neues Mitglied...

  • Hallo Zusammen,

    zunächst begrüße ich als neues Mitglied alle recht herzlich.

    Kurz zu meiner Geschichte:

    Ich bin 53 Jahre alt, Kaufmann mit Familie und bis Oktober 2019 war unsere kleine heile Welt in Ordnung. Dann kam der Klassiker: Blut im Urin, Besuch beim Urologen, Einweisung ins KH und Diagnose Muskelinvasiver solider Blasentumor. Jedoch ohne Metastasierung lt. CT und MRT Befund. Dennoch musste die Blase Anfang Dez. raus, die OP wurde mittels Da Vinci OP-Roboter durchgeführt und eine Neoblase installiert. Die OP und deren Nachwirkungen waren trotzdem heftig und ich habe gut 20 % Gewicht verloren (18 KG). Während der AHB im Jan. wurde dann noch eine Lymphocele festgestellt, welche mehrfach punktiert wurde, was aber nicht weiterhalf. Anfang Februar habe ich mich dann für eine "Fensterung" derselben entschieden und nun erhole ich mich auch von dieser kleinen OP, welche aber erfolgreich war und eine gute Entscheidung war. Die Hystologie nach der OP beschreibt pt2a, pN0 (o/22), high grade, lokal R0, V0, Pn0...(hoffe ich habe das richtig beschrieben)...man sagte mir ich hätte eigentlich noch Glück im Unglück gehabt und es wäre keine Chemoterapie angeraten, in 3 Monaten gehts dann wieder ins CT, wovor ich mich jetzt schon fürchte.

    Mit der Gesamtsituation komme ich mental überhaupt nicht gut zurecht, ich frage mich wie es beruflich und insgesamt weitergehen soll (Außendienst mit Reisetätigkeit usw.) und war bisher ein aktiver Zeitgenosse, der gerne mit Familie im Urlaub war, Motorradtouren machte, Schimmen ging usw.

    Und da bin ich schon bei meinem Grund für die Anmeldung in diesem Forum angekommen: ich hoffe hier positive Beispiele zu finden, dass man auch ein halbwegs gutes Leben mit den nun gegebenen Einschränkungen führen kann und einen Austausch zu den Themen rund um Neoblase, Bicanorm, usw.


    Danke Euch vorab & viele Grüße

    Bernd

  • Lieber Bernd,


    ich möchte Dich ganz herzlich Willkommen heißen hier bei uns :)


    Du hast einen ganz schönen Ritt hinter Dir, OP und Neoblase ist ja schon ein Stück, dann noch Lymphozele und natürlich das insgesamt wieder auf die Beine kommen... Absolut bin ich bei Deinen Ärzten, die Glück im Unglück beschreiben. Ein pT2 ist schon eine ernste Erkrankung, das alles weitere 0 war ist ein absoluter Lichtblick. Das heißt, Du hast jetzt sehr gute Chancen dem Krebs nachhaltig zur Tür hinaus geworfen zu haben und gesund zu bleiben. Natürlich, die Angst vor der Nachsorge, besonders am Anfang ist groß, aber glaube mir, man gewöhnt sich daran. Dass es nach drei Monaten schon ins CT geht spricht für sehr gewissenhaft Ärzte, die Leitlinien sagen meines Erachtens nach 6 Monaten. Wie auch immer, es ist gut, besonders in den ersten drei Jahren die Nachsorge engmaschig und sorgfältig zu betreiben.


    Und nun möchte ich Dir noch Mut machen. Ich selbst habe mit Ende 30 wegen eines pT2b, alles andere ebenfalls 0, ebenfalls eine Neoblase bekommen und lebe heute, nach fast drei Jahren, genauso munter, fröhlich und kein Stück anders als vor der OP. Ich arbeite im Moment mal wieder viel viel zu viel (Projektgeschäft, Baustelle läuft...), reise wöchentlich zur Baustelle (mit Einschränkungen was WC's und Trinken betrifft), Reise mit Studenten zu Exkursionen, gehe in die Saune, mache Sport, all das. Allerdings funktioniert meine Neoblase auch hervorragend und lässt mich nur sehr selten im Stich. Du schreibst, dass es für Dich Einschränkungen gibt. Wie sehen die denn aus? Magst ein bisschen schreiben, dann ist es einfacher, Dir zu helfen :)


    Ansonsten kann ich sagen: das Leben ist nicht halbwegs gut, sondern ganz und gar. Aber auch das brauchte eine Zeit, bis Kopf, Bauch und Herz das verinnerlicht und verstanden haben...


