Hallo Holger, ( Holger ) ,
seit 06/ 2004 habe ich eine Neoblase, also gute 17 Jahre. Bisher macht mir diese Ersatzblase keine Probleme.
Wie lange hat es gebraucht, bis ihr mit Eurem "neuen" Leben zurecht gekommen seid?
Nun, ich war damals 54 Jahre alt, du bist ein Jahr jünger. Gebraucht hat es schon rund ein Jahr. Das größte Problem ist die Kontinenz nachts. Tagsüber wird es relativ schnell funktionieren, nachts haben die meisten Probleme. Das ganze spielt sich aber so nach und nach ein. Alle 3-4 Stunden aufstehen, ja, das war ganz am Anfang so, bis die Neoblase sich gedehnt hat und ein erträgliches Fassungsvermögen erreicht hat dauert es eben. Heute schlafe ich meine 7-8 Stunden durch, diese komfortable Situation hab ich so nach 4-5 Jahren erreicht.. Meine Neoblase fasst heute um die 700-800 ml..
Ehrlich gesagt, am Anfang ist es die Psyche die dir die größten Streiche spielt..
Beispiele: Man wird nervös wenn man keine Toilette in der Nähe weiß, man wird nervös wenn du von jemanden anderes abhängig bist, eine nächste Tolilette zu erreichen (z.B. du fährst mit einem Kollegen zum Flughafen.. Stau.. ect.) Dann ist man der Meinung man muss sofort die Neoblase entleeren obwohl kaum was drinnen ist..
So gibts viele Beispiele. Also, rechne ruhig mit ein paar Jahren bis du alles wieder so easy im Griff hast. Komplett so wie früher wird es nie werden. Ich selbst habe es nicht bereut eine Neoblase zu haben.. Disziplin, Geduld, Ausdauer und viel Spucke sind eben gefragt. Ich würde es wieder so machen.
Was empfindet ihr als größte Einschränkung und als größten Vorteil Eurer Variante?
Größe Einschränkung ? ehrlich gesagt, kann ich dir so im Moment gar nicht sagen.. Ich mache alles das was ich früher mit meiner Originalblase auch gemacht habe. Klar, jetzt bin ich 70, da zieht es hier und juckt es da.. aber ansonsten.. Motorrad fahren, Kochen, Garten, hier und da mal eine übern Durst trinken.. (Achtung.. hier muß ich mir auch den Wecker stellen.)
Relativieren wir man die Nachteile Neoblase
längere Operationsdauer (6h vs 4h) ob 4 oder 6.. wenn du fit bist ist das egal, davon merkst du nichts
aus medizinischer
Sicht pflegebedürftiger als Stoma (Feedback vom behandelnden
Urologen) regelmäßige
Entleerung aller 3-4 h erforderlich (in den ersten Monaten und Jahren auf jeden Fall.. aber nur nachts)
mehr
Schleimbildung und damit Verstopfungsrisiko (durch längere
Verweildauer des Urins) (kann in den ersten Monaten passieren, viel Trinken, dann passiert das nicht)
höheres Risiko
der Übersäuerung (längere Verweildauer des Urins) und des Vitamin
B12 Mangels (längerer Darmabschnitt fehlt) B12 alle 2 Jahre spritzen, wenn Übersäuerung (das hatte ich die ersten 6 Jahre nicht) 1-2 Tabletten am Tag.. für ein Jahr, jetzt wieder ohne Tabletten.
zeitweise
Kathederisierung erforderlich, falls Blase nicht vollständig
entleert werden kann (sonst erhöhtes Infektionsrisiko für die
Nieren), kommt sehr selten vor..kann passieren wenn Blase überdehnt wird oder auch nicht sauber operiert wurde.
Inkontinenzrisiko (vor allem nachts, in selteneren Fällen auch am Tag).. Inkontinenz nachts.. Übung macht den Meister..Tagsüber ist das füt die allermeisten kein Problem.
Rezidivrisiko
vermutlich höher, weil mehr Teile der Blase im Körper verbleiben
(Schließmuskel, Harnröhre) Davon hab ich noch nie gehört.. kann bei Stoma aber auch passieren..
Alles in allem.. hätte, hätte, Fahrradkette.. alles kann, nichts muß..
Klar, alles hat vor und Nachteile.. ich für mich kann nur sagen, ich habs bis heute nicht bereut.
Gruß Rainer