängt aber kommende Woche endlich damit an. Er liegt so gut wie den ganzen Tag nur im Bett, ihm ist ständig übel, er hat nach der OP eine Lungenembolie bekommen, die immernoch andauert und sein Kaliumwert schießt regelmäßig in die Höhe. Dazu kommt noch, dass er in vielen Körperpartien regelmäßig schmerzhafte Krämpfe bekommt.

    Wir sind so glücklich darüber, dass der Krebs sich nicht ausgebreitet hat und dass er bei uns sein darf. Aber er leidet so sehr, weil sich der Heilungsprozess so sehr zieht. Sind wir nur umgeduldig oder ist all das "normal"? Wann können wir mit einer Besserung rechnen?

    Ich weiß nicht an wen ich mich wenden soll. Die Ärzte zucken mit den Schultern und sagen er soll sich gedulden. Aber all die Beschwerden, die er jetzt hat treiben ihn in eine Art depression und das hilft nur schlecht bei der Heilung.

    Meine Eltern sind geschieden und mein Papa hat nur uns drei Kinder in Deutschland. Wir sind alle berufstätig und er ist den ganzen Tag allein. Zur Zeit ist er bei mir und meinem Mann und ich fühle mich überfordert. Gleichzeitig fühle ich mich schlecht, weil ich mich überfordert fühle. Ich muss für Papa stark sein aber ich fühle mich so schwach und hilflos. Egal wie schlecht es mir geht, ich weiß, dass er um ein vielfaches mehr leidet. Wann wird alles wieder besser? Was kann ich tun, um ihn aufzubauen? Um ihm Kraft zu geben?

  • Hallo MidKit,

    das ist die Problematik nach einer so grossen Operation. Wenn dann danach noch ein Schicksalsschlag erfolgt und keine gesundheitliche Besserung eintritt kommt es zur Depression weil der Patient der Meinung ist das es nur noch bergab geht und keine Besserung in Aussicht ist.


    Ich selbst hab auch so eine Operation hinter mir und kenne die Problematik nur zu genau. Nach einer solchen Op fühlt man sicht einfach saft und kraftlos, möchte eigentlich nur noch schlafen.

    Da muss man, ob man will oder nicht die Eigeninitiative ergreifen und muss an sich arbeiten. Den Vater muss sich aufraffen und anfangen an sich zu arbeiten. Ein guter Anfang wäre ein Mini Spaziergang, und wenns nur zweimal am Tag 100 Meter sind, am nächsten Tag 150 Meter usw.. Durch das lange liegen verfestigt sich auch der Schleim in der Neoblase der dann anschliessend die Harnröhre verstopft.

    Durch Bewegung lockert sich der Schleim, bleibt dünnflüssiger. Wichtig ist natürlich viel trinken, am besten folgende Teemischung, die sorgt für dünnflüssigen Schleim.


    Auf 100 Gramm Teemischung kommen:

    50 Gramm Birkenblätter

    40 Gramm Brennesselkraut

    5 Gramm Hagebuttenschale

    5 Gramm Ringelblumenblüten


    2-3 Esslöffel auf einen Liter, 10-15 Min. ziehen lassen..


    davon mindestens 2,5 bis 3 Liter am Tag. Schmeckt nicht besonders, hilft aber in den meisten Fällen. Einige Mitglieder hier im Forum haben damit schon gute Erfahrung gemacht. Die Mischung kannst du dir in der Apo zusammenstellen lassen. Nimmst am besten gleich 200-300 gramm.


    Ansonsten muss er sich selbst motivieren, ihm klarmachen, das wenn er nichts macht es immer weiter bergab geht und es dann um so schwerer wird wieder auf die Beine zu kommen. Er muss was tun, auch in der AHB wird man ihn von Anwendung zu Anwendung treiben. Die Mitarbeit des Patienten wird eingefordert.


    Was und wie es auf so einer Anschlussheilbehandlung abläuft kannst du hier lesen .


