pT2a G3 / dann cT4: Blasenerhalt durch Radiochemotherapie.

  • Hallo, liebe Leidensgefährten,


    nachdem ich seit meiner Blasenkrebs-Diagnose (Nov. 2005, pT1 G2-3 und 1. TUR) von den Beiträgen hier im Forum und auch anderswo nur profitiert habe und stiller Leser war, möchte ich jetzt mal Danke sagen und vielleicht etwas zurückgeben in der Absicht, dass meine gemachten Erfahrungen anderen Betroffenen evtl. hilfreich sein könnten.


    Unter dem Schock der Diagnose Blasenkrebs saß ich anfangs nächtelang am Computer, an Schlaf war nicht zu denken, und suchte in Foren, diversen Klinikseiten und sonstwo Antworten auf die Frage: Wie nun weiter? - und las in der Folgezeit auch einige sehr informative Broschüren der Deutschen Krebshilfe, vor allem auch zur „Strahlentherapie“.


    Schon im Januar 2006 sollte die Blase raus („wenn ich auf Dauer geheilt werden wollte“),so mein damaliger Urologe.
    Das lehnte ich ab, weil ein Danach mit Neoblase oder einer anderen Ersatzlösung für mich der totale Horrorgedanke war und auch noch ist, den ich für mich unter keinen Umständen akzeptieren wollte und kann.
    Lebensqualität stand und steht für mich eindeutig vor Lebensdauer.


    Nach einer Beratung durch einen Chirurgen der Urologie unseres Klinikums und auch vereinzelt gefundenen positiven Erfahrungen im Internet zu Möglichkeiten der Strahlen- und Chemotherapie stand für mich eindeutig fest, dass ich auf meine Harnblase unter keinen Umständen verzichten werde, auch unter Akzeptanz aller sich evtl. daraus ergebenden negativen Konsequenzen.


    So folgten dann 12x Instillationen mit Mitomycin bis November 2006 und zwischenzeitlich 5x TUR (ca. alle 2 Monate) wegen dauernder Bindegewebswucherungen an den 2 OP-Stellen, die bei den immer vorhergegangenen Zystoskopien nicht als gutartig zu erkennen waren.


    Im Juni 2007 dann erneute Krebsdiagnose und TUR (pT2a,G 3) mit der dringlichen Empfehlung , die Blase doch entfernen zu lassen (entsprechend der statistischen Prognose über Heilungsaussichten).


    Während meiner vielen TURs hatte ich mich schon in der Strahlenklinik unseres Klinikums nach dortigen Möglichkeiten und Heilungsaussichten informiert und für mich entschieden: Das wird mein Weg, diesen kann ich akzeptieren und mich mental voll für eine erfolgreiche Behandlung motivieren.


    Am 27.8.2007 also Einzug in die Strahlenklinik zur Radiochemo-Therapie.
    Am dritten Tag glücklicherweise zur Sicherheit noch ein MRT mit dem Ergebnis, dass der Krebs nicht nur innerhalb, sondern pflaumengroß (cT4) auch außen an der Vorderwand der Blase saß (ohne Infiltration anderer Organe) und ein Bestrahlungserfolg fraglich erschien.
    (Im CT war der Außentumor nicht sichtbar gewesen, warum auch immer.)
    Empfehlung: Zumindest eine Teilresektion der Blase versuchen (ca.1/3 ) , danach Strahlen- und Chemotherapie wie geplant.
    Das war für mich akzeptabel.
    Falls die OP sich so als nicht ausführbar herausstellen sollte, war der Abbruch der OP vereinbart und sollte nur die Radiochemo-Therapie durchgeführt werden..


    So geschah es dann.
    - 18.9.2007 Blasenteilresektion gelang, keine feststellbaren Metastasen.
    - 9.-25.10. und 5.-16.11.2007 Strahlen- und Chemotherapie (Cisplatin/Carboplatin)


    Die Nebenwirkungen der Chemo (obwohl noch eine relativ harmlose gegenüber anderen) während und bis ca. 3 Monate nach der Behandlung waren recht erheblich, sehr unangenehm, aber doch aushaltbar. Gleiches gilt für die recht heftige Enddarmentzündung während und nach den 30 Bestrahlungen.


    Von Juni bis November 2007 war ich somit dann insgesamt ganze 10 ½ Wochen im Krankenhaus gewesen und hatte seit November 2005 auf insgesamt 12 Krankenhaus-Aufenthalte gebracht.


