Blasentumor mit 25

  • Hallo!

    Mein Mann hat Blasenkrebsund das mit 25 Jahren. Keiner kann es sich erklären wie es dazu kommen konnte. Sein Tumor ist schon 5,5cm groß und gestern mussten wir in der uniklinik in Ulm erfahren dass ihm die blase sowie Lymphknoten und die prostata entnommen werden muss. Ein riesiger schock! Ich bin völlig am ende..Was da auf ihn und uns zukommt. Es wird laut dem Oberarzt keine andere Möglichkeiten geben um ihn zu heilen. Gott sei Dank dürfen wir eine gesunde Tochter haben allerdings wird sich sein Leben drastisch ändern. Gibt es hier jemanden junges der das gleiche erlebt hat? Wir vertrauen den Ärzten voll und ganz jedoch ist dieser Schritt so unfassbar groß und mit so vielen Einschränkungen verbunden. Bin momentan unendlich traurig und habe so angst um ihn vorallem weil es so eine große OP ist und dann noch die Entfernung der prostata. Ich will mir gar nicht ausmalen was das alles für ihn bedeutet. Wir möchten jetzt auch recht schnell spermien einfrieren lassen. Das ist einfach alles zu viel in dem alter! Seine TUR findet morgen statt. Kann man wenige Tage danach überhaupt ejakulieren...also vom Schmerz her? Es geht jetzt alles so schnell weil er ein Notfall ist. Danke im voraus!

  • Liebe Sahra,


    erstmal herzlich Willkommen in unserem Forum, noch vor Jahren hat man bei Blasenkrebs von einer "Alterserkrankung" gesprochen, aber wir sehen hier selbst im Forum, dass die Betroffenen immer Jünger werden. Unser jüngstes Mitglied hat mit 19 Jahren Blasenkrebs bekommen.

    Aber sicherlich ist es selten, das man in so jungen Jahren an Blasenkrebs erkrankt.


    Aber nun der Reihe nach:

    Wenn man vor der TUR-B schon sagt, dass die Blase raus muss, dann sollte man wirklich Hellhörig sein - und genau hinterfragen, worauf diese Entscheidung / Diagnose denn beruht.

    Es muss ja dann ein CT des Abdomen (Beckenbereiches) gegeben haben, wo neben einer Verdickung der Harnblasenwand vielleicht auch vergrößerte Lymphknoten oder Metastasen zu sehen waren?!!


    Im Normalfall bedarf es erstmal eines histologischen Befundes um sicher zu gehen, mit was man es zutun hat denn:


    Die Harnblase ist in mehrere Schichten aufgebaut und deshalb unterscheidet man in oberflächliche und muskelinvasive Tumore


    Zu den oberflächlichen Tumoren zählen:

    - CIS

    - pTa

    - pT1


    zu den muskelinvasiven Tumoren zählen alle ab einem Stadium von pT2x


    Weiterhin gibt es dann noch das Grading, welches angibt, wie nah die Tumorzellen noch an den Orginalzellen sind.

    Dabei gibt es zwei unterschiedliche System, laut WHO z.b. nur noch in low risk oder high risk oder die Bezeichnung G1, G2 oder G3.

    Bei G1 (low risk) - Tumoren, sind die Tumorzellen noch relativ nah am Orginal und somit noch nicht so stark mutiert.

    G2 - Tumoren können als low bzw. high risk eingestuft werden, hier ist die Zellveränderung schon deutlich zu sehen.

    Bei G3 - Tumoren erkennt man kaum noch die Originalzelle.






    Wie du siehst, ist die Tumorgrößer kein Merkmal, wonach man den Tumor beurteilen kann. Daher würde ich die TUR-B und den Befund abwarten - sobald der histologische Befund da ist - weiss man dann sehr genau, mit wecher Tumorart, mit welchem Tumorstadium und mit welchem Grading wir es zutun haben.


    Zur TUR-B:


    TUR-B ist die Abkürzung für "Transurethrale Resektion der Harnblase", hierbei wird über die Harnröhre eine Optik und eine "Elektroschlinge" in die Blase eingeführt - mit dieser Elektroschlinge wird dann versucht den Tumor zu entfernen - im allgemeinen wird dabei bis hinunter auf die Harnblasenmuskulatur "geschnitten" - nur dadurch läßt sich dann später für den Pathologen zweifelsfrei feststellen, ob es sich um einen oberflächlich oder bereits muskelinvasiv wachsenden Tumor handelt.


