Chemotherapie mit Mainz-Pouch

  • Chemotherapie bei Patienten mit Mainz-Pouch


    Meine ganz persönlichen Erfahrungen
    Die Chemotherapie bei Blasenkrebs bzw. dessen Metastasen wird üblicherweise mit Cisplatin und Gemcitabine durchgeführt. Ich erhielt 4 Zyklen dieser Chemotherapie, die folgendermaßen durchgeführt wurde:
    Blutabnahme beim Hausarzt, welcher die Laborwerte an die Klinik faxt.
    Am nächsten Tag Anruf in der Klinik. Falls die Blutwerte in Ordnung sind, erfolgt die stationäre Aufnahme. Körperliche Untersuchung und erneute Blutabnahme.
    Tag 1: Injektion von Vergentan gegen Übelkeit und anschließend Infusion von Gemcitabine
    Tag 2: Infusion von NaCl, Infusion von Cortison, Infusion von NaCl, Infusion von D-Mannitol zum Nierenschutz, Infusion von NaCl mit Vergentan, Infusion von Cisplatin, Infusion von NaCl
    Tag 3: falls keine Übelkeit vorhanden ist, Entlassung nach Hause
    Tag 7: Blutabnahme beim Hausarzt, welcher die Laborwerte an die Klinik faxt
    Tag 8: Anruf in der Klinik. Falls die Blutwerte in Ordnung sind, ambulante Infusion von Gemcitabine in der Klinik. Vorherige Injektion von Vergentan gegen Übelkeit.
    Währenddessen immer viel trinken.
    Nach einer Pause von zwei Wochen erfolgt das Ganze erneut.


    Ganz wichtig für Patienten mit Mainz-Pouch:
    Der Pouch besteht ja aus Darmschleimhaut, deren physiologische Aufgabe es ist, (Nähr)Stoffe in den Körper aufzunehmen. Eine Blase, auch die künstliche, hat nur Aufbewahrungsfunktion, d.h.der Urin und die darin enthaltenen Stoffe, die von der Niere zur Ausscheidung vorgesehen sind, werden nur sozusagen zwischengelagert. Deswegen muß der Pouch während der Chemotherapie unbedingt stillgelegt werden!!! Es passiert sonst, dass das Zytostatikum, also das Gemcitabine bzw.Cisplatin erneut vom Körper aufgenommen wird, da der Wirkstoff hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden wird.
    Vor der ersten Infusion lässt man sich einen Dauerkatheter(Ballonkatheter) in den Pouch einlegen, sodass der Urin ständig abfließt. Das bedingt, dass man tagsüber einen Beinbeutel und nachts einen Bettbeutel zum Auffangen des Urins tragen muß. Der Pouch sollte mindestens einmal täglich gespült werden, um eine Verstopfung der Katheteraugen durch Schleim zu verhindern. Ich habe ab dem zweiten Zyklus bei jedem Leeren des Beutels anschließend den Katheter kurz abgestöpselt und mit einer Blasenspritze den Katheter angesaugt, damit eventuell doch noch vorhandener Schleim und Urin nicht im Pouch blieb. Dadurch ging es mir sehr viel besser, als beim ersten Zyklus. Der Dauerkatheter verbleibt bis Tag 5 im Pouch, das entspricht der Halbwertszeit von Cisplatin, d.h. man kann dann davon ausgehen, dass der Wirkstoff ausgeschieden ist. Für die ambulante Infusion am Tag 8 bleibt der Katheter einen Tag bis Tag 9 liegen.


    Wie ging es mir?

    Die hier geschilderten Nebenwirkung traten bei mir auf; sie sind sehr individuell und müssen nicht jeden betreffen.
    Schlimmste Nebenwirkung war eine ständige Übelkeit. Wichtig ist, so viel wie möglich zu trinken, um den Wirkstoff möglichst schnell auszuscheiden; dadurch soll sich auch die Übelkeit reduzieren. Aber ich ekelte mich vor Allem, ich hatte keinen Appetit und wenn ich mal was gegessen oder getrunken hatte, kam es schnell wieder zurück. Ich war ständig müde und fühlte mich schlapp. Diese Phase dauerte etwa eine Woche. Länger dauert der Zustand an, dass alles, was man zu sich nimmt nach Metall schmeckt. Ich habe mir damit geholfen, dass ich statt Wasser Fruchtsaftschorlen und Cola und Brühe getrunken habe. Zudem habe ich regelmäßig Ondansedron, ein Mittel gegen Zytostatika bedingtes Erbrechen und MCP eingenommen. In der Klinik hat man mir zusätzlich noch diverse Mittel gegen Übelkeit verabreicht: Emend Tabletten und Kevatril als Infusion, um ein Austrocknen meines Körpers zu verhindern.
    Vorübergehend hat man richtig dicke Beine und Füße, was von der durch das Cortison verursachten Wassereinlagerung kommt. Das kann schmerzen und ich habe mit einem Entwässerungsmittel die Wasserausscheidung beschleunigt.
    Gelegentlich hatte ich auch starke Kopfschmerzen, die ich mit einem üblichen Schmerzmittel mit nur einem Wirkstoff (Ibuprofen) bekämpft habe.


