Hallo in die Runde!
Ich bin gerade sehr bewegt, weil Ihr so zahlreich und hilfsbereit geschrieben habt.
Auf Eure Antworten werde ich gern genauer eingehen. Zunächst mal habe ich in der Signatur meinen Spitznamen hinterlegt, damit sich keiner mit meinem Nutzernamen plagen muss. Diesen Namen dürft Ihr gern benutzen.
PetAir:
Den GdB habe ich beantragt. Es werden mindestens 80% werden. Meine zusätzlichen Vorerkrankungen könnten auch noch etwas "beisteuern". Der Vorgang ist in Bearbeitung. Ja, die Steuerbefreiung werde ich mir dann gleich eintragen lassen. Sicherlich wird das etwas helfen. Das meiste muss ich trotzdem irgendwie erwirtschaften. Ich habe im letzten Monat (grob überschlagen) etwa 800 € für Inko-Material etc. ausgegeben. Das Zeug ist teuer und mein Verbrauch hoch(ich will auch nicht stundenlang im Nassen sitzen). So viel kommt bei der Steuerbefreiung nicht heraus...
Dein Einwand bezüglich meiner frühen Arbeitsaufnahme ist sicherlich berechtigt. Ich versuche, den echten Stress möglichst gering zu halten und kann auch Pausen machen. Aber es ist natürlich anstrengend und belastend. Keine Frage. Momentan schaffe ich täglich etwa 6 Stunden. Dann ist der Akku weitgehend verbraucht und ich mache Feierabend. Dabei hat es natürlich mehrere Gründe, warum ich schon wieder arbeite. Erstens: Herumhocken macht mich psychisch kaputt. Zweitens: Ich liebe meinen Job und ziehe daraus auch viel Energie! Drittens: Ich bin Vorgesetzte eines kleines Teams und zahlreicher Auszubildenden. Meine 3 Kollegen haben schon letztes Jahr während meiner Krankheitsphasen (OPs, BCG-Therapie usw,) meine Aufgaben mit übernehmen müssen und durften dies dann gleich ab Januar wieder für 2 Monate tun. Sie haben alles gegeben, keine freien Tage, kein Urlaub, nichts. Das geht nicht auf ewig. Und Ersatz gibt es nicht für erkrankte Kollegen. Da kam mit meiner Wiedereingliederung auch wieder etwas Entlastung ins Team. Sie halten mir weiter den Rücken frei, nehmen mir alles ab, wenn ich nicht kann - ich habe die besten Kollegen der Welt. Das macht es einfacher. Nun bin ich seit 2 Wochen wieder "voll" da, muss aber nicht voll arbeiten. Habe das auch so mit Betriebsarzt und Personalabteilung besprochen. Da gibt es eine lange Leine und solange es bei uns in der Abteilung irgendwie rund läuft, interessiert sich auch keiner dafür, ob ich 5 Stunden arbeite oder 6 oder 10. Überstunden zum Ausgleich habe ich mehr als genug, da kann ich auf das sanfte Polster zurückgreifen und mein Arbeitspensum entsprechend meiner Befindlichkeit gestalten. Viertens: Der ständige Krankengeldbezug bei heftigen Ausgaben sorgt auch für finanzielle Belastungen. Das geht nicht auf Dauer.
Mir ist aber bewusst, dass ich Grenzen habe, die deutlich anders liegen, als vor der OP. Seit der Diagnosestellung habe ich Termine mit einer Psychologin, die psychoonkologisch qualifiziert ist und mir gut helfen kann. Außerdem gönne ich mir längere Pausen. Und ich gehe früh ins Bett (nicht unbedingt zum Schlafen, aber wenigstens zum Ruhen).
Dein Gedanke bezüglich der DK-Nutzung und des negativen Effekts auf den Schließmuskel hat mich bisher auch von der Nutzung abgehalten. Hinzu kommt das Infektionsrisiko (auch bei bester Hygiene). Aber das gibt es beim Einmalkatheterisieren ja auch...
Bettina:
Das ist so lieb von Dir!
Er sagt, ich soll auf der Toilette sitzen bleiben, bis ich urinieren kann. Dann aufstehen, herumgehen und noch mal nachentleeren.
Problem dabei ist, dass ich gar nicht so schnell auf die Toilette komme... Ich versuche zu entleeren, sitze ewig da (in unterschiedlichen Haltungen), presse mir ein paar Tropfen und etwas Schleim ab. Dann stehe ich auf, gehe ein bisschen vor dem Klo auf und ab - nix passiert. Und plötzlich schießt der Urin ohne Warnung aus mir aus mir heraus. Ich kann nicht sagen, wann. Ich spüre nichts. Manchmal ein kurzes Ziehen unter dem linken Rippenbogen, bevor die Entleerung startet. Meistens merke ich nichts. Und das Ergebnis dieser Technik: Bad geflutet, Kleidung voll, Mensch unglücklich. Putzen und duschen nach jedem Toilettengang? Möchte ich nicht.