    Die reine OP-Zeit beträgt je nach Tumorgröße ca. 30 Minuten ... bei größeren Tumoren kann es aber auch etwas länger dauern.


    Noch im OP-Saal wird Dir dann ein Katheter gelegt - dieser Katheter hat meißt zwei Eingänge und einen Ausgang. An einem der Eingänge wird er an eine Spülflüssigkeit angeschlossen, diese Flüssigkeit ist nichts anderes als Kochsalzlösung - mit dieser wird die Blase über Nacht gespült. Der Urin + die gebrauchte Spülflüssigkeit wird zu einem Bettbeutel geleitet und wird regelmässig geleert.


    Sollte am nächsten Tag kein Blut mehr in dem Beutel sichbar sein, wird die Spülung der Blase beendet und du darfst aufstehen und kannst dich bewegen.


    Ab diesem Zeitpunkt ist es sehr sehr wichtig, dass Er sehr viel trinkt!!!


    Warum ist dies Wichtig:


    Auch wenn man keine OP-Wunde / Narbe sieht, so hat man dennoch eine. Damit der Urin nicht zu konzentriert ist, muss sehr viel getrunken werden, am bestens sind Tee´s und stilles Mineralwasser - je mehr man trinkt, je besser ist es für die Blase.

    Es dürfen ruhig deutlich über 4 Liter sein ... am besten 5 bis 6 Liter - solange es dann keine Probleme mit dem Kreislauf (Blutdruck) gibt.

    Nach weiteren 2 bis 3 Tagen im Krankenhaus wirst Er dann entlassen.

    Solltest Er im Krankenhaus "Blasenkrämpfe haben", was durch den Katheter ausgelößt werden kann - so laß Schmerzmittel geben lassen - ansonsten ist die OP nicht schmerzhaft.



    Wieder daheim:

    Hier auch unbedingt darauf achten, dass Er sich schont - denn bis die OP-Wunde verheilt ist, kann es 4 Wochen dauern. Daher kann es sein, dass auch noch 2 bis 3 Wochen nach der OP Blut im Urin ist!

    Wichtig: Weiterhin sehr sehr viel trinken. Tee, stilles Mineralwasser .., ebenfalls kann Melone oder auch Gurken gegessen werden. Am Abend darf es auch eine Flasche alkoholfreies Hefeweizen sein - sonst bitte kein Alkohol.

    Nimm es bitte ernst, wir haben hier schon sehr oft "leichtsinnige Patienten" erlebt, die nach der TUR-B im Garten gearbeitet haben, Renovieren wollten - ober mal eine Kiste "Bier" in den Keller tragen wollten - all das hat nur dazu geführt, dass eine bei der OP verödete Ader aufgegangen ist - und sie in der Notaufnahme gelandet sind - wo dann in einer Not-OP die Ader wieder verschlossen werden mußte.


    Das Gewebe, welches man entnommen hat, wird in die Pathologie geschickt und dort histologisch untersucht - Der Pathologe erstellt dann einen histologischen Befund - dieser Befund ist ausschlaggebend, wie es dann weiter geht.

    Laß Euch diesen "histologischen Befund" unbedingt aushändigen, darauf hast du ein Anrecht - bewahre diesen in deinen Unterlagen auf, letzlich kannst du dann davon auch eine Kopie machen um einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen.


    Folgen der OP:

    Zum einen wird es sich die ersten Tage (ca. ein bis zwei Wochen) so anfühlen, als hättest Er eine Blasenentzündung. Es kann etwas schmerzen beim Urinieren und die Blase kann etwas verkrampfe.

    Er wirst einen sehr starken Harndrang verspüren - oftmals ist es so, dass die Toilette nicht zu weit entfernt sein sollte - und man keine "10 Meter" von dem Signal "Ich muss zur Toilette" bis "jetzt kommts" Zeit hat.


    Soweit erstmal zu den nächsten Tagen.


