Hallo,
vom 4. bis zum 25.7.2016 war ich in Anschlußheilbehandlung nach einer Blasentumor-Op (Neoblase) in der Klinik am Kurpark in Bad Wildungen bzw. genauer, Reinhardshausen. Anbei mein etwas verspäteter Bericht über den Aufenthalt. Ich hoffe, er ist nützlich.
Viele Grüße,
Achim
Lage
Adresse: Ziergartenstraße 19, 34537 Bad Wildungen.
Die Klinik am Kurpark befindet sich in Reinhardshausen, ca. 2-3 Km von Bad Wildungen entfernt. Insgesamt beherbergt die Gegend ca. 15 Rehabilitationskliniken. Landschaftlich gesehen ist die Lage der Klinik sehr schön.
Die Klinik grenzt unmittelbar an einen weitläufigen Kurpark an, mit Verbindungs- / Wanderwegen nach Bad Wildungen.
Geht man durch den Park nach Reinhardshausen findet man an der Hauptstraße des Orts viele Restaurants, Cafés und Geschäfte (u.a. einen gut sortierten Tabaks- und Zeitschriftenladen). Man ist diesbezüglich nicht von der Außenwelt abgeschnitten.
Anreise, Unterkunft
Ich wurde von einem Freund am Vortag mit dem Auto gebracht (ca. 400 Km). Wir haben uns beide in eine Pension in Reinhardshausen einquartiert. Ich hätte mein Zimmer in der Klinik gegen Aufpreis auch am Vortag belegen können- die Rezeption ist jedoch nur bis 16 Uhr besetzt -unsere Ankunft war gegen 20 Uhr, da war die Pension die bessere Wahl.
Die Pensionszimmer waren einfach aber sauber, der Empfang herzlich. Der Zimmerpreis incl. Frühstück in den meisten Pensionen beträgt (Stand 2017) im Schnitt 34.-
Abends sind wir nach Bad Wildungen etwas essen gegangen (heute würde ich Reinhardshausen bevorzugen; es gibt da durchaus nette Essensmöglichkeiten in der Nähe von Pension und Klinik).
Angehörige können sich für die Dauer der Reha in der Klinik für m.E. 60.- „Vollpension“ mit einquartieren. Meines Wissens ist in diesem Preis auch die Nutzung von Sauna, Schwimmbad u.ä. mit eingeschlossen.
Empfang in der Klinik
Ich habe mich an der Rezeption angemeldet. Das erste, was ich bemerkte war der entspannte, „kundenorientierte“ Umgangston. Man wird eher wie in einem Hotel empfangen. Angenehm!
Anmerkung: Das soll keine Kritik am Krankenhaus sein. Eher war es für mich ein Hinweis darauf, wie unterschiedlich die Situation in Rehaklinik und Akutkrankenhaus doch ist!
Die Rezeption drückte mir einen Fragebogen (den ich zuvor schon per Post erhalten aber vergessen hatte mitzubringen) sowie ein Informationblatt in die Hand. In diesem stand bereits der Arzttermin zur Erstaufnahme (am Tag der Ankunft) sowie ein Labortermin zur Blutabnahme (am zweiten Tag) drin. Des weiteren wurde ich über die „Funktionsweise“ des Terminsystems bei den Anwendungen informiert (dazu mehr später).
Nach kurzer Wartezeit wurde ich von einer Mitarbeiterin abgeholt und in mein Zimmer geleitet. Erwähnenswert: Man bot mir auch an, mein Gepäck aufs Zimmer zu bringen.
Inneneinrichtung
Die Inneneinrichtung der Klinik war modern, gepflegt. Die Zimmer werden vor Bezug penibel gereinigt und desinfiziert. Die Einrichtung meine (standard)- Zimmers war gut, zweckmäßig und ebenso neueren Datums, mit LCD-TV, Minikühlschrank und Balkon. Auf dem Balkon stand ein Gartenstuhl zum Relaxen und Sonnen. Das Badezimmer war gepflegt und mit Badewanne ausgestattet.
