Hallo liebe Betroffene und Angehörige,
ich bin als Angehörige mit dem Thema Blasenkrebs konfrontiert und habe über das tolle Forum
hier inzwischen schon viel dazu gelernt – Danke an alle für euer Engagement.
Ich würde gern den bisherigen Verlauf + Befunde meines (72 Jahre) hier einstellen und versuche
mich (soweit dies irgendwie möglich ist) kurz zu fassen …
Mai 2011
Der Hausarzt überwies meinen Vater an einen Urologen, da der Urin nicht gut aussah und mit Antibiotikum
keine Besserung eintrat.
25.05.2011 Befund des Urologen
Diagnose:
Makrohämaturie, V.a. Harnblasentumor
Prostata-Adenom Grac II
Mitgeteilte Asbestose (Anm. von mir: wurde bereits vor ca. 20 Jahre bei meinem Papa diagnostiziert)
Am 19.05.2011 Makrohämaturie, schmerzlos. Bereits 3. Rezidiv. Außerdem imperativer Harndrang,
zwei- bis viermalige Nykturie. Der Patient raucht 20 Zig. pro Tag. Mehrfache Antibiose nach Harnwegsinfekt.
Im Mittelstrahlurin finden sich massenhaft Erythrozyten, 35 Leukozyten, Bakterien (+) bei einem pH-Wert
von 5,0. Eiweiß und Zucker sind negativ. Urinkultur negativ.
Prostata glatt, pral., kastaniengroß, Genitale unauffällig, Nierenlager bds. klopfschmerzfrei.
Sonographisch beide Nieren unauffällig, Harnblase homogen, Restharnmenge 72 ml.
Urethrozystoskopisch blutig tingierte, unruhige Schleimhaut im Bereich des Blasenbodens, evtl. einem flach wachsenden Tumor entsprechend. Prostata mäßig obstruierend.
Ausscheidungsurographisch glatte Abflussverhältnisse des Kontrastharns aus dem oberen Harntrakt in die
Harnblase.
Zusammenfassung, Therapie und Procedere:
ASS wurde am 20.05.2011 abgesetzt. TUR Blase indiziert. Der Patient wird hierzu am 08.06.2011 in die Urologisch Klinik des KH Reutlingen stationär aufgenommen.
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Vom 08.06. – 12.06.2011 im Kreiskrankenhaus Reutlingen
Entlassungsbrief vom 17.06.2011 an den Urologen
Diagnose:
• Urothelkarzinom im Bereich des Blasenbodens, mind. T1/is G3 C67.9
• Rezidivierende Makrohämaturien
• Rezidivierende Harnwegsinfekte
Nebendiagnose:
• Hypercholesterinämie
• Arterielle Hypertonie
• Z.n. OP bei Asbestose
Therapie:
• 09.06.2011 Diagnostische Urethrocystoskopie, Transurethrale Resektion 5-573.40
der Harnblase 8-132.3
Histologie:
Partiell ulzerierte Anteile eines wenig differenzierten invasiv wachsenden Urothelkarzinoms und
Hyperämische Harnblasenschleimhaut mit Erosionen, Ulzerationen, Urotheldysplasien, laut klinischen
Angaben aus dem Harnblasenboden.
Immunhistochemische Aufarbeitung:
Die atypischen Zellen reagieren stark positiv mit Marker CK 19 und zum Teil positiv mit Marker CK 20,
typisch für das Urothelkarzinom. In der Untersuchung mit Marker CK 5, PSA, PSAP keine positive Farbreaktion.
Ein Plattenepithel-Karzinom und ein Prostataadenokarzinom liegt nicht vor. Die Proliferationsrate ist hoch
und liegt bei ca. 60%. Die Ergebnisse der immunhistochemischen Untersuchungen bestätigen die gestellte Diagnose eines Urothelkarzinoms.
Tumorhistologieschlüssel: ICD-O-Code: M-8130/3.
Malignitätsgrad: G3
Im übersandten Material ist eine Detrusioinfiltration nicht nachweisbar (superfiziell erfasste Biopsate). Begleitend einer in situ-Komponente des Karzinoms.
