Wie behandelt man nach der OP weiter bei oberflächlichen Tumoren? *

  • Wie werden oberflächliche Harnblasenkarzinome behandelt?


    Bei oberflächlichen Tumoren steht in der Regel eine organerhaltende Therapie im Vordergrund, die Blase muss also nicht entfernt werden.


    Die Behandlungsleitlinie "Harnblasenkarzinom" der Deutschen Krebsgesellschaft www.krebsgesellschaft.deStichwort "Leitlinien") und weiteren Fachgesellschaften aus dem Jahr 2004 sieht eine Entfernung der fingerförmig in die Blase hineinwachsenden Karzinome mit der Elektroschlinge vor (Transurethrale Elektroresektion).


    Die Tumorentfernung erfolgt durch die Harnröhre hindurch unter Narkose. Für diesen Eingriff müssen die Patienten mit einem Krankenhausaufenthalt von etwa zwei bis fünf Tagen rechnen.


    Unmittelbar nach der Tumorentfernung (innerhalb von 24 Stunden) kann eine einmalige Gabe von Zytostatika in das Innere der Harnblase eine Einnistung sich frei bewegender Tumorzellen verhindern und die Wahrscheinlichkeit für Rezidiven verkleinern - es handelt sich hierbei also um eine vorbeugende Maßnahme. Bei dieser als intravesikale Instillationstherapie bezeichneten Behandlung werden die Zytostatika über einen Katheter in die Harnblase geleitet.


    Dort bleiben sie ein bis zwei Stunden und werden anschließend wieder abgeleitet. Nach dieser Behandlung ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich an der gleichen oder an einer anderen Stelle in der Blase erneut Tumoren bilden könnten, unter anderem davon abhängig, wie tief der erste Tumor in die Blasenwand eingedrungen war.


    Je nach vorher diagnostiziertem Ausbreitungsgrad und Anzahl der Tumoren kann ein bis sechs Wochen nach dem Ersteingriff ein weiterer Eingriff mit der Elektroschlinge notwendig sein (so genannte Nachresektion). Hiermit möchte man verhindern, dass am Tumorrand mikroskopisch kleine Reste übersehen werden.



    Wie geht man nach der Operation oberflächlicher Karzinome weiter vor?


    Nach der vollständigen Tumorentfernung kleiner, wenig bösartiger Tumoren ist in der Regel keine weitere Behandlung nötig. Haben die Untersuchungsergebnisse Anhaltspunkte für eine erhöhte Rückfallgefahr erbracht, können weitere Schritte notwendig sein, um vorzubeugen. Man spricht dann von der Möglichkeit einer adjuvanten Instillationstherapie .


    In Frage kommt hier eine Spültherapie der Blase mit Zytostatika - also eine Chemotherapie - oder, eine Immuntherapie mit dem Impfstoff BCG (Bacillus Calmette-Guerin, nach einem französischem Forscher). Der Impfstoff BCG, der ursprünglich zur Behandlung der Tuberkulose mit abgeschwächten Erregern eingesetzt wird, steigert die lokale Immunabwehr und wird als "Goldene Behandlungsmethode" in der Krebsbehandlung gesehen.


    Der genaue Mechanismus ist jedoch noch nicht vollständig geklärt, obwohl BCG seit über 30 Jahren erfolgreich eingesetzt wird.


    Sowohl Chemotherapie als auch Immuntherapie werden als so genannte Instillationstherapie über einen Katheter in die Blase geleitet. Bei Patienten, die ein niedriges Rückfallrisiko haben, sind laut Behandlungsleitlinie beide Therapien als gleichwertig anzusehen. Mit so einer Aussage macht man es sich natürlich einfach und geht keine Konfrontation mit der Pharmaindustrie ein.


    Ich persönlich denke, dass diese Aussage durch neueste Studien in einen kleinen Vorteil pro BCG sich entwickelt haben. Der biologische Hersteller hat keine so große Lobby denke ich.


    Hat der Patient ein sehr hohes Rückfallrisiko, wird die Instillationstherapie mit dem Impfstoff BCG bevorzugt.


    Ein früher Beginn der Chemotherapie (wenige Tage nach der Operation) kann (muss nicht!) vorteilhaft sein und ist in der Regel (also nicht immer) ohne Gefahr möglich. Die Immuntherapie sollte frühestens zwei Wochen nach der Operation anfangen. Sowohl Chemotherapie als auch Immuntherapie setzten mit einer so genannten Induktionsphase ein, die Zeiträume und genauen Ablaufpläne können dabei unterschiedlich gehandhabt werden. Den Patienten werden hier über einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen meist einmal wöchentlich die Medikamente über einen Katheter in die Blase verabreicht. Die Behandlung erfolg ambulant und dauert etwa zwei Stunden - die Patienten können anschließend wieder nachhause gehen. Der Induktionsphase schließt sich die so genannte "Erhaltungsphase“ an, die mehrere Monate bis Jahre dauern kann. In diesem Zeitraum bekommt der Betroffene die Medikamente ebenfalls ambulant einmal monatlich verabreicht.


