Das steht, neben dem eigentlich überflüssigen Hinweis, dass ich gut miktionieren kann, in meinem vorläufigen Entlassungsbericht, den mir die behandelnden Jungs und Mädels mitgaben.
Und dieses Mal war bei der TUR-B tatsächlich alles anders. Zunächst gingen in der Zentralverwaltung meiner Krankenkasse nicht sämtliche roten Warnlichter an, man musste dort nicht nach eventuell vorhandenen Rücklagen suchen, brach nicht in Verzweiflung und Gejammer wegen der Kosten aus; denn dieses Mal wurde kein Herzinfarkt diagnostiziert. Das ist ein weiterer Grund zur Freude.
Wegen des Myokardinfarktes vom Februar 2012 riet mir die Anästhesistin, die übrigens einen recht bezaubernden Silberblick hat, zur Spinalanästhesie. Ich folgte diesem weisen Rat und war begeistert: Da ich mit irgendwelchen indianischen Pfeilgiften und geheimnisvollen Pilzextrakten wunderschön sediert war, konnte ich den Vorgängen im Operationssaal intensiv folgen. Die Vorbereitungen dauern nur scheinbar etwas lange, aber das macht einem mal gar nichts aus, da die diversen Mittelchen gut greifen, bis letztlich von den Beckenknochen abwärts alles Empfinden weg ist. Auf dem Flatscreen durfte ich live und in Farbe das operative Tun meines Operateurs verfolgen. Das sah in etwa so aus wie bei mir des Morgens auf dem Frühstückstisch, wenn ich mir vom Kochschinken zwei Scheiben abschneide. Im Übrigen war ich dank dieses Forums vorinformiert und hatte mir das OP-Video reingezogen. Die Bilder glichen sich fast aufs Haar. Ein Umschalten auf RTL ist dann aber für den Patienten nicht möglich. Es gibt da nur den einen Blasenkanal und kein Dschungelcamp.
Als einziger Nachteil der Spinalanästhesie sei die Zeit im Aufwachraum erwähnt. Alle um mich herum waren noch im Dämmerschlaf, und ich lag spritzlebendig dazwischen. Da wird die Zeit schon lang. Meine diversen Versuche, die anwesenden Betreuerinnen mit uralten Urologenwitzchen aufzuheitern, waren nicht von Erfolg gekrönt. Naturgemäß sprachen die nur im Flüsterton und rieten auch mir, meine Stimme zu mäßigen. Schließlich waren die Bettnachbarn noch in Halbtrance.
Auch die Zeit des Wartens auf die Histologie ist lang. Aber das geht wohl jedem so. Um so intensiver konnte ich mich anderen Dingen zuwenden. Dazu zählt ganz besonders der allmorgendliche Aufmarsch der Ärztekohorte - "Visite" genannt. Es ist schwer zu verstehen, warum dieses Ritual aus Ferdinand-Sauerbruch-Zeiten noch immer praktiziert wird. Es wirkt lächerlich, anachronistisch und deplaziert, wenn da eine Horde Weißkittel das vorher so ruhige Krankenzimmer stürmt. Alle sind sie fleißig am Blättern und notieren, während einer -und das ist meist der am schlechtesten Informierte von allen- Anweisungen gibt. Eifriges Nicken rundum, alle gucken bewundernd auf ihren Anführer, und sobald sich einer was zu sagen traut, wird er von eben diesem Anführer verbal abgebügelt.
Sobald man als Patient entsprechend vorinformiert ist, wirkt diese Vorstellung wie eine Realsatire auf Szenen aus dem alten Heinz-Rühmann-Film "Dr. med Hiob Prätorius". Ich durchblickte sehr schnell, wie wenig der ltd. OA informiert war, stellte meine Ohren auf Durchzug, um mir in ruhigeren Stunden einen Assi zu greifen, mit dem ich alles ruhig und fachlich diskutieren konnte. Warum diese Form der Selbstdarstellung im 21. Jahrhndert immer noch so exzessiv durchgeführt wird, ist mir absolut unverständlich. Wahrscheinlich verhält es sich so: Wenn der ltd. OA oder CA zuhause seinen Hund tritt, beißt der zurück, sobald er seiner Frau vorwirft, das Frühstücksei sei zu hart, droht die mit Sexstreik. Dann bleibt eben nur noch die morgendliche Visite, um das Selbstbewußtsein wieder aufzubauen. Und dennoch: Warum spielen dann junge Ärztinnen und Ärzte, die sorgsam Patientenakten studieren, dieses Spiel mit? Die können doch nicht alle auf einen CA-Job hoffen? Nun, mein Problem soll's nicht sein.
Generell fühle ich mich eher wohlauf als nach der ersten TURB im September 2011. Meine Überlegungen, woran das wohl liegen mag, gehen dahin, dass ich zum einen keine Vollnarkose hatte und zum anderen die Mitomycin-Instillation unterblieb. Nach allem, was ich hier im Forum und auf den Wikis las, ist das Zeug nun mal kein Rosenwasser. Ein weiterer Unterschied liegt in der Nicht-Verordnung eines Antibiotikums. Entweder war es damals dieses Medikament oder das Mitomycin oder das Zusammenspiel von beidem, was mich beutelte.
Jetzt kratze ich mich am Kopf und komme mir etwas dumm vor, weil ich mich über den Glückwunsch des Assi, der mir das histologische Ergebnis mitteilte, nicht so richtig freuen konnte. Dabei handelt es sich hierbei um eine Information, die viele Betroffene liebend gerne hätten. Zwar hoffe ich, an der Blasenkrebsfront einen mindestens halbjährlichen Waffenstillstand erzielt zu haben (ungeachtet dessen werde ich die vierteljährlichen Kontrollen einhalten), aber die Schlacht gegen die Herzinsuffizienz ist noch lange nicht geschlagen.
Nun hoffe ist zunächst einmal, dass das doofe weiße Zeug, das da ständig von oben kommt, sich endlich aus dem Weichbild der Landschaft verabschiedet und allenthalben rundum durch Sonnenschein ersetzt wird.
Euch allen wünsche ich einen akzeptablen Vorfrühling, der möglichst fasnachtsarm in die Lande ziehen möge, und Kraft und Mut im Kampf gegen das Monstrum.
Euer Novalis