    Gruß

    AndreasW

    22.06.2012 erste [lexicon='TUR-B'][/lexicon] apfelgrosser [lexicon='Tumor'][/lexicon] wurde soweit wie sichtbar entfernt
    03.07.2012 Tumorklassifikation:
    ICD-0: C67 M8130/21 G1 pTa pNx pMx l0 v0 Rx
    22.10.2012 zweite [lexicon='TUR-B'][/lexicon], diesmal ohne Befund
    16.12.2013 dritte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], 5 rezidive wurden entfernt. high grad (rpTa)
    24.06.2016 vierte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], ein [lexicon='rezidiv'][/lexicon] pTa G1

    „I am the master of my fate, I am the captain of my soul“

  • Vielen Dank für die ganzen Erläuterung! Ja es gab ein CT und aufgrund dessen meinte der behandelnde Oberarzt dass die blase wohl nicht mehr zu retten sei und die prostata sowie Lymphknoten ebenfalls. Er sagte uns zwar dass man selbstverständlich die Ergebnisse aus dem Labor abwarten muss allerdings meinte er schon aufgrund seiner Erfahrung sollen wir uns auf die radikale OP einstellen. Ich habe wirklich schiss dass die prostata entfernt wird. Es soll wohl auch in 1-2 Wochen schon so weit sein da es wohl jetzt schnell gehen muss. Bin komplett überfordert zur Zeit.

  • Moin Sarah,

    alle wesentlichen Aspekte hat AndreasW bereits aufgezeigt. Dennoch der Befund nach TUR B ist entscheidend und keine Sichtprüfung kann ihn ersetzen trotz aller Erfahrung des Arztes.


    Gruß Wolfgang

    05/2009 CIS, 02/2010 pT4 a, G 3, sechs Zyklen Chemotherapie, Gem/Cis, 08/2018 Nephrektomie rechts


    "wer kämpft, der kann verlieren; wer nicht kämpft, hat bereits verloren"

  • Liebe Sahra,


    wirklich - auf die Tumorgröße kommt es nicht an, denn 5,5 cm ... da wäre der Tumor ca. Pflaumengroß ... und mein "erster" Tumor hatte Apfelgröße - und wurde vom Urologen als "riesig" bezeichnet.

    Daher wirklich einen Schritt nach den anderen machen.

    - erst die TUR-B

    - dann die Histologie abwarten

    - und dann sollte immer noch die Zeit sein, auch eine Zweitmeinung einzuholen.


    Das bedeutet, dann man nach der TUR-B ca. 4 bis 6 Wochen Zeit hat mit der OP ... aber bitte nicht länger.


    Gruß

    AndreasW

    22.06.2012 erste [lexicon='TUR-B'][/lexicon] apfelgrosser [lexicon='Tumor'][/lexicon] wurde soweit wie sichtbar entfernt
    03.07.2012 Tumorklassifikation:
    ICD-0: C67 M8130/21 G1 pTa pNx pMx l0 v0 Rx
    22.10.2012 zweite [lexicon='TUR-B'][/lexicon], diesmal ohne Befund
    16.12.2013 dritte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], 5 rezidive wurden entfernt. high grad (rpTa)
    24.06.2016 vierte [lexicon='TUR-B'][/lexicon], ein [lexicon='rezidiv'][/lexicon] pTa G1

    „I am the master of my fate, I am the captain of my soul“

  • Liebe Sarah,


    wir hier im Forum können gut nachfühlen, wie es euch beiden geht, viele von uns waren nach den Diagnosen auch total fertig.

    Das Gute am Forum ist, dass ihr alles fragen könnt und wir mitfühlen und versuchen, auf eure Fragen Antworten zu geben.


    Besonders Mut machen will ich deinem Mann für die bevorstehende OP in der Uniklinik in Ulm, da ich selber dort operiert wurde und die behandelnden Ärzte über lange Erfahrungen auf diesem Gebiet verfügen. Nach meiner OP habe ich Dank Oberarzt Dr. de Petriconi und seinem Team eine sehr gute Lebensqualität erreicht mit wenig Einschränkungen. Das hoffe ich ganz fest für deinen Mann und für euch Beide viel Kraft für die bevorstehende Zeit.


    Herzliche Grüße


    Ebi

    06/2015: 1. TUR-B mit 40 mg Mitomycin-Blasenfrühinstillation, 07/2015: 2. TUR-B,
    09/2015: Anlage einer Ileum-Neoblase, histopathologischer Befund der Harnblase: pT1, pN0 (0/12), pMx, R0, V0, L0, Pn0, high grade.