Hallo verehrte Forumgemeinde,
ich melde mich heute mit einer Neoblase und habe soweit alles hinter mich gebracht. 3 Wochen nach Entfernung des Tumors hatte ich einen Urinstau in der rechten Niere. Dieser wurde in einer sehr schmerzhaften, 45 minütigen Behandlung beseitigt und damit die Funktion der Niere gerettet. Bis zur OP am 22.07.20 bin ich also mit einer Fistel in der Niere und einem Beutel am Bein rumgelaufen.
Am 22.07.20 wurde ich in einer 8 Stunden OP behandelt. Nach 2 Tagen Intensivstation wurde ich verlegt und nach 14 Tagen wurde eine Dichtigkeitsprüfung durchgeführt und bis auf den Bauchkatheter alle Schläuche ( 5 ) entfernt. Ich konnte mir alles auf den Monitoren anschauen und es dauerte ca. 50 Minuten, war nicht gerade angenehm und ich hab mich über die Länge der Schläuche, die man verlegt hatte, gewundert. Vorher wurde am 5. postoperativen Tag die 2 Drainagen für Einblutungen entfernt.
Nach 18 Tagen wurde ich entlassen.
Da ich die ganze Zeit nur auf dem Rücken liegen konnte und kaum Bewegungsfreiheit hatte, war nach 4 Tagen die komlette linke Körperhälfte taub und ich bekam etwas Panik.
Ebenso gab es ein Problem mit dem Darm, der erst seine Tätigkeit wieder aufnehmen musste und ich mich nachts permanent übergeben musste. Das hörte tatsächlich auf, als der Darm angefangen hat, zu arbeiten und ich Stuhlgang hatte. War sehr unangenehm die Situation.
Wassereinlagerungen, besonders im Genitalbereich, war ebenfalls ein Problem. Das hatte man mir aber bereits im Vorgespräch angekündigt. Das Problem im Genitalbereich bekam ich mit einem "Hodenbänkchen" in den Griff. Ein kleines Handtuch untergeschoben sorgte dafür, dass der Hodenbereich nicht mehr der am tiefsten liegende Bereich ist und die Schwellungen sind tatsächlich massiv zurückgegangen. Den Tip hat mit eine Schwester gegeben.
Massive Schlafprobleme habe ich mit entsprechenden Schlafmitteln etwas in den Griff bekommen. Der Zustand hat sich erst normalisiert, als ich wieder zuhause war.
Durch die Entfernung der Schläuche konnte ich 2 Tage die Neoblase testen. Ich war erstaunt, dass ich von anfang an keine Probleme mit der Entleerung der Blase hatte. Ich war sofort kontinent und bei der Kontrolle des Resturins über den Bauchkatheter blieb bis auf ca. 10 ml nichts mehr drin. Ich kann nicht sagen, wie es funktionierte. Ich habe über die Entspannung der Schliessmuskel es tatsächlich geschafft, die Blase zu leeren. Anfangs habe ich einen 2 Studen Rythmus eingehalten. Nun bin ich tagsüber bereits bei 3 Stunden und nachts bei 2,5 Stunden. Fassungsvermögen liegt momentan bei ca. 300 - 350 ml und da ich noch viel trinken muss, werde ich wohl noch beim momentanten Zeitmanagement bleiben. Ich habe einmal den Wecker nachts nicht gehört und bin erst nach 5 Stunden aufgewacht. Konnte es trotzdem halten und es ist nichts passiert. Ich bin echt froh, dass ich damit keine Probleme bekommen habe.
Ich bin nun in der Nachsorge und habe am 06.10.20 eine AHB in Bad Wildungen. Nächste Woche kann ich den Bauchgurt endlich ablegen und brauche kein Heparin mehr setzen.
Der histologische Befund der Prostata ergab, dass sich dort ebenfalls schon eine Krebsvorstufe gebildet hatte. Die Ärzte sagen, dass spätestens nach 1 bis 2 Jahren die Prostata auffällig geworden wäre. Hat sich jetzt erledigt, da enfernt. Es wird nun noch geklärt, ob eine Chemo noch angezeigt ist. Von den entfernten Lypmpfknoten war einer auffällig und
mein Urologe ist eher der Auffassung, dass eine Chemo noch nicht erforderlich ist, da es lediglich ein Knoten ist und dieser entfernt wurde. Ich werde mich am 04.09.20 mit dem Onkologen beraten.
Ich habe 21 kg abgenommen und mich mit nunmehr 75 kg auf ein Normalgewicht gebracht. Als Tip habe ich bekommen, noch keine Früchte zu essen. Diese würden sich wegen der Darmverkürzung in der Verdauung wie Gummibärchen verhalten und eine nicht für die Verdauung förderliche Kositenz im Darm bilden.
Leider habe ich im linken Fuß offensichtlich etwas mitbekommen. Ich habe ein taubes Gefühl im Spann und Sehnenbereich und Schmerzschübe. Eventuell wurde durch die OP ein Nerv im Fuß geschädigt und ich muss es untersuchen lassen. Weder Behandlung mit Iboprufen, noch Fußbäder, Kühlen oder Wärme helfen. Wenn ich mich bewege, dann lassen die Schmerzen etwas nach. Man wird sehen.
Zur Behandlung der Schleimbildung nehme ich BICANORM Tabletten und einen Tee.
Zutaten: 100gr Birkenblätter, 100gr Brennesselblätter, 100gr Hagebuttenblätter, 100gr, Ringelblätter und 200 gr Cranberryblätter.
Leider stellen die Apotheken keine Mischungen mehr her und ich habe mir den Tee im Internett bestellt (ca. 60€). Soll aber gut helfen und nach Aussage meines Urologen wird die Neoblase ca. nach 1,5 Jahren die Schleimbildung weitestgehend einstellen.
Insgesamt kann ich sagen, dass das Klinikum WHV eine sehr gute Adresse für eine derartige OP ist. Chefarzt und 2 Oberärzte sowie das gesamte Schwestern- und Pflegeteam haben sehr gute Arbeit geleistet. Auch in psychisch teilweise sehr belastenden Situationen habe sie es geschafft, mich zu beruhigen und davon überzeugt, dass Geduld nun die beste Heilungsoption ist. Einziges Highlight am Tag war der Besuch meiner Frau (1 Stunde erlaubt). Internet funktionierte gar nicht und das Fernsehangebot war trotz Einzelzimmer auf Privatstation mehr als dürftig. Habe ich auch darüber beschwert. Wenn man am Bett festgenagelt ist, Corona den Besuch erschwert und man kaum Abwechslung hat, sollte man wenigstens dafür sorgen, dass das Angebot stimmt. Immerhin werden 179€ für das Zimmer berechnet. Man ist zwar nicht im Hotel, aber wenn man es schon hat, dann sollte es auch funktionieren.
Die Ärzte sind sehr konsequent, strikt nach einem festen Plan vorgegangen und haben sich auch auf nichts eingelassen, ggf. mal davon abzuweichen.
Mit 18 Tagen bin ich einer der wenigen Patienten, der in so kurzer Zeit eine derart schwere OP bewältigt hat.
Ich bin nun auf gutem Weg, arbeite kräftig an der weiteren Genesung mit und hoffe, dass sich der Aufwand gelohnt hat. 2 Gefechte habe ich schon gewonnen, die Schlacht nocht nicht. Momentan ist alles ok und ich hoffe, es beibt so. Das nächste CT im Dezember wird es zeigen.
Gruß
Dietmar