Immuntherapie mit Tuberculose (BCG)

  • Hallo,


    mein Vater hat vor einigen Monaten die Diagnose Blasenkrebs erhalten. Er hat schon zwei OPs hinter sich. In der ersten wurden Tumore entnommen und bei der zweiten wurde dann zur besseren Sichtbarkeit ein Kontrastmittel in die Blase gespritzt und die gesammte Schleimhaut musste tief ausgeschabt werden, so dass nur noch die dünne Blasenwand blieb. Im Labor wurde dann festgestellt, dass er eine angeblich sehr seltene Krebsart hat, die flächig zwischen Schleimhaut und Blasenwand wächst. Aus diesem Grund wird eine lokale Chemotherapie ausgeschlossen und ihm wird zu einer Immuntherapie mit BCG, also Tuberkulosebakterien geraten. Die Ausschabung war vor genau einem Monat und er hatte schon zwei Termine, um mit der Immuntherapie zu beginnen. Jedoch ist die Blase immer noch entzündet, und die Therapie konnte nicht begonnen werden. Er hat auch schon Antibiotika genommen, wegen der Entzündung, dochauch nach den Antibiotika ist die Entzündung nicht vollständig weg, wurde im Urin festgestellt und er konnte die Therapie wieder nicht beginnen.

    Ich würde gern wissen, was kann mein Vater selbst dafür tun, um die Entzündung zu heilen. Wir wissen, dass er viel trinken muss. Er trinkt Tee, aber sonst nur Leitungswasser mit Sprudel zugesetzt. Er meint, der Arzt sagt er kann trinken was er will und er will nicht auf stilles Wasser umsteigen. Ist es schlecht Sprudelwasser zu trinken? Ist es normal, dass nach einem Monat nach der Ausschabung die Blase immer noch entzündet ist? Was haltet ihr von der Immuntherapie mit Tuberculose und welche Erfahrungen gibt es mit Nebenwirkungen? Und wie kann man die Nebenwirkungen eventuell verringern? Bis jetzt konnte er die Therapie leider nicht beginnen, aber wir hoffen sehr, dass er bald beschwerdefrei ist und es losgehen kann.

    Vielen Dank im Vorraus für die Unterstützung,

    Liebe Grüße,

    nana

  • Hallo @nana ,

    auch die BCG Therapie ist eine lokale Chemo. Es ist schon richtig was der Arzt sagt, die Entzündung muss abgeklungen sein, die Blase muß innerlich vollständig verheilt sein. Sollten noch offene Stellen vorhanden sein könnte das BCG (Tuberkulose Bazillen) in die Blutbahn eindringen und eine echte Tuberkulose hervor rufen. Trinken kann er wirklich fast alles wobei er auf Säurehaltige Getränke verzichten sollte. (Also keine Grapefruit, Apfelsinen, Zitronen.- Säfte). Sprudel, stilles Wasser, Tees und auch Biere (biite nur alkoholfreies Hefeweizen) können reichlich genossen werden.



    Auch wenn man keine OP-Wunde / Narbe sieht, so hat man dennoch eine. Damit der Urin nicht zu konzentriert ist, muss sehr viel getrunken werden, am bestens sind Tee´s und stilles Mineralwasser - je mehr man trinkt, je besser ist es für die Blase. Es dürfen ruhig deutlich über 4 Liter sein ... am besten 5 bis 6 Liter - solange es dann keine Probleme mit dem Kreislauf (Blutdruck) gibt. Unbedingt darauf achten, dass er sich schont - denn bis die OP-Wunde verheilt ist, kann es 4 - 6 Wochen dauern. Daher kann es sein, dass auch noch bis zu 4 Wochen nach der OP Blut im Urin ist!


    Wichtig: Weiterhin sehr sehr viel trinken. Tee, stilles Mineralwasser .., ebenfalls kann Melone oder auch Gurken gegessen werden. Wir haben hier schon sehr oft "leichtsinnige Patienten" erlebt, die nach der TUR-B im Garten gearbeitet haben, Renovieren wollten - ober mal eine Kiste "Bier" in den Keller tragen wollten - all das hat nur dazu geführt, dass eine bei der OP verödete Ader aufgegangen ist - und sie in der Notaufnahme gelandet sind - wo dann in einer Not-OP die Ader wieder verschlossen werden mußte.


    Ich frage mich gerade um welche Krebsart es sich handelt wenn diese doch mit der Instillationstherapie BCG behandelt werden soll ? Wenn möglich lass uns mal bitte die genau Histologie wissen. So etwas wie pTa oder pT1 G3 High oder Low Grade.


    Wenn die Chirurgen recht tief gegraben haben wird es wohl eine Weile dauern bis die Wunden komplett verheilt sind.


    Was ist eigentlich BCG ?


    BCG, ( Bacille Calmette-Guérin, benannt nach zwei französischen Forschern ), ist ein abgeschwächter Tuberkelbazillus. Dieser bewirkt eine lokale Immunreaktion gegen den Krebs. Warum dies so ist, ist bisher noch nicht entgültig erforscht worden.


    Auf jeden Fall hat sich die intravesikale Gabe von BCG in der Krebstherapie seit einigen Jahren durchgesetzt.