Aufnahmetermin beim Arzt
Meinen Arzttermin hatte ich bei einem der Stationsärzte, einem netten bulgarischen Arzt, Dr. Baliev. Er ging unter Zuhilfenahme eines Fragbogens detailliert auf Gründe meiner Anwesenheit in der Klinik und meinem aktuellen Gesundheitszustand (Defizite, Schmerzen, seelisches Befinden usw.) ein. Am Ende erklärte er mir, daß er einen Behandlungsplan für mich erstellen werde. Die Therapieeinheiten würde ich in meinem Schließfach im Eingangsbereich vorfinden. Ich solle am besten täglich nach jeder Mahlzeit einen Blick ins Fach werfen. Falls sich Änderungen ergäben würde ich diese immer zeitnah dort vorfinden. Im Lauf meines Aufenthalts habe ich tatsächlich immer wieder aktualisierte Pläne erhalten -immer mit genügend Vorlauf, nie jedoch sind Anwendungen ausgefallen.
Man erhält am ersten Tag einen Patientenbogen, in dem einige Meßwerte über die Dauer des Aufenthalts einzutragen sind. Darunter fallen
- Puls, Blutdruck, Gewicht (selbst am besten täglich zu ermitteln)
- Wasserverlust in Einlagen (Gramm) bei Inkontinenz (wird 1 Mal je Woche vom Labor errechnet und mitgeteilt)
- Puls und Blutdruck vor und nach dem täglichen „Onkowalking“ (Gehen durch den Park, 1,3 Km)
Visiten
Zweimal die Woche war Visite durch den Stationsarzt, der auch die Aufname durchführte angesagt. Man sollte ruhig mal 50 Minuten auf die angegebene Zeit rechnen („worst case“). Es gibt deutlich weniger Ärzte je Patient als in einem Akutkrankenhaus. Die Visite selbst war bei mir eher kurz, man könnte sagen oberflächlicher als in der Klinik -ich hatte allerdings auch keine spezifischen Nachsorgethemen. Wo angebracht wurde dennoch durchaus auf „meine“ Probleme (Neoblase entleeren? Blut- und Urinwerte / Bakterien?, Gewicht, physische Form usw.) eingegangen. Auch wurde auf Anfragen / Bitten ein Auge auf relevante Punkte geworfen, so wurde z.B. mehrmals eine Ultraschallanalyse von Blase und Nieren durchgeführt. Wegen eines Bakterienbefalls erhielt ich Antibiotika. Der Verlauf wurde regelmäßig bis Ende der Reha geprüft, bewertet und im Abschlußbericht festgehalten.
Medikamentenausgabe
In Gebäude 1 gegenüber dem Hauptgebäude befindet sich die Medikamenten- und Hilfsmittelausgabe. Auf dem Informationsbogen, den man bei Ankunft erhält stehen u.a. die Uhrzeiten, zu denen die Ausgabe stattfindet.
Wichtig: Einlagen gehören zu „Medikamenten“. Unbedingt den persönlichen Patientenbogen bei der Ausgabe dabeihaben! Jede Ausgabe wird im Bogen auf der letzten Seite vermerkt.
Auch gut zu wissen: Hat man die Uhrzeit für die Ausgabe mal verpaßt kann man einen individuellen Termin mit Pfleger(in) vereinbaren. Keine Angst vor Einlagenmangel!
Sozialdienst
Ich habe nach Erhalt des Behandlungs- / Terminplans mit Zufriedenheit festgestellt, daß ich automatisch auch einen Termin beim Sozialdienst der Klinik hatte. Hier wurde mir kompetent beim Ausfüllen diverser Anträge der Rentenversicherung (Übergangsgeld, Behindertenausweis..) geholfen!
Essen
Das Essen findet in einem großen Speisesaal statt. Als „Neoblasenpatient“ gab es für mich „leichte Vollkost“ während andere Patienten „Vollkost“ erhielten. Allgemein gab es die warme Mahlzeit mittags während abends Brotzeit angesagt war. Die Klinik kocht selbst; es gibt eine Lehrküche, aus der auch Kuchen für das örtliche Café kommen. Die Küche legt viel Wert auf lokale Herkunft, Qualität der Zutaten und die eigene Zubereitung. Ich empfand die Qualität der Lebensmittel als sehr gut, die der Küche ebenfalls, auch wenn -den Umständen geschuldet- die Würzung der Gerichte etwas „krankenorientiert“ sind. Es wird einem ein fester Platz an einem Tisch zugewiesen.
Apropos satt werden: Keine Angst, man nimmt sich so oft so viel man mag
Gut: Allergien und / oder Krankheiten (Diabetes) werden berücksichtigt und in den individuellen Speiseplan eingebaut.