    Alles Liebe und lass von Dir hören,

    Mandelauge

    Nach pT2b pN0 pL0 pV0 R0 (lokal) G3, glückliche und stolze Besitzerin einer Neoblase nach Hautmann, perfekt gebaut von Prof. Magheli in Berlin

  • Hallo Mandelauge,


    herzlichen Dank für Deine aufmunternden Zeilen, genau solche bauen mich grad auf.

    Im Moment versuche ich die optimale Entleerungstechnik der Neoblase zu finden, also ich gehe tagsüber fast stündlich zur Toilette und Nachts erinnert mich der Wecker alle 2 Stunden daran. Also tasüber tröpfelt es meist nur so ein wenig, wenn ich leicht auf den Unterbauch drücke kommt etwas mehr. Soll man die "Bauchpresse" jedesmal anwenden, oder einfach nur laufen lassen ? Nachts kommt der Urin mit stärkerem Strahl und druckvoller raus...

    Im Moment nehme ich ein vom Arzt verordnetes leichtes Antibiotikum, um Infektionen in der Blase zu verhindern. Wenn die Packung leer ist, soll ich keine mehr nehmen...ist denn die Infektionsgefahr wirklich so groß...? Ich trinke aktuell ca. 2,5 Liter am Tag, reicht das ?

    Gegen die Schleimbildung nehme ich ACC und eine Teemischung, welche ich im Netz gefunden habe. Ich habe mächtig Angst vor einem Schleimpfropf, kommt das häufiger vor oder eher selten ? Und: läßt die Schleimbildung mit der Zeit automatisch nach ? Und dann noch die Frage nach der Gefahr der "Blasenüberdehnung": wie äußert sich dies und gibt sich ggf. auch diese Gefahr mit der Zeit ?

    Sorry für die vielen Fragen, aber vieles konnte ich mit den gestressten Doc´s nicht besprechen...

    Danke vielmals...


    Gruß

    Bernd

  • Hallo Bernd,


    auch von mir ein herzliches Willkommen im Forum. Ich habe mit 54 Jahren meine Blase wegen eines muskelinvasiven Tumors PT 2 hergeben müssen. Die Vorgeschichte war wie bei Dir, nie ernsthaft krank gewesen, Nichtraucher, sportlich und dann Blut im Urin. Ich habe seit Mai 2018 eine Neoblase und komme bisher gut damit zurecht. Das die Ärzte (im Krankenhaus) mit Informationen spärlich umgehen, kann ich bestätigen. Deshalb bin ich auch zu dem Forum gekommen. Eine Frage vorweg hätte ich : Hast Du keine AHB gemacht ? Dort habe ich viel über das Leben mit Krebs und der Neoblase gelernt.


    Aber jetzt zu Deinen Fragen :


    Du solltest auf jeden Fall viel trinken. Ich habe eine Trinkmenge von ca. 3 Liter am Tag, im Sommer bei warmen Temperaturen mehr. Dadurch bleibt der Schleim flüssiger und kann besser aus der Blase abtransportiert werden. Du solltest die Zeit zwischen den Toilettengängen von einer Stunde auf 2 bis 3 Stunden erhöhen. Dann dehnt sich die Blase langsam. Mein Urologe hat mir ein Höchstfassungsvermögen von 500 ml verordnet, die ich seit September 2018 erreicht habe ( 4 Monate nach OP). Ich habe mir einen Messbecher gekauft und dann die Blase bis zum Anschlag gefüllt und dann die abgegebene Menge Urin gemessen. ACC habe ich bisher nie genommen. Ich hatte allerdings auch direkt nach der OP wenig Schleim in der Blase. Nach Auskunft des Urologen nimmt die Schleimbildung aber im Laufe der Zeit ab. Den Tee habe ich Anfangs auch getrungen , aber dann irgendwann abgesetzt. Nachts stehe im Moment alle 3,5 Stunden auf.


    Im Moment nehme ich eine Bicanorm und habe einen BE von +1. Der sollte zwischen -2 und + 2 liegen. Ich lasse den Wert alle 3 Monate beim Lungenfacharzt bestimmen.


