Ratlos...

  • Bin gestern Mittag mit der Diagnose "Verdacht auf Blasenkrebs" nach Hause gekommen. Schon in der Praxis hat die Arzthelferin einen Termin im Klinikum Herford avisiert - allerdings erst am 18.06.2020. im Augenblick stehe ich völlig neben mir und überlege, was ich für mich tun kann. Den besten Arzt, die beste Klinik? Soll ich versuchen die Vorgehensweise mitzubestimmen?

    Der anfänglich tiefrote Urin ist inzwischen - viel trinken - wieder neutral. Meine Prostata ist in der Diagnose mit 80 g angegeben.

    Ich lese auf dem Überweisungsschein ins Krankenhaus "Blasentumor - 15 mm". Im Weiteren "Blasenspülung / TUR-Blase"

    Kann mir jemand behilflich sein, diese Angaben zu deuten?

    Bin dankbar für jeden Rat. Danke.

    Heinz

  • Moin @Heinz52 und zunächst ein herzliches Willkommen bei uns im Forum Blasenkebs. Blutbeimengungen im Urin sind zunächst ein Indiz dafür, dass es sich um Blasenkebs handeln kann. Insofern ist es wichtig und richtig, zeitnah eine TUR B (transurethale Resektion Blase) durchzuführen. Bei diesem stationär durchgeführten Eingriff wird mit einer Elektroschlinge durch die Harnröhre der Tumor, respektive Tumorgewebe abgetragen und der pathologischen Befundung zugeführt. Erst dieser Befund wird Aufschluss über die weitere Vorgehensweise ermöglichen. Unmittelbar nach dem Eingriff wird die Blase mittels Katheter gespült und zwar so lange bis der Urin wieder klar und ohne Blutbeimengungen austritt. Danach wird es innerhalb weniger Tage zur Entlassung aus der Klinik kommen. Vorsicht bleibt aber geboten weil die Verletzungen in der Blase deutlich langsamer verheilen als äußerliche Wunden. Schwere Arbeiten und schweres Heben bleiben auf Sicht absolutes Tabu.


    Gruß, wolfgangm

    05/2009 CIS, 02/2010 pT4 a, G 3, sechs Zyklen Chemotherapie, Gem/Cis, 08/2018 Nephrektomie rechts


    "wer kämpft, der kann verlieren; wer nicht kämpft, hat bereits verloren"

  • Hallo Wolfgang,

    danke für diese erste Einführung in ein für mich völlig unbekanntes Thema.

    Meine Frau drängt mich, mich an eine der 13 Kliniken, die bundesweit die führenden sein sollen, zu wenden. Auch die vielen alternativen OP-Praktiken möchte sie u.U.

    kennenlernen.

    Ist das so wichtig?

    Gruß Heinz

  • @Heinz52, derzeit alles verfrüht weil es noch keine greifbare Diagnose gibt welche von einem pathologischen Befund untermauert ist. Es hilft nicht's, im Vorfeld zu spekulieren. Wichtig aber ist eben jetzt am Ball zu bleiben. Wenn es denn tatsächlich eine Tumorklassifizierung gibt dann kommt es darauf an ob dieser Tumor oberflächlich ist oder muskelinvasiv. Somit kommen durchaus unterschiedliche Therapien in Frage. Nicht zu früh mit Kanonen auf Spatzen schießen. Selbst wenn es zum Verlust der Blase führen sollte haben wir flächendeckend hervorragende Kliniken mit ebenso hervorragenden Ärzten.


    Gruß, wolfgangm

    05/2009 CIS, 02/2010 pT4 a, G 3, sechs Zyklen Chemotherapie, Gem/Cis, 08/2018 Nephrektomie rechts


    "wer kämpft, der kann verlieren; wer nicht kämpft, hat bereits verloren"

  • Hallo Heinz,


    auch von mir ein herzliches Willkommen trotz bescheidenem Anlass!


    Wenn ich es richtig verstehe, will Deine Frau, dass Du schon für die TUR-B in eine der führenden Kliniken gehst. Vorweg dazu: Die TUR-B ist ein in der Urologie relativ gängig, sie wird von nahezu jedem Krankenhaus angeboten, es gibt auch einige Belegärzte, die das anbieten.


