Hilfe zur Histologie

  • Hallo,

    Ich bräuchte Hilfe, um ein patologisch-anatomisches gutachten zu verstehen. Es geht um meinen Vater. Diagnose Blasenkrebs. Er wurde sehr kurzfristig 2 Mal hintereinander operiert.

    Anscheinend hat er einen nicht invasiven papilären Tumor mit invertiertem Wachstumsmuster high grade. -》Was bedeutet das genau?

    Ich würde gerne die Einschätzung des Tumors verstehen. Im letzten Bericht heisst es TNM:pTa malignitätsgrad: high grade.

    Er soll nun eine Immutheraphie erhalten.

    Herzlichen Dank für ihre Hilfe.

  • Nun,


    dann will ich Dir mal helfen.


    pTa high grade


    Dies bedeutet, dass der Tumor auf der Blasenscheimwand gewachsen ist (pTa) und die Tumorzellen kaum noch vergleichbar mit den Orginalzellen waren (daher high grade bzw. G2 / G3).


    Auf den Bild links, siehst du was die einzelnen Tumorstadien bedeuten.



    Warum hat man eine 2. OP (TUR-B) durchgeführt:


    Bei allen high grade Tumoren in der Blase ist in den Leitlinien vorgesehen, dass nach der ersten TUR-B im Abstand von 4 bis 6 Wochen eine Nachresektion (2. TUR-B) durchgeführt wird.

    Damit will man sicherstellen, dass der Tumor vollständig entfernt wurde - daher werden eben die "alten Schnittränder" und der Tumorboden nochmals nachgeschnitten und wieder von der Pathologie kontrolliert.


    Immuntherapie:


    Nun, grundsätzlich ist diese Immuntherapie erstmal nix anderes, als die BCG-Therapie, die in diesem "Tumorstadium" der goldene Standard als Therapie darstellt.


    Aber:

    Bei dieser Therapie werden lebendige Tuberkulosebakterien in die Blase gegeben und müssen dort für 2 Stunden verbleiben - direkt im Anschluss muss die Blase sehr sehr gut gespült werden - dazu ist es zwingend notwendig, das dein Vater dann für 4 Stunden pro Stunde ein Liter Wasser oder Tee trinkt.

    Somit insgesamt ca. 4 Liter in den 4 Stunden, erst danach darf die Trinkmenge wieder rediziert werden.

    Warum:

    Die BCG-Therapie lößt eine Blasenentzündung aus wird die Blase nicht gut genug nach der Therapie gespült - können diese BCG-Bakterien bis zu 3 Wochen in der Blase überleben und die Blase soweit schädigen, dass eine Schrumpfblase entstehen kann!!!


    Dein Vater ist 77 Jahre alt - ich denke nicht, dass in diesem Alter die BCG-Therapie die richtige Wahl ist, denn dafür sind die Nebenwirkungen zu stark und die Therapiedauer mit 3 Jahren viel zu lang.


    Damit Ihr einschätzen könnt was die BCG-Therapie genau ist, was zu beachten ist und welche Nebenwirkungen auftreten können, hier meine gesammelten Werke zur BCG-Therapie:


    Informationen zur BCG-Therapie:

    Die BCG - Therapie ist in den meisten Fällen auch kein Spaziergang, hierbei handelt es sich im abgeschwächte aber dennoch lebendige Tuberkulosebakterien, die per Katheter in die Blase gegeben werden, dort müssen die Bakterien ca. 2 Stunden verbleiben und können dann ausgeschieden werden.

    Durch diese Bakterien kommt es in der Blase zu einer Immunreaktion, was eine Blasenentzündung auslöst. Diese Immunreaktion des Körpers soll dazu führen, dass die körperlichen Antikörper auch Krebszellen in der Blase bekämpfen und so neue Tumoren verhindern helfen.


