AHOI aus dem Nordosten

  • hallo an alle. ich möchte mich kurz vorstellen. bitte entschuldigt vorab meine zittrige ausdrucksform und eventuelle schwächeleien. ich befinde mich derzeit in einer noch sehr labilen verfassung.


    ich bin torsten, ihr dürft mich ole nennen. ich bin 51 jahre und seit november 2019 an blasenkrebs erkrankt. eigentlich bin ich ein lustiger geselle. hab immer sport gemacht. keinen überschwenglichen lebensstil gehabt. ich bin verheiratet, habe einen erwachsenen sohn. wir alle arbeiten und sind brave zeitgenossen. von heute auf morgen wird alles auf den kopf gestellt.


    ich bin noch unsicher im benennen der diagnosen. ich habe mittlerweile 2 operationen hinter mir. in der ersten entfernte man mir einen tumor der sich als bösartig herausstellte. er war noch nicht im muskel eingedrungen (pT1, L1, G3). 6 tage verbrachte ich im uniklinikum. die 2. op erfolgte dann 5 wochen später. dort wurde die erste stelle nachgeschnitten (entschuldigt meine einfache ausdrucksform. ich kann mit den med. fachbegriffen schlecht umgehen.) zudem wurde erneut befallenes gewebe um die erste stelle entfernt.


    diagnose: lokal progredientes high risk urothelkarzinom der harnblase pT1,G3. ich übersetze mit meinen worten das so, voranschreitender hoch riskanter krebs im übergangsgewebe. nach nur 3 tagen war ich wieder daheim. mit deutlich weniger beschwerden und nachwirkungen im vergleich zur 1.op. umso härter die diagnose, dass man nun die blase entfernen möchte. ich war guter dinge und glaubte an die wie besprochene weitere behandlung per lokaler chemo durch meinen praktizierenden urologen.


    fragen über fragen. viele von euch kennen das. kann das alles so richtig sein ? gibt es wirklich keine chance auf eine behandlung, die ein leben in annähend gleichbleibender lebensqualität ermöglicht ? muss man wirklich so den ärzten glauben schenken ? im moment sitz ich so tief in einem loch...

    ich weiss nicht, ob diese zeilen hier so im bergüßungsforum richtig sind. ansonsten müssen die moderatoren was verschieben.


    ich wünsche euch allen frohe feiertage.

    Wh1

  • Moin Thorsten, ole68

    Herzlich willkommen hier im Forum. Die Moderatoren werden sich in Kürze zu deiner Frage melden. Das du durchhängst oder in ein Loch gefallen bist, ist doch vollkommen klar. Ging jedem hier so. Mich hat es auch mit 54 Jahren erwischt. Da rechnet man nicht mit einer vermeintlichen Altherrenkrankheit. Ließ dich schon mal ein bisschen ein. Wünsche dir alles Gute.

    LG Martin

    21.03.2018 TUR-B Tumor entfernt, Mitomycin-Installation 40 mg

    ICD: C67.0/2/4 Blasentumor T2 (Boden) T1 (Dach) G3

    02.05.2018 OP Neoblase

    ICD: C67.2 pT2 pTis pNO (0/19) L0 V0 Pn0 G3

  • Lieber Ole,

    ganz herzlich Willkommen hier bei uns im Forum, auch wenn der Anlass bescheiden ist.

    Und keine Sorge, wir sind hier alle keine Ärzte und schlagen uns auch so halb mit Fachbegriffen, halb mit Laienbeschreibungen durch :)


    Puh, das mit dem tiefen Loch kennen wir alle. Die Diagnose ist erst einmal hammerhart und kickt einen aus dem bisherigen Leben. Meine Erfahrung sagt, es braucht Zeit, bis die Diagnose im Kopf angekommen ist und nicht nur verstanden, sondern auch verarbeitet ist. Mir hat Wissensammeln zum Blasenkrebs geholfen, dafür habe ich hier im Forum die richtigen Leute getroffen - aber es hat auch um die drei Monate gedauert, bis ich das Gefühl hatte: ok, jetzt biste wieder im Leben angekommen. Davor war ich wie versteinert und habe alles über mich ergehen lassen.


    Wichtig vielleicht für Dich, die Behandlung läuft bei Dir nach Plan: die erste TUR-B ist erfolgt, 5 Wochen später folgte die Nachresektion. Soweit ist die Behandlung korrekt und entspricht den Leitlinien zur Behandlung von Blasentumoren (hier kannst DU stöbern: S3-Leitlinie Kurzversion 2016, Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms 1.0.0 ">

    forum-blasenkrebs.net/filebase/index.php?file/147/

    )


    Weißt Du, ob Dir nach den beiden OP's ein Mittel in die Blase gegeben wurde, das eventuell herumschwirrende Tumorzellen abtöten soll (Erstinstillation mit Mitomyzin)? Und hat man vor der ersten OP ein Mittel in die Blase gegeben, das Tumorzellen unter bestimmtem Licht leuchten lässt (Hexvix)? Beides würde ich mal bei den Ärzten abfragen.


    Nun zum Befund: der erste Befund war schon ein pT1. Gleichwohl er noch nicht muskelinvasiv ist, ist er ein Grenzfall in der blasenerhaltenen Therapie. Was mich ein bisschen erschrocken hat, war das L1. L1 bedeutet, das der Tumor schon Anschluss an das Lymphbahnsystem hatte. Haben sich die Ärzte dazu geäußert? Hier würde ich genau nachfragen. Das G3 steht für einen aggressiven Tumor, bei dem die Tumorzellen kaum noch den Originalzellen ähneln. Interessant wäre noch, ob der Tumor ganz entfernt werden konnte (R0) oder Reste blieben (R1). Das R steht für Resttumor, oder Residualtumor.


    Die Nachresektion hat wieder ein pT1 G3 im Bereich des alten Tumors zu Tage gebracht. Deine Übersetzung lokal voranschreitender hoch riskanter krebs im übergangsgewebe ist absolut richtig und deutet auch schon an, warum die Ärzte die Blase sicherheitshalber entfernen möchten. Voranschreiten kann eben schnell die ganze Situation drastisch ändern. Dazu bist Du noch jung für diesen Krebs, die Zellteilung ist noch flotter als bei einem 70jährigen und das gilt leider auch für den Tumor...

    Ich ganz persönlich würde das deshalb auch so handhaben und die Blase entfernen lassen. Es gibt hier aber auch Mitglieder, die haben pT1 G3 blasenerhaltend therapiert und werden Dir hierzu sicher noch entsprechend Infos zukommen lassen. Es ist, wie gesagt, ein Grenzfall.

    Ich selbst hatte damals nicht die Wahl: bei einem pT2 war ich die Blase recht zügig los und habe eine perfekt funktionierende Neoblase bekommen. Daher sagt es sich vielleicht auch leichter raus damit, ich hatte eben großes Glück und sowohl während des Krankenhausaufenthaltes, als auch danach nie Probleme. Aber das ist eben weiß Gott nicht immer so!

    Ein leichter Weg ist beides nicht: eine Zystektomie (Blasenentfernung) ist eher der kurze, anstrengende Prozess mit anschließend schnell wieder hergestellter Lebensqualität, wobei aber, je nach Ableitung, Einschränkungen auftreten können. Die blasenerhaltene Therapie ist sehr schmerzhaft, lang andauernd und nicht immer geht sie gut und es muss schlussendlich doch zystektomiert werden.

    Noch etwas was ich die Ärzte fragen würde: bei einem Pt1 G3 ist die Zystektomie eine sogenannte Frühzystektomie und hat von allen Stadien und deren Behandlungsmethoden die besten Aussichten auf dauerhafte Heilung. Das L1 aus der ersten TUR-B kann ich hier aber nicht einordnen, das würde ich mal fragen.


    Soweit die ersten Informationen. Frage gerne alles was Dir auf dem Herzen liegt, weine Dich auch einfach aus (gehört dazu), wir werden versuchen, Dir mit Rat, Tat und Trost zur Seite zu stehe. Du bis nicht allein und hier sind viele Betroffenen, die heute gut und lebensfroh ihr Leben leben. Das soll Dir Mut machen :)

    Alles Liebe, Mandelauge

    Nach pT2b pN0 pL0 pV0 R0 (lokal) G3, glückliche und stolze Besitzerin einer Neoblase nach Hautmann, perfekt gebaut von Prof. Magheli in Berlin

  • danke Mandelauge für deine worte.

    ja hoffentlich melden sich viele mit guten tipps.

    das mit dem L1 werd ich tun. ich habe grosses vertrauen zu meinem urologen. ich habe erst am 6.1. einen termin bei ihm und am 2.1. die untersuchung hinblicklich der zystektomie. allerdings ist mein urologe auch mitglied der ärzteschaft in unserem klinikum. da denke ich wird er sich schon anpassen.

    ich habe soviel angst vor dem ungewissen mit der neoblase. wenn ich denn überhaupt dafür in frage komme. arbeit, rente, ernährung, sport, wie geht das alles weiter ? mein job ist dahin... ein riesiges häkchen hinter mein erstes leben. oh man...

    noch mehr angst habe ich vor dem tod.

    gruss ole

    naiver nachtrag, wie kann ich beiträge liken ? (ich und laptop...:saint:)

  • nachtrag... Mandelauge

    ja, vor der 2.op wurde ein kontrastmittel in die blase gespritzt um weitere betroffene stellen in der blase sichtbar zu machen.

    sag mal Mandelauge, warst du zur reha in ahrenshopp ?

  • Hallo ole68,

    so schnell stirbt es sich nicht. Es gibt hier viele Mitglieder, deren Befund schlimmer war und die sich heute bester Gesundheit erfreuen.

    Angst vor dem Ungewissen ist normal, hatten wir alle. Wichtig ist daher die Ungewissheit zu verbannen und dich schlau zu machen. Lies dich in den Unterforen zu verschiedenen Ableitungen ein und stell deine Fragen. Alle hier sind entweder selbst betroffen oder Angehörige von Betroffenen. Jeder kann aus eigener Erfahrung Tipps oder Vorschläge zu seiner Ableitung geben.

    Jetzt solltest du erst einmal zur Ruhe kommen, und im Kopf die Diagnose ankommen lassen. Es ist schwer, das wissen wir alle, da wir es alle durch haben.

    Aber wenn du dich entschlossen hast (wie auch immer), sind die Weichen fürs handeln gestellt

    Auch ohne Blase kann man ein sehr schönes Leben führen ( ich bin seit einem Jahr ein Beuteltier) und es geht mit prima.

    Stell deine Fragen um die Ungewissheit los zu werden und zu lernen damit umzugehen.

    Liebe Grüsse Siggi

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