pT1 G2-G3 Zystektomie

  • als erstes möchte ich mich vorstellen: ich bin 61 Jahre alt und nach langer Antibiotika Behandlung wegen vermuteter Blasenentzündung ( letztes Jahr August/ September) Überweisung zum Urologen , Einweisung auf die Urologie ...OP Ergebnis PT 1G3 high grand cis ..nach 6 Wochen Kontroll-OP alles ok. BCG Therapie 6 mal Ende Januar wieder stationär Op. Ergebnis 1 kleines Rezediv wurde entfernt pT a.

    Beim CT Lunge unklarer Befund...habe am 23.04 deswegen einen Eingriff bei dem sie die Herde ( 4mm) entfernen und untersuchen. Hat jemand Erfahrung bezüglich schon Metastasen bei dem Blasenbefund ? Ich möchte mal Danke für eure Erfahrungen sagen denn ich informiere mich gerade zu dem Thema Blasenersatz denn ich werde wegen BCG- Versagen die meine hergeben müssen. Und da scheint mir die Neoblase eine akzeptable Lösung zu sein . Mir macht nur Kopf dass da soviel rausgeschnippselt werden muss, gibt es denn keine Möglichkeit wenigstens die vordere Scheidenwand zu erhalten ?

    Welche Erfahrung habt ihr da ? Es geht auch um meine Sexualität und damit auch Lebensqualität. Das scheint hier ein tabuthema zu sein ?? Entschuldigt wenn ich etwas anschneide was vielleicht nicht ins dieses Forum gehört.

    Einen schönen Tag euch

    Antigone

  • Hallo !


    Sexualität ist nicht unbedingt ein Tabuthema.

    Aber für viele Betroffene ist es nicht mehr das ' wichtigste ' im Leben.

    Denn das ist das ' Leben 'selbst.


    Klar die, die hier neu sind hätten gern folgendes : den Krebs entfernen und alles ist wie vorher.

    So einfach ist es aber meistens nicht.

    Man muß eben einen gewissen Preis bezahlen.

    :sleeping:

  • Zunächst begrüße ich Dich recht herzlich hier im Forum. Die radikale Zystektomie steht also an und insofern sind die Würfel gefallen. Mit der orthotopen Neoblase will ich mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen aber bei männlichen Patienten habe ich bisher jenseits der 60 abgeraten in Anbetracht der Kontinenzprobleme. Hier aber werden sich weibliche Neoblasen zu Wort melden. Eines jedoch direkt, es gibt hier keine Tabus in Bezug auf Sexualität oder andere Probleme. Ein Tabu gibt es nur dann wenn Verunglimpfungen vorkommen bzw die Form des normalen Umgangs miteinander nicht eingehalten wird. Ebenso gilt es dafür, dass keinerlei Links zur Werbung eingestellt werden dürfen. Ansonsten immer frei heraus.


    Liebe Grüße, Wolfgang


    pT4 a, G 3 und CIS, sechs Zyklen Chemotherapie, Gem/Cis


    "wer kämpft, der kann verlieren; wer nicht kämpft, hat bereits verloren"

  • Liebe Antigone,


    auch von mir ein ganz herzliches Willkommen hier im Forum.


    Nun, die Blasenentfernung steht an und es gibt drei Möglichkeiten der späteren Ableitung. Der Vollständigkeit halber möchte ich Dir alle drei kurz vorstellen, auch wenn ich lediglich über die orthotope Neoblase aus eigener Erfahrung berichten kann:


    1. orthotope Neoblase:

    - Bildung eines Reservoirs aus stillgelegtem Darmgewebe.

    - Entleerung natürlich, d.h. durch die Harnröhre.

    - Vorteil: ästhetisch vermutlich die schönste Lösung.

    - Nachteile: setzt voraus, das kein Tumor im Bereich der Harnröhre und deren näherem Umfeld sitzt; lange OP-Dauer; sehr häufig Inkontinenz, am Anfang eigentlich immer, die auch nicht immer mit der Zeit in den Griff zu bekommen ist; manchmal Hyperkontinenz, die Entleerung klappt nur mittels Katheter, die man selbst setzen muss; durch das mühsame neu erlernen der Kontinenz und dadurch anfangs nächtliches Aufstehen im 2-4-Stunden-Takt für ältere Patienten in den meisten Fällen keine Empfehlung.


