Diagnose nach 1. TUR-B: Mindestens T1G3, ich habe so viele Fragen und hoffe Ihr könnt helfen

  • Hallo liebe Community,


    zunächst erstmal herzlichen Dank dafür, dass es Menschen gibt, die eine tolle Möglichkeit zum Austausch geschaffen haben und hier ehrenamtlich so viel Mühe reinstecken! Taten sagen mehr als Worte und diese Möglichkeit, die hier geschaffen wurde, spricht für sich! Das ist für alle Betroffenen und Angehörigen einfach nur Gold wert. Gerade in der Situation, wenn Ängste und Sorgen übermächtig werden. Vielen lieben Dank!


    Wir sind sehr verzweifelt und hoffen, dass Ihr uns helfen könnt!


    Ich möchte Euch gerne die Situation schildern:


    Zu mir


    Ich bin Angehöriger. Meine Mutter ist leider betroffen. Ich bin 30 Jahre alt und will alles versuchen, um sie zu unterstützen und wichtige Informationen einzuholen. Wir kommen beide aus dem Rhein-Main-Gebiet (Wiesbaden, Frankfurt, Mainz).


    Zu meiner Mutter


    70 Jahre alt, Nichtraucher, in den letzten Jahren immer große Probleme mit Blasenentzündungen. Außer der Diagnose Blasenkrebs bestehen keine weiteren Erkrankungen und ein ansonsten guter körperlicher Zustand. Allerdings ist sie ein Mensch, der sich grundsätzlich sehr viele Sorgen macht und große Ängste entwickelt. Das ist, natürlich neben der eigentlichen Diagnose, ein sehr großes Problem für sie. Ich versuche so gut ich nur kann dagegen anzugehen. Jedoch gelingt es mir leider nicht immer.


    Wie kam es zur Diagnose?


    Nach Hämaturie wurde sie Anfang Juni 2019 in der Notaufnahme vorstellig. Es wurde ein Antibiotikum verschrieben und die Empfehlung mitgegeben, einen Urologen aufzusuchen. Aufgrund von großen Ängsten, hat sie sich zunächst dagegen entschieden einen Urologen aufzusuchen. Dann kam es Ende Juni zu erheblichen Schmerzen im Unterleib, so dass direkt am nächsten Tag ein Urologe aufgesucht wurde und die Blasenspiegelung erfolgt ist.

    Es wurden zwei kirschkerngroße Tumore festgestellt. Es folgte ebenfalls ein MRT, hierbei war der Befund, dass ein Durchdringen der Tumore durch die gesamte Blase (meine es hieß Serosa) nicht erkennbar ist (genauer Wortlaut liegt mir gerade nicht vor).

    Im Anschluss kam es Mitte Juli zur ersten TUR-B an einem KH in Frankfurt, ohne PDD. Es erfolgte eine Mitomycin Frühinstillation. Hier der genaue Wortlaut des Arztbriefs:

    ·         Transurethrale lnzision, Exzision, Destruktion und Resektion von (erkranktem) Gewebe der Harnblase: Resektion: Nicht fluoreszenzgestützt

    ·         Transurethrale Biopsie an Harnorganen und Prostata: Harnblase Mitomycin Frühinstillation


    Wie ist die Diagnose (Wortlaut aus Arztbrief, das m.E.n. wichtige habe ich fett markiert)?


    ·         Bösartige Neubildung: Laterale Harnblasenwand, rechts mindestens pT1, G3/high grade

    ·         Histologie: Material/klinische Angaben

    o   Spülzytologie rechter Harnleiter, 2. Spülzytologie linker Harnleiter, 3. PE Blasenboden,4. PE Hinterwand, 5. PE Blasendach, 6. PE linke Seitenwand, 7. PE rechte Seitenwand, 8. TUR-Blase /sVsg

    o   Histologie: Makroskopischer Befund 1. und 2. Spülzytologien rechter und linker Harnleiter.

    3. bis 7. Jeweils eine PE.

    8. Zahlreiche Resektionsspäne von der Harnblase. Vollständige Einbettung.

    3. bis 8. Aufarbeitung in Stufenschnitten und zusätzliche Untersuchung mittels der PAS-Reaktion.

