Leider auch neu hier...

  • Hallo zusammen,


    möchte mich kurz vorstellen und mal meine Geschichte loswerden. Habe hier schon einiges gelesen und bin beeindruckt von der Empathie und dem Mitgefühl, welches hier die Gleichgesinnten bzw. Betroffenen untereinander entgegenbringen. Wirklich toll…


    Vorab: Eigentlich habe ich keinen Harnblasenkrebs, sondern ein Urothelkarzinom im Nierenbecken. Was eigentlich auch Blasenkrebs ist aber halt woanders. Aber von vorne. Ich bin 46 Jahre alt, verheiratet und Vater von 3 Kindern. Im Frühjahr diesen Jahres bemerkte ich bei mir dunklen Urin, dieser verging nach wenigen Tagen und ich dachte mir nichts besonderes dabei. Im Sommer dann beim pinkeln einen Schreck bekommen, da plötzlich dunkelroter Urin. Daraufhin ab zum Arzt und direkt zum Urologen überwiesen worden.


    Ich bekam glücklicherweise schnell einen Termin und es wurde eine Blasenspiegelung vorgenommen, hierbei wurde eine Blutung aus dem linken Ostium festgestellt, Blase war aber sauber. Daraufhin CT und siehe da: Raumforderung im linken Nierenbecken, na toll. Verdacht auf UrothelCa. Hier bin ich aus allen Wolken gefallen, fühlte sich alles vollkommen surreal an. Ich habe mich immer topfit gefühlt und nichts (außer der Hämaturie) gemerkt. Ich war zwar Raucher (mittlerweile komplett aufgehört) aber habe mich gesund ernährt und viel Sport gemacht.


    Bin dann in die Uniklinik Köln gekommen zur weiteren Abklärung und hier wurde mir schließlich Anfang Oktober in einer offenen OP die linke Niere einschl. Harnleiter und Blaseneingang entfernt. Befund: Tumor 4,2 cm pT3, pN0 (0/12), V0, L0, R0, M0 - G2 low grade.


    Die OP ist gut verlaufen, konnte nach 5 Tagen raus und nach gut 3 Wochen saß ich wieder im Büro und war wieder im Berufsalltag. Seitdem ist aber nichts mehr wie vorher, bin immer noch völlig von der Rolle aber versuche mittels Verdrängung im Alltag zu funktionieren. Das Leben muss ja weitergehen und finanziell kommt eine berufliche Auszeit momentan nicht in Frage. Körperlich geht’s mir auch wieder gut, nur die Ungewissheit wie es weitergeht lässt einen nicht los. Ihr werdet das kennen.


    Nun zur Therapie: Erst hieß es seitens der Uniklinik, dass bei einem Befund T3 eine adjuvante Chemo Gem/Cis gemacht werden müsse. Auf meine Nachfrage hin, dass ich aufgrund der einen Niere wohl für Cis nicht geeignet bin heißt es nun eine Immuntherapie mit Nivolumab ginge auch, dies sei wohl nach neuestem Kenntnisstand sogar besser. Das wurde wohl so im Tumorboard besprochen. Vielleicht hat hier jemand von Euch Erfahrungen?


    Ich möchte im Interesse meiner Kinder natürlich alles Mögliche machen, um dem Krebs dauerhaft loszuwerden. Die Ärzte sagen, die Chance steht ca. 60 zu 40, dass ich es schaffe. Rezidive im Bereich der ehemaligen Niere sind wohl eher selten, viel wahrscheinlicher ist ein Rezidiv in der Blase. Dies würde bei der engmaschigen Nachsorge ja früh entdeckt. Die Frage ist natürlich wie wahrscheinlich plötzlich irgendwo noch Metastasen entstehen könnten. Da die Lymphknoten alle frei waren, erhoffe ich mir auch hier gewisse Chancen, dass ich verschont bleibe. Aber mir ist schon klar, dass auch viel Glück dazu gehört...


    So, das war jetzt etwas lang, das musste aber mal raus


    Viele Grüße und bleibt stark!

  • Hallo lieber Hennes


    ein herzlichen Willkommen trotz wenig erfreulichem Anlass!


