korrekte Diagnose? Beschaffung BCG-Medikament?

  • Hallo liebe Forenmitglieder,


    ich habe mich hier angemeldet, da mein Vater (79 Jahre alt) kürzlich nach einem akut aufgetretenen Blasenstau durch Makrohämaturie notfallmäßig ins Krankenhaus musste und dort folgendes diagnostiziert wurde:


    Vorab eins: durch die starke Makrohämaturie (die wenige Tage vor der Notaufnahme das erste Mal in leichter Form aufgetreten war) und einigen Blasenspülungen die z.T. „frustran“ verliefen, war bei der Zystoskopie die Blasenschleimhaut „nicht suffizient“ beurteilbar. Es erfolgte eine TUR-B bei der „die operative Tamponadenausräumung erfolgte“. „Intraoperativ zeigten sich an der linken Seitenwand winzige Exophyten, welche bis in tiefe Schichten reseziert wurden“.


    Der histologische Befund ergab als Diagnose „Urotheliales Carinoma in situ (pTis). Gerne tippe ich auch den gesamten histologischen Befund ab, falls dies von Bedeutung ist.


    Ich habe allem voran zwei Fragen an die Forengemeinschaft: Wie passt zusammen, dass „winzige Exophyten“ während der TUR-B gefunden wurden, die Diagnose jedoch carinoma in situ lautet? Denn meine Information ist: „Tis-Tumoren wachsen flächenhaft und nur im Schleimhautniveau und können daher - wegen des fehlenden exophytischen Anteils - zystoskopisch leicht übersehen werden“. Muss nicht auch noch z.B. ein Ta vorliegen, der die Exophyten erklärt oder könnte die in situ Diagnose möglicherweise sogar falsch sein?


    Die zweite Frage lautet: Nach der Patienten-Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Krebshilfe heißt es überdies: Die TUR mit weißem Licht ist das übliche Vorgehen. Eine Fluoreszenz-assistierte TUR mit einem speziellen Stoff (Hexylaminolaevulinat; HAL) sollte nach Meinung der Experten ergänzend durchgeführt werden:

    • wenn Krebs an mehreren Stellen in der Blase auftritt (multifokal);

    • wenn der Blasenkrebs aggressiv wächst (High-Grade-Blasenkrebs);

    • bei Verdacht auf Carcinoma in situ (Tis).


    So wie sich der Arztbrief für den Laien liest, sind an mehreren Stellen kleine Exophyten zu sehen gewesen, spricht man hier bereits von mulitfokal? Laut histologischem Befund handelt es sich nun um Carcinoma in situ und damit um einen High-Grade-Blasenkrebs, dennoch wurde, soweit es nach dem Entlassbrief erkennbar ist, keine Fluoreszenz-assistierte TUR durchgeführt.


    Kann/sollte diese ggf. noch nachgeholt werden?

    Ist künftig eine Fluoreszenz-Assistierte TUR zur Weiterbeobachtung des Therapieerfolgs durch BCG angezeigt?


    Und last but not least, es wurde nun eine BCG Therapie geplant. Mein Vater erhielt das Rezept, kann das Medikament in diversen Apotheken jedoch nicht auftreiben. Es sei nicht lieferbar. Habt Ihr Tipps/Quellen, wo man das Medikament ggf. doch noch rechtzeitig (ich glaube die Therapie soll am 20. August beginnen) auftreiben könnte?


    Über jede konstruktive Anmerkung/Information/Hinweis zu dem o.g. diagnostischen Verlauf bin ich sehr dankbar. Auch, ob der Ort des Tumorgewebes (Blasenwand) eher prognostisch günstig oder ungünstig ist würde mich in diesem Zusammenhang noch interessieren.


    Liebe Grüße,


    Julia

  • Liebe Julia,


    herzlich willkommen bei uns im Forum. Ich eröffne mal kurz die Antworten, von denen sicher noch mehr kommen werden. Ich gehe kurz einmal auf die TUR-B ein:


    Wenn ich es richtig verstehe, war die TUR-B primär dazu dazu, die Ursache für die Blutungen und den Blasenstau zu beseitigen. Es war also noch kein Verdacht auf ein CIS (=pTIS) vorhanden, eigentlich nicht einmal auf ein Blasenkarzinom sonstiger Art. In dieser Ausgangssituation verabreichen die wenigsten Operateure vorab Hexvix. Ich würde hier den Operateuren keinen großen Vorwurf machen.