    Allgemein kann ich Dir sagen, dass ich nach drei Monate nach der OP wieder Arbeiten gegangen bin und dann auch wieder mit dem Sport gegonnen habe. Bin nach gut einem Jahr wieder auf dem Level wie vor der OP gewesen. Die Befürchtungen, ob es wieder so wird wie vorher hatte ich natürlich auch. Ich denke, die Gedanken treiben jeden um.


    Das Thema Nachkontrollen hat mich leider in den letzten Monaten auch beschäftigt. Nach zwei Jahren bin ich zwar gelassener damit umgegangen, aber leider hat der Radiologe etwas im Bild falsch interpretiert und Alarm ausgelöst. Musste mich noch einer Spezialuntersuchung in der Uni-Klinik Essen unterziehen (PET-CT) und hatte drei "unangenehme" Wochen voller Sorge hinter mir. Gott sei Dank Fehlalarm. Aber gut, dass dein Urologe das Leitlinienkonform macht. So hast Du Gewähr, dass sofort reagiert werden kann, wenn etwas auftritt.


    Hast Du spezielle Fragen, dann her damit. Alles Gute.


    Lieben Gruß

    Martin

    21.03.2018 TUR-B Tumor entfernt, Mitomycin-Installation 40 mg

    ICD: C67.0/2/4 Blasentumor T2 (Boden) T1 (Dach) G3

    02.05.2018 OP Neoblase

    ICD: C67.2 pT2 pTis pNO (0/19) L0 V0 Pn0 G3

  • Hi Martin,


    vielen Dank für Deine Informationen. Unsere Geschichten ähneln sich wirklich, ich habe ebenso nie geraucht und war zuvor niemals stationär im Krankenhaus...und dann gleich so ein "Volltreffer".

    Die Reha hatte ich begonnen und nach 3 Tagen wegen der OP an der Lymphocele abbrechen müssen, war damit zwar nur 3 Tage im KH, aber die Wundheilung brauchte dann doch fast 3 Wochen. Ich versuche nun Beckenbodentraining hier nach der Anleitung zu machen, welche ich in der Reha noch mitnehmen konnte. Ansonsten gehe ich vielleicht nochmal hier zu einem Physiotherapeuten. Da die Lymphocele so groß war (z.T. über 1,5 Liter drin gewesen), dass sie viel Raum einommen hatte, könnte sich die Neoblase jetzt erst richtig ausdehnen, sagte mir der Prof. im KH.

    Konkrete Frage: Du hattest Deine Blase bis auf Anschlag gefüllt und dann gemessen was rauskommt...wie merke ich denn dass die Neoblase komplett befüllt ist ? Ich hätte doch Angst vor einer Überdehnung...oder kommts irgendwann automatisch raus und somit in die Vorlage und ich weiß dann, dass nun voll ist...? Presst Du am Bauch nach ?


    Danke Dir für den Moment & weiterhin alles Gute ins Ruhrgebiet...

    Bernd

  • Lieber Bernd,


    Martin Maddin64 hat Dir schon sehr wertvolle Tips gegeben!

    Insbesondere bin ich absolut bei ihm, langsam die Pipi-Intervalle zu verlängern. Dabei nicht mit Gewalt vorgehen, aber peu a peu hinauszögern. Dabei dehnst Du die Blase vorsichtig (keine Angst, die geht nicht kaputt!) und hast dann längere Haltephasen. Zudem trainiert das den Beckenboden, der ja die Funktion des entfernten Schließmuskels übernimmt.

    Bei stündlichem Toilettengang kann ich absolut verstehen, dass Du Sorge wegen der Arbeit hast...

    Kontrolliere auf jeden Fall zwischendurch das Fassungsvermögen, 500 ml sollte aber in Ordnung sein. Ich habe da gar nicht so sehr drauf geachtet, eher wenn ich Druck gespürt habe dem nachgegeben und habe heute eine veritable 800 ml-Blase. Sehr praktisch so ein großes Reservoir, aber bitte bitte nicht nachmachen! Es kann (nicht muss) bei so großen Blasen zu Entleerunsschwierigkeiten geben, also dass sie nicht mehr vollständig entleert werden kann. Dann besteht die Gefahr von Verkeimung und Infektionen! Ich habe den ganz persönlichen Eindruck, dass das bei mir das Maximum ist, denn seit dem hat sich die Größe nicht mehr geändert. Aber wie gesagt, dass ist grenzwertig... Ich denke auch, wenn Du mehr "ansammelst", wird es vielleicht einfacher mit Druck zu pinkeln... Das beantwortet vielleicht auch Deine Fragen zur Überdehnung: ja, doof wegen Entleerungsstörungen, aber davon bist Du offenbar weit entfernt.