    Klartext:


    pTa G1 keine Behandlung mit BCG oder chemisch zwingend erforderlich


    von pTaG2 bis pt1G3 Behandlung mit BCG oder chemisch erforderlich.


    pt1G3 Sonderfall: Hier ist ein aggressiver Tumor am Werk...Der Blasenerhalt gilt als ausserordentlich schwierig.


    Die Alternativen hierzu werden an anderer Stelle erläutert.
    Ich kenne eine Person, die hat nen pT2G3 und noch die Blase drinnen. Seit über 6 Jahren ohne Rezidiv!


    Viel gibt es noch zu sagen, denn eine dritte Methode schickt sich an: Immucothel! Darüber vielleicht ein ander mal. Es wird sich viel tun in diesem Bereich in den nächsten Jahren. Bleibt am Ball. :P

  • Mit dem Hinweis auf Immucothel greifst Du ein momentan recht heisses Eisen auf.


    Einem Arzneimittel, welches seit 1997 in den Niederlanden und seit 2002 in Österreich zugelassen ist und erhebliche Erfolge im Kampf gegen die Rezidivung von Krebszellen nachweisen kann, verweigert man hier die Zulassung mit der Begründung "mangels ausreichender Arzneimittelprüfung und belegter therapeutischer Wirksamkeit"


    Für mich ist die Begründung der Ablehnung nicht nachvollziehbar, da ich die Meinung vertrete, jedes Arzneimittel, welches hilft, diese verdammte Krankheit zu lindern oder zu besiegen, sollte die Chance bekommen, eingesetzt zu werden, vor allem dann, wenn die Wirkung ( ohne bzw.mit nur geringen Nebenwirkungen ) im benachbarten Ausland seit Jahren erwiesen wurde.


    Hier wird - wieder einmal - der "teutsche Michel" vor das öffentliche Interesse gestellt und es werden - wieder einmal - die Interessen der Pharmaindustrie gegen ein "nichtteutsches Medikament" untermauert.


    Aber wahrscheinlich bin ich als Laie ja auch nicht in der Lage, die Situation richtig aus "teutschem Blickwinkel" zu beurteilen.


    Trotzdem, ein fahler Nachgeschmack bleibt......



    Kurzinformation:
    Der vorliegende Rechtsstreit ging um die Kostenübernahme für eine Therapie mit dem Arzneimittel Immucothel®, das die Rezidivrate bei Harnblasen-Karzinomen verringern soll und hierfür seit 1997 in den Niederlanden zugelassen ist. Die Zulassung in Deutschland wurde Anfang 1997 versagt; hiergegen ist ein Verwaltungsrechtsstreit anhängig. -
    Der Kläger wurde zuletzt im Januar 1998 wegen eines Harnblasen-Karzinoms operiert. Seinen im Mai 1998 gestellten Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Therapie mit Immucothel® lehnte die Beklagte (Krankenkasse) wegen fehlender arzneimittelrechtlicher Zulassung ab. Die auf Erstattung gerichtete Klage (Behandlungskosten von Juli 1998 bis Juli 1999) ist in erster und zweiter Instanz ohne Erfolg geblieben.


    Das Bundessozialgericht entschied dazu (hier Text-Auszug):
    "Eine innerstaatlich wirksame Arzneimittelzulassung war für das beim Kläger angewandte Mittel Immucothel zum Zeitpunkt der Behandlung 1998/99 gemäß § 73 Abs 1 iVm § 21 Abs 1 Satz 1 AMG erforderlich, aber nicht erteilt worden. Bei diesem Präparat handelt es sich nach Herstellerangaben um ein industriell gefertigtes, zur Chemotherapie mit dem Ziel der Verringerung der Rezidivrate von oberflächlichen Harnblasen-Karzinomen nachoperativer Tumor-Entfernung vorgesehenes Präparat, das durch die Harnröhre in die Blase eingebracht wird (sog Instillationstherapie), wo es dann zur Anregung der Immunabwehr führen soll. Es ist ein Fertigarzneimittel iS von § 4 Abs 1 AMG, für das die Voraussetzungen des § 21 Abs 1 Satz 1 AMG gelten, die es jedoch nicht erfüllt. Weder hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als zuständige Bundesoberbehörde dafür eine Arzneimittelzulassung erteilt (§ 21 Abs 1 Satz 1 Alt 1 AMG), noch haben iS von § 21 Abs 1 Satz 1 Alt 2, § 37 Abs 1 AMG die Kommission der EG oder der Rat der EU das In-Verkehr-Bringen des Mittels genehmigt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat die Zulassung in Deutschland vielmehr sogar aus zwingenden Gründen nach § 25 Abs 2 AMG versagt.
    Die in den Niederlanden 1997 erteilte Arzneimittelzulassung für Immucothel entfaltet nicht zugleich auch entsprechende Rechtswirkungen für Deutschland." ( . . . )
    --------------
    Zur ausführlichen Urteilsbegründung und Argumentation siehe Volltext !
    -----------------
    Textquelle: Bundessozialgericht (BSG)
    veröffentlicht vom BSG und hier eingestellt am 06.10.2004 - MDS/ko