    2. Pouch: alles ähnlich wie die orthtope Neoblase, nur mit eine Art Ventil im Bauchnabel, in das der Katheter gesetzt werden muss.

    - Vorteil: bei Befall der Harnröhre eine echte Alternative zum Urostoma.

    - Nachteil: wenige Ärzte beherrschen die Anlegung noch wirklich gut, hier muss man suchen; häufig treten Verwachsungen auf, die operativ zu beheben sind.

    -> hier bitte liebe Pouchis gerne ergänzen!


    3. Urostoma:

    - Es wird ein neuer Ausgang an der Bauchdecke gelegt und mit einem Beutelchen fest abgedeckt. Der Urin wird so aufgefangen und kann, wenn voll, unkompliziert entleert werden.

    - Vorteil: kürzeste OP-Dauer; sofort durchschlafen können; sozusagen dicht, bzw. keine Gefahr des in die Hose pinselns, es sei denn der Beutel löst sich mal (selten); einfaches Handling auch im Alter.

    - Nachteil: der größte ästhetische Eingriff in die eigene körperliche Unversehrtheit, es gibt aber schöne Lösungen zum Abdecken mittels Gürtel (jedenfalls für Frauen...).


    Was in Frage kommt, entscheidet zum einen die Lage der Tumore, aber auch Deine Fitness, Deinen Wunsch wird man versuchen zu berücksichtigen, die onkologische Sicherheit geht aber vor und letztendlich wird es im OP entschieden, wenn das ganze Ausmaß der Erkrankung sicher beurteilter ist.


    Zu Deiner Frage, dass soviel geschnippelt wird, habe ich noch Anmerkungen:

    Es ist schon so, dass bis vor wenigen Jahren die betroffenen Frauen noch sehr umfangreich operiert wurden: Blase, Eierstöcke, Gebärmutter raus und Scheide bis auf ca. drei Zentimeter zusammengekürzt. Durch die fehlende Stützung der neuen Blase durch die ja ebenfalls entfernte Gebärmutter, lagen die Neoblasen bei Frauen schlecht, fielen ohne die Stützung der Gebärmutter ins Becken zurück, knickten ab usw. Das Ergebnis war in aller Regel entweder Inkontinenz oder Hyperkontinenz.


    Seit einigen Jahren gibt es nun dass, was sich als Berliner Neoblase bezeichnet:

    - Es wird nur operiert, was onkologisch geboten ist. Bei mir blieben Eierstöcke, Gebärmutter und Scheide unangetastet. Es wurden alle Organe begutachtet und dann für i.O. befunden, was sich auch als richtiges Urteil herausstellte.

    - Es wird, auch wenn die Gebärmutter drin bleibt, in aller Regel ein Netz (Seratom-Netz, ein Textilgewebe) unter die Blase gebaut (typisch für die Berliner Schule unter Prof. Miller und daher der Name Berliner Neoblase). Das Netz sorgt dafür, dass die Blase gut liegt und damit auch später gut funktionieren kann. Also sehr wichtig! Nicht überall in der Republik werden Netze gebaut, es wird häufig auf das hohe Infektionsrisiko verwiesen. Da muss man mit den Operateuren sprechen.

    - Um später im Fall der Fälle noch gut heranzukommen, werden die Eierstöcke, wenn sie belassen werden, nach außen gedrückt und festgebunden. So macht man bei einer späteren OP nicht unnötig alles wieder kaputt.

    - Um die häufigen Darmproblem nach Zystecktomie in den Griff zu kriegen, werden die Darmenden manchmal als Seit-zu-Seit-Anastomosen operiert (Unter einer Seit-zu-Seit-Anastomose versteht man eine Anastomose, bei der zwei Hohlorganabschnitte (z.B. Darmteile) seitlich eröffnet und anschließend an den Öffnungen wieder aneinander genäht werden.). Wenn der Darm zerschnitten wird, schwillt er an. Bei einer End-zu-End-Anastomose ist er dann häufig komplett zugeschwollen. Durch die Seit-zu-Seit-Anastomose bleibt häufiger dennoch genügend Hohlraum, durch den alles durch passt was durch muss. Logisch, ist quasi Geometrie :) Diese Anastomose dauert länger, ist aufwändiger und damit teurer. Muss man ansprechen.


