Liebe Mausi,
ein pT2a G3 und R1? Das wirft leider ein ganz anderes Licht auf die Sache. Hier wird im Regelfall die Blase entfernt, wie Dir ja auch schon gesagt wurde.
Bitte sei so gut und gehe das zügig an. Du bist noch verdammt jung - ich war nur ein Jahr älter als Du - und ein befreundeter urologischer Chirurg sagte vor ein paar Tagen erst, bei jungen Frauen ist es immer fast eine Art Not-OP und das wir jungen weiblichen Nichtraucher die schlimmsten Kandidaten wären - das deckt sich auch mit meinen subjektiven Erfahrungen
Ansonsten:
Ob eine Neoblase möglich ist, entscheidet sich in letzter Konsequenz erst im OP. Das heißt, Du solltest Dich auch mit dem Urostoma vertraut machen. Wenn sich während der OP herausstellt, dass eine Neoblase nicht möglich ist, wird eben eine andere Ableitung gebaut. Man kann mit allen Ableitungen sehr gut leben, dessen kannst Du sicher sein und das hier im Forum auch verfolgen
Ein Pouch scheint recht revisionsanfällig zu sein und wenn er überarbeitet werden muss, beispielsweise bei Verwachsungen, wird es ziemlich kompliziert. Den Pouch einmal bauen ist einfach, reparieren schwierig.
Eine Neoblase ist natürlich eine feine Sache, wenn sie denn gut gelingt. Es besteht nämlich einerseits die Gefahr der Inkontinenz und andererseits der Hyperkontinenz, bei der man sich selbst katheterisieren muss. Andererseits sind die Erfahrungen gerade bei jungen Frauen gut und es gab viele Fortschritte im Bereich weibliche Neoblase. Recht neu gibt es auch den Beruf des Urogynäkologen, der sich bestens mit den Zusammenhängen des weiblichen Beckens auskennt und bei Neoblasen-OP#s zumindest dabei sein kann, wenn die Klinik denn einen hat.
Letztendlich kommt es auf das Geschick und die Erfahrung des Operateurs an. Daher solltest Du unbedingt nach den persönlichen Fallzahlen fragen! Ein guter Chirurg wird immer ehrlich zu Dir sein und auch sagen, dass das alles nicht einfach wird und kein Spaziergang. Wenn da nur Optimismus verbreitet wird, würde ich schon misstrauisch werden. Letztendlich würde ich immer das Gespräch suchen und dann auf meinen Bauch hören. Vertrauen in den Operateur ist fast die halbe Miete
Besprich bitte auch den eventuell möglichen Erhalt Deiner anderen Organe, hier wird aber immer onkologische Sicherheit nach vorne gestellt:
Die Eierstöcke kann man, so augenscheinlich in Ordnung, etwas nach außen drücken und dort festbinden so dass man später noch gut rankommt. Die Scheide sollte nach Möglichkeit unangetastet bleiben. Die Gebärmutter ggfs. raus: an diese kommt man später nun wirklich nicht mehr ran, ohne alles wieder kaputt zu machen.
Wenn die Gebärmutter entfernt wird, fehlt der Blase die Stützung und es besteht die Gefahr, dass die Blase nach unten rutscht und Du im Ergebnis entweder In- oder eben Hyperkontinent wirst. In Berlin baut man seit einigen Jahren sehr erfolgreich Seratom-Netze (textiles Gewebenetz) unter der Blase ein, die die Blase stützen sollen. Manche Operateure machen das sehr ungern, weil es ein Infektionsrisiko darstellt: wenn eine Infektion auftritt, muss das Netz wieder raus und es geht wieder alles kaputt.
Mein Operateur hatte noch nie eine Infektion und verlässt sich da ganz auf sich selbst. Mein Netz sitzt prima, Blase funktioniert prima, alles ist bestens! Allerdings durfte ich auch meine Gebärmutter behalten, was ganz sicher einer gut funktionierenden Neoblase hilft!
Was vielleicht bei Dir auch Sinn machen würde, ist eine genetische Untersuchung. Es gibt verschiedene Genfehler, die zu einem erhöhten Risiko von Karzinomen führen können. Ich wurde auch getestet und am Ende war alles gut was irgendwie mit dem Urothelkarzinom zusammen hängen könnte, es wurde aber eine BRCA2-Mutation festgestellt. In der Literatur gibt es erst einmal keinen Zusammenhang zum Urothelkarzinom, aber ausschließen kann man es nicht. Die Genetiker an der Charite in Berlin gehen auch beim Urothelkarzinom von einem genetische bedingten Geschehen bei mir aus... Gern können wir uns hier bei Gelegenheit noch näher austauschen.
Ansonsten lies Dich hier gern bei uns Frauen ein, stell Deine bestimmt vielen Fragen und heul Dich auch einfach aus. Du hast alles Recht der Welt sauer, wütend und traurig zu sein. Aber nimm auch mit: es gibt ein sehr sehr schönes Leben nach der Zystektomie!
Wenn Du magst, meine Geschichte findest Du hier: Mandelauges Geschichte Wobei ich dazu sagen muss, ich hatte sehr sehr viel Glück, den passenden Operateur an seinem besten Tag und mir ist sehr viel erspart geblieben. Sagen meine Operateure und die müssen ja wissen
Und nicht zu letzt, wenn Du telefonieren möchtest, lass es mich wissen, ich beantworte gerne alle Fragen nach bestem Wissen und Gewissen!
Ganz liebe Grüß vom Mandelauge