    Wer sich intensiver mit der Urteilsbegründung befassen will, hier die URL :


    http://infomed.mds-ev.de/sindbad.nsf/0/da239eb9791f0a62c1256f25003c3a80/$FILE/BSG_B1KR21-02R.pdf



    Schönes Wochenende wünscht
    Eckhard

  • Ich habe erst jetzt den hochinteressanten Anfang des threads (alle Achtung vor den beiden Autoren!) entdeckt und möchte noch etwas ergänzen:


    Haupt-Vorteil von BCG gegenüber Mitomycin in der adjuvanten Instillationstherapie soll die MINDERUNG der PROGRESSIONSRATE (fortschreitendes staging/grading T/G) sein.
    Bei der SENKUNG der REZIDIVRATE soll die LANGZEIT-MITOMYCINTHERAPIE einer KURZZEITIGEN BCG-BEHANDLUNG ÜBERLEGEN sein.


    Ich schreibe das deshalb so vorsichtig, weil Studien äußerst unterschiedliche, manchmal sogar gegensätzliche Ergebnisse vorweisen können. (Beispielsweise habe ich 6 Studien gefunden, welche die Senkung der Rezidivrate durch BCG-Behandlung untersuchen und dabei eine Schwankung von 7-57% herausbringen!!!)


    Einen m. E. sehr guten Überblick zum Thema
    oberflächliches Blasenkarzinom gibt:
    http://www.adjutum.at/Bilder/U…e/U_Archiv/2006/U_Mai.pdf
    (merkwürdigerweise kommt man mit dem link auf die letzte Seite des Artikels, bitte also zurückblättern.)

  • ......ich war damals schon recht überrascht, daß so gar keine Reaktion auf dieses Thema kam.


    «Es gibt keinen gesunden Menschen. Es gibt nur Patienten, die noch nicht richtig untersucht wurden.»
    Eine alte Medizinerweisheit.


    Selbst die WHO ( Weltgesundheitsorganisation ) sinkt vor der Pharmaindustrie in die Knie.


    Ich habe vor einiger Zeit im Spiegel gelesen, daß in den letzten Jahren die Kriterien aller Krankheiten, bei welchen eine Zahl darüber entscheidet, ob jemand krank ist, ( z.B. Diabetes mellitus = > 200 mg/dl oder systolischer Blutdruck > 140 mmHg ), durch die WHO kontinuierlich gesenkt wurden.
    Da ein Großteil unserer Bevölkerung grenzwertig lebt, ( in westlichen Industrieländern lebt etwa jeder zweite Erwachsene mit einem Blutdruck mit Werten über 140/90 mmHg. In der Altersgruppe zwischen 25 und 29 Jahren ist der Druck in den Gefäßen bei etwa jeder zehnten Frau und etwa jedem vierten Mann zu hoch. Mit steigendem Lebensalter nimmt die Häufigkeit des Bluthochdrucks stark zu. Bei den über 60-jährigen weist nur noch etwa jeder Vierte normale Blutdruckwerte auf ), ist die Senkung um nur 10 Punkte ein Segen für die Pharmaindustrie und natürlich auch für die Mediziner.
    So wurde auf einen Schlag - nach der Reduzierung der Grenzwerte - ca. ein Sechstel unserer Bevölkerung zu - neuen - Hypertonikern, welches es jetzt intensiv zu behandeln galt.


    Besonders aggressiv sind “ die forschenden Pharmaunternehmen” in diesem unserem Lande.
    Diese Gutmenschen haben im Bundestag eine Lobby ohnesgleichen.
    Was glaubt ihr denn wohl, warum das simple “Aspirin” hier bei uns zwischen 30 % und 50 % teurer ist als in Spanien oder der Türkei ???
    Was glaubt ihr denn, durch wen verhindert wurde, als vor einigen Jahren die Krankenkassen verzweifelt versuchten, durch sogenannte “Blaue Listen” die preiswerteren, aber gleichwertigen Medikamente populärer zu machen ?


