Liebe Antigone,
auch von mir ein ganz herzliches Willkommen hier im Forum.
Nun, die Blasenentfernung steht an und es gibt drei Möglichkeiten der späteren Ableitung. Der Vollständigkeit halber möchte ich Dir alle drei kurz vorstellen, auch wenn ich lediglich über die orthotope Neoblase aus eigener Erfahrung berichten kann:
1. orthotope Neoblase:
- Bildung eines Reservoirs aus stillgelegtem Darmgewebe.
- Entleerung natürlich, d.h. durch die Harnröhre.
- Vorteil: ästhetisch vermutlich die schönste Lösung.
- Nachteile: setzt voraus, das kein Tumor im Bereich der Harnröhre und deren näherem Umfeld sitzt; lange OP-Dauer; sehr häufig Inkontinenz, am Anfang eigentlich immer, die auch nicht immer mit der Zeit in den Griff zu bekommen ist; manchmal Hyperkontinenz, die Entleerung klappt nur mittels Katheter, die man selbst setzen muss; durch das mühsame neu erlernen der Kontinenz und dadurch anfangs nächtliches Aufstehen im 2-4-Stunden-Takt für ältere Patienten in den meisten Fällen keine Empfehlung.
2. Pouch: alles ähnlich wie die orthtope Neoblase, nur mit eine Art Ventil im Bauchnabel, in das der Katheter gesetzt werden muss.
- Vorteil: bei Befall der Harnröhre eine echte Alternative zum Urostoma.
- Nachteil: wenige Ärzte beherrschen die Anlegung noch wirklich gut, hier muss man suchen; häufig treten Verwachsungen auf, die operativ zu beheben sind.
-> hier bitte liebe Pouchis gerne ergänzen!
3. Urostoma:
- Es wird ein neuer Ausgang an der Bauchdecke gelegt und mit einem Beutelchen fest abgedeckt. Der Urin wird so aufgefangen und kann, wenn voll, unkompliziert entleert werden.
- Vorteil: kürzeste OP-Dauer; sofort durchschlafen können; sozusagen dicht, bzw. keine Gefahr des in die Hose pinselns, es sei denn der Beutel löst sich mal (selten); einfaches Handling auch im Alter.
- Nachteil: der größte ästhetische Eingriff in die eigene körperliche Unversehrtheit, es gibt aber schöne Lösungen zum Abdecken mittels Gürtel (jedenfalls für Frauen...).
Was in Frage kommt, entscheidet zum einen die Lage der Tumore, aber auch Deine Fitness, Deinen Wunsch wird man versuchen zu berücksichtigen, die onkologische Sicherheit geht aber vor und letztendlich wird es im OP entschieden, wenn das ganze Ausmaß der Erkrankung sicher beurteilter ist.
Zu Deiner Frage, dass soviel geschnippelt wird, habe ich noch Anmerkungen:
Es ist schon so, dass bis vor wenigen Jahren die betroffenen Frauen noch sehr umfangreich operiert wurden: Blase, Eierstöcke, Gebärmutter raus und Scheide bis auf ca. drei Zentimeter zusammengekürzt. Durch die fehlende Stützung der neuen Blase durch die ja ebenfalls entfernte Gebärmutter, lagen die Neoblasen bei Frauen schlecht, fielen ohne die Stützung der Gebärmutter ins Becken zurück, knickten ab usw. Das Ergebnis war in aller Regel entweder Inkontinenz oder Hyperkontinenz.
Seit einigen Jahren gibt es nun dass, was sich als Berliner Neoblase bezeichnet:
- Es wird nur operiert, was onkologisch geboten ist. Bei mir blieben Eierstöcke, Gebärmutter und Scheide unangetastet. Es wurden alle Organe begutachtet und dann für i.O. befunden, was sich auch als richtiges Urteil herausstellte.
- Es wird, auch wenn die Gebärmutter drin bleibt, in aller Regel ein Netz (Seratom-Netz, ein Textilgewebe) unter die Blase gebaut (typisch für die Berliner Schule unter Prof. Miller und daher der Name Berliner Neoblase). Das Netz sorgt dafür, dass die Blase gut liegt und damit auch später gut funktionieren kann. Also sehr wichtig! Nicht überall in der Republik werden Netze gebaut, es wird häufig auf das hohe Infektionsrisiko verwiesen. Da muss man mit den Operateuren sprechen.
- Um später im Fall der Fälle noch gut heranzukommen, werden die Eierstöcke, wenn sie belassen werden, nach außen gedrückt und festgebunden. So macht man bei einer späteren OP nicht unnötig alles wieder kaputt.
- Um die häufigen Darmproblem nach Zystecktomie in den Griff zu kriegen, werden die Darmenden manchmal als Seit-zu-Seit-Anastomosen operiert (Unter einer Seit-zu-Seit-Anastomose versteht man eine Anastomose, bei der zwei Hohlorganabschnitte (z.B. Darmteile) seitlich eröffnet und anschließend an den Öffnungen wieder aneinander genäht werden.). Wenn der Darm zerschnitten wird, schwillt er an. Bei einer End-zu-End-Anastomose ist er dann häufig komplett zugeschwollen. Durch die Seit-zu-Seit-Anastomose bleibt häufiger dennoch genügend Hohlraum, durch den alles durch passt was durch muss. Logisch, ist quasi Geometrie Diese Anastomose dauert länger, ist aufwändiger und damit teurer. Muss man ansprechen.
Nun zur Sexualität: nein, das ist hier absolut kein Tabuthema. Aber wenn ich das richtig sehe, wird das Unterforum erst freigeschaltet, wenn Du einige Beiträge geschrieben hast und damit genügend Punkte beieinander. Aber probiere es einfach mal hier: klick hier
Ich kann aber auch schon mal von mir berichten: dadurch das alles außer Blase und Darm unangetastet blieb, ist auch mit der Sexualität alles wie früher. Ich habe später wegen einer anderen Geschichte meine Eierstöcke entfernen lassen und auch da ist die einzige Folge, manchmal etwas trocken zu sein. Mehr Veränderung gab es nicht. Nicht selten wird berichtet, dass die Neoblase beim Sex tröpfelt. Das lässt sich gut in den Griff bekommen, wenn man vorher kurz auf Toilette verschwindet und gründlich leert. Ich habe damit mittlerweile gar keine Schwierigkeiten mehr.
So, jetzt hast Du erst einmal viele Informationen die verdaut werden müssen. ZU den anderen Ableitungen werden sich sicher noch Mitglieder melden.
Lies Dich in Ruhe in die entsprechenden Unterforen ein und stell all Deine Fragen, wir werden versuchen, diese zu beantworten
Ganz liebe Grüße, Mandelauge