    Nun zur Sexualität: nein, das ist hier absolut kein Tabuthema. Aber wenn ich das richtig sehe, wird das Unterforum erst freigeschaltet, wenn Du einige Beiträge geschrieben hast und damit genügend Punkte beieinander. Aber probiere es einfach mal hier: klick hier

    Ich kann aber auch schon mal von mir berichten: dadurch das alles außer Blase und Darm unangetastet blieb, ist auch mit der Sexualität alles wie früher. Ich habe später wegen einer anderen Geschichte meine Eierstöcke entfernen lassen und auch da ist die einzige Folge, manchmal etwas trocken zu sein. Mehr Veränderung gab es nicht. Nicht selten wird berichtet, dass die Neoblase beim Sex tröpfelt. Das lässt sich gut in den Griff bekommen, wenn man vorher kurz auf Toilette verschwindet und gründlich leert. Ich habe damit mittlerweile gar keine Schwierigkeiten mehr.


    So, jetzt hast Du erst einmal viele Informationen die verdaut werden müssen. ZU den anderen Ableitungen werden sich sicher noch Mitglieder melden.

    Lies Dich in Ruhe in die entsprechenden Unterforen ein und stell all Deine Fragen, wir werden versuchen, diese zu beantworten :)


    Ganz liebe Grüße, Mandelauge

    Nach pT2b pN0 pL0 pV0 R0 (lokal) G3, glückliche und stolze Besitzerin einer Neoblase nach Hautmann, perfekt gebaut von Prof. Magheli in Berlin

  • erst mal ganz herzlichen Dank für eure Rückmeldung und Begrüßung. Mandelauge deine Ausführung hat mir sehr geholfen , von der Berliner Blase hatte ich auch schon gelesen. Nun da werde ich mich mal mit den Ärzten auseinandersetzen. Ja und natürlich gibt es wichtigeres im Leben vor allem jetzt ,als das Thema Sexualität aber warum sollte man nicht alle Möglichkeiten ausschöpfen wenn es möglich ist schonender zu operieren. Aber bei mir steht jetzt eh erst mal die Abklärung Lunge bevor bevor es an die Blase geht. Ich bleibe positiv und geniesse bis dahin jeden Tag.

    LG

  • Liebe Antigone,


    wenn erst einmal Ruhe nach der OP einkehrt, rücken eben die Dinge wie Sexualität und Körperbewusstsein wieder in der Vordergrund und insofern ist es richtig und sinnvoll, sich, trotz aller Angst und Sorge, im Vorfeld damit auseinanderzusetzen.


    Nun hängt es ja sehr vom Ausmaß der Erkrankung und von der Lage des Tumors ab, welche Ableitung überhaupt möglich ist. Das entscheiden die Ärzte im OP. Es hängt auch davon ab, ob Vheom- oder Strahlentherapie absehbar folgen müssen, denn diese würden die empfindliche Neoblase und den empfindlichen Pouch zerstören. D.h. da beliebt im Regelfall nur das Urostoma.

    Ich habe mich damals mit allen drei Ableitungen intensiv auseinandergesetzt und eine Wunschreihenfolge festgelegt: orthotope Neoblase, wenn das nicht geht Pouch, wenn das auch nicht machbar ist Urostoma. Und ich wusste, ich kann mit allem leben. Denn es heißt eben auch weiterleben zu dürfen. Fürs Urostoma gibt es übrigens ganz hübsche Gürtel zum verstecken, da melden sich sicher noch die Mitglieder.


    Du machst es jedenfalls richtig und wie gesagt, immer her mit all Deinen Fragen.

    Liebe Grüße vom Mandelauge

    Nach pT2b pN0 pL0 pV0 R0 (lokal) G3, glückliche und stolze Besitzerin einer Neoblase nach Hautmann, perfekt gebaut von Prof. Magheli in Berlin

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