    Intravesikal verabreichtes BCG adhäriert, ( setzt sich an der Blasenwand fest ), und führt zu einer lokalen Aktivierung verschiedener Zellen des Immunsystems.


    In einem Induktionszyklus werden wöchendlich über insgesamt sechs Wochen in Lösungsmitteln entsprechende Mengen Bakterien intravesikal appliziert ( verabreicht ).

    Die Instillation sollte frühestens zwei Wochen nach der TUR-B beginnen. Bei einem früheren Beginn steigt das Risiko für Nebenwirkungen, hier besonders für eine - lebensgefährliche - Sepsis.


    Die Katheterisierung sollte möglichst atraumatisch, ( ohne Wunden oder Verletzungen verursachend ), erfolgen. Bei einer traumatischen, ( wenn dadurch eine Wunde oder eine Verletzung hervorgerufen wird ), Katheterisierung muss auf eine BCG-Instillation verzichtet werden.


    Nach der Instillation sollte der Patient körperlich ruhen, viel trinken und das Therapeutikum mindestens 2 Stunden in der Blase behalten.


    Zu den Kontraindikationen einer BCG-Therapie gehören eine vorherige Überreaktion auf BCG, parallele immunsuppressive Therapie, Makrohämaturie, Harnwegsinfektionen oder unklares Fieber.


    Lokale Nebenwirkungen zeigen sich bei 46% der Patienten, systemische Nebenwirkungen bei 19%. Diese Nebenwirkungen treten häufig nach der zweiten oder dritten Instillation auf und bessern sich nach wenigen Tagen. Nebenwirkungen sind Fieber, ( teilweise bis über 39,5° C ), irritative ( reizende, störende, verwirrende ) Beschwerden, Hautausschlag oder Arthralgie, ( Gelenkschmerzen ), sowie Blasenentzündung. Bei den Antibiotika haben sich Gyrasehemmer wie z.B. Ciprofloxacin als sinnvoll erwiesen.

    Diese können auch prophylaktisch, ( vorbeugend ), eingenommen werden und somit die Nebenwirkungen abschwächen.


    Gruß Rainer

  • Liebe nana,


    Im Labor wurde dann festgestellt, dass er eine angeblich sehr seltene Krebsart hat, die flächig zwischen Schleimhaut und Blasenwand wächst.

    hier benötigen wir die genaue Histologie um überhaupt feststellen zu können, ob eine BCG-Therapie überhaupt optimale Therapie wäre.


    Gruß

    AndreasW

    22.06.2012 erste [lexicon='TUR-B'][/lexicon] apfelgrosser [lexicon='Tumor'][/lexicon] wurde soweit wie sichtbar entfernt
    03.07.2012 Tumorklassifikation:
    ICD-0: C67 M8130/21 G1 pTa pNx pMx l0 v0 Rx
    22.10.2012 zweite [lexicon='TUR-B'][/lexicon], diesmal ohne Befund
    16.12.2013 dritte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], 5 rezidive wurden entfernt. high grad (rpTa)
    24.06.2016 vierte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], ein [lexicon='rezidiv'][/lexicon] pTa G1

    „I am the master of my fate, I am the captain of my soul“

  • Lieber Rainer, lieber Andreas,

    Vielen herzlichen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort. Es erleichtert schon ungemein über das Thema etwas aufgeklärt zu werden. Leider haben wir die genaue Histologie nicht zur Hand im Moment. Mein Vater hat diese Unterlagen wohl dem Arzt wiedergegeben. Am kommenden Mittwoch hat er wieder einen Thermin und er wird um die genaue Histologie bitten. Dann würde ich mich sehr gern nochmals an euch wenden. Allerdings beginnt auch schon die Therapie am Mittwoch, falls mein Vater beschwerdefrei ist. Eine Frage habe ich noch. Ich habe verstanden, dass er natürlich nicht schwer heben sollte oder sich anstrengen sollte, damit die innere Wunde verheilt. Aber heißt das direkt, dass er am besten nur liegen sollte? Ich glaube, seine Beschwerden verschlimmern sich wirklich schon bei den kleinsten Aktivitäten. Sollte er ziemlich viel ruhen und liegen? Und nach den Antibiotikatherapie hat er immer noch eine Entzündung. Kann er da wirklich nur abwarten?

    Vielen Dank für Ihre Hilfe. Ich bin sehr froh ein so aufschlussreichen Forum gefunden zu haben.

    Liebe grüße Nana

  • Hallo @nana ,

    ausser viel trinken und den Antibiotika kann man nicht viel gegen Entzündungen tun. Eventuell versucht ihr es noch mit ein, zwei Tassen Bärentraubenblättertee, zu beziehen nur in der Apo. Ich denke aber das dieser Tee kurz vor Beginn der Bcg Therapie abgesetzt werden sollte, könnte kontraproduktiv wirken. Sprecht das bitte mit dem Arzt ab.

    Von nur liegen kann nicht die Rede sein, kleine Spaziergänge schaden sicherlich nicht und sollten auch unternommen werden. Das ausruhen hinterher gehört narürlich auch dazu.

    Wichtig ist jetzt erst einmal die Blasenentzündung los zu werden..


    gruss aus Aachen

    Rainer

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