    ·         Histologie: Mikroskopischer Befund

    o   1. und 2. Zellarme Flüssigkeit mit reaktiv veränderten oberflächlichen Urothelien mit leichten Kerngrößenschwankungen sowie einzelnen Leukozyten.

    3. bis 7. Oberflächlich teilweise erodiertes, im übrigen dysplasiefreies Urothel. Angrenzend fibrosiertes Gewebe mit unterschiedlich dichten Rundzellinfiltraten.

    8. Atypisch proliferierte solide Verbände atypischer Transitionalzellen mit erheblicher Kernpleomorphie und erhöhter Mitoserate. ln der Tiefe eine lnvasion in das Harnblasenstroma, Detrusormuskulatur gelangt nicht zur Darstellung.

    ·         Histologie: Patholoqisch-Anatomische Diaonose

    o   und 2. Spülzytologie des rechten und linken Harnleiters ohne Nachweis von Tumorzellen.

    3. bis 7. Tumorfreie PE vom Harnblasenboden, der Blasenhintenrvand sowie vom Blasendach und der linken und rechten Seitenwand mit chronisch-fibrosierender Urozystitis.

    8. TUR-Material der Harnblase mit einem gering differenzierten, invasiven Urothelcarcinom. Detrusormuskulatur gelangt nicht zur Darstellung: mindestens pTl,G3/high grade.


    Der nächste Schritt:


    Es erfolgt in einer Woche die Nachresektion an der Uni Mainz. Ob eine PDD gemacht wird, werde ich definitiv noch in Erfahrung bringen.


    Meine Fragen:


    Ich weiß Ihr seid keine Mediziner, aber meine Erfahrung zeigt mir auch, dass man nicht immer alle Aussagen von Ärzten so hinnehmen sollte und auch Nicht-Mediziner mit Ihren Erfahrungen wertvolle Tipps geben können:


    ·         Ich weiß es ist müßig…Aber warum wurde in Frankfurt keine PDD gemacht? Mich ärgert das. Mittlerweile weiß ich, dass das an vielen (renommierten) Kliniken Standard ist.

    ·         Macht es unter Berücksichtigung des Befunds Sinn, bei der Nachresektion in Mainz eine PDD zu machen? Sollte man darauf bestehen?

    ·         Wie sind eure Erfahrungen mit der Uni Mainz?

    ·         Angenommen es bleibt bei T1G3:

    o   BCG-Therapie: Wie sind eure Erfahrungen? Ich habe gelesen, dass die Nebenwirkungen stark sein können und die Abbruchquote relativ hoch ist und es auch Probleme bei der Verfügbarkeit geben kann?

    o   Wie steht Ihr zur Frühzystektomie? Diese große OP macht Angst und deswegen gehe ich meiner Mutter gegenüber aktuell auch nicht darauf ein, dass das, auch wenn es bei T1G3 bleibt, eine mögliche Therapie ist.

    o   Was sind die Erfahrungen zu Synergo/Thermo-Installation?

    o   Gibt es hier jemanden, der das liest und welche Therapie habt Ihr gewählt und welche Erfahrungen hattet Ihr damit? (Mitomycin vs. BCG vs. Frühzystektomie vs. Synergo)

    o   Habt Ihr sonst noch Tipps und Empfehlungen

    ·         Angenommen es wird leider >t1G3

    o   Gibt es bei Euch Erfahrungen mit blasenerhaltenden Therapien?


    Ich habe noch viel, viel mehr Fragen. Ich denke aber, dass diese dann im Zusammenhang mit dem 2. Befund und einer evtl. Zystektomie stehen und melde mich wieder. Aktuell brummt mir der Kopf vom Leitlinien und Fachartikel lesen. T1G3 ist einfach nicht eindeutig. Eine Zystektomie würden wir trotzdem möglichst vermeiden.

    Aktuell bin ich etwas überfordert. Aber ich will nichts unversucht lassen.