Nach telefonischer RS mit der Pathologie: mind. pT 1/is G3. Der Befund wird entsprechend geändert.
Geplante Neuaufnahme zur transurethalen Resektion der Harnblase bei cystoskopischem V. a. bösartige Neubildung der Harnblase. Nach den üblichen Vorbereitungen komplikationslose Durchführung des o.g. Eingriffs. Postoperativ Urin rasch klar. Nach DK-Entfernung problemlose Miktio.
Sonographie bei Entlassung: Niere bds. nicht gestaut, restharnfreie Blasenentleerung.
Procedere:
Fachurologische ambulante Weiterbetreuung. Wiedervorstellung zur Nachresektion der Harnblase.
(Den Röntgen Thorax-Befund und die Laborwerte, wie z.B. Leukozyten, Thrombozyten, etc. lasse ich mal weg)
Institut für Pathologie Reutlingen, 09.06.2011
Klinische Angaben:
TUR-Blasenresektat. V. a. Harnblasen-Ca. im Blasenboden.
Makroskopischer Befund:
Vier bis 0,5 cm gr0ße Gewebestücke, insges. 1,4 cm großes Material (rs/hu).
Mikroskopischer Befund:
Histologisch finden sich alle, für die unten angegebene Diagnose erforderlichen Kriterien.
Diagnose:
Partiell ulzerierte Anteile eines wenig differenzierten invasiv wachsenden Urothelkarzinoms
und hyperämische Harnblasenschleimhaut mit Erosionen, Ulzerationen, Urotheldysplasien,
laut klinischen Angaben aus dem Harnblasenboden.
Nachfrage der Klinik bei der Pathologie, 17.06.2011
Klassifikation des diagnostizierten Urothelkarzinoms: mindestens T1, fokal pTis.
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Vom 03.08. – 08.08.2011 im Kreiskrankenhaus Reutlingen
Entlassungsbrief vom 17.06.2011 an den Urologen
Diagnose:
• Muskelinvasives Urothelkarzinom Blasenboden (mind. pT2 G3 + CIS C67.9
• Z. n. TUR-Blase am 09.06.2011 (Urothelkarzinom mind. T1/is G3)
Nebendiagnose:
• Hypercholesterinämie
• Arterielle Hypertonie
• Z.n. OP bei Asbestose
Therapie:
• 04.08.2011 Diagnostische Urethrocystoskopie, Transurethrale Resektion 5-573.40
der Harnblase 8-132.3
Histologie:
Harnblasenresektionsmaterial (Nachresektat Blasenboden) mit weiteren Anteilen des Vordiagnostizierten, teils gering differenzierten, invasiven Urothelkarzinoms neben Vernarbungen.
Zusätzlich ausgedehntes urotheliales Carcinoma in situ.
Fokal Infiltration kleinherdig mitgefasster Anteile der Muscularis propria (I).
Harnblasen-PE (Seitenwand links) mit einem urothelialen Carcinoma in situ (II).
Harnblasen-PE (Seitenwand rechts) mit ausgeprägten entnahmebedingten Artefakten und Erosionen. Fokal atypisches Utothel, offenbar entsprechend Anteilen eines urothelialen Carcinoma in situ (III).
Harnblasen-PE (Hinterwand) mit leichter chronischer Urocystitis. Dysplasiefreies Urothel, kein Tumornachweis (IV).
Harnblasen-PE (Vorderwand) mit einem abschnittsweise entwickelten urothelialen Carcinoma in situ z.T. im Bereich von Brunner’schen Epithelnester (V).
Anteile der Muscularis propria (Resektionsgrund zu I) mit fokalen Infiltraten des invasiven Urothelkarzinoms.
Tumorhistologieschlüssel: ICD-O-Code: M-8120/3
TNM-Klassifikation (7. Auflage 2010): T2 (mindestens). Malignitätsgrad: G3
Die stationäre Aufnahme des Patienten erfolgte geplant zur transurethalen Nachresektion bei bekanntem Urothelkarzinom am Blasenboden. Wir führten am 04.08.2011 den o.g. Eingriff durch.
