Auch wenn die Ärzte, die meine Beschwerden abtaten, nicht mehr in meinem Leben vorkommen, hat diese Vorgeschichte dazu geführt, dass ich mir selbst, was die Niere betrifft, den Vorwurf mache, die Symptome nicht besser gedeutet zu haben und zu unkritisch diesen ganzen Diagnosen gegenüber gewesen bin.
Liebe Juli71
Vielen Dank für deine ausführliche, interessante und liebe Antwort.
Was das Zitat angeht: Ich bin so frei und möchte dir gerne sagen: Bitte tu das nicht. Mach dir keine Vorwürfe. Du kannst rein gar nichts dafür und hättest schlussendlich gar nichts ändern können.
Erstens,
wer denkt schon an ein Urothelkarzinom in der Niere. (Damit meine ich auch die Ärzte.) Der ist dermassen selten. (Selbst der eigentliche Nierenkrebs, der Nierenzellkrebs, ist selten und soll anscheinend so gut wie keine Beschwerden machen und wird meist per Zufall entdeckt und dann angeblich meist zu spät...)
Zweitens:
Ich hatte im Herbst 2017 plötzlich ein komisches Gefühl, Harnverhalt und Schmerzen in der rechten Flanke. Aber kein Blut im Urin. Ich dachte an einen Nierenstein, denn mein Bruder ist dafür anfällig. Bin in den Notfall, wo sie mir Morphium gaben und eine Computertomographie machten.
Da ich den Radiologen persönlich kenne, zeigte er mir persönlich die Bilder und sagte, die Nieren und die Harnleiter seien frei. Keine Steine zu sehen. Die Nieren sähen gut aus, die Blase auch. Auch für mich sahen damals die Nieren ganz normal aus. So, wie sie eben aussehen müssen.
Als ich aus dem Notfall entlassen wurde, kam ganz wenig koaguliertes Blut raus, was den Notfallarzt so deutete, dass es evtl. ein kleines Steinchen gewesen sein könnte, der nun rausgekommen ist.
Danach drei Monate keine Beschwerden mehr.
Zwei Tage vor dem "grossen Knall" war mein Urin plötzlich etwas gräulich, dann aber auch wieder nicht mehr. Ich fühlte mich zwar etwas schlapp, aber es war eine anstrengende Arbeitswoche gewesen. Am nächsten Tag war die rechte Rückenpartie etwas komisch, aber ich hatte mit den Rückenmuskeln eh etwas Probleme, da ich etwas mehr als ein Jahr zuvor die Schulter operieren musste und noch Physio hatte.
Ich wäre niemals auf die Niere gekommen.
Und ansonsten ging es mir ja ausserdem gut.
Dann gegen Mittag plötzlich unglaublich viel Blut im Urin. Also das war kein Urin mehr, sondern einfach nur noch Blut. Ich dachte zuerst auch an eine Blasenentzündung, von denen ich sehr viele in meinem Leben hatte, jedoch hatte ich keinerlei Schmerzen oder Brennen. Da ich immer noch Blut löste, ging ich in den Notfall. Erst da bekam ich etwas Flankenschmerzen.
Nach vier Stunden Wartezeit (leider war es Samstagabend und immer wieder kamen all die Alkoholleichen oder diejenigen, die sich im Suff den Kopf angeschlagen hatten, dran, obwohl sie später angekommen waren.. ) haben die mich die ganze Nacht im wahrsten Sinne des Wortes auf Herz und Nieren geprüft.
Die junge Notfallärztin wollte mir nach den CT und dem Ultraschall nicht sagen, was ich hatte, sondern sagte, sie melde es am Montag der Urologie, damit ich dort einen Termin bekomme.
Da es mir wieder gut ging, dachte ich erneut an einen Stein. Nie im Leben an Krebs in der Niere.
Da sich die Urologie nicht meldete und ich am Montag wieder Blut im Urin hatte, ging ich zu einem Urologen in eine Praxis. Der hatte Zugriff auf das CT und zeigte mir meine rechte Niere.
Er sagte, er sähe den Spital-Urologen am Abend und würde ihm Beine machen, dass er mich sofort drannimmt, damit man das herausoperieren kann.
Meine rechte Niere sah aus wie eine grosse, hässliche Kartoffel. Ein schwarzes, unförmiges Etwas. Sie hatte nichts mehr gemein mit dem CT-Bild drei Monate zuvor.
Also, der langen Rede kurzer Sinn:
Drei Monate zuvor hatte sich das ganze angekündigt, aber die Radiologen haben nichts sehen können. Drei Monate später war er zu einem T3 G3 Tumor angewachsen. Und ich hatte in diesen drei Monaten keinerlei Beschwerden.
Zuerst untersuchten die Ärzte beim zweiten Mal auf dem Notfall auch auf eine Blasenentzündung. Aber zumindest haben sie, weil ich keine Schmerzen hatte und ich nehme an, weil ich ihnen gesagt hatte, dass ich drei Monate zuvor (in einem anderen Notfall) wegen der Niere war, ein CT und einen Ultraschall angeordnet.
Es hätte drei Monate zuvor nichts geändert an der Sache, dass die Niere schlussendlich raus musste. Vielleicht wäre es noch kein T3 gewesen. Aber eben, da man damals auf den CT nichts gesehen hatte....
Also, ich hoffe, dass du solche Gedanken schnell auf die Seite schieben kannst.
Da fällt mir noch ein, eine Ärztin auf dem Notfall wollte mich zuerst sogar noch zu einem Nephrologen überweisen. Erst nach den CT und dem Ultraschall sagten sie, das müsse zu einen Urologen.
Ausserdem soll es Patienten geben, die ein Brennen beim Wasserlassen verspüren. Also wenn mir in so einer Situtaion ein Arzt gesagt hätte, es sei wohl eine Entzündung, hätte ich das wohl auch zuerst mal so geglaubt.
Ich habe seit 5 Jahren alle drei Monate eine Kontrolle. Was du sagst, kann ich super gut verstehen. Es braucht jedes Mal ziemlich Nerven... Zwei Mal ging ich gelassen hin. Und beide Male fand er etwas. Ich sag's ja, dieser Pünktchen, Pünktchen, ist ein mieser Verräter...
Aber eigentlich habe ich mich ganz gut mit der Situation abgefunden. Das Krankenhaus ist schon fast mein zweites Wohnzimmer. (Der Urologe hat seine Praxis ebenfalls im Krankenhaus) Und ich bin ein Mensch, der das Glas immer halb voll sieht. Bei allem, was negativ ist, suche ich oder schaue ich, wo ich das Positive finden kann.
Aber was du beschreibst, hatte ich vor allem in den ersten Jahren. Bei jedem Zwicken in der Blase gingen alle Alarmglocken an. Aber auch heute noch beunruhigt mich natürlich jedes Ziehen im Rücken oder jedes Zwicken in der Blase. Gerade nach dem Befund letzte Woche...
Du hast noch ganz viele schöne und gute Sachen geschrieben. Auch die Anmerkung von dir und Bettina zu den Ratschlägen ist interessant. (Die anderen muss ich noch lesen.)
Ich möchte gerne zu einem späteren Zeitpunkt drauf eingehen. Nun sehe ich grad, dass ich gehen muss. Der Anästhesist und das ganze Gedöns im Krankenhaus für die OP nächsten Donnerstag, steht nun an...
Bis gleich
Liebe Grüsse
Seewind