Entscheidungsfindung: Radiochemotherapie oder Zystektomie mit Ileium Kondoit

  • Im Dezember 17 habe ich mich hier im Forum angemeldet und vorgestellt mit dem Thema „Nach 20 Jahren kam der Blasentumor zurück“. Die Dinge haben sich weiterentwickelt. Nun geht es um Zystektomie bzw. Radiochemotherapie. Deshalb hier ein neues Thema.
    Meine Historie:
    4/1995 Blase pTaG1, 2mal TUR,
    1/95 Rezidiv PTaG1, TUR und 10mal kalt-Mytomicin,
    9/17 TUR und pTaG3, zwischen Januar und Mai18 9-mal Mytomicin-Hyperthermie,
    Februar 18 PET-CT auffällige Stelle in Lunge und im Unterbauch (Lymphknoten) gefunden,
    Mai 18 MRT, Juli 18 Lymphknoten wird herausgeholt über Laparoskopie.
    Juli 18 TUR Nr. 4 seit Rezidiv 9/17, ohne Befund
    Sept 18 PET-CT

    Pathologie Lymphknoten: "Absiedelung einer schlecht differenzierten solide wachsenden Neoplasie gut passend zu der Metastase eines schlecht differenzierten Karzinoms. Aufgrund der Markerkonstellation sollte zumindest formal entfernt in Betracht kommende Möglichkeit eines bronchopulmonalen Karzinoms gedacht werden."

    Dann Abbruch Hyperthermie und erneute MRT im Mai und TUR Juli 18 ohne Befund. Erneute PET-CT 18.9.18, dabei ergab sich ein recht eindeutiger Befund, den habe ich allerdings leider erst am 18.10.18 erfahren und die Bilder gesehen. In der MRT war auch vorher schon eine verdickte Blasenhinterwand aufgefallen, man meinte aber, dass dies möglicherweise durch die Abschälungen bei insgesamt 4 TUR’s seit Sept 17 und den „Tauchsieder“ bei der Hyperthermie ausgelöst worden sein könnte. Auf den PET-CT Bildern sieht man nun aber einen überdeutlich rosa strahlenden Bereich in der oberen Blasenwand, ausgelöst durch die vor der CT gegebene radioaktiv signalgebende Zucker-Substanz. Diese Bild hat mich ziemlich geschockt, zeigt es doch, dass nun nicht mehr auf der Innenseite, sondern auf der Außenseite bzw. der Blasenwand Tumore vorhanden sind und diese offenbar in den/die Lymphknoten gestreut haben. Der festgestellte 1 cm Rundherd in der linken Lunge hat sich in der Zeit zwischen Februar 18 und September 18 nicht verändert, sodass man dort kein Karzinom vermutet. (Ich hatte 2015 eine heftige beidseitige Lungenentzündung.)


    Nach einem Monat hat man mir endlich dieses Ergebnis der CT übermittelt mit der Empfehlung Zystektomie und zwar in der Form eines Ileium Kondoit. Der Pouch kann/soll nicht verwendet werden. Auf Nachfrage wurde auch die Alternative Radiochemo eingeführt. Ich soll mich nun möglichst innerhalb einer Woche für eine der beiden Behandlungen entscheiden und hatte dann einen Tag nach dem Gespräch in der Urologie ein Gespräch in der Nuklearmedzin. Vor- und Nachteile Kondoit wurden vom Urologen ausführlich dargestellt. Behandlungsplan RCT: erste Woche Chemo plus RCT stationär, danach täglich Radio ambulant Montag bis Freitag, insgesamt 5-6 Wochen, letzte Woche wieder stationär Chemo plus RCT, danach Reha.


    Zusätzlich habe ich versucht hier im Forum eine große Anzahl von Fakten und Informationen zusammenzutragen als Basis für meine Entscheidungsfindung. Und bin dankbar, dass ich hier so viele, manchmal gegensätzliche, Erfahrungen und Meinungen finde.


    Der Gedanke Blasenentfernung war für mich schon immer Horror und bleibt es. Große OP, viele Wochen in Klinik und Reha, anschließend nur ein eingeschränktes Leben z.B. mit Beutel am Bein, Undichtigkeit und Wecker der alle 2-4 Stunden an Blasenentleerung erinnert. Dazu kommt, dass es wegen der im Lymphknoten festgestellten Tumorzellen eine große Wahrscheinlichkeit für weitere Tumorzellen andernorts im Körper und außerhalb der Blasenwand gibt. Und dann vielleicht die Blasenentfernung nicht mal ausreicht.


    Im Moment schlägt mein Entscheidungsbarometer etwas aus in Richtung RCT, selbst wenn ich lese, dass es hier offenbar nur wenige gibt, die damit Erfolg hatten und es sowohl für Radiologie als auch für Chemo offenbar viele Nebenwirkungen gibt, ich lese: Zystitiden, Diarrhoen und Proktitis, Schrumpfblase, Strahlenblase (was ist das?) Enddarmentzündung, Gastritis, allergischen Hautausschlag, Leukozyten, Erbrechen usw.

