Von der Beantragung einer Berufskrankheit bis zur Anerkennung *

  • Die Beantragung einer Berufskrankheit erfolgt durch einen Arzt.


    Er verwendet dazu das Formular des HVBG "ÄRZTLICHE ANZEIGE BEI VERDACHT AUF
    EINE BERUFSKRANKHEIT"


    Der Aufwand für die Erhebung der Daten, der für die Erstellung der Berufskrankheiten-Anzeige erforderlich ist, wird von den Unfallversicherungsträgern mit der Gebühr nach Nr. 141 UV-GOÄ in Höhe von 15,22 Euro vergütet.


    Die Berufsgenossenschaft meldet sich danach und bittet um "Einwilligung zur Datenerhebung" bei den Ärzten und um Angabe aller Betriebe und Beschreibung der Tätigkeiten mit den verwendeten Betriebsstoffen des gesamten Berufslebens.


    Es erfolgt (in 99 % aller Fälle) der Bescheid über die Ablehnung einer Berufskrankheit.


    Nun muss gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt werden.
    Zur Begründung sind die Ablehnensgründe zu bedenken und neue Tatsachen vorzubringen.
    (Hier hilft noch evtl. der VdK, besser allerdings schon ein Fachanwalt [oder dies Forum])


    Es folgt in 97% der Fälle der Widerspruchsbescheid.


    Nun geht es zum Sozialgericht.
    Ab jetzt muss es mit anwaltlicher Hilfe sein.
    Klageerhebung
    Die BG wird beantragen, die Klage abzuweisen.
    Das Gericht wird ein Sachverständigen-Gutachten anfordern.
    Dazu benennt es einen Gutachter.
    Dieser erstellt nach persönlicher Inaugenscheinnahme und Untersuchung des Klägers ein Gutachten und reicht es bei Gericht ein.


    Bis hierhin sind schon 2 Jahre ins Land gegangen.


    Sollte etwa das Gutachten zu Gunsten des Patienten ausfallen, wird die BG dagegen Einspruch einlegen und ein weiteres arbeitsmedizinisches Gutachten einfordern.


    Nun dauert der Prozess schon 4 Jahre.


    Irgendwann kommt es zur Verhandlung. Falls der Richter zu dem Schluss kommt, das eine Berufskrankheit vorliegt und die BG zahlen soll, wird sie Revision beantragen.


    Nun geht der Fall zum Landessozialgericht.
    Oh Wunder, auch diese Instanz erkennt auf Berufskrankheit.
    Dann geht die BG vors Bundessozialgericht.
    Von dort gibt es ein abschließendes Urteil.


    So sind dann 15 Jahre seit Erstantragstellung vergangern und manche Entscheidung erfolgt posthum.

    Ihr seht, langer Atem ist nötig.


    Grundsätzlich liegt es an dem Kläger, den Juristen im Sozialgericht genau zu erklären, woher und wie es zum Harnblasenkrebs kam.
    Selbst der beste Fachanwalt ist da hilflos, wenn es um chemische Zusammenhänge und toxische Stoffe geht. Hier ist die unbedingte Mithilfe des Patienten gefordert.
    Besorgt die Sicherheitsdatenblätter der Betriebs- und Arbeitsstoffe, mit denen ihr im gesamten Berufsleben zu tun hattet. Versucht an Hand der Trivialnamen im Internet die stoffliche Zusammensetzung der Gifte zu finden. Recherchiert die möglichen Zusammenhänge in Bezug auf eure Erkrankung und die Giftstoffe, mit denen ihr gearbeitet habt.

    Nach Zufallsfund 2006: pTa G2 (high grade) 5 x TUR-B und 30 x Mitomycin nun jährliche Kontrollzystoskopie mit Urinzytologie und PSA-Test

  • Hallo,


    hier noch einige Ergänzungen zu dem von Blasius beschriebenem Verfahren.


    Die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) wird nicht beantragt.
    Der Unfallversicherungsträger (UV) erhält eine Verdachtsanzeige auf eine BK. Diese Verdachtsanzeige muss der Arzt,der Arbeitgeber oder kann der Arbeitnehmer selbst formlos erstellen. Nachdem der Verdacht auf eine BK dem UV angezeigt ist, muss der UV von Amts wegen seine Ermittlungen (Offizialprinzip) aufnehmen. Das Berufskrankheitenverfahren läuft. An diesem Verfahren ist die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle ("staatl. Gewerbearzt") von dem UV zu beteiligen. Zum Abschlusss des Verfahrens wird vom sogenannten Rentenausschuss festgestellt, ob eine BK anerkannt wird oder nicht. Ein Bescheid wird zugestellt.


    Ist man mit dem Bescheid nicht einverstanden ist ein Widerspruch möglich. Dieser ist regelmäßig innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich oder zur Niederschrift bei dem UV einzulegen. Eine Begründung des Widerspruchs ist zwar nicht nötig aber sinnvoll. Die UV erstellt ggf. nach weiteren Ermittlungen den Widerspruchsbescheid.


    Wenn auch der nicht in Ordnung ist, kann Klage erhoben werden. Im ersten Zug sind die Sozialgerichte (SG) zuständig. Die Verfahren sind kostenfrei und können auch ohne Anwalt betrieben werden. Die SG unterliegen genau so wie die UV dem Offizialprinzip. Nachdem das SG seine Ermittlungen abgeschlossen hat, gibt es ein Urteil darüber, ob dem Klageantrag gefolgt wird oder nicht.


    Ist das Urteil nicht in Ordnung kann man in Berufung gehen. Zuständig ist das Landessozialgericht (LSG). Auch hier sind die Verfahren kostenfrei, unterliegen dem Offizialprinzip und sind immer noch ohne Anwaltszwang. Wer möchte und kann, vertritt sich selbst.


    Wenn auch das Urteil des LSG nicht in Ordnung ist, geht es zum Bundessozialgericht. Revision ist einzulegen. Allerdings besteht hier die Pflicht, einen Anwalt hinzuzuziehen.


    LG


    Russi

  • Hallo Russi,
    danke für deine Ausführung zum Ablauf.


    Unsere Hausärztin ist Betriebsmedizinerin.
    Diese sind verpflichtet, bei Verdacht auf BK, dieses zur Anzeige zu bringen.
    Du hast also völlig recht:


    Es ist nicht ein Wollen sondern die Pflicht des Arztes dies in die Wege zu leiten!


    Herzliche Grüße
    Karla