“Analysemethode des IQWiG für ein diagnostisches Verfahren nicht angemessen”

  • Erzeugt am : 26. Juli 2020

    Uhrzeit : 23:15

    Von : Blasenkrebs Online-Selbsthilfegruppe

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    Titel : “Analysemethode des IQWiG für ein diagnostisches Verfahren nicht angemessen”

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    Inhalt :

    Die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) hat zu dem Bericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) über die Fusionsbiopsie beim Verdacht auf Prostatakarzinom eine kritische Stellungnahme eingereicht. Die Urologischen Nachrichten (UN) sprachen mit DGU-Präsident Prof. Jens Rassweiler über die Sichtweise der Fachgesellschaft.

    UN: Wie steht die DGU zu dem IQWiG-Bericht?

    Rassweiler: Der Vorstand hat, wie auch andere betroffene Fachverbände, eine Stellungnahme der DGU erarbeitet und im Zuge des Stellungnahmeverfahrens eingereicht. Wir alle wundern uns über die Argumentation und die Methodik, die da vom IQWiG eingesetzt wird.

    UN: Was wundert Sie denn so?

    Rassweiler: Wir meinen, dass die angewandte Analysen-Methodik des IQWiG für diese Fragestellung überhaupt nicht geeignet ist. Bei der MRT-gestützten Fusionsbiopsie der Prostata geht es in erster Linie darum, die Treffsicherheit der Biopsie zu verbessern und damit einen möglichen Schaden vom Patienten abzuwenden, der beispielsweise durch ein generelles PSA-Screening entstehen könnte. Das wäre genau der Schaden, den das IQWiG in seinem Bericht zum PSA-Screening kritisiert.

    Das IQWiG hat in seiner Stellungnahme zum PSA-Screening anerkannt, dass es die Möglichkeit gibt, diesen Schaden durch die Fusionsbiopsie zu reduzieren. In der aktuellen Stellungnahme zur MRT-gestützten Fusionsbiopsie wird jedoch argumentiert: Es gibt keinen Schaden und keinen Nutzen, weil man keinen Überlebensvorteil nachweisen kann. Eine Studie aufzusetzen, um nachzuweisen, dass diejenigen, die eine MRT-gesteuerte Biopsie erhalten haben, länger leben, ist nahezu unmöglich und würde Jahrzehnte dauern.

    UN: Findet man per MRT-Fusionsbiopsie mehr Tumoren?

    Rassweiler: Mit der MRT-Fusionsbiopsie finden Sie in der Tat zu einem höheren Prozentsatz (70–80 Prozent) ein Prostatakarzinom und auch mehr signifikante Tumoren (s. PRECISION-Studie [1]). Hierbei ist der Beweis, wie signifikant die Tumoren sind, ja sehr langwierig. Die Kritik lautet, man fände zu viele insignifikante Tumoren, und viele Prostatektomien oder Bestrahlungen wären unnötig. Aber wie wir auch beim kommenden DGU-Kongress anhand von Daten der Versorgungsforschung zeigen werden, erweisen sich angebliche Low-risk-Tumoren im Prostatektomiepräparat zu 80 Prozent als high-risk.

    UN: Wo stehen wir heute in Bezug auf die Früherkennung des Prostatakarzinoms?

    Rassweiler: Bei der PSA-adaptierten Frühdiagnostik des Prostatakarzinom geht es doch am Ende darum: Wer bezahlt den PSA-Test und wie häufig? Man kann darüber streiten, in welchem Umfang der PSA-Test eine „Individuelle Gesundheitsleistung“ bleiben soll oder nicht. Ich denke aber, wir haben im Jahr 2020 technische Weiterentwicklungen mit dem transrektalen Ultraschall und der MRT-Fusionsbiopsie. Dies steht in krassem Gegensatz zu der von den Krankenkassen bezahlen Medizin des letzten Jahrhunderts, der Tastuntersuchung, und spiegelt nicht den zu Recht gelobten medizinischen Fortschritt in Deutschland wider.

    Es gibt Studien, die zeigen, dass die Gesamtmortalität des Prostatakarzinoms abgenommen hat, wie auch die von Welch und Albertsen 2020 im „New England Journal of Medicine“ (2). Derartige Ansätze werden jedoch vom IQWiG nicht als relevant für die Fragestellung angesehen, weil der direkte Beweis für den Einfluss des PSA-Screenings fehlt.

    UN: Was wollen Sie mit Ihrer Stellungnahme erreichen?

    Rassweiler: Mit unserer Stellungnahme wollen wir erreichen, dass auch der Gemeinsame Bundesausschuss erkennt, dass die Analysemethode, die das IQWiG für ein diagnostisches Verfahren ansetzt, nicht angemessen ist. Das mag gut sein, wenn man ein Medikament mit einem anderen vergleicht, aber das passt nicht in Bezug auf diagnostische Verfahren. Der Patient hat eine höhere Sicherheit, es werden weniger Patienten biopsiert, und die Patienten, die biopsiert werden, erhalten bessere Informationen, die Konsequenzen für die Festlegung des anschließenden Behandlungs-Procederes haben.

    UN: Herr Prof. Rassweiler, vielen Dank für das Interview!

    Das Interview führte Markus Schmitz.

    Literatur: Kasivisvanathan V, Rannikko AS, Borghi M et al. N Engl J Med 2018;378(19):1767–1777.Welch HG, Albertsen PC, N Engl J Med 2020 Apr 16;382(16):1557–1563.

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    05/2009 CIS, 02/2010 pT4 a, G 3, sechs Zyklen Chemotherapie, Gem/Cis, 08/2018 Nephrektomie rechts


    "wer kämpft, der kann verlieren; wer nicht kämpft, hat bereits verloren"

  • wolfgangm

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