Gut auch: Nicht nur die Funktionsweise der Küche und der Speiseabgabe (wo steht was, an wen wendet man sich, was tun bei Abwesenheit..), auch die persönliche Diät wird einem im Rahmen einer kleinen Führung bzw. von einem Mitarbeiter / einer Mitarbeiterin persönlich erklärt!
Anmerkung: Wenn man nicht innerhalb der vorgesehenen Zeiten zum Essen kommt ruft jemand auf dem Zimmer an und erkundigt sich nach dem Befinden.
Möchte man nicht zum Essen kommen weil Besuch da ist (und man außerhalb des Klinikgeländes ist) trägt man sich ein -dann weiß zum einen die Klinik Bescheid, zum anderen können die Gerichte entsprechend disponiert werden.
Therapien
Ich habe in den drei Wochen folgende Therapien genossen:
- Beckenbodengymnastik, täglich
- Beckenboden-Feedbacktraining (2 mal)
- Koordinationstraining, jeden zweiten Tag
- Hockergymnastik, jeden zweiten Tag
- Gerätetraining unter Anleitung / Aufsicht (jeden zweiten? Dritten Tag)
- „Onko-Walking“ - 1,3 Km Rundgang durch den Kurpark (täglich)
- Muskelrelaxation nach Jacobsen (einmal je Woche)
- Wasserdüsenmassage: Man liegt auf einer Art Wasserbettliege; von unten massieren, durch eine Gummiauflage getrennt Wasserstrahlen aus beweglichen Düsen den gesamten Rückenbereich von oben nach unten (3 mal). Man bleibt Trocken
- Warmes Bad (2 mal)
- Wärmestrahlentherapie: Wärmelampe auf unteren Rücken, Nierenbereich (2 mal)
- Wärmepackungen (2 mal)
- ..falls ich etwas vergessen haben sollte trag ich es nach
Anmerkungen zu den Therapien: Mir persönlich haben die täglichen Beckenbodentrainings extrem geholfen. Von „oben rein, unten raus„ nach der OP konnte ich mich auf „99% dicht tagsüber und etwas Verlust nachts“ verbessern. An dieser Stelle explizit eine Ermutigung an Patienten, die ebenfalls dieses Symptom haben! Der „Wasserverlust“ in Gramm wird jede Woche anhand der Einlagen gemessen und im Patientenbogen vermerkt. Das hilft einem, (hoffentlich) gespürte Fortschritte auch anhand objektiver Zahlen zu verifizieren. Das zweite sehr hilfreiche Training in diesem Zusammenhang war das „Feedbacktraining zur Beckenmuskulatur“. Man sitzt auf einer Art Ergometer, bei dem ein Sensor die Beckenbodenmuskulatur abtastet. Auf einem Bildschirm sieht man den Ausschlag in y-Werten von 0 bis 100% auf einer Kurve (x ist die Zeit), den ein Anspannen der Beckenbodenmuskulatur verursacht. Damit werden insbesondere die Anweisungen der Therapeuten wie „leicht anspannen“, „halbe Kraft“ und „voll anspannen“ greifbar! Falls nicht auf dem Therapieplan unbedingt anfordern (war bei einem Patienten der Fall).
Gut: In den einzelnen Übungsstunden können sich mal 2 Therapeuten abwechseln, die Betreuung ist in jedem Fall dennoch konstant. Im Lauf der Zeit wechseln natürlich die Teilnehmer aufgrund der unterschiedlichen An- / Abreisen. Im Wesentlichen ist es jedoch wie beim Eingeschult werden: Man trifft auch hier auf die Kerngruppe von Mitpatienten, teilweise auch Tischnachbarn, die mit einem angekommen sind.
Gut auch: Auch bei Umplanung von Terminen fanden Termine immer am planmäßigen Tag statt!
Anmerkung: Die Therapeuten verwenden in den Übungen nicht viel Zeit auf individuelle Dinge -“Wehwehchen“?- einzelner Patienten. Die Zeiten wurden sehr genau eingehalten, die Einheiten routiniert / professionell durchgeführt -woran ich nichts schlechtes fand. Was ich etwas vermißt habe ist quasi ein Hinweis auf die Möglichkeit, solche Dinge im Rahmen von Individualterminen ansprechen zu können.