    Was können Angehörige tun?
    Lassen Sie den Patienten schlafen - er ist ständig müde.
    Bieten Sie ihm Speisen und Getränke mit intensivem Geschmack an, frisches Obst, Gemüse und Salat, um den Metallgeschmack, der sehr lange anhält, zu überdecken.
    Ignorieren Sie schlechte Laune - er fühlt sich nur sterbenselend; das geht vorbei.



    Nach dem vierten Zyklus, also noch Beendigung der Chemotherapie habe ich mich recht schnell wieder erholt - ich war bald wieder die “Alte“.

  • Hallo Jürgen,


    bei der heute meist angewandten Chemotherapie mit Cisplatin/Gemcitabin fallen die Haare meistens nicht aus. Bei meinem Vater sind die Augenbrauen dünner geworden.


    Er hatte übrigens das Glück, wesentlich weniger Nebenwirkungen zu haben als Hexe. Also keine ständige Übelkeit. In der Klinik hat er Infusionen und Tabletten dagegen bekommen, schlecht war es ihm nur an dem Cisplatin-Tag. Die von der Klinik mitgegebenen Tabletten gegen Übelkeit (Emend, ein sehr gutes, neues Präparat) hat er gar nicht gebraucht.


    Wir haben immer das gekocht, worauf er Appetit hatte, getrunken hat er eben das, worauf er Lust hatte. Er war auch nicht ständig müde. Auch die Blutwerte haben sich immer schnell wieder erholt.


    Nebenwirkungen waren Verstopfung (kommt von den Mitteln gegen die Übelkeit), mit Lactulose und Mikroklist aber gut in den Griff zu bekommen, und Sodbrennen, was aber auch mit zunehmendem Abstand von der Chemoinfusion immer besser wurde.


    Insgesamt hat mein Vater während der Chemo ganz normal gelebt. Manche Leute gehen während der Chemo sogar arbeiten.


    Aber wie Hexe schon sagte: Jeder Mensch reagiert anders. Trotzdem sollte deine Frau mit einem gewissen Optimismus an die Sache rangehen, das hilft ihr bestimmt.


    Ganz liebe Grüße
    Isa

  • Hallo Hexe,
    wie ich lese, hast Du die Chemo stationär machen lassen.
    Spricht aus Deiner Sicht was dagegen das ganze ambulant machen zu lassen? Mit dem Vorteil, daß man abends in seinem eigenen Bett schlafen kann?
    Gruß
    Leoshivi

  • Hallo Leoshivi,

    Gemcitabin und Cisplatin werden nicht an einem Tag verabreicht; üblicherweise läuft ein Chemotherapiezyklus mit diesen Medikamenten so ab:
    Gemcitabin Tag 1+8, Cisplatin Tag 2.
    Die Gemcitabin-Infusionen kann man ambulant geben - das war bei mir bei der Infusion an Tag 8 auch so. Cisplatin gibt man so gut wie immer stationär, weil einmal mehrere Stunden/Liter vorher gewässert werden muss, und erst, wenn der Patient eine bestimmte Menge Urin innerhalb einer Stunde auspullert, darf mit der Cisplatin-Infusion begonnen werden, und das auch nicht zu schnell. Dann wird der Patient nochmals gewässert; außerdem muss er viel !!!! trinken, denn das Cisplatin ist hoch nierentoxisch. Sowas, und die entsprechende Überwachung hinterher geht meistens garnicht ambulant. Ich selbst bin manchmal noch einen Tag länger in der Klinik geblieben, weil ich nichts bei mir behielt und deshalb intravenös Flüssigkeitszufuhr erforderlich war.
    Das ist auch heute noch Standard.
    Eine Monotherapie nur mit Gemcitabin ist aber durchaus ambulant möglich.
    Ich habe dieses Therapieschema nicht nur selbst erhalten, sondern es steht auch so in der Fachinformation für Ärzte und Apotheker über Cisplatin. Ich kenne auch keinen aus dem Forum (oder auch sonst), der Cisplatin ambulant erhalten hätte.

    Liebe Grüße

    Hexe :tanzen:

  • rainer

    Hat das Thema geschlossen.