    Du solltest auf jeden Fall darauf achten, dass Du die Blase möglichst vollständig entleerst. Wurde das mal per Sonographie vom Urologen untersucht?

    Komischerweise ist es unterschiedlich, ob sich meine Blase ohne Bauchpresse vollständig entleeren lässt oder doch etwas Nachhilfe braucht. Man entwickelt da aber mit der Zeit auch ein gutes Gefühl, ob alles raus ist.

    Um sicherzugehen dass alles raus ist, lege ich meine Arme quer vor den Unterbauch und lege den Oberkörper nach vorne darüber. So presst das eigene Gewicht gut alles aus und der Beckenboden bleibt entspannt. Was bei mir auch gut funktioniert: sich in der Dusche hinhocken, laufen lassen, bissel über die Arme drücken... Jetzt will man nicht immer unter die Dusche, es ist aber eine gute Methode, einmal am Tag alles loszuwerden. Teste einfach aus, wie es gut passt für Dich!


    Mit Antibiotikum kennt sich besonders die liebe Barbara bar65 aus. Hattest Du denn Infektionen oder ist es prophylaktisch? Und in welcher Dosierung welches Antibiotikum?


    Gegen die Schleimbildung nehme ich gar nichts. Er läuft gut ab und es blubbert lediglich am Anfang ein bisschen in der Harnröhre. Das der Schleimpropfen so arg ist, dass nichts mehr abläuft, habe ich noch nicht erlebt. Eher, dass der fiese Schleim dafür sorgt, dass sich irgendwann ganz heimlich Urin mit ihm nach draußen schleicht, vor allem nachts :cursing: Daher liegt immer eine Unterlage unterm Laken und ich schlafe untenrum nackt. Ein Höschen sorgt sofort dafür, dass mein Körper im Schlaf das Signal Pipi-gehen nicht mehr mitbekommt... Ein Hoch auch Nachthemden :)


    Aber so grundsätzlich funktioniert die Blase und ihr gewöhnt Euch aneinander?


    Uh, und zum Thema Nachsorge hatte ich ein ähnliches Erlebnis wie Martin, erst im letzten Herbst: bei mir wurden Rundherde in der Niere vermutet, Verdacht auf Metastasen oder Nierentumor. Meine Ärzte haben sofort reagiert und mich so derart gründlich durchleuchtet, dass keine Zelle ohne in Augenscheinnahme mehrerer Radiologen blieb. Dann Entwarnung: war eine schon rückläufige Entzündung, wie neulich erst wieder bestätigt wurde...

    Trotz diesem Erlebnis bin ich nach fast drei Jahren sehr gelassen mit den Nachsorgen. Es schleicht sich auch so ein Fatalismus ein: ändern kann ich nichts - wenn was ist, ist es wegen engmaschiger Überwachung früh entdeckt - das Leben ist endlich, so oder so. So in der Art sind die Gedanken dann.


    Meine ganz persönliche Erfahrung war auch, der Schock sitzt am Anfang tief. Ich war wie versteinert vor Schreck und Angst. Es hat gute drei Monate und Auseinandersetzung mit der Krankheit gedauert, bis ich langsam aus dieser Schockstarre herauskam. Und eines Tage habe ich gemerkt: ok, habs begriffen: Krebs, was ich nie mit mir in Verbindung gebracht habe, gehört jetzt zu mir. Und es ist ok. Und seit dem bin ich wieder ein rundum glücklicher und entspannter Mansch. Aber drei Monate wars schwer...


    So, das war echt lang und ausführlich, gerne her mit weiteren Fragen oder Sorgen und ganz liebe Grüße, Mandelauge

    Nach pT2b pN0 pL0 pV0 R0 (lokal) G3, glückliche und stolze Besitzerin einer Neoblase nach Hautmann, perfekt gebaut von Prof. Magheli in Berlin

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