Freizeit
Die Anwendungstermine beginnen teils um 7 Uhr (1 Übung vor dem Frühstück) bis etwa 15- maximal 16 Uhr. Es gibt kurze und lange Tage. Somit wird man am Nachmittag in die Freizeit entlassen.
In Gebäude 1 gegenüber dem Haupteingang gibt es ein Billard und einen Bastelraum.
Im Hauptgebäude gibt es einen Klavierraum!
Ich erwähnte bereits die ansprechende Lage der Klinik (Park) und die fußläufige Nähe von Einkaufs- und Essensmöglichkeiten.
Direkt an der Klinik gibt es eine Haltestelle der Buslinie 1, mit der man nach u.a. Bad Wildungen kommt.
Gut auch: In der Klinik, im Eingangsbereich, gibt es ein Café. Dieses möchte ich lobend erwähnen. Es wird von der Klinik betrieben und mit hausgemachtem Kuchen versorgt. Die Preise sind moderat, die Einrichtung hell und die Bedienung freundlich!
Vorträge
Ich habe im Lauf meines Aufenthalts u.a. folgende Vorträge im Plan gehabt und größtenteils wahrgenommen:
- Ziele der Rehabilitation
- Ernährung (I, II, III)
- Positive Wirkung von Sport und Bewegung bei Krankheit
- Prostataeingriffe und Folgen / Risiken (nicht teilgenommen)
..
Gut: Die Vorträge wurden überwiegend von Personen durchgeführt, die es gewohnt sind, vor Publikum zu sprechen und waren dementsprechend professionell. In einigen wenigen Fällen wurden m.E. Einwürfen von Patienten mit individuellen Fragen / Anmerkungen zu viel Platz eingeräumt, was sich negativ auf den „roten Faden“ des Vortrags auswirkte.
Schlecht: Obwohl Präsentationen („Powerpoint“) zu Hilfe genommen wurden war esnicht möglich, das Vortragsmanuskript -auch meinetwegen schreibgeschützt in PDF-Form.- zu erhalten. Das kenne ich aus der Arbeitswelt anders und fand es schade; ich hätte ein Überlassen der Vortragsinhalte als sehr hilfreich nach der Reha empfunden. Begründet wurde dies mit „nicht auf Urheberrechtsicherheit geprüfte Verwendung von Bildern“.
Verschiedenes
Es gibt ein Büro „Terminplanung“, in dem man anwendungsterminbezogene Anliegen und individuelle Terminwünsche (z.B. mit einem Arzt) vorbringen kann. Diese werden i.d.R. dank eines computergestützten Terminsystems sehr professionell „eingeschoben“ und in den eigenen Terminplan eingebaut. Man findet seine Termine dann im eigenen Postfach.
Apropos Postfach: Dort landen alle Dokumente, auch Postkarten und Briefe von außen.
Im Untergeschoß gibt es einen Raum, in dem man den Puls, Blutdruck und Gewicht messen kann. Man wird angehalten, diese Messungen regelmäßig durchzuführen und im Patientenbogen einzutragen.
Ich habe mitbekommen, daß auch bestimmte ärztliche Nachsorgen in der Rehaklinik durchgeführt wurden. Wieweit diese Eingriffe gehen vermag ich nicht zu sagen.
Ich hatte um einen Termin bei der Chefärztin, Frau Dr. Lisa Strauß, gebeten. Die Terminplanung erfolgte reibungslos.
Die Zimmer werden jeden Tag geputzt.
Die Klinik ermuntert ausdrücklich die Abgabe von Bewertungen u.a. im Internet.
Fazit
In meinen Augen verdient die Klinik am Kurpark 4-5 von 5 Punkten. Der reibungslose und professionelle Ablauf ohne Ausfälle, der freundliche Ton und das gepflegte „Ambiente“ haben mich überzeugt. Abzug gebe ich, weil mir keins der in den Vorträgen verwendeten Materialien übergeben wurde. Die dort enthaltenen Tips und Quellen wären sehr hilfreich gewesen. Auch in Zeiten von „Digital“ und aufgrund meiner eigenen Erfahrung aus der Arbeitswelt, wo die Überreichung von Unterlagen quasi Pflicht ist kenne ich das anders. Daß die Klinik dies ändern möge wäre mir ein Anliegen als Patient. Ansonsten: Weiter so!