Der peropertive Verlauf gestaltete sich komplikationslos. Bei Nachweis eines muskelinvasiven Harnblasenkarzinoms erfolgte das weitere Staging mittels Rö-Thorax und Abomen-Sono. Hier Sonographie bei Entlassung: Niere bds. nicht gestaut, restharnfreie Blasenentleerung.
Procedere:
Wir bitten um ambulante Kontrolle bei Ihnen. Befund mit Patient besprochen, es wurde die radikale Cystektomie empfohlen. Falls Patient sich hierzu entschließt, bitte um stat./prästat. Wiedervorstellung.
Institut für Pathologie Reutlingen, 04.08.2011
Klinische Angaben:
I. Nachresektat Blasenboden, II. Blasenseitenwand links, III. Blasenseitenwand rechts, IV. Blasenhinterwand, V. Blasenvorderwand, VI. Resektionsgrund zu I. Urothelkarzinom.
Makroskopischer Befund:
I.: Mehrere zusammen 1,5 cm im Durchmesser großes Gewebsstück
II.: Ein 0,4 cm großes Gewebsstück
III.: Ein 0,2 cm großes Gewebsstück
IV.: Ein 0,5 cm großes Gewebsstück
V.: Ein 0,5 cm großes Gewebsstück
VI.: Mehrere zusammen 0,8 cm im Durchmesser großes Gewebsstücke (ha/ps)
Mikroskopischer Befund:
Histologisch finden sich alle, für die unten angegebene Diagnose erforderlichen Kriterien.
(Anmerkung: Dabei war außerdem der Befund der Abdomensonographie und RöntgenThorax.)
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Soweit die Fakten …
Mein Vater hatte nie viel erzählt, sondern sprach immer nur von Entfernung eines Tumors.
Als ich dann aber den obigen Brief aus dem Krankenhaus (den er für den Urologen mitbekam) gelesen habe,
in dem die radikale Cystektomie empfohlen wurde, begann ich mich schlau zu machen; unter anderem betreffs zweite Meinung einholen. Ich rief im K-haus und seinen Urologen an, um sämtliche Befunde+Unterlagen anzufordern (habe natürlich zuvor meinen Pa gefragt, ob er einverstanden ist).
Der Urologe fragte daraufhin, ob wir noch am selben Tag gemeinsam zu ihm kommen können, um miteinander zu reden. Generell ist er aber auch dafür eine zweite Meinung einzuholen.
Er nahm sich dann nach der offiziellen Sprechstunde für uns Zeit und erläuterte die Sachlage.
Ich sprach ihn dann darauf an, dass im K-haus kein CT + Knochenszintigramm gemacht wurde und mich dies wundert, denn das ist doch offenbar Standard?! Mein Pa meinte, dass sie dort sagten, dass auch ein CT gemacht wird, aber dies dann nicht gemacht wurde?!
Daraufin schrieb der Urologe eine Überweisung zum Röntgeninstitut um CT + Knochenszintigramm machen zu lassen und außerdem eine Überweisung an die Uniklinik Tübingen zwecks Zweitmeinung.
Er kommt aufgrund der Befunde des K-haus Reutlingen jedoch auch zur der Meinung, dass die Blase raus muss. Mein Vater meinte dann „besser als in die Kiste“.
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Am 23.08.2011 waren wir dann gemeinsam im Röntgeninstitut.
Die Kurzzusammenfassung des CT:
Flächige Verdickung im Blasenboden bei bekanntem Harnblasenkarzinom. Kein Nachweis von Organmetastasen, einzelne kleine knotige Veränderungen im kleinen Becken aber keine eindeutigen Lymphknotenmetastasen.
Sigmadivertikulose.
Aortensklerose und Verkalkung der Beckenarterien. Fibrotische Veränderung der Lunge bei Asbestose.
Die Kurzzusammenfassung des Knochenszintigramm:
Degenerative Veränderung von Wirbelsäule Schultergürtel, Rhizarthrose und Fingerarthrose, sowie degenerative Veränderung im Bereich der Zehen.