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    Gruss Rainer

  • Liebe MidKit,


    Rainer hat dir schon ein paar gute Tipps für deinen Papa gegeben, ich möchte hier noch ein bisschen was für dich ergänzen.


    Es ist für die Angehörigen mindestens genauso schlimm, wenn der Partner, das Kind oder ein Elternteil an Blasenkrebs erkrankt, als für den Patienten selbst. Denn die Patienten stehen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Ärzte, sie werden behandelt, um sie kümmert man sich. Aber die Angehörigen müssen daneben stehen und tatenlos zusehen.


    Deswegen raten wir den Angehörigen immer, gut auf sich selbst zu achten.


    Und so kann ich dir nur fest ans Herz legen, die Probleme deines Vaters mit dem Heilungsprozess und auch mit der Depression, die er möglicherweise hat, nicht zu deinem Problem zu machen. Also kein schlechtes Gewissen mehr zu haben, dass du dich überfordert fühlst. Denn jeder würde sich in dieser Situation überfordert fühlen.


    Hole dir bitte Hilfe, egal auf welche Art. Dein Papa lebt nun zwar bei dir, aber deine beiden Geschwister müssen sich ebenso um ihn kümmern. Sag ihnen, wie schlecht es dir geht und dass du ihre Unterstützung brauchst. Suche dir - wenn möglich - entweder eine Selbsthilfegruppe für Angehörige von Krebspatienten oder versuche, bei einem Psycho-Onkologen deine Sorgen zur Sprache zu bringen. Vermutlich bräuchte auch dein Papa einen Psycho-Onkologen, aber um seine Psyche wird man sich ja hoffentlich wärend der Reha kümmern.


    Ich hoffe, du kannst ein wenig zu Kräften kommen, während dein Vater auf Reha ist. Und möglichst ab sofort - aber spätestens nach der Reha - musst du darauf bestehen, dass dein Vater die Anregungen von Rainer auch durchführt. Bewegung, Sonnenlicht und den Tee, der die Verschleimung verringert. Dann wirst du sehen, dass es deinen Vater ganz allmählich besser geht. Es ist ja nur verständlich, dass sich Menschen nach so einer Diagnose und Operation unterschiedlich verhalten. Die einen sagen: "Jetzt erst recht" und bekämpfen die Krebserkrankung mit Mut und Energie, die anderen ziehen sich zurück in ihr Schneckenhaus und fallen in Depressionen. Aber dafür sind Psycho-Onkologen da.


    Nun fällt mir noch auf, dass du seine Diagnose hier noch nicht eingestellt hast. Das wäre noch ganz wichtig für uns, denn der Grad der Diagnose gibt natürlich auch Auskunft darüber, wie der Heilungsprozess oder die anschließenden Behandlungen aussehen. Ich hoffe, dein Papa spricht mit euch darüber, denn auch das ist ein Weg heraus aus der Depression: Über die Krankheit und die Operation reden, reden, reden. Dann lernt man, die Krankheit zu realisieren und kann dagegen ankämpfen.


    Aber nochmal zu dir, liebe MidKit: Denke an dich, suche dir kleine Oasen, wo du einfach mal nicht an deinen Papa denkst, sondern ein warmes Bad nimmst oder dir mal eine Kerze anzündest und schöne Musik hörst. Höre auf deine Seele, die dich braucht. Denn wenn es dir gut geht, kannst du auch wieder besser für deinen Papa da sein.


    Was auch sehr hilft, ist hier zu schreiben. Schreibe dir all' deinen Frust von der Seele, stelle alle Fragen, die du hast. Dafür sind wir da. Wir haben alle den Blasenkrebs erlebt - entweder als Betroffene oder als Angehörige. Nirgendwo anders findest du so viele Menschen, die genau wissen, wie es dir geht.



    Liebe Grüße


    Christina

    Ich habe für meine Mutter geschrieben, bei der im Jahr 2008 Blasenkrebs diagnostiziert wurde. Am 10.01.2015 ist sie im Alter von 80 Jahren daran verstorben.