    Dennoch kann man in der TUR-B Fehler machen, insbesondere zu wenig Material abtragen, so dass Reste in der Blase bleiben (das ist bei kleinen, oberflächlichen Tumoren selten), oder auch zu tief schneiden. Es empfiehlt sich daher, einen mit der TUR-B erfahrenen Operateur zu haben. Eine "führende" Klinik für die TUR-B ist vielleicht ein wenig übertrieben. Aber sicher schadet es auch nicht. Falls ihr die Möglichkeit habt, an eine Uniklinik (Münster?) zu kommen UND einen erfahrenen Operateur zu bekommen, ist das sicher kein Nachteil. Wenn ein Oberarzt in Herford die TUR-B macht, sollte er das aber auch gut hinbekommen.


    Zu den von Dir angesprochenen "unterschiedlichen OP-Praktiken" ist zu sagen, dass Du hier kaum Auswahlmöglichkeit haben wirst. Die Standardmethode bei der TUR-B ist die Drahtschlinge, durch die elektrischer Strom fliest und die damit durch das Gewebe schneiden kann. Da die Schlinge nur eine gewisse Größe hat, müssen Tumore über 1cm in mehreren Schritten abgetragen werden. Es gibt als Alternative dazu meines Wissens nur noch das "Hybrid Knife", das aber von nur ganz wenigen Kliniken angeboten wird (z.B. Großhadern in München). Großer Vorteil ist dabei, dass der Tumor im Ganzen abgetragen werden kann und nich zerstückelt werden muss. Allerdings hat sich die Technik bislang nicht durchgesetzt, so dass ich nicht ernsthaft dazu raten kann. Es bleibt damit nur die Standardmethode der Drahtschlinge, die jedes Krankenhaus anbietet.


    Wichtig ist m.E., dass nach der TUR-B eine Instillation mit Mitomycin-C gemacht wird. Dadurch wird, falls es ein oberflächlicher Tumor war, das Rezidivriskiko gesenkt, weil etwaige in der Blase durch die TUR-B freigesetzte Krebszellen abgetötet werden. Diesen Punkt würde ich auf jeden Fall ansprechen.


    Die weitere Vorgehensweise wird dann durch den pathologischen Befund bestimmt werden, wie wolfgangm schon erklärt hat. Es kann sein, dass es keiner weiteren Maßnahmen bedarf (z.B. bei einem pTa G1), außer natürlich einer regelmäßigen Kontrolle. Es kann sein, dass eine Instillationstherapie nötig ist. Es kann auch sein, dass die Blase entfernt werden muss, weil der Tumor in den Muskel eingewachsen ist. Zur Beruhigung sei aber gesagt, dass der überwiegende Anteil der Tumore in der Blase oberflächlich ist und letzteres daher unwahrscheinlich ist.


    Ich wünsche alles Gute!

    JoFo76

    pTa G1 - inzwischen sind 8 Jahre ohne Rezidiv verstrichen :)

  • Lieber Heinz,

    willkommen auch von mir. Meine Vorschreiber haben schon alles gesagt. Die TURB wird aufzeigen, wie es weitergehen muss. Diese OP ist tatsächlich ein Standardprogramm jeder Urologie.

    Hier mal noch ein Bild zu Veranschaulichung, wie sich Tumore in der Blase darstellen.


    Mit dem Befund der TURB klärt sich dann, in welchem Stadium der Tumor bei dir ist. Bis T1 ist eine Blasenerhaltung durchaus möglich. Es gilt nun abzuwarten, was sich ergibt. Das leidige Warten ist der anstrengende Begleiter der Erkrankung, ist aber nicht zu ändern.

    Lies dich gern hier ein bisschen ein und frag, was immer du wissen möchtest. Wir versuchen zu helfen.

    Lieben Gruß von Barbara

    Berliner (netzgestützte) Neoblase seit 4.9.2015 wegen BCG resistentem CIS, entdeckt 2014 durch NMP22 (IGEL beim Gyn)

    "Alles hat einen Zweck, selbst wenn es uns nur an das erinnert, was wir nicht tun sollten." Catherine Ryan Hyde