    Meine ganz große Bitte:


    Bitte liebe Community, für positive Erfahrungsberichte und Erfolgsgeschichten bin ich sehr dankbar. Wie oben geschrieben, ist die mentale Situation sehr herausfordernd und ich bin immer auf der Suche nach Wegen, meine Mutter aufzumuntern bzw. ihr Hoffnung zu geben. Ich sage aktuell, wenn sie auf das Thema muskelinvasiv zu sprechen kommt, dass auch dann ein Leben mit guter Lebensqualität möglich ist. Vielleicht könnt Ihr mit mir Eure hoffentlich positiven Erfahrungsberichte teilen.


    So das war jetzt echt viel fürs Erste. Vielen Dank fürs Lesen und Eure Hilfe.


    Viele Grüße


    Marc

  • Guten Morgen Marc,

    was für ein ausführlicher Einstieg....

    Ich versuche mal in Kürze (bin auf dem Weg zur Arbeit) die wichtigsten Frage zu beantworten:

    PDD bei der ersten TURB einzusetzen ist gerade vor dem Hintergrund von Blasenentzündungen nicht unbedingt sinnvoll. Denn auch entzündete Zellen reichern sich mit Hexvix an - unter Umständen leuchtet dann die ganz Blase und der Operateur kann verdächtiges Gewebe von entzündeten Stellen kaum unterscheiden. Ich würde für die Nachresektion danach fragen....

    Zur UniMainz kann ich nix sagen, komme aus dem Berliner Raum.

    Der T1 G3 wird kontrovers diskutiert. Klar wäre eine blasenerhaltende Therapie möglich. Eine entzündlich vorgeschädigte Blase ist leider keine gute Voraussetzung. Aber die initialtherapie (6 x BCG) ist allemal einen Versuch wert. Muss sie abbrechen oder findet man bei der Kontroll TURB erneut Krebszellen, würde ich keine weiteren Experimente machen. Hatte selber Bcg resistentes CIS und habe mich dann für die Zystektomie entschieden. Bei mir war es die Entscheidung: wovor habe ich mehr Angst: grosse OP und Leben mit den Ergebnissen oder Krebswachstum ggf. indie Tiefe (Cis ist ja zunächst mal nur in der Schleimhaut). Hab eine Neoblase und lebe sehr gut damit. Erfahrungsberichte zur Instillationstherapie im gleichnamigen Unterforum, zu den Ableitungen in den Unterforen Urostoma und Neoblase Frauen. Die Startschwierigkeiten ausgenommen leben fast alle gut und glücklich mit ihrer Ersatzlösung. Ich denke, dazu werden sich noch Mitstreiter melden.

    Zur Angst: erstmal ist die ganz normal, wichtig ist sich zu informieren - du machst das schon völlig richtig!!! Unser Anliegen hier ist es die Geschichten langfristig zu verfolgen und zu zeigen, dass ein gutes und erfülltes Leben weiterhin möglich ist. Meist hören die Leute auf im Internet zu schreiben, wenn die akute Phase überwunden ist. Das lässt dann leicht einen falschen Eindruck entstehen.

    Sollte deine Mutter mittelfristig weiter durch die Angst blockiert sein, sucht das Gespräch mit dem Hausarzt, ggf. können zeitweilig niedrig dosierte Antidepressiva die Lebensqualität deutlich verbessern.

    Einstweilen lieben Gruß von Barbara

    Nachtrag: da steht mindestens pT1 - kann also gut auch 2 sein - dann solltet ihr nicht lange Fackeln ...

    Berliner (netzgestützte) Neoblase seit 4.9.2015 wegen BCG resistentem CIS, entdeckt 2014 durch NMP22 (IGEL beim Gyn)

    "Alles hat einen Zweck, selbst wenn es uns nur an das erinnert, was wir nicht tun sollten." Catherine Ryan Hyde

  • Guten morgen Marc,

    Barbara hat die wesentliche Antworten gegeben. Wenn es sich wirklich um einen T2 handelt würde ich eine BCG Behandlung nicht mehr in Betracht ziehen. Auch die Synergo Behandlung die eine R0 Resektion (komplette restlose Entfernung des Tumors) als Voraussetzung aufzeigt ist in letzter Zeit mehr und mehr in der Versenkung verschwunden und wird immer weniger angeboten weil man sich hier mehr versprochen hat.

