Strahlentherapie bei Blasenkrebs: Die Alternative zur Radikaloperation *

  • Hallo Leute,


    ich stelle mal einen Beitrag von Prof. Dr. Dunst, Chefarzt der Strahlenklinik in Lübeck, ein :


    Allgemeine Grundlagen
    Krebs muss meistens radikal behandelt werden, um ihn dauerhaft zu beherrschen. Dabei muss man berücksichtigen, dass sich Krebs oft unsichtbar in die Umgebung ausbreitet. Wenn man eine Krebsgeschwulst heraus operiert, muss man also nicht nur den sichtbaren Tumor entfernen, sondern auch einen Sicherheitssaum von gesundem Gewebe: Krebs wird „weit im Gesunden“ operiert.


    Früher hat man deshalb fast immer gleich das ganze Organ entfernt, z.B. bei Brustkrebs. Heutzutage werden viele Krebserkrankungen organerhaltend behandelt. Der Arzt versucht also, nur eine kleine Operation durchzuführen und das vom Krebs befallene Organ zu erhalten.
    Bei Brustkrebs gelingt dies heute sehr oft (in etwa 80% der Erkrankungsfälle). Auch bei vielen anderen Erkrankungen, z.B. Muskeltumoren, Kehlkopfkrebs, Prostatakrebs oder Blasenkrebs, wird zunehmend auf eine Radikaloperation verzichtet. Bei diesen organerhaltenden Behandlungen spielt die Strahlentherapie eine wichtige Rolle.
    Mikroskopische Tumorreste, die nach kleinen Operationen in der Tumorumgebung zurück geblieben sind, können nämlich mit vergleichsweise niedrigen Strahlendosen gut beherrscht werden.
    Bei Brustkrebs gilt zum Beispiel: kleine Operation (Entfernung nur des Tumor ohne großen Sicherheitsabstand) plus Nachbestrahlung ist ebenso erfolgreich wie oder sogar besser als eine Radikaloperation mit Brustamputation.


    Blasenkrebs gehört zu den strahlenempfindlichen Tumoren.
    Auch bei Blasenkrebs ist ein Verzicht auf die Radikaloperation möglich. Unter allen Experten gilt dies als wissenschaftlich bewiesen. Bisher hat sich diese Therapie aber noch nicht durchgesetzt; möglicherweise haben Ärzte und Patienten unbegründete Ängste gegenüber der Strahlentherapie.


    Im Folgenden möchte ich die 10 wichtigsten Fragen zum Thema Strahlentherapie kurz beantworten :


    1. )
    Für welche Krankheitsstadien kommt eine Strahlentherapie in Frage?
    Die meisten Blasenkarzinome sind Frühfälle mit sehr guter Heilungsaussicht; diese Tumoren können durch Operation über die Harnröhre (transurethrale Resektion) gut behandelt werden.
    Eine Strahlenbehandlung ist dann nicht nötig.
    Strahlentherapie kommt nur in Frage bei Tumoren, die so groß sind, dass als Operation eine Zystektomie erforderlich wäre. Dann ist die Strahlentherapie fast immer eine gute oder die bessere Alternative.


    2. )
    Ist die Strahlentherapie wirklich genauso gut wie eine Zystektomie?
    Ja. Es gibt zwar keine randomisierten Studien (die als klarer wissenschaftlicher Beweis gelten), aber es gibt überhaupt keinen Hinweis darauf, dass die Radikaloperation besser sein könnte.


    3. )
    Gibt es Fälle, die nicht bestrahlt werden können?
    Eine Strahlentherapie ist fast immer möglich. Auch alte Patienten oder Patienten mit hohem Operationsrisiko können ohne Probleme bestrahlt werden. Nur sehr selten kommt eine Bestrahlung nicht in Betracht, zum Beispiel bei Patienten, die schon einmal in der Gegend der Blase bestrahlt wurden.


    4. )
    Welche Vorteile bietet die Strahlentherapie?
    Die Strahlentherapie hat sehr wenig Risiken. Bei drei von vier Patienten kann die Blase erhalten werden; bei einem Viertel der Patienten ist aber dennoch eine Radikaloperation nötig. Die Strahlentherapie bietet also eine Chance, aber keine Garantie auf Blasenerhalt.