    Auf die Schnelle: Es gibt ja leider zu Urothelkarzinomen des oberen Harntrakts keine S3-Leitlinien. Ich habe lediglich EAU-Guidelines gefunden, die aber nicht sehr detailliert sind. An sich wurde alles richtig gemacht. Ab T3 ist eine offene OP vorzugswürdig, wie bei Dir geschehen. Empfohlen ist außerdem noch eine einmalige Instillation mit Mitomycin C nach der OP, um das Risiko von Rezidiven in der Harnblase zu vermindern. Selbst wenn das nicht gemacht wurde, ist das aber keine Tragik.


    Die Frage ist natürlich, wie es weitergeht. Cisplatin ist schwierig bis nicht durchführbar bei nur einer Niere. Das ist natürlich ein echter Nachteil ggü. den Blasentumoren. Nivolumab ist m.E. ein sehr guter Ansatz, wenn auch vor einer Chemo bzw. als alleinige adjuvante Therapie eher ungewöhnlich. Für mich wäre dabei die entscheidende Frage, ob Dein Tumor PD-L1 exprimiert und wenn ja, in welchem Ausmaß. Ansonsten wäre mir allein Nivolumab doch zu wenig erfolgversprechend und ich würde mich nach einem nierenverträglichen Chemo-Schema umschauen.


    Das alles aber wie gesagt nur auf die Schnelle als Gedankenanstoß.


    Dir alles Gute!

    JoFo76

    pTa G1 - inzwischen sind 8 Jahre ohne Rezidiv verstrichen :)

  • Hallo Hennes,

    sei auch von mir herzlich begrüßt. Nun bei dir ist bereits alles soweit gut gelaufen.


    Was mich wundert, warum hast du keine AHB ( Anschlußheilbehandlung )gemacht ? Das wäre sehr wichtig gewesen.

    Psychisch wie physisch.

    Diese Zeit, Erholung von der anstrengenden Op, Gesprächstherapien ( wie geht's weiter, an wen wende ich mich, einfach die Verarbeitung und das Annehmen der Krankheit ) gut Essen und mit anderen Patienten den Austausch pflegen. Einfach ins Leben zurück finden. Nicht umsonst gibt's diese Möglichkeit.


    Sprech mal mit dem Arzt, was er tun kann. Oder auch mit der KK, die sind auch daran interessiert, dass du wieder voll leistungsfähig wirst und sind oft hilfreich.

    AHB geht nicht mehr, aber eine Reha könntest du beantragen.


    Ich wünsch dir alles erdenklich Gute, und wenn du Fragen hast, stell sie.


    Liebe Grüße, Ricka

  • Hallo Hennes ,


    ich habe noch ein wenig recherchiert zum UTUC, wie es in der englischsprachigen Literatur immer abgekürzt wird (upper tract urothelial carcinoma). Bei Verdacht auf T3-T4 Tumore wird oft eine neoadjuvante Therapie empfohlen. Das hilft nun aber nichts mehr, da die Niere nun ja schon mal entfernt ist.


    Im adjuvanten Bereich wird dennoch in aller Regel eine platinhaltige Chemo angewandt - trotz nur einer Niere. Dies einfach deswegen, weil die Chemotherapeutika gegen (Mikro-)Metastasen von Urothelkarzinomen wirken und bei Nierenbeckenkarzinomen aufgrund der fehlenden Muskelschicht im Vergleich zur Blase schneller solche Metastasen auftauchen können. Man muss mit dem Schema dann natürlich die eine Niere berücksichtigen.


    Am häufigsten eine Kombination von Cisplatin oder Carboplatin in Kombination mit Gemcitabin.


    Hier ein Bild inkl. verschiedener Schemata aus einer sehr aufschlussreichen und recht aktuellen (2020) Studie aus The Lancet (Quelle: https://www.thelancet.com/jour…736(20)30415-3/fulltext):


    gr1.gif



    Ich an Deiner Stelle würde mich daher schnellstmöglich um eine adjuvante Chemotherapie bemühen. Schnellstmöglich, weil Zeit bei Mikrometastasen eine wichtige Rolle spielt. Leider besteht doch ein recht hohes Risiko bei einem T3-Karzinom im Nierenbecken bereits irgendwo Mikrometastasen zu haben. Bitte verstehe mich nicht falsch, ich will keine Panik verbreiten. Dennoch solltest Du wissen, womit Du es zu tun hast. Gut ist jedenfalls, dass alle Lymphknoten nicht betroffen sind!