    Therapieplan wird sich wie folgt aufteilen:

    1. eine 6 wöchige Initialtherapie mit je einer Therapie pro Woche

    2. der Erhaltungstherapie mit 3 Instillationen in wöchentlichem Abstand in den Monaten 3, 6, 12, 18, 24, 30 und 36 (gerechnet nach der letzten TUR-B). In diesem Schema werden insgesamt 27 Instillationen über einen Zeitraum von 3 Jahren verabreicht.


    Nebenwirkungen:

    Bei einer immunologischen Behandlung mit BCG kann die Harnblase in den Tagen nach der Behandlung gereizt sein. Dies kann insbesondere beim Wasserlassen zu Schmerzen (Krampfartig) führen und Harndrang verursachen. Die Patienten können auch etwas Blut im Urin und leicht erhöhte Temperatur haben und an Müdigkeit leiden.

    Weiterhin kann die Therapie grippeähnliche Symptome wie Schüttelfrost, Fieber, Muskelschmerzen, Schwäche, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall verursachen.

    All diese Nebenwirkungen betreffen Großteils die ersten 48 Stunden nach der Instillation des BCG - danach sollten sie deutlich abklingen. Der verstärkte Harndrang aber, kann noch Monate nach der Behandlung auftreten (Reiz - und Schrumpfblase).

    Die ersten paar Instillationen werden recht Problemlos und mit kaum Nebenwirkungen vorüber gehen, unsere Erfahrung zeigt, dass ab der dritten bis vierten Instillation mit den ersten deutlichen Nebenwirkungen zu rechnen ist - die sich dann von Behandlung zu Behandlung noch steigern können.


    Hygiene:

    Am Tag und Folgetag der Instillation sollte man verstärkt auf die Hygiene achten und nicht nur nach jedem Toilettengang die Hände waschen, sondern auch desinfizieren, ebenso ist es hilfreich die Toilette selbst mit Desinfektionsspray nach jedem Toilettengang zu reinigen.

    Durch den verstärkten Harndrang sollte man ebenso darauf achten immer eine Toilette in der Nähe zu haben, aus eigener Erfahrung weiß ich, das man oftmals keine 20 Meter weit kommt, wenn man erst mal merkt das man mal "muss".

    Durch die Blutbeimengungen im Urin, der dann auch Gelleeartig sein kann, bietet es sich an am Tag der Instillation und dem Folgetag Einlagen zu tragen, sodass man sich die Unterwäsche nicht versaut.

    Diese Inkontinenzeinlagen kann der Urologe als so genanntes Hilfsmittel verschreiben, sollte dies geschehen sein, sollte man mit der Krankenkassen in Kontakt treten und sich das Sanitätshaus nennen lassen mit denen sie zusammenarbeiten. Danach dann das Sanitätshaus aufsuchen, dort findet eine Beratung statt und eine Abklärung der Kostenübernahme durch die Krankenkasse.


    Nach der Instillation:

    ca. 1 1/2 Stunden nach der Instillation kann man beginnen mit trinken, das Beste sind Tee´s oder stilles Mineralwasser. Kohlensäurehaltige Getränke können die Blase zusätzlich reizen. Je mehr man trinkt, je besser wird die Blase gespült, Anhaltspunkt ist ein Liter Flüssigkeit pro Stunde das sollte man dann ca. 4 Stunden lang machen und ab dann kann weniger getrunken werden.

    Gönne Dir am Tag der Instillation + dem Folgetag ruhe, auch wenn du wahrscheinlich nach den ersten Instillationen kaum Nebenwirkungen verspüren wird, werden die Nebenwirkungen von Behandlung zu Behandlung mehr werden, teilweise kann es auch Aufgrund der Nebenwirkungen zu einem Therapieabbruch kommen.

    Ebenso muss der Arzt bei der Instillation aufpassen, dass z.B. die Harnröhre nicht verletzt wird und somit BCG in die Blutbahn kommt, denn dann kann es zu einer Bcgitis kommen (Tuberkulose).