    Ich glaube nicht, dass ich in dem mir gegebenen kurzen Zeitfenster die Chance habe, mir eine zweite klinische Meinung einzuholen.

    Übrigens im letzten Bericht stand das Staging: pTaC4 L0 V0 cN0C2 cM0C2, Stad. 0a, sowie G3an anderer Stelle bei der Beurteilung des Lymphknotens: rpN1, L0, V0

    Ich finde N = Lymphknoten, M = Fernmetastasen, Ta = Nicht invasives papilläres Carcinom, G3 ist sowieso klar, aber was bedeutet das V, das L (auch wenn danach 0 steht) und das C4/C2 ?

    Dankbar wäre ich, wenn auch hier jemand aus eigenen Erfahrungen zu meiner Entscheidungsfindung beitragen könnte.

  • Nun Klaus,


    auch wenn es Dir nicht gefallen wird, die Leitlinien sind eindeutig und darauf verweise ich hier mal:


    Die multimodale, primär organerhaltende Therapie sollte Patienten mit lokal begrenzten, muskelinvasivem Urothelkarzinom (cT2-4 cN0/Nx M0) angeboten werden, die sich nicht für eine radikale Zystektomie eignen oder die eine Alternative zur radikalen Operation anstreben. Besonders geeignete Patienten sind solche mit frühen Tumoren (cT2N0) ohne Hydronephrose oder assoziiertem Carcinoma in situ, bei denen die initial transurethrale Resektion zur möglichst kompletten Tumorentfernung führt.


    Die wichtigen Punkte habe ich mal "Fett" markiert:


    Wenn der / die Tumore schon aussen an der Blasenwand sitzen und du schon befallene Lymphknoten hast, kann man nicht mehr von einem "lokal begrenzen" Tumor sprechen, weiterhin wurde wohl auch der Tumor nie vollständig entfernt.


    Daher:

    Sehr ich in der RCT (Radio-Chemo-Therapie) keine alternative. Du solltest schnellstmöglich die Blase entfernen zu lassen - die Zeit für "versuche" ist vorbei!!!


    Gruß

    Andreas"

    22.06.2012 erste [lexicon='TUR-B'][/lexicon] apfelgrosser [lexicon='Tumor'][/lexicon] wurde soweit wie sichtbar entfernt
    03.07.2012 Tumorklassifikation:
    ICD-0: C67 M8130/21 G1 pTa pNx pMx l0 v0 Rx
    22.10.2012 zweite [lexicon='TUR-B'][/lexicon], diesmal ohne Befund
    16.12.2013 dritte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], 5 rezidive wurden entfernt. high grad (rpTa)
    24.06.2016 vierte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], ein [lexicon='rezidiv'][/lexicon] pTa G1

    „I am the master of my fate, I am the captain of my soul“

  • Hallo Klaus,


    ich denke, die Zeit für blasenerhaltende Experimente ist vorbei. Mit viel Glück hast du noch keine Metastasen, sichtbar sind ja anscheinend bisher keine - also so schnell wie möglich raus mit dem Ding, ehe es wirklich streut. Ich denke, es kommt auch nur ein Konduit (Beutel am Bauch) infrage. Das ist die schonendste OP und für den Fall der Fälle bist du damit am schnellsten wieder fit für eine Chemo.

    Gruß von Barbara

    Berliner (netzgestützte) Neoblase seit 4.9.2015 wegen BCG resistentem CIS, entdeckt 2014 durch NMP22 (IGEL beim Gyn)

    "Alles hat einen Zweck, selbst wenn es uns nur an das erinnert, was wir nicht tun sollten." Catherine Ryan Hyde

  • Der Gedanke an den Verlust der Blase war für uns alle der Horror.

    Aber danach geht's eigentlich nicht. Ich glaube im Vordergrund sollte das Überleben stehen. Und mit den Umständen mit denen das erreicht wird arrangiert man sich.


    Das Leben geht weiter. Auch ohne Blase

  • Der einzige Weg den ich in Deinem Fall sehe. Alles andere ist schlimmer wie russisches Roulette. Man lebt anders ohne Blase aber man lebt. Genau genommen sogar sehr gut.


    Gruß Wolfgang

    pT4 a, G 3 und CIS, sechs Zyklen Chemotherapie, Gem/Cis


    "wer kämpft, der kann verlieren; wer nicht kämpft, hat bereits verloren"

  • Warum hat das denn der behandelnde Arzt etwas differenzierter gesehen, hat er sich nicht an die Leitlinien gehalten und einen Fehler gemacht?

    Denn er hat mir zunächst die Blasenentfernung vorgeschlagen, nach der Frage nach Alternativen aber auch die kombinierte RadioChemo.

    Und er hat explizit als Vorteil der RadioChemo dargestellt, dass damit auch eventuell im Körper noch vorhandene Tumor/-keime/-reste behandelt würden.

    Im Protokoll der Tumorkonferenz zu meinem Fall heißt es :

    "Zystektomie und adjv. Chemotherapie, alternativ Bestrahlung der Harnblase zum Blasenerhalt und der Lymphabflusswege mit nachfolgender Chemotherapie."

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