    Aber das ist jetzt alles vergessen, dank einer Klinik mit großartiger Urologie und Strahlenklinik und sehr kompetenten Ärzten und Schwestern. Ich habe mich dort, abgesehen von den Umständen, immer sehr wohlgefühlt.


    Parallel zur geschilderten Behandlung habe ich Ende Mai 2008 meine zweite 12-wöchige Mistel-Spritzkur (Lektinol von Madaus) beendet, die mir beide auf meine Nachfrage hin verordnet wurden und von der Barmer-Krankenkasse auch anstandslos bezahlt wurden.
    Man muss aber nach solchen Dingen und ergänzenden Therapie-Möglichkeiten fragen und je besser man informiert ist, umso besser ist man dazu auch in der Lage.
    Seit Sommer 2007 bin ich außerdem beim Heilpraktiker (Immunsystem-Stärkung ) in Behandlung.


    Mein bisheriges Ergebnis:


    Mir und meiner Harnblase geht es bestens.
    Obwohl ein Drittel der Blase fehlt, hat sie sich inzwischen gedehnt und es gibt keinerlei anfängliche Beeinträchtigung (Harndrang) mehr.
    Sie ist voll funktionsfähig. Ich muss nachst nicht raus und bin nach wie vor dicht.


    Die bisherigen Kontrollbefunde (2 Zystoskopien, 2 MRT) sind bisher in Ordnung und ich hoffe, dass es so bleibt.


    Wenn nicht, dann haben sich für mich bis jetzt zumindest diese 2 ½ Jahre mit einer nach wie vor voll funktionsfähigen Blase gelohnt, egal, was da evtl. noch kommen und sich entwickeln könnte.


    Ohne Wenn und Aber : Ich würde alles noch einmal wieder genau so machen.


    Was sagte mir mein Klinik-Chirurg in der ersten Begegnung 2005:
    „Entscheiden Sie sich für die Therapie, mit der Sie sich identifizieren können und das machen wir.
    Abgerechnet über Erfolg oder Misserfolg einer Therapie wird sowieso erst am Ende, evtl. auch gegen die Statistik und allgemeine Standard-Therapie.


    Dieser Standpunkt war es, der mir die ganze Zeit die nötige Zuversicht und den Optimismus gab und gibt.


    Es gibt eben nicht unbedingt nur den einen Weg = Blasenentfernung.


    (Es ist aus meiner Sicht schade und auch etwas sehr einseitig, dass in den Foren fast ausschließlich nur die Blasenentfernung beim invasiven Blasenkrebs als die einzige erfolgversprechende Möglichkeit diskutiert und empfohlen wird.)


    Für mich war und ist es grundwichtig , mich so umfassend wie möglich allseitig zu informieren und auch dadurch zu wissen und zu entscheiden, was ich letztendlich will und was auf keinen Fall.


    Ich muss auch sagen, dass ich in meiner Klinik nur verständnisvolle Ärzte hatte, die nach Aufzeigen der Risiken immer sagten: Wenn Sie das so wünschen, dann machen wir das so, wenn es machbar ist, und wenn es auch nicht gerade unsere Standard-Methode ist.


    ----------


    Vielleicht kann ich mit diesem Bericht, dieser Erfahrung jemandem Mut machen, für den eine Blasenentfernung auch ein nicht vorstellbarer und nicht akzeptierbarer Weg ist.


    Über den weiteren Verlauf will ich hier gerne weiter berichten.


    Ich bin übrigens 67 Jahre alt.


    Sollte es evtl. Fragen geben, beantworte ich sie gern.


    Gruß Ebs


    P.S. Habe den Beitrag in die Unterforen :“ Muskelinvasiver Blasenkrebs“ und „Erfahrungen“ gesetzt.
    Bitte evtl. 1x löschen, wusste nicht, wo er besser hinpasst.

  • Erst einmal Danke das Du deine so andere Erfahrung hier niedergeschrieben hast. Es ist immer sehr wertvoll auch von anderen Verfahren und Möglichkeiten zu hören und zu lesen. Dein Bericht hinsichtlich Deines pT2a G3 ist eine wertvolle wenn auch nicht zu verallgemeindernde Möglichkeit den Blasenkrebs zu begegnen.