    5. )
    Wie wird eine Strahlentherapie durchgeführt?
    Die Strahlentherapie wird heute nur noch mit modernen Geräten (sog. Linearbeschleunigern, mit computergestützter dreidimensionaler Bestrahlungsplanung durchgeführt.
    Diese moderne Strahlentherapie ist sehr schonend und effektiv. Die gesamte Behandlung dauert etwa sechs Wochen. Es wird jeden Tag an allen Werktagen bestrahlt. Pro Tag dauert eine Bestrahlungssitzung etwa 10 Minuten.


    6. )
    Wann ist eine Chemotherapie (sog. Radiochemotherapie) nötig?
    Bei großen Tumoren kann die Strahlenwirkung durch gleichzeitige Chemotherapie verbessert werden; ich empfehle den meisten Patienten diese Kombinationsbehandlung. Die Chemotherapie ist aber schwach. Sie dient lediglich der Strahlenverstärkung. Meistens wird dazu am Beginn und am Ende der Bestrahlung für einige Tage ein Medikament per Infusion verabreicht.


    7. )
    Kann die Behandlung ambulant erfolgen?
    Ja, größtenteils. Die Fahrtkosten zur Strahlentherapie werden von den Krankenkassen im Regelfall übernommen. Nur bei sehr alten Patienten oder Patienten in schlechtem Zustand ist eine ambulante Behandlung zu risikoreich und deshalb eine stationäre Behandlung nötig. Eine begleitende Chemotherapie erfordert ebenfalls meistens eine kurze stationäre Behandlung für die Dauer der Chemotherapie.
    .
    8. )
    Mit welchen Nebenwirkungen muss man rechnen?
    Gegen Ende der etwa sechswöchigen Therapie treten meistens eine leichte Blasen- und Darmentzündung auf; viele Patienten haben vermehrten Harn- und Stuhldrang. Diese Beschwerden gehen meistens nach 3-4 Wochen von allein zurück. Schwerwiegende Komplikationen sind selten. Deshalb ist die Strahlentherapie gerade auch bei älteren Patienten mit hohem Operationsrisiko die beste Therapie.
    ( Anmerkung : Diese Aussage von Prof. Dr. Dunst bezweifle ich sehr. Hier wird “Schönfärberei” betrieben. Zumindesten hier im Forum haben alle Betroffene, welche mittels Strahlentherapie oder Radio-Chemo-Therapie, ( RCT ), behandelt wurden, starke bis sehr starke Nebenwirkungen erlebt. )


    9. )
    Gibt es Spätfolgen?
    Keine Therapie ist frei von Risiken, auch nicht die Strahlentherapie. Schwere Nebenwirkungen waren früher häufig, kommen heute aber nur noch selten vor. Wenn die Blase erhalten werden kann, ist die Blasenfunktion meistens normal.
    ( siehe Anmerkung Nr. 8 )


    10. )
    Wo kann ich eine Strahlentherapie durchführen lassen ?
    Die Strahlentherapie von Blasenkrebs wird von fast allen Strahlentherapeuten in Deutschland nach definierten Standards mit sehr hoher Qualität durchgeführt. Sicherlich gibt es auch in Ihrer Nähe eine modern ausgerüstete Strahlenabteilung. Unser Sekretariat und die Geschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO, www.degro.org) beraten Sie gern.


    Korrespondenzadresse:
    Prof. Dr. Jürgen Dunst
    Universität zu Lübeck / Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
    Klinik für Strahlentherapie
    Ratzeburger Allee 160
    23538 Lübeck
    Tel.: (0451) 500-6661
    Fax: (0451) 500-3324
    www.strahlentherapie-lübeck.de

  • Hallo Eckhard,


    ich kenne den Artikel von Prof. Dunst natürlich.
    Schließlich hat er seinerzeit dazu beigetragen, dass ich mich zunächst für die RCT entschieden habe.
    Als 1 von 4 (statistisch gesehen), bei dem diese Therapie nicht den erhofften Erfolg brachte, bleibt nach erneutem Lesen ein etwas fader Beigeschmack.
    Aufklärung ist das a u. o. Ich kann aus heutiger Sicht nur jedem, der mit der RCT liebäugelt raten, diese stationär und nach einer möglichst vollständigen Entfernung des Tumors, einer sog. "R0-Resektion" anzugehen. Die Nebenwirkungen betrachte ich aus heutiger, zystektomierter Sicht unangenehmer als die DaVinci-OP-Methode.
    Also bitte alle Möglichkeiten und Risiken sehr gut abwägen.


    Gruß
    Rüdiger

  • Hallo Eckhard,


    vielen Dank für die Einstellung dieses Beitrages, der sich voll mit meinen persönlichen Erfahrungen zu diesem Thema deckt und sicherlich dazu angetan sein kann, RCT weiter etwas bekannter zu machen und evtl. eine persönliche Entscheidung für den zu wählenden eigenen Behandlungsweg zu erleichtern.




    8. )
    Mit welchen Nebenwirkungen muss man rechnen?
    Gegen Ende der etwa sechswöchigen Therapie treten meistens eine leichte Blasen- und Darmentzündung auf; viele Patienten haben vermehrten Harn- und Stuhldrang. Diese Beschwerden gehen meistens nach 3-4 Wochen von allein zurück. Schwerwiegende Komplikationen sind selten. Deshalb ist die Strahlentherapie gerade auch bei älteren Patienten mit hohem Operationsrisiko die beste Therapie.
    ( Anmerkung : Diese Aussage von Prof. Dr. Dunst bezweifle ich sehr. Hier wird “Schönfärberei” betrieben. Zumindesten hier im Forum haben alle Betroffene, welche mittels Strahlentherapie oder Radio-Chemo-Therapie, ( RCT ), behandelt wurden, starke bis sehr starke Nebenwirkungen erlebt. )


    Zu deiner Anmerkung (Schönfärberei) möchte ich aus meinem persönlichen Erleben (Teil-Zystektomie und RCT vor 6 Jahren) sagen, dass sie für den zurückliegenden Zeitraum sicher noch so zutreffend wäre, aber nicht mehr unbedingt für die aktuelle klinische Handhabung der RCT, denn die Entwicklung ist auch hier ja inzwischen fortgeschritten.


    Dabei sollte man auch nicht ganz aus dem Auge verlieren, dass auch eine totale Zystektomie ganz erhebliche Nebenwirkungen haben kann.


    In einem Gespräch mit meinem damaligen Strahlenarzt im Zusammenhang mit meiner aktuellen chronischen (späten) Strahlenblase äußerte der zu meiner damaligen Behandlung, dass man mich heute ganz anders (schwächer und noch gezielter, aber wirksamer) bestrahlen würde, was z. B. die Gefahr einer Strahlenblase (laut Statistik 1-2% aller Bestrahlten) weiter reduzieren könnte.


    Gruß Ebs

  • Hallo Rüdiger,


    Die Nebenwirkungen betrachte ich aus heutiger, zystektomierter Sicht unangenehmer als die DaVinci-OP-Methode.


    ich hatte ja nur eine Teil (1/3)- Zystektomie (aber kein DaVinci) und RCT. Meine nachträgliche Einschätzung ist genau andersrum.
    Aber jeder Patient ist eben anders.


    Zitat

    Also bitte alle Möglichkeiten und Risiken sehr gut abwägen.


    Das kann auch ich nur voll unterstreichen !


    Gruß Ebs
    (Dir weiter alles erdenklich Gute !)

  • Danke Ebs, das gleiche wünsche ich Dir.
    Sicher ist jeder anders. Wenn ich allerdings an manche Nacht zurück denke, die ich mit Blasenkrämpfen und wundem Auspuff zugebracht habe...das wünsche ich keinem.


    Liebe Grüße
    Rüdiger

  • Hmmm - ich bin im Kopf am Sortieren - im Falle, wenn. Und da bin ich über den Strahlenartikel und Eure Kommentare gestolpert.
    Wenn ich es richtig verstanden habe, sprichst Du Dich, Papa, gegen die Strahlentherapie aus? Oder geht die Kritik eher gegen die Nebenwirkungen?
    Und Du, Ebs, findest die Strahlentherapie gut? Wenn auch mit ordentlich Nebenwirkungen?
    Gibt es vielleicht noch mehr Meinungen dazu? Das würde mich sehr interessieren.
    Vielen Dank für Eure Infos!
    (Noch 5 Tage bis zur 2. TUR-B)

  • Dieses Thema enthält 5 weitere Beiträge, die nur für registrierte Benutzer sichtbar sind, bitte registriere dich oder melde dich an um diese lesen zu können.