Bald 8 Jahre stolzer Besitzer einer Neoblase. Meine Vorstellung.

  • Hallo liebes Forum


    Ich bin schon seit rund 7,5 Jahren hier als Mitglied im Forum registriert und möchte jetzt die Gelegenheit wahrnehmen, mich vorzustellen und Euch meinen Weg zur Neoblase, sowie meine durchwegs positiven Erfahrungen mit meiner Neoblase auf zu zeigen.


    Ich bin 52 Jahre alt, bin verheiratet und habe zwei Kinder im Alter von 10 und 12 Jahren. Mein Blasenkrebs mit Stadium Pt1G3 und Carcinoma in situ ist auf eine Behandlung mit dem Zytostatikum Endoxan zurückzuführen.


    1992 war ich als 26-jähriger Student kurz vor dem Abschluss meines Studiums an Morbus Hodgkin (Lymphdrüsenkrebs) erkrankt. Der Krebs war schon in einem mittleren Stadium. Daher musste ich mich zuerst einer systematischen Polychemotherapie unterziehen, danach folgte die Bestrahlung aller Lymphknoten oberhalb des Zwerchfells, sowie die Bestrahlung der Milz und der Lymphknoten im Bauchraum mit jeweils 30 grey. Nach gut einem halben Jahr Therapie hatte ich eine Vollremission, die bis heute anhält.


    Im Rahmen der Chemotherapie (2 Zyklen COPP-ABV-IMEP) bekam ich unter anderem die Zytostatika Cyclophosphamid (Endoxan) und Ifosfamid (Holoxan) verabreicht. Es ist bekannt, dass diese beiden Zytostatika die Harnwege angreifen können und als Langzeitfolge Blasenkrebs entstehen kann. Leider traf diese gefürchtete Nebenwirkung bei mir 17 Jahre nach der Therapie zu. Natürlich war das ein Schock - meine Kinder waren da gerade mal 2 und 4 Jahre alt.


    Angefangen hat es im Mai 2010: beim Wasser lösen spürte ich jeweils kurz vor der vollkommenen Entleerung der Blase ein leichtes Brennen. Dieses Brennen wurde dann immer stärker. Auch konnte ich nur noch kleine Urinmengen lösen und musste somit ständig auf die Toilette. Als es nicht besser wurde, konsultierte ich einen Urologen, der nach einer Urinprobe, einem Ultraschall der Blase, der Prostata und den Hoden nichts feststellen konnte. Ich gab mich damit nicht zufrieden und ging zu meiner Hausärztin. Diese stellte im Urin eine Mirkohämaturie fest und teilte mir gleich mit, dass ich mit meiner Krebsvorgeschichte eine erhöhtes Risiko für einen Blasentumor hätte. Sie erklärte mir, dass sie es nur einmal mit Antibiotika im Sinne einer Therapie gegen eine Blasenentzündung probieren würde. Würden die Symptome und die roten Blutkörperchen im Urin nicht verschwinden, müsse man eiligst eine Blasenspiegelung machen. Dies ist dann geschehen, nachdem das Antibiotika nicht richtig gewirkt hatte.


    Bei der Blasenspiegelung teilte mir der Urologe mit, dass er einen ca. 3 cm grossen, flächigen und einen Kirschkern grossen papillären Tumor sehen könne. 3 Tage später wurde eine TUR-B durchgeführt und die Proben vom Pathologen befundet. Das Ergebnis hiess 3 Tage später PT1G3 und ein ausgedehntes Carcinoma in situ. Der Urologe sagte mir, dass ein Grossteil der Harnblasenhinterwand mit einen carcinoma in situ belegt sei. Das Blaseninnere würde nicht gut aussehen und er konnte vermutlich nicht alles entfernen, da sonst die Wunde in der Blase zu gross würde. Er schlug mir vor, in ein paar Wochen eine Nachresektion zu machen und dann mit einer BCG Instillationstherapie zu beginnen. Schon vor der TUR B bin ich auf dieses Forum gestossen und habe die Informationen hier förmlich in mich aufgesogen. Daher wusste ich schon, dass bei meiner Konstellation von PT1G3 und carcinoma in situ schon initial eine radikale Zystektomie in Betracht gezogen werden konnte. 4 Tage nach der Diagnose stellte ich mich beim Chefarzt der Urologie des Universitätsspitals in Bern für eine zweite Meinung vor. Nach diesem Gespräche entschloss ich mich, die Blase umgehend entfernen zu lassen. Eine weitere Blasenspiegelung mit Biopsien der Harnröhre zeigte, dass diese tumorfrei war, sodass die Anlage einer Neoblase möglich sei.