    Ich habe mir Deinen Bericht sehr genau durchgelesen. Dein Entschluss sich für die Strahlenthearpie zu entscheiden war ein mutiger aber auch gefährlicher Weg. In Deiner Situation kann man wirklich von Glück sprechen obwohl die Kompetenz des KH einen erheblichen Beitrag dazu geleistet hat das es Dir heute so gut geht.


    Gratulation.. !!!


    Trotzdem ist es nicht so, das eine Neoblase das Ende jeglicher Lebensqualität bedeutet. Mir fehlt seit über 4 Jahren die Originalblase, meine Lebensqualität hat sich nicht erheblich eingeschrängt. Ich arbeite täglich voll und darüber hinaus, bin genauso trocken wie du und es geht mir sehr gut..


    Ich weiß nicht ob Teilresektion, Chemo und Strahlentherapie mit Folgeschäden für den Körper erheblich belastender sind und waren.
    10 1/2 Wochen Krankenhaus, Enddarmentzündungen sind ja gerade auch nicht ein Zeichen von Lebensqualität.


    Trotzdem hast Du viel Mut bewiesen indem Du einen anderen Weg gegangen bist. Ein Weg der allerdings mit einem höheren Risiko behaftet ist als der normal übliche Standardweg.


    Hoffen wir das Du deinen Blasenkrebs endgültig besiegt hast. Ich wünsche Dir für die weitere Zeit eine Krebsfreie Zeit.


    Mit freundliche Grüßen Rainer

  • Hallo Rainer,


    vielen Dank für deine Antwort und deine Gratulation (hoffe, dass sie möglichst lange Berechtigung hat).


    Aus deinen Beiträgen kenne ich dich schon die besagten 2 1/2 Jahre und freue mich für dich und alle, die ihr mit eurer Lösung gut zurandekommt und damit auch gut leben könnt.


    Zitat

    Original von rainer
    Dein Entschluss sich für die Strahlenthearpie zu entscheiden war ein mutiger aber auch gefährlicher Weg.


    Die Entscheidung für eine Total-OP hätte mir mehr Mut abgefordert.
    Gefährlicher und risikoreicher vielleicht, aber mit der Chance, evtl. eine voll funktionsfähige Blase zu behalten. Das war mir den Einsatz wert.


    Zitat

    Original von rainer
    Trotzdem ist es nicht so, das eine Neoblase das Ende jeglicher Lebensqualität bedeutet.


    Das würde ich auch nie zu behaupten wagen, nur für mich wäre es keine Lösung.
    Jeder muss seine Entscheidung treffen, mit ihr klarkommen und letztendlich damit leben oder auch nicht.


    Zitat

    Original von rainer
    Ich weiß nicht ob Teilresektion, Chemo und Strahlentherapie mit Folgeschäden für den Körper erheblich belastender sind und waren.
    10 1/2 Wochen Krankenhaus, Enddarmentzündungen sind ja gerade auch nicht ein Zeichen von Lebensqualität.


    Stimmt,aber das ist jetzt ja überwunden (auch eine Total-OP ist kein Spaziergang) und ich hoffe, dass das Befinden so bleibt.
    Bis jetzt hat sich der Einsatz für mich mehr als gelohnt.


    Zitat

    Original von rainer
    Hoffen wir das Du deinen Blasenkrebs endgültig besiegt hast. Ich wünsche Dir für die weitere Zeit eine Krebsfreie Zeit.


    Vielen Dank für deine guten Wünsche, die ich ebenso herzlich erwidere! Hoffen wir, dass sie auf Dauer helfen!


    Mit herzlichen Grüßen Ebs


    Für evtl. Interessenten, weil es hier u.a. auch um Radiochemo-Therapie geht:
    http://www.onmeda.de/krankheiten/blasenkrebs.html?p=7

  • Hallo,


    noch eine kleine Literatur-Ergänzung zum obigen Thema, insbesondere die Abschnitte zur Radiochemotherapie:


    http://www.medizinstudent.de/u…19_harnblasenkarzinom.doc


    Gruß Ebs

  • Hallo Eps,


    so sieht man sich wieder, hi, hi....


    Ich habe die Antwort von Professor Wust, ( und Deine natürlich ebenfalls ), gelesen.
    Man lernt - verdammich - nie aus.