    Viel wichtiger ist, dass das CIS erkannt wurde, was der Fall war. Ob es ein CIS ist oder nicht, beurteilt der Pathologe. Der liegt in aller Regel nicht daneben, insbesondere nicht bei einem CIS, das schon klar anders aussieht als ein pTa oder pT1. Das CIS kann leider durch eine TURB nicht geheilt werden, anders als ein pTa oder pT1. Es ist daher gar nicht so entscheidend, ob der Operateur den vermeintlich letzten Rest auch noch erwischt hat. Viel wichtiger ist, dass eine BCG-Therapie gestartet wird.


    Richtig ist, dass das CIS nicht in die Blase hinein wächst, was hier wohl mit der seltenen Bezeichnung "Exophyten" gemeint ist (wörtlich: Ein Gewäschs aus etwas heraus, hier also wohl aus der Schleimhaut). Ein CIS kann aber durchaus an einer anderen Struktur erkannt werden, was hier evtl. etwas unglücklich umschrieben wurde. Aber selbst wenn es ein pTa mit begleitendem CIS gewesen wäre: Die Exophyten sind entfernt, was bleibt sind Reste des CIS in der Blase. Und die müssen nun therapiert werden.


    Leider ist es ziemlich schwierig, an BCG zu kommen, wie Du schon festgestellt hast. Ich denke, dazu werden sich noch andere Mitglieder melden.


    Soweit in Kürze. Alles Gute für Deinen Vater!

    pTa G1 - inzwischen sind 8 Jahre ohne Rezidiv verstrichen :)

  • Hallo Jayjay , JoFo76 hat dir alles schon sehr genau erklärt, bleibt das Thema BCG. Derzeit leider sehr knapp und selten zu haben was verschiedene Ursachen hat.

    Dazu hatte ich vor kurzem schon mal einen Beitrag geschrieben. siehe --> : BCG Engpass seit November 2019 – voraussichtlich bis Ende 2021


    Da hilft nur eins, sämtliche Apo´s in der Umgebung (bis 50 km) abtelefonieren und nachfragen. Medac empfiehlt ja als Ausweichmöglichkeit das Mito extra, ich frage mich aber ob dies bei einem CIS überhaupt wirkt. Und falls BCG erhältlich sein sollte, befürchte ich einen möglichen Therapieabbruch, in einem Alter von 79 Jahren ist eine BCG Behandlung sehr schwer zu ertragen. Mögliche weitere Medikamente wären: Epirubicin oder Doxirubicin.


    Im Moment keine einfache Situation, das Alter (79), fehlendes BCG, dazu das CIS welches sehr stark zu Rezidiven neigt.


    Gruß Rainer

  • Den Worten von JoFo76 und rainer ist im Grunde nichts anzufügen. Meine BCG Erfahrung habe ich gemacht als ich zwanzig Jahre jünger gewesen bin wie Dein Vater heute. Es war eine höllische Tortur mit heftigen Nebenwirkungen in der ganzen Bandbreite. Fieber, Schüttelfrost, extremer Harndrang rund um die Uhr und selbst die wenigen Tropfen beim Pinkeln haben mir Tränen vor Schmerzen verursacht. Geholfen hat es mir nicht, acht Monate nach der ersten BCG Serie hatte sich ein muskelinvasiver Tumor gebildet und mich beinahe umgebracht.


    Gruß, wolfgangm

    pT4 a, G 3 und CIS, sechs Zyklen Chemotherapie, Gem/Cis


    "wer kämpft, der kann verlieren; wer nicht kämpft, hat bereits verloren"

  • Zunächst: vielen herzlichen Dank an alle Drei Antwortgeber! Die Arbeit, die hier von Privatleuten in ihrer Freizeit für andere Betroffene unbezahlt geleistet wird ist unersetzlich und für mich ein Akt der Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft, der absolut nicht selbstverständlich ist. Ein ganz großes Dankeschön für Ihr selbstloses Engagament.


    Viel wichtiger ist, dass das CIS erkannt wurde, was der Fall war. Ob es ein CIS ist oder nicht, beurteilt der Pathologe. Der liegt in aller Regel nicht daneben, insbesondere nicht bei einem CIS, das schon klar anders aussieht als ein pTa oder pT1. Das CIS kann leider durch eine TURB nicht geheilt werden, anders als ein pTa oder pT1. Es ist daher gar nicht so entscheidend, ob der Operateur den vermeintlich letzten Rest auch noch erwischt hat. Viel wichtiger ist, dass eine BCG-Therapie gestartet wird.