    Genau 4 Wochen nach der TUR B wurde mir in einer 5,5-stündigen Operation eine Neoblase angelegt. Dabei wurden 59 Lymphknoten entfernt - alle ohne Befund. Bei mir wurde beidseitig nervschonend operiert. Die dorsale Kapsel der Prostata, sowie beide Samenblasen wurden belassen. Endbefund nach Zystektomie war dann CIS. Im Spital war ich 14 Tage. Kleinere Probleme traten wie bei vielen auch bei mir auf: Nebenhodenentzündung, kleine Lyphozele im Bauchraum, sowie eine leichte Nierenbeckenektasie 1. Grades beidseitig. Alles ist aber schlussendlich problemlos abgeheilt.


    Nach 3 Monaten hatte ich tagsüber eine vollständige Kontinenz. Das Blasenvolumen beträgt um die 5 dl. Nachts war die erste Zeit aber sehr anstrengend, da ich während des Schlafs völlig inkontinent war. Nach etwa 3 Monaten konnte ich dann knapp 3,5 Stunden am Stück schlafen, die Vorlagen waren aber dann immer noch nass. Das ganze hat sich kontinuierlich gebessert. Nach etwa einem Jahr nach der Operation und bis heute bin ich auch in der Nacht zum grössten Teil kontinent. Das heisst, sobald die Blase mit etwa 5 dl voll ist, wache ich automatisch auf und gehe auf die Toilette. Somit kann ich nun knapp 4.5 Stunden durchschlafen, bis die Blase voll ist. Mein Schliessmuskel ist stark genug, um auch im Schlaf kontinent zu sein. Leider schafft es der Schleim der Neoblase immer mal wieder, beim Schliessmuskel durch zu rutschen, wenn die Blase annähernd voll ist. Dabei geht dann immer gleichzeitig etwas Urin mit in die Unterhose. Vorlagen brauche ich aber nachts keine mehr.


    Meine Errektionsfähigkeit hat sich innerhalb eines Jahres nach OP vollständig erholt. Ich habe also in meinem Liebesleben heute keine Einschränkung. Hier hat sicherlich der Erhalt der Kapsel der Prostata mitgeholfen.


    Ich treibe heute immer noch aktiv Sport (Fussball, Eishockey, Joggen) und geniesse mein Leben in vollen Zügen. Alle Nachsorgetermine nehme ich wahr und sie waren bis heute alle ohne Befund. Alle 4 Wochen bekomme ich eine Vitamin B12 Spritze.



    Dieses Forum ist einzigartig und war mir bei meiner Diagnose und auch heute noch eine grosse Hilfe. Meinen herzlichen Dank geht hiermit an die Betreiber und Mitglieder des Forums - einfach an alle, die hier offen über ihre Geschichten erzählen und somit anderen Betroffenen helfen, zu ihrer Aufklärung beitragen und ihnen Mut machen. Ich hoffe, dass ich mit dem Erzählen meiner Geschichte ebenfalls dazu beitragen kann.


    Herzliche Grüsse River

  • Lieber River,


    neben all den nicht so schönen und sehr traurigen Nachrichten in den letzten Tagen hier im Forum, habe ich mich sehr gefreut, so einen positiven Verlauf nachlesen zu dürfen :)

    Vielen lieben Dank für Deine Mühe und das Einstellen :thumbup:


    Herzliche Grüße,

    Mandelauge

    Nach pT2b pN0 pL0 pV0 R0 (lokal) G3, glückliche und stolze Besitzerin einer Neoblase nach Hautmann, perfekt gebaut von Prof. Magheli in Berlin

  • Lieber River


    Herzlichen dank für einen positiven und Mutmachenden Bericht! Du hast dem Monster die Stirn geboten!

    Weiterhin alles Gute.

    Liebe Grüße

    Cornelia

    Auch aus Steinen,die in den Weg gelegt werden,kann man Schönes bauen.

  • Lieber Roger

    Auch mich hat deine Geschichte sehr berührt....

    Es ist schön, von dem letztendlichen Verlauf zu lesen und ich freue mich sehr für dich und deine Familie.

    Danke für deine Offenheit!


    Herzliche Grüße

    Kerstin

  • Mahlzeit river ,

    Jedes Jahr zählt, denn 9 Jahre sind besser als 8. Neun Jahre stolzer Besitzer einer Neoblase, das ist schon mal eine Hausnummer, das 10 te und weitere werden folgen.

    River, wie geht es dir inzwischen, Stand 8 Jahre oder hat sich etwas neues ergeben. Ich weiß, wir alle werden älter, die Knochen morscher und die Zähne wackliger, spielt aber keine Rolle, das ist der Lauf des Lebens. Sind wir glücklich das wir die Rotation auf der Erde miterleben dürfen.

    Meinen Glückwunsch zu Deinem Geburtstag möchte ich hier aussprechen. Weiter so !!


    Gruß Rainer

  • Hallo Rainer


    Besten Dank. Nach 9 Jahren Neoblase gehts es mir bestens. Bin immer noch sportlich aktiv und geniesse mein Leben in vollen Zügen. Ich hoffe, dass bleibt noch lange so.


    Gruss aus der Schweiz.


    River