    MedacBCG-Fachinformationen


    Ließ Dir diese Fachinfo wirklich sehr gut durch - um dann auch die Nebenwirkungen einschätzen zu können. Vorallem aber sollte der Urologe über die Nebenwirkungen informiert werden (vorallem dann, wenn sie verstärkt auftreten).


    weitere Nebenwirkungen (kann bis zu 1 Behandelten von 100 betreffen)

    • Schwere systemische BCG-Reaktion/-Infektion, BCG-Sepsis (weitere Informationen finden Sie weiter unten)

    • Mangel an Zellen im Blut (Zytopenie)

    Anämie (Abnahme des Hämoglobins im Blut)

    • Reiter-Syndrom (Arthritis mit Entzündung der Haut, der Augen und der Harnwege)

    • Lungenentzündung (miliare Pneumonie)

    • entzündliche Reaktionen der Lunge (Lungengranulomatose)

    Leberentzündung (Hepatitis)

    • Hautabszesse

    • Hautausschlag, Entzündung der Gelenke (Arthritis), Gelenkschmerz (Arthralgie).

    In den meisten Fällen sind diese Nebenwirkungen Zeichen einer allergischen Reaktion (Überempfindlichkeitsreaktion) gegenüber BCG. In einigen Fällen kann es erforderlich sein, die Behandlung abzubrechen.

    • Harnwegsinfektion, Blut im Urin (Makrohämaturie)

    • ungewöhnlich kleine Blase (Einschränkung der Blasenkapazität), ungewöhnlich geringe Urinmengen (Harnstauung), Schrumpfblase

    • niedriger Blutdruck (arterielle Hypotonie)

    Bei Männern zusätzlich noch:

    • Entzündung der Hoden (Orchitis)

    • Entzündung der Nebenhoden (Epididymitis)

    • entzündliche Reaktion der Prostata (symptomatische granulomatöse Prostatitis)


    Gruß

    AndreasW

    22.06.2012 erste [lexicon='TUR-B'][/lexicon] apfelgrosser [lexicon='Tumor'][/lexicon] wurde soweit wie sichtbar entfernt
    03.07.2012 Tumorklassifikation:
    ICD-0: C67 M8130/21 G1 pTa pNx pMx l0 v0 Rx
    22.10.2012 zweite [lexicon='TUR-B'][/lexicon], diesmal ohne Befund
    16.12.2013 dritte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], 5 rezidive wurden entfernt. high grad (rpTa)
    24.06.2016 vierte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], ein [lexicon='rezidiv'][/lexicon] pTa G1

    „I am the master of my fate, I am the captain of my soul“

  • Hallo Rainer,

    Erstmal herzlichen Dank für eine so schnelle Antwort. Das finde ich ganz toll.

    PtA ist also Glück im Unglück! Wunderschön! Das ist ja erfreulich.

    Ich wohne im Ausland und muss mir die Informationen über seine OP und Histologie in "Kleinarbeit " zusammensuchen...Mein Vater hat zu Beginn alles in Hand der Ärzte gelassen, ohne sich gross mit der Thematik zu beschäftigen. Nach und nach kommen wir langsam zu einer aktiveren Haltung.) ;)

    Ich denke es geht um BCG- Therapie.

    Mein Vater hätte heute damit beginnen sollen, doch man hat rein zufällig eine Blasenentzündung bei ihm festgestellz Das muss jetzt wohl erstmal geklärt werden.

    Ganz herzliche Grüsse

  • Hallo Andreas,

    Ganz herzlichen Dank für dies ausführliche und auch so schnelle Antwort. Ich werde erstmal in aller Ruhe lesen!

    Danke und einen schönen Abend.

  • Hallo Andreas,

    Die Bcg-Therapie hört sich ja nicht sehr einladend an...


    Welche Alternativen gibt es denn dazu? Radiotherapie und/oder Chemeo?


    Ich habe mir jetzt auch den zweiten patologischen Bericht angesehen( mein Vater hat ihn heute auf Anfrage von seinem Urologen erhalten) und da ist die Rede von einer pTis Klassifizierung.


    Herzliche Grüsse

  • Dieses Thema enthält 34 weitere Beiträge, die nur für registrierte Benutzer sichtbar sind, bitte registriere dich oder melde dich an um diese lesen zu können.