    Wichtig ist dann sich um die altersgerechte richtige Harnableitung Gedanken zu machen. Ich sehe dabei keine Neoblase sondern eher das Stoma mit dem hier sehr viele Mitglieder allerbest zurecht kommen.

    Nicht zu vergessen ist die beim Stoma verkürzte Operationszeit, schnellere Genesung, Durchschlafmöglichkeit, einfaches Händling, auch bei späterer eventuellen Pflegebedürftigkeit..


    Gruss Rainer

  • Hallo Marc

    Ich seh das wie Rainer, zumal man unter 8.

    "invasiv" lesen kann. Das spricht dann doch gegen Experimente wie Synergo und auch BCG- meiner Meinung nach.

    Alles Gute deiner Mutter

    Kalif

  • Hallo Marc,


    ich finde es ganz toll, dass du dich so um deine Mutter sorgst und dich für sie hier informierst.

    Solche Kinder wollen wir Mütter haben :)


    Ich melde mich hier als Mutmacherin.

    Vor 7 Jahren bin ich an einem sehr seltenen, sehr bösartigen neuroendokrinen, kleinzelligem, schnellwachsenden Blasentumor erkrankt.

    Nach 2 x TUR-B bekam ich erstmal vier Zyklen Chemo, Cisplatin und Etoposid. Das war nicht lustig.

    Danach wieder eine TUR-B. Da wieder oder immer noch ein CIS gefunden wurde, haben sie es bei mir mit BCG versucht.

    Leider stellte sich heraus, dass sich trotz BCG das von Anbeginn existente CIS nicht verflüchtigt hatte.

    Es blieb nur die Zystektomie.

    Damals war ich 58.
    Die OP war kein Zuckerschlecken und ich habe gute 2 Monate gebraucht, um wieder auf die Füsse zu kommen.

    Doch heute lebe ich vergnügt mit meinem Stoma,

    reise, tobe mit den Enkeln und führe ein sehr lebenswertes Leben.


    Du siehst, die Diagnose Blasenkrebs bedeutet nicht, im Elend zu verkommen.


    Erzähl das deiner Mutter. Sie soll sich am besten dafür entscheiden, alles zu tun, damit sie gut leben kann.
    Wenn sie diese innere Einstellung schafft, schafft sie auch alles, was jetzt vor ihr liegt.


    Wenn du noch Fragen hast, dann frage, ich antworte so gut ich kann.


    Viele Grüße

    Martina

    2012 Neuroendokriner kleinzell. CA, TUR,4 x Chemo Cisplatin + Etoposid, CIS, 2013 BCG Vers. Zystekt.

  • Hallo Marc,

    nun möchte ich mich auch bei dir melden und dir meine Erfahrungen mitteilen. Ich gebe dir recht, daß es das beste Forum ist. Ich glaube, ohne die vielen User hier, würde ich vielleicht schon palliativ behandelt. Deine Mutti ist nur 2 Jahre älter als ich. Wenn es zur Entfernung der Blase kommen sollte, dann lege ich dir wärmstens ans herz über ein Stoma nachzudenken. Ich hatte mich absichtlich für diese Ableitung entschieden, eben weil ich nicht mehr die Jüngste bin.;). Einige Vorteile wurden ja schon genannt, aber ich finde die lange OP Dauer und das anschließende erlernen sowie das Entleeren und inkontinent für mich keine Option war. Ich wurde im Dez. 2018 von dem lästigen Untermieter, der noch dazu muskelinvasiv war befreit. schon 11 Tage später wurde ich aus dem KH entlassen und bin am nächsten Tag mit meiner Fam.zu Griechen essen gegangen. Du siehst, ich war schnell wieder "Fit". Den richtigen Schliff bekam ich dann in der AHB. Ich mache wieder alles wie früher, ob Haushalt ,Kochen ,Backen, Shoppen gehen, ins Freibad und und und.

    Rede bitte mit deiner Mama und erzähle ihr von uns. Es werden sich bestimmt noch andere "Beuteltierchen" melden.

    Stell deine Fragen oder Fragen die der Mama auf der Seele liegen.

    LG Siggi

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