    Der neueste Trick dieser Pharmamafia sind die sogenannten “Analogpräparate”, ( Arzneimittel, die lediglich Molekülvarianten bereits bekannter Wirkstoffe enthalten und pharmakologisch gleiche oder ähnliche Wirkungen besitzen wie das Originalpräparat, können patentiert werden ).
    Diese werden als “neu” zu erheblich höheren Preisen verkauft als die Vorgängerpräparate, obwohl sie sich in keiner Weise oder nur sehr gering von diesen unterscheiden.
    Oftmals ist es nur die Änderung der Darreichungsform, ( anstatt Tablette jetzt Kapsel oder Pulver ), welche diesen unverschämten und unverfrorenen Preisaufschlag rechtfertigen sollen.


    Ein Patient, welcher sein “altes” Medikament z.B. zuzahlungfrei erhielt, muss jetzt für das “neue” - aber nicht wirksamere - Medikament eine Zuzahlung leisten.
    ( Hexe, verbessere mich, wenn ich falsch liege )


    Aber die Krankenkassen sind nicht besser.
    Um Kosten einzusparen, werden neuerdings Hilfsmittel, ( z.B. Windeln, Vorlagen, aber auch Rollstühle oder künstliche Glieder ), ausgeschrieben.
    Den Zuschlag erhält der billige Jakob. Und über dessen Qualität brauche wir uns sicherlich nicht zu streiten.....
    Dies bedeutet schlichtweg, daß die Krankenkassen ab sofort nur noch Müll bezahlen, und wenn jemand etwas besseres als Müll haben will, wird die Zuzahlung entsprechend höher.


    Erbärmlich für eines der reichsten Länder weltweit, denn wir sollten nicht vergessen, daß gerade unsere Alten und Behinderten von diesen "Sparmaßnahmen" betroffen werden, also derjenigen Klientel, der es eh´ am Schlechtesten geht in diesem unserem Lande......


    Gruss
    Eck :ecke:hard


    ( Ich hab mich schon wieder richtig in Wut geschrieben )

  • Guten Abend Eckhard!


    "...ich war damals schon recht überrascht, daß so gar keine Reaktion auf dieses Thema kam."
    Ha ! Das ist doch kein Wunder:
    Damals gab's MICH noch nicht ! ! !


    Dieter und ich ereifern uns bei diesem Thema genauso,
    und ich werde, wenn ich Deine Zeilen lese, immer wieder an das Buch "Die Krankheitserfinder" von Jörg Blech erinnert.


    Was soll's :saufen:
    Ich wünsch Dir dennoch eine gute Nacht!

  • N´abend Ecke,


    sowas nennen wir Scheininnovationen. Da wird ein bisschen an der Formel herumgefummelt und schon haste was Neues.
    Ist aber NICHT IMMER so. Beispiel:
    Es gibt Männer, denen hilft kein Viagra, kein Cialis, aber Levitra; beim nächsten Mann ist es umgekehrt.
    Und den Markenfimmel, den die Leute bei Klamotten haben, den haben sie auch bei Medikamenten; viele forschende Hersteller haben ihre eigenen Generikaableger; so ist z.B. der Hersteller Salutas dafür verantwortlich, was bei Betapharm, bei Hexal und etlichen anderen in die Packung kommt. Übrigens alles Töchter der Schweizer Firma Novartis. Da kannste Dir in der Apotheke den Mund fusselig reden - es muss das Mittelchen XY sein, wohlmöglich noch mit einem zarten Hinweis auf iregendwelche Allergien. (Die kriege ich dabei allerdings auch manchmal :D :D :D )
    Manchmal kommt es allerdings auch auf die Bioverfügbarkeit oder auch auf die Galenik an. Und ob eine alte Oma mit Rheuma in den Fingern das rabattierte Arzneimittel noch teilen kann, wie das, was sie vorher hatte, ist ihrer Krankenkasse völlig schnuppe. Ich habe sowieso im Arbeitsalltag sehr oft den Eindruck, dass der Patient für die Krankenkasse eigentlich nur ein Störfaktor ist.


    So, genug geschimpft - ich gehe jetzt ins Bett.
    Morgen bin ich nicht online, weil ich direkt nach der Arbeit zu einer Fortbildung fahre - Kammerfortbildung, nix von Firmen gesponsortes :D


    Gute Nacht


    Hexe :tanzen: