Grosszügige Entfernung der Lymphknoten im Tumorbereich sinnlos ?

  • Einen interessanten Artikel las ich heute im Spiegel Nr. 20.
    Dort ging es um die Tradition der Chirurgie, bei Karzinomentfernungen auch den gesamten umliegenden Bereich von Lymphknoten zu befreien, weil sich dadurch eine bessere Heilungschance für den Patienten erhofft würde.


    Untersuchungen aber hätten ergeben, dass die Lymphknoten zwar befallen würden, aber dies wäre eine “Sackgasse”, da sich das Karzinom von dort aus nicht weiterverbreiten würde.
    Das Tumorwachstum in den Lymphknoten wäre bisher bei keinem Karzinom als Ursache für Fernmetastasen belegt worden, die Primärherde würden überall hinstreuen, auch in die Lymphknoten, aber von dort aus ginge es nicht weiter, behauptet Dieter Hölzel, Biometriker und Epidemiologe beim Tumorregister München ( TRM ).


    Die gefürchteten Fernmetastasen entständen vielmehr direkt aus dem Primärtumor, und zwar bereits häufig viel früher, als es das herkömmliche Tumorausbreitungsmodell nahelegen würde.


    Dies hätten die TRM-Daten von über 16.000 Patienten, welche an metastasiertem Dickdarm - oder Enddarmkrebs gelitten hätten, eindeutig ergeben.
    Bei über 80% der Patienten wären die gefährlichen Fernabsiedlungen in Leber, Hirn und Lunge bereits herangereift, ehe der Primärtumor überhaupt erkannt worden sei.


    Tumorbiologen würden inzwischen bestätigen, dass sich Krebsnester im Körper weitgehend unabhängig voneinander entwickeln würden.
    Die genetische Untersuchung der Metastasen habe gezeigt, dass diese schon sehr früh ihren eigenen, vom Primärtumor unabhängigen Weg gehen würden.


    Den ganzen Beitrag könnt ihr hier nachlesen :
    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-65330444.html ( Auch das Bild anklicken )


    Ich bin jetzt etwas verwirrt, denn bisher war ich - wie wohl viele hier im Forum - der Meinung, das "Ausräumen" der umliegenden Lymphknoten sei überlebenswichtig, daher unbedingt durchzuführen.


    Sehr viele Betroffenen leiden unter Folgeschäden, vor allem in den Beinen, bedingt durch die fehlenden Lymphknoten.
    Es stellt sich hier die Frage, ob diese "Aufräumarbeiten" denn tatsächlich in dem Umfang, in welchem sie durchgeführt werden, wirklich nötig sind.


    Ich denke, hiervon wird man demnächst noch hören.

  • Zitat

    Original von eckhard11


    Dies hätten die TRM-Daten von über 16.000 Patienten, welche an metastasiertem Dickdarm - oder Enddarmkrebs gelitten hätten, eindeutig ergeben.
    Bei über 80% der Patienten wären die gefährlichen Fernabsiedlungen in Leber, Hirn und Lunge bereits herangereift, ehe der Primärtumor überhaupt erkannt worden sei.


    Wie wird dann die Fernmetastierung nach Jahren nach dem Primärtumor erklärt? Mein Vater hatte Dickdarmkrebs und erst nach 7 Jahren traten Metastasen in der Leber auf. In der Zwischenzeit galt er als krebsfrei, und es waren zweifellos Metastasen in der Leber und kein neuer Primärtumor.
    Krümelchen

    :rolli: Krümelchen
    Tetraplegikerin seit 1990, Mainz Pouch I seit 2007

  • Ich bin da auch hin- und hergerissen; dieser Artikel könnte damit auch das CUP-Syndrom erklären, bei welchem die Patienten überall Metastasen aufweisen, ohne dass man einen Primärtumor finden und ihn identifizieren kann. (CUP= Cancer of unknown primary)
    Andererseits gibt es etliche (Blasenkrebs)Studien, die nach großzügiger Entfernung von Lymphknotenmetastasen auch ohne Chemotherapie eine deutlich verlängerte und/oder rezidivfreie Gesamtüberlebenszeit zeigen.
    In Konsequenz zu diesem Artikel würde das dann allerdings auch bedeuten, dass man in jedem Fall die Patienten mit einer systemischen Chemotherapie behandeln müsste, auch wenn keine Lymphknotenmetastasen vorliegen. Geht man von einer Frühmetastasierung aus, müssten sogar sämtliche pTa Patienten eine solche erhalten, zumindest wenn man der abgebildeten Grafik Glauben schenken darf.


    Ich vermute mal, dass die Fachleute wie Onkologen und Hämatologen das intensiv diskutieren werden.
    Ich befrage auch mal Prof.Hartlapp dazu.


    Liebe Grüße


    Hexe :tanzen:

  • Andererseits gibt es etliche (Blasenkrebs)Studien, die nach großzügiger Entfernung von Lymphknotenmetastasen auch ohne Chemotherapie eine deutlich verlängerte und/oder rezidivfreie Gesamtüberlebenszeit zeigen.


    Nun ja, aber man weiss ja nicht, ob diese Überlebenszeiten nicht auch erreicht worden wären, wenn die Lymphknotenmetas nicht entfernt worden wären.


    Und auch hierbei müsste noch zwischen erfolgter und nicht erfolgter Chemo unterschieden werden.
    ( Einen Ansatz haben wir aber schon : Mich, hi, hi.....
    Bei mir sind auch 20 Lymphknoten ausgeräumt worden, aber obschon ich einen Befall hatte, wurde keine Chemo durchgeführt, und ich hatte/habe bisher - seit fünfeinhalb Jahren - absolut keine Probleme )


    Krümel,
    die schreiben ja auch von 80%, nicht von 100%.
    Gleiches kann natürlich auch bei mir passieren, glaube man ja nicht, dass ich mich bereits in trockenen Tüchern fühle. Aber es beruhigt.....


    Hier wird sich wohl erst in absehbarer Zukunft eine verlässlichere Studie auftun.
    So in fünf bis acht Jahren.


    Gruss
    Eck:ecke: hard

  • Der Artikel ist sehr interessant. Jetzt weiß ich wenigstens woher ich das Taubheitsgefühl habe :(


    Mir hatte damals der Urologe auch gesagt das Metastasen nicht unbedingt über die Lyhmknoten sich ausbreiten müssen. Sobald der Tumor invasiv sei, ist die Gefahr größer das man Metastasen bekommen kann.

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