    Vielen Dank für Deine Erläuterungen. Ich mache auch niemandem einen Vorwurf. Meine Sorge ist: gerade weil die TUR-B primär im Selbstverständnis einer Tamponadenausräumung durchgeführt wurde, stellt sich mir die Frage in welchem Ausmaß unter Weißlicht das in situ Gewebe überhaupt detektiert wurde. Für mich ist damit aktuell in keinster Weise klar, ob nun tatsächlich nur noch "letzte Reste" in der Blase verblieben, oder ob auch an anderen Stellen in der Blase solches Gewebe, das sich lediglich auf Schleimhautnieveau befindet, völlig übersehen wurde. Die Leitlinie empfiehlt ja ergänzend, eine fluoreszenz assistierte TURB bei High Grade Karzinomen. Ob in solch einem Fall die BCG Therapie den Job dann alleine machen kann bezweifle ich.

    BCG Engpass seit November 2019 – voraussichtlich bis Ende 2021


    Da hilft nur eins, sämtliche Apo´s in der Umgebung (bis 50 km) abtelefonieren und nachfragen. Medac empfiehlt ja als Ausweichmöglichkeit das Mito extra, ich frage mich aber ob dies bei einem CIS überhaupt wirkt. Und falls BCG erhältlich sein sollte, befürchte ich einen möglichen Therapieabbruch, in einem Alter von 79 Jahren ist eine BCG Behandlung sehr schwer zu ertragen. Mögliche weitere Medikamente wären: Epirubicin oder Doxirubicin.


    Im Moment keine einfache Situation, das Alter (79), fehlendes BCG, dazu das CIS welches sehr stark zu Rezidiven neigt.

    Danke für die offenene und ehrliche Rückmeldung. Ich werde dann mal die Familie darüber informieren und uns alle an unseren unterschiedlichen Wohnorten die Apotheken abklappern lassen. Darf ich kurz nachfragen: die beiden von Dir erwähnten Medikamente sind, wie ich gerade kurz nachgelesen habe, Chemotherapeutika, richtig? D.h. sollte das Medikament nicht aufzutreiben sein oder die BCG Therapie nicht toleriert werden könne, wäre eine Chemotherapie aus Ihrer Erfahrung/Ansicht nach der logische zweite Schritt (sprich, vor dem Gedanken an eine Zystektomie)?



    Meine BCG Erfahrung habe ich gemacht als ich zwanzig Jahre jünger gewesen bin wie Dein Vater heute. Es war eine höllische Tortur mit heftigen Nebenwirkungen in der ganzen Bandbreite. Fieber, Schüttelfrost, extremer Harndrang rund um die Uhr und selbst die wenigen Tropfen beim Pinkeln haben mir Tränen vor Schmerzen verursacht. Geholfen hat es mir nicht, acht Monate nach der ersten BCG Serie hatte sich ein muskelinvasiver Tumor gebildet und mich beinahe umgebracht.

    Danke auch Dir für die ehrliche Antwort/Feedback. Das liest sich furchtbar und deprimierend... Was würdest Du, aus Deiner heutigen Sicht, damals nach der ersten TUR machen lassen? Wird mein Vater bereits nach der ersten BCG-Instillation merken, ob er die Therapie ebenfalls so schlecht toleriert/so starke Nebenwirkungen erfährt, oder kamen diese furchtbaren Symptome erst nach mehreren Instillationen?


    Liebe Grüße,

    Julia

  • Hallo Julia ( Jayjay ) hee, wir dutzen uns hier alle.


    nun, die ersten 2 - 3 Instillation gehen eher mäßig über die Bühne, danach wird es wesentlich problematischer, (gerade für ältere Patienten). Wenn BCG absolut nicht zu beschaffen ist würde ich mit dem Arzt die Mito Therapie besprechen. Eine nachfolgende Spiegelung sollte dann aber unbedingt unter Hexvix in der Klinik erfolgen. Ich traue diesem CIS keinen Millimeter über den Weg, diese Mistding hat hier schon vielen das Leben gekostet. Hochaggressiv, bildet blitzschnell Rezidive, kommt immer wieder, auch an anderer Stelle, kann muskelinvasiv werden. Also, die Erkrankung genau im Auge behalten.


    Was ist Hex-vix ?? Hexvix


    Gruß Rainer

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