    Für unsere Nutzer sei hier einmal die angeführte Radiochemotherapie beschrieben :



    Radiotherapie des invasiven Blasenkarzinoms


    Urothelkarzinome zählen zu den prinzipiell radiosensiblen Tumoren, wobei die Radiotherapie (RT) eine kurative Therapiemodalität darstellt. Eine Bestrahlungsindikation besteht prinzipiell in allen Situationen, bei denen durch konservative Maßnahmen (transurethrale Resektion, TUR) eine längerfristige Tumorkontrolle mit Blasenerhalt nicht wahrscheinlich ist, oder spätestens dann, wenn von urologischer Seite die Indikation zur Zystektomie gestellt wird:
    • muskelinvasive Tumoren T2-T4,
    • T1-Karzinome mit Risikofaktoren (T1 G3; nicht resezierbar und/ oder rezidivierend, Tumordurchmesser >5cm, assoziiertes Tis). Bei nicht infiltrienden Tumoren (Ta, Tis) und gut differenzierten T1-Tumoren besteht keine primäre Indikation, eine Strahlentherapie ist in diesen Fällen erst bei invasiven Rezidiven angebracht.
    Primäre Radiotherapie
    Wichtigste Voraussetzung für die Prognose nach primärer Bestrahlung ist das Ausmaß der vorangehenden transurethralen Resektion. Patienten, bei denen eine makroskopisch komplette transurethrale Resektion (im Sinn eines maximalen Debulkings) gelang, haben nach primärer Radiotherapie signifikant höhere Tumorkontroll- und Überlebensraten als Patienten nach R2-Resektion. Das Ausmaß der residualen Tumormasse hat einen stärkeren prognostischen Einfluss als das T-Stadium.
    Nach alleiniger Radiotherapie wurden klinische Ergebnisse aus zahlreichen großen Serien publiziert: Die initialen klinisch kompletten Remissionsraten liegen durchwegs um 50 Prozent, wobei die Tumorkontrollwahrscheinlichkeit außer von der Radikalität der transurethralen Resektion abhängig ist von der Größe, dem Stadium, der (Histo-)Morphologie, dem Vorliegen einer Ureterobstruktion und/oder einem begleitenden multilokulären Tis. Bei allen Patienten, bei denen eine komplette Remission erreicht wurde, entwickeln 25 bis 30 Prozent ein späteres Lokalrezidiv. Nach alleiniger Radiotherapie ist somit dauerhafte lokale Tumorkontrolle in etwa 40 Prozent der Fälle zu erzielen. Bei muskelinvasiven Tumorrezidiven sowie bei allen primär nicht kontrollierbaren Tumoren ist in kurativer Intention eine Salvage-Zystektomie anzustreben.
    Kombinierte Chemo-Radiotherapie
    Der Anteil der Patienten, die nach einer kompletten Remission (CR) lokal tumorfrei bleiben, ist unabhängig von der Art der Primärtherapie mit etwa 70 Prozent generell hoch. Somit sollten alle Therapien, die die initiale komplette Remissionsrate erhöhen, die permanente lokale Tumorkontrollrate und in weiterer Folge die Überlebensraten steigern. Nachdem bei Urothelkarzinomen auch die Chemotherapie über ein kuratives Potenzial verfügt, sind in den letzten zehn Jahren zahlreiche Therapieprotokolle zu einer kombinierten Chemo-Radiotherapie erstellt worden.
    Je nach Sequenz ist zwischen neoadjuvanten und/oder konkomitanten Chemo-Radiotherapie-Schemata zu unterscheiden. Der kombinierte Behandlungsansatz begründet sich durch folgende Argumente:
    • Multimodale Therapien haben ein synergistisches Potenzial. Das therapeutische Wirkprinzip einer konkomitanten (zeitgleichen) Chemotherapie liegt in der Sensibilisierung der Tumorzellen für die Radiatio. Die bestetablierte Substanz in der Chemo-Radiotherapie des Blasenkarzinoms ist nach wie vor das Cisplatin (oder Carboplatin). Der Wirkungsmechanismus besteht dabei nicht nur in einem eigenen, direkten zytotoxischen Effekt (additive Wirkung), Cisplatin verfügt über ein synergistisches Potenzial als Radiosensitizer (unter anderem durch Reparaturhemmung von Doppelstrangbrüchen, die durch ionisierende Strahlung entstehen).
    • Durch die neoadjuvante (Induktions-)Chemotherapie (zum Beispiel zwei Zyklen M-VEC) soll eine Größenreduktion des Primärtumors und damit eine Reduktion der Zahl klonogener Tumorzellen vor der definitiven Bestrahlung erreicht werden.
    • Aufgrund der prinzipiellen Chemosensitivität der Urothelkarzinome besteht außerdem die Chance zur Eradikation okkulter Mikrofernmetastasen, sodass höhere Heilungsraten möglich werden können.
    • Elementar für den Erfolg multimodaler Schemata scheint dabei die zügige Durchführung der Abfolge der Therapien zu sein. Eine protrahierte Chemotherapie kann trotz partieller klinischer Tumorremission zu einer verstärkten Proliferation überlebender Tumorzellen führen (sogenannte akzelerierte Repopulation) mit letztlich verminderter Effektivität bei der anschließenden Radiotherapie. In der Tabelle sind die klinischen Ergebnisse von einigen der wichtigsten Publikationen zur Chemo-Radiotherapie des Blasenkarzinoms dargestellt. Die berichteten kompletten Remissionsraten liegen zumeist bei rund 70 Prozent, wobei 83 bis 89 Prozent der initial erzielten kompletten Remissionen lokal rezidivfrei bleiben. Die größten publizierten Serien stammen aus den Kliniken in Erlangen, dem Massachusetts General Hospital (MGH), aus Paris und von der Radiotherapy Oncology Group (RTOG): Nach drei bis fünf Jahren liegt das Gesamtüberleben je nach Tumorstadium zwischen 45 und 64 Prozent. Bei klinischen T2-Tumoren werden Überlebensraten von 64 bis 68 Prozent berichtet. Diese klinischen Resultate sind mit den Ergebnissen nach primärer Zystektomie vergleichbar, wenngleich keine randomisierten Studien zwischen radikal operativem Vorgehen einerseits und multimodaler konservativer Behandlung existieren.
    Somit bleibt auch bei fortgeschrittenen Blasentumoren die Blasenerhaltung ein primäres Therapieziel, mit Organerhaltungsraten von über 80 Prozent bei den langzeitüberlebenden Patienten. In den genannten Serien wurden Therapieversager frühzeitig vor einer lokalen Progression einer sofortigen Salvage-Zystektomie zugeführt,
    um das neuerliche Risiko einer systemischen Aussaat zu minimieren. Bei Patienten, bei denen primär keine komplette Remission erzielt werden konnte, liegen die Fünf-Jahres-Überlebensraten trotz Zystektomie nur bei rund 20 Prozent. Als Begründung wird angenommen, dass größere Tumoren, die lokal schwieriger zu beherrschen sind, ein a priori höheres Metastasierungsrisiko aufweisen. Das initiale Ansprechen auf die Chemotherapie ist möglicherweise ein Indikator für das Potenzial, okkulte Metastasen kontrollieren zu können. Das Ausmaß des Ansprechens auf eine neoadjuvante Chemotherapie kann bei der Selektion für ein blasenerhaltendes Vorgehen hilfreich sein. Bislang konnte kein eindeutiger Vorteil einer höheren Effektivität der zusätzlichen Induktionschemotherapie gegenüber der ausschließlich konkomitant durchgeführten Chemo-Radiotherapie gezeigt werden.


    Zukünftige Entwicklung


    Schwerpunkte der klinischen Forschung liegen in der Entwicklung von „predictive assays“ zur frühzeitigen Identifikation von Therapieversagern nach multimodaler Therapie (etwa 30 Prozent der T2- und T3-Tumoren). Der Einsatz neuer Chemotherapeutika (zum Beispiel Paclitaxel und Gemcitabin) ist nicht nur in der Entwicklung effektiverer Schemata zur frühzeitigen Eliminierung von Mikrofernmetastasen von Bedeutung, sondern auch hinsichtlich ihres möglichen Potenzials als Strahlensensibilisatoren. So ist zum Beispiel Gemcitabine eine in der Therapie fortgeschrittener Blasentumore schon länger etablierte Substanz. Umgekehrt ist bekannt, dass Gemcitabine in der Therapie von nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen und Pankreastumoren bereits in niedrigen (nicht zytotoxischen) Konzentrationen eine stark strahlensensibilisierende Wirkung aufweist. Dennoch geht die bisherige Erfahrung als Radiosensitizer beim Blasenkarzinom nicht über Phase-I-Daten hinaus, sodass hier ein Potenzial zur Weiterentwicklung der bisherigen Standardtherapie besteht. Innovative Strategien in der Radiotherapie haben primär lokale Dosiseskalationen und -intensifikationen zum Ziel: unter anderem die Evaluierung akzeleriert/hyperfraktionierter Bestrahlungsschemata oder auch die Integration der intraoperativen Radiotherapie (IORT) als Boostmodalität.


    Technische Durchführung


    Die kurative Bestrahlung erfolgt mittels hochenergetischer Photonen an Linearbeschleunigern nach computerisierter CT- und/oder MR-gestützter Querschnittsplanung. Standard sind konformierte, dreidimensional geplante Mehrfeldertechniken zur optimalen räumlichen Anpassung der Bestrahlungsanordnung an das Zielvolumen. Dadurch wird eine maximale Dünndarm- und Rektumschonung erreicht. Mittels täglicher Einzeldosierung von 170 bis 200cGy können Gesamtdosen von 60 bis 65Gy in sechs bis acht Wochen je nach multimodalem Konzept ohne signifikante Morbidität appliziert werden.


    Toxizität der Radiotherapie


    Akutreaktionen: Passagere G1/2-Zystitiden (nahezu obligat), schwere Radiozystitiden (G3–4) in weniger als drei Prozent (zumindest wöchentliche Harnkontrollen sind während der Radiotherapie nötig), leichte Diarrhoen und Proktitis (G1/2) in 25 bis 30 Prozent und feuchte Epidermolysen in drei bis fünf Prozent. Diese Reaktionen sind symptomatisch gut kompensierbar und klingen im Allgemeinen ein bis drei Wochen nach Therapieende vollständig ab. Spätreaktionen: Chronische Zystitis (G3) in weniger als fünf Prozent (bei Anwendung moderner Bestrahlungstechniken ist selbst nach Chemo-Radiatio die Entwicklung einer „radiogenen Schrumpfblase“ ein rares Ereignis), chronische Proktitis in zwei bis fünf Prozent (Therapie: lokale Cortisonapplikation) sowie Dünndarm- und Rektumstenosen in weniger als drei Prozent.



    Zusammenfassung


    Die primäre Chemo-Radiotherapie ist eine hocheffiziente Strategie in der Therapie des muskelinvasiven Blasenkarzinoms. Die Überlebensraten sind mit den Resultaten nach primärer Zystektomie vergleichbar. Bei 70 bis 80 Prozent der Überlebenden gelingt die Organerhaltung bei guter Blasenfunktion. Prognostisch wichtigster Faktor ist die Radikalität der vorangehenden transurethralen Resektion. Eine konkomitant zur Bestrahlung durchgeführte Cisplatin-Monotherapie verstärkt den Radiotherapieeffekt hinsichtlich der lokalen Tumorkontrolle bei geringer Toxizität. Neoadjuvante Chemo-Radiotherapie-Sequenzen verbessern darüber hinaus möglicherweise die Gesamtüberlebensraten.


    Prim. Univ.-Prof. Dr. Felix Sedlmayer
    Universitätsklinik für Radiotherapie und Radioonkologie,
    Landeskrankenhaus Salzburg


    © MMA, krebs:hilfe! 03/2007
    _________________________________________________________


    Kürzer definiert :
    Eine Radiochemotherapie (RCT) ist ein Organ erhaltender Ansatz beim Blasenkarzinom.
    Er wurde vor allem in Erlangen entwickelt.
    Allerdings sollte der Tumor in der Blase mittels TUR so weit wie möglich entfernt werden.
    Beim Stadium T3 bleibt dann immer ein kleiner Rest.
    In den Studien, die dazu durchgeführt wurden, kann die Blase in ca. 80% erhalten werden.
    Falls doch ein Rezidiv kommt, wird eine sog. Salvage-Zystektomie durchgeführt.
    Publikationen finden Sie unter den Autoren Dunst oder Sauer (und natürlich in den Lehrbüchern der Strahlentherapie).


    Die Urologen halten wohl weniger von diesem Konzept, weil sie (natürlich) lieber gleich operieren wollen (Neoblase etc).
    Eigentlich müssten sie die Patienten über die andere Methode informieren, aber das geschieht im allgemeinen nicht.
    Dabei spielen natürlich auch berufspolitische Interessen eine Rolle.


    Die publizierten Daten zeigen jedenfalls, dass die RCT eine interessante Behandlungsoption darstellt.
    ( Prof. Wust in Onmeda auf meine Frage )


    Gruß
    Eck :ecke:hard

  • Das Problem ist, dass Urologen sich an die urologischen Leitlinien halten um "keinen Fehler" zu machen und einen Nachwies führen zu können im Falle einer Komplikation.
    Es dauert mitunter 5-7 Jahre bis neue Erkentnisse in den Leitlinien zu finden sind.
    Beispiele dafür gibt es viele (ALA ist seit 14 Jahren bekannt, seit 10 Jahren im Einsatz, seit 2 Jahren von Hexvix abgelöst worden und findet jetzt erst eine Berücksichtung in den Leitlinien)
    Die urologischen Leitlinien sind einfach definiert:
    heutiges Datum - 6 Jahre = Stand der Erkenntisse nach denen praktiziert wird.
    Alternativ:
    individuelle Therapie. Beispiel ebs
    Voraussetzung: Man sollte sich sachkundig machen vor einer Entscheidung. Hochachtung vor Ebs und Gratulation. Viele Menschen interessieren sich jedoch nicht dafür und verbringen mehr Zeit am Fernseher nach der Diagnose.
    Zudem wird das Ganze erschwert durch eine Präsidentin der deutschen Krebshilfe (Ms. Schimpanski), die von Tuten und Blasen keine Ahnung hat und speziell für Blasenkrebs Ratgeberbroschüren unterzeichnet , die
    a) inhaltlich falsch sind
    b) sich auf den Seiten wiedersprechen
    Solange solcher Unfug mit Spendengelder betrieben wird und aktuelle gesicherte Erkenntnisse in solchen Broschüren nicht einfließen.---> keine Chance.


    Denk ich an Schimpanski, denke ich an ein Tier im Zoo. Ich weiss nicht warum.
    Für diejenigen die sich für Unsinn interessieren nochmal ein Beitrag reinkopiert aus dem Jahr 2006:


    ISA schrieb damals:
    ich wollte dir und deinem Mann noch den Ratgeber Blasenkrebs der Deutschen Krebshilfe empfehlen:
    http://www.krebshilfe.de/neu/i…ren/blase/ratgeber_18.pdf


    Anmerkung in rot von Thomas am 10. Aug.2006:
    Habe den gut gemeinten Link von Isa gelesen und bin erschrocken, welcher Blödsinn auf Seite 13 (pdf) unten zum Thema TUR und Beendigung der Therapie nach einer TUR steht.
    Richtig: Die Therapie ist nicht beendet nach einer TUR --> Instillationen folgen; 2. Nachresektion usw.!!!


    Auch auf S.16 (PDF) rechts, 3 Absatz: "Tritt der Tumor nach der endoskopischen Entfernung zum Beispiel nach 6 oder 12 Monaten wieder auf, kann man Medikamente geben..."
    Richtig ist Instillation nach der TUR (z.B BCG nach 2-3 Wochen), wenns kein ptaG1 ist und natürlich eine 2. TUR. Das ist schon grob fahrlässig, was hier von einem Dilletanten fabriziert worden ist.
    Das ist nicht Krebshilfe , das ist grober Unfug.


    Seite 20 (pdf) Thema Chemotherapie: angeblich erst nach vorliegenden Rezidiven: Totaler Blödsinn.
    Richtig ist: nicht die Rezidive entscheiden den Einsatz von z.B Mitomycin, sondern die Tumorart und im Speziellen Rezidive bei ptAG1.


    Ich halte solche Aussagen in einer Broschüre, von welchem Verband auch immer, für grob fahrlässig. Isa, du kannst nichts dafür. Aber es ist einfach falsch was da drinnen steht. Dies gilt nur für nen ptaG1. In dieser Broschüre wird an diesen entscheidenden Passagen nicht differenziert.


    Dem zuständigen Prof auf Seite eins gehört die Broschüre links und rechts um die Ohren gehauen...
    So ein Mist liegt tausendfach in deutschen Kliniken rum und kein Urologe meldet seine Bedenken an beim Verband.


    Schlussbemerkung:
    Mittlerweile wurde der link von der Krebshilfe gelöscht und durch den http://www.krebshilfe.de/filea…ue_Ratgeber/018_blase.pdf ersetzt worden. (Seite 32 der Broschüre zB. links unten)

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