Kein metastasentypischer Befund.
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Am 01.09.2011 waren wir dann in Tübingen bzgl. Zweitmeinung.
Wir übergaben alle Unterlagen (Berichte, Befunde, Röntgenbilder, CT, Knochenszintigramm). Nach ca. 1,5 Std. Wartezeit wurden wir dann zum Gespräch mit einem Onkologen der Urologie gebeten.
Er ließ erst meinen Vater erzählen, fragte auch nach seinen Lebensumständen. Als er hörte, dass mein Vater noch fast jeden Tag arbeitet (bei meinem Bruder im Sanitär-/Heizungsbetrieb) war er ziemlich erstaunt.
Er kam aufgrund der Berichte/Befunde jedoch zum selben Schluß: die Blase muss raus. Er klärte dann noch zu den Möglichkeiten auf (im Gegensatz zu Reutlingen, die darüber kein Wort verloren) und empfahl, aufgrund des guten geistigen + körperlichen Zustands und seiner körperlichen Aktivität, die orthotope Neoblase.
Er wollte gleich einen Termin vereinbaren; er merkte dann aber, dass mein Vater zögerte und wollte ihn offenbar nicht überrumpeln. Er soll in Ruhe daheim 2-3 Tage nachdenken und sich dann melden. Er stellte uns dann noch dem Kollegen vor, der für die OP-Koordination zuständig ist, damit beide ein Gesicht zueinander haben, wenn mein Vater anruft.
Insgesamt war der Eindruck der Tübinger Klinik ein viel besserer und mein Pa sagte mir dann auch, dass er in Reutlingen nicht so zufrieden war (wenig bis nichts erklärt, schlechte Organisation, jeden Tag andere Schwestern, …). Und dass wenn er es machen lässt, dann in Tübingen.
Also, er hat sich schließlich damit arrangiert und wollte sich demnächst in TÜ melden um einen Termin für Mitte September zu vereinbaren.
Nun kam vorgestern (06.09.) nachmittags der Anruf, dass er diese Woche am Freitag (09.09.) zur OP-Vorbereitung kommen (darf nachmittags wieder heim) und er am Sonntag Abend sein Zimmer beziehen soll, da er am Montag operiert wird.
Wir waren alle baff, wieso das nun so schnell geht?!
Mein Vater war nicht daheim als der Anruf kam und meine Mutti fragte leider nicht nach.
Ich hab dann am nächste Tag in TÜ angerufen; wollte wissen, ob es eine medizinische Notwendigkeit gibt für die nun recht kurzfristige OP, was denn bei der OP-Vorbereitung passiert, wer operiert und ich wollte nochmal wissen, wie denn generell die Zweitmeinung zustande kommt?
Je näher der Termin rückt, um so mehr frage ich mich, ob man denn alles ausgereizt hat.
Hätte z.B. noch eine TUR – diesmal fluoreszengestützt – eine Verbesserung gebracht?
Was ist, wenn es kein T2 ist, also die Muskulatur nicht infiltriert?
Würde das Vorliegen eines Cis bereits die Blasenentfernung rechtfertigen?
Außerdem lese ich bei vielen, dass nach der TUR eine Instillationstherapie gemacht wurde – bei meinem Pa jedoch nicht!? Würde das etwas am Ergebnis ändern?
Fragen über Fragen …
Ich bin bisher ziemlich pragmatisch damit umgegangen (fiel mir nicht immer leicht, aber ich sagte mir, dass Hysterie meinem Vater nichts nützt), aber nun schießen die Gedanken in meinem Kopf wild umher und ich weiß gar nix mehr …
Mein Vater geht übrigens (zumindest nach außen hin) bewundernswert damit um; und da er sich mit der Blasenentfernung ‚abgefunden’ hat, wollte ich ihn auch nicht mit meinen Zweifeln und Gedanken irritieren.
Ich würde mich ganz doll freuen, wenn ihr – die ihr zum großen Teil ja schon langjährige Erfahrungen mit der Thematik habt – eure Meinung dazu schreibt.
Liebe Grüße
Karin