    Parallel würde ich das Thema PD-L1 (siehe Post weiter oben) nicht aus den Augen verlieren, weil man damit schon für den Fall eine recht große "Kanone" vorbereitet werden kann, falls die Chemo doch nicht anschlägt.


    Wenn Du das Gefühl hast, dass Du in Deiner jetzigen Klinik etwas alleingelassen wirst (ich habe das Gefühl, sowohl wegen der Chemo als auch wegen der AHB), dann hole Dir unbedingt eine Zweitmeinung in einer renommierten Uniklinik ein.


    Herzliche Grüße

    JoFo76

    pTa G1 - inzwischen sind 8 Jahre ohne Rezidiv verstrichen :)

  • Hallo JoFo76,


    erstmal vielen Dank für Deine Mühe bei der Recherche zur Chemo! Die Informationen sind wirklich hilfreich.


    Eine Zweitmeinung habe ich mir allerdings schon vor einigen Wochen beim Universitätsspital Zürich (Dr. Hermanns) eingeholt. Auch er war der Meinung, dass bei entsprechenden Nierenwerten eine Chemo mit Gemcitabin/Cisplatin von der Datenlage die vielversprechendste Therapie darstellt. Allerdings hat auch er als Alternative für Patienten nach Nephroureterektomie die Nivolumab-Alternative ins Spiel gebracht. Und das unabhängig von der Uniklinik Köln. Hier sei wohl nur die Studienlage noch etwas "dünner" aber vielversprechend.


    Die Uniklinik Köln ist auch in der Urologie unter Prof. Heidenreich wohl sehr renommiert, von daher habe ich nun aufgrund dieser beider Aussagen ein gewisses Vertrauen. PD-L1 wurde bei mir geprüft und ist wohl negativ, aber das wäre wohl kein Ausschlusskriterium. Von den Nebenwirkungen scheint die IT mit Nivolumab deutlich verträglicher zu sein als eine Chemo mit Cisplatin. Von der Eile hinsichtlich der Mikrometastasen wurde mir hier aber so nichts gesagt. Auch habe ich mich versucht in verschiedenen Quellen zu informieren und von der Theorie mit der fehlenden Muskelschicht im Nierenbecken habe ich noch nichts gelesen. Woher hast Du diese Information wenn ich fragen darf? Gibt es dazu statistische Auswertungen?


    Nun wird erstmal der Antrag bei der KK gestellt und eine Immuntherapie ist teuer. Laut Aussage der Ärzte kann die Genehmigung durch die KK etwas "zäh" werden und die Therapie damit verzögern. Die OP ist jetzt fast 8 Wochen her und die Freigabe durch die KK könnte nochmal 6 Wochen dauern. Bis dahin werde ich wohl warten müssen.


    Ich hoffe das Beste, auch für alle anderen hier.


  • Hallo Hennes,

    habe Deine Geschichte sehr aufmerksam gelesen, da es viele parallelen zu meinem Krankheitsverlauf gibt.

    Bei mir folgte nach der Nierenentfernung ( Urothelkarzinom pT3 ) gleich die adjuvante Chemotherapie. Ich bekam 4 Zyklen Chemotherapie, wobei man nach dem ersten Zyklus von Cisplatin auf Carboplatin umstellte. Was die gesunde Niere auch gut verträgt.


    Leider bekam ich Trotz alledem ein Blasenkarzinom und bin damit immer noch in Behandlung.

    Du kannst Dir vorstellen wie es ist 9 Monate später so eine Diagnose zu bekommen.


    Es ist ganz wichtig, die Nachsorge zu betreiben um so schneller kann man reagieren und operieren.

    Ich bin mittlerweile alle 3-4 Wochen bei meinem Urologen und es ist schon ein sehr persönliches Verhältnis zu Ihm geworden.


    Ich habe mir mittlerweile auch einen Nephrologen gesucht um regelmäßig meine gesunde Niere zu kontrollieren.


    Ich wünsche Dir alles Gute

    Beste Grüße

    Steffen

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