Liebe Melanie* ,
ich möchte einen ganz anderen Aspekt ansprechen, den du erwähnt hast. Du möchtest so gerne wieder eine "normale" Mama sein für deine Tochter, wie sie es verdient hat. Ich musste ein wenig lächeln. Denn hat nicht jedes Kind auf dieser Erde die beste Mama verdient, die es gibt? Aber muss es eine sein, die auf den Spielplatz und zum schwimmen gehen kann?
Schau, meine Mama hatte Kinderlähmung mit 14 Jahren und als sie mich im Alter von 30 Jahren auf die Welt brachte, konnte sie niemals mit mir auf dem Spielplatz gehen... niemals mit mir zum schwimmen gehen... niemals mit mir radfahren. Sie konnte mich nicht anziehen, mich nicht baden, mit mir nicht um die Wette laufen oder Fußball spielen.
Aber sie konnte mit mir singen, mit die tollsten Geschichten erzählen, um die Wette puzzlen... und ich habe niemals etwas bei meiner Mutter vermisst.
Ein Kind kann eine Behinderung oder Beeinträchtigung der Mutter oder des Vaters sehr gut kompensieren, wenn man es ihm erklärt. Was ein Kind ganz schlecht verstehen kann: Wenn die Eltern Sorgen und Ängste haben und versuchen, dies vor dem Kind zu verheimlichen. Denn das spürt das Kind.
Deswegen rate ich euch, eurer Tochter so gut es geht zu erklären, dass du nun vieles nicht für sie machen kannst, aber dass irgendwann wieder bessere Zeiten kommen und du wieder die vielen Dinge mit ihr machen kannst. Bis dahin müsst ihr aber andere Dinge miteinander machen... und der Papa muss eben ganz viel abfangen. Dafür ist eine Familie da: Dass man sich gegenseitig in guten wie in schlechten Zeiten hilft. So etwas verstehen auch Kinder.
Vielleicht kannst du ihr - wenn sie schon schreiben und lesen kann - kleine Zettelchen schreiben. Mir hat das immer sehr geholfen, wenn ich meine Mutter gebraucht hätte und sie nicht für mich da sein konnte. Die Zettelchen habe ich immer und immer wieder gelesen und sie haben mich getröstet. Und ja... auch im Zeitalter, wo jeder ein Handy hat, meine ich ganz bewusst kleine Zettelchen. Das ist etwas, was man in der Hand halten kann oder in die Hosentasche stecken. Es ist etwas anderes als eine Nachricht auf dem Handy.
Auf jeden Fall solltest du dir Hilfe suchen, so viel es geht. Freunde, Bekannte, Verwandte, die dir deine Tochter mal "abnehmen". Oder - wie es auch schon hope44 geschrieben hat - lass deine Tochter öfter mal mit Freundinnen nach Hause gehen und dort Zeit verbringen. Irgendwann wird dir diese schwierige Zeit wie ein schlechter Traum vorkommen, wenn alles wieder gut wird. Aber bitte... nimm deine Erkrankung keinesfalls auf die leichte Schulter.
Ich habe sowieso das Gefühl, dass du alles schon sehr gut machst und meine Vorschläge sollen nur ein paar Ergänzungen oder Anregungen sein.
Liebe Grüße
Christina