Ich habe mir jetzt eine EasyPee gekauft. Das ist eine Stehpinkel-Hilfe für Frauen. Das will ich jetzt am Wochenende mal ausprobieren. Vielleicht klappt es damit.
Chris1965 :
Hihihi. Den kenne ich. Bei uns im Krankenhaus hieß er "Pups-Tee". Getrunken habe ich ihn noch nicht. Ein Versuch kann nicht schaden - auch wenn es mir davor graust. Das Aroma von Fenchel und Anis finde ich sehr anstrengend. Aber ich werde es versuchen. Wenn ich damit nicht zurechtkomme, gebe ich ihn an entsprechende Teetrinker weiter. Danke für das süße Angebot der Übernahme.
Ich benutze meine kleine Heizdecke zum Wärmen. Das hilft aber leider nicht immer. Vor allem kann ich sie auch nicht immer gut auf dem Bauch behalten, weil ich durch die Schmerzen solche furchtbaren Schweißausbrüche habe. Dann gehe ich kaputt.
Getuli:
Die Idee mit der Wanne ist genial. Ich werde es probieren.
Zu Deinen Bedenken bezüglich des Arbeitens habe ich oben für PetAir schon meine Gründe geschrieben. Ich bin jedoch sehr dankbar für Eure Fürsorge und werde mich gut beobachten. Wenn es mir schadet, höre ich auf.
ricka:
Deine Vermutung, dass der Schleim das Aufsaugen des Urins in der Pants verhindert und deshalb so viel ausläuft, ist natürlich extrem clever. Darauf wäre ich jetzt erst mal nicht gekommen. Ich habe meine Pants untersucht. Du könntest durchaus Recht haben. Aber was soll ich tun? Der Schleim ist immer da. Mal mehr, mal weniger. Und er geht auch ab.
Er ist oft das Einzige, was in der Toilette landet...
Wegen des Katheters bin ich noch unschlüssig. Ich werde aber beim nächsten Uro-Termin mal danach fragen.
Lioma:
Wie hat es bei Dir mit dem Arbeiten geklappt? Du schreibst so, als hättest Du damit keine positiven Erfahrungen gemacht... Magst Du mir ein bisschen berichten? Was hat sich ohne Arbeit verbessert? Und wie kann man sich das leisten...?
Mari On:
Shit, so lange... Das macht mir ja Angst. Was hat bei Dir zum Erfolg geführt?
Ich finde die Durchfall-Attacken extrem belastend. Bis ich "leer" bin, kann ich eigentlich die Nähe der Toilette nicht verlassen. Und da sich das teilweise über Stunden hinzieht, bin ich in meinem Aktionsradius erheblich eingeschränkt. Von den Schmerzen wollen wir gar nicht sprechen. Hast Du einen Tipp? Wie sind Deine Erfahrungen mit Nahrungsmitteln?
Geduld? Die geht mir langsam aus... Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich da nie mehr rauskomme. Ich fühle mich wie ein Wrack...
Hat jemand Erfahrung mit ACC gemacht, um den Schleim zu verflüssigen? Den Tee mit Brennnessel etc. kann ich nicht trinken. Den habe ich in der Reha bekommen und sofort erbrochen. Geruch und Geschmack von dem Zeug sind für mich ein Affront...
Ich habe mir gerade mal einen Satz Einmalkatheter bestellt und werde das nächste Woche ausprobieren, um die Blase zwischendurch mal komplett zu entleeren. Vielleicht bekomme ich dann auch einen Rhythmus hinein. Ich gehe zwar in einem Abstand von etwa 2 Stunden auf die Toilette (auch nachts), aber da ich die ganze Zeit Urin verliere, ist die Blase meistens leer oder es kommt nichts.
Ich möchte mich noch einmal ganz herzlich bedanken - für Eure Kraftpakete, die Tipps, die lieben Wünsche und das freundliche Interesse. Auch wenn ich dadurch innerlich sehr berührt bin (und alle Schleusen sich öffnen). Ich fühle mich von Euch ernst genommen, verstanden, ein bisschen getragen und oftmals ermutigt. Eine Krebserkrankung zu bekommen, ist furchtbar. DIESE Krebserkrankung ist doppelt übel, weil durch das betroffene Organ eine besondere Verletzlichkeit entsteht. Ich habe deshalb für mich beschlossen, dass nur eine kleine Anzahl an wirklich vertrauenswürdigen Menschen meine Diagnose kennt (und meine Probleme auch). Trotzdem musste ich einmal hören "das ist doch nicht so schlimm!" und habe das mit einer bösen, sarkastischen Bemerkung quittiert. Damals stand ich noch am Anfang, hatte gerade erst meine Diagnose bekommen und konnte noch auf Ressourcen zurückgreifen. Heute ich bin ich erschöpft, nicht mehr so belastbar, nicht mehr so konzentriert, nicht mehr so schlagfertig und viel empfindlicher. Jede/r ist mit der Diagnose erst einmal allein. Klein. Hilflos. Irgendwie wund. Wie seid Ihr mit Zeitgenossen umgegangen, die Euch mit ihren Kommentaren verletzt haben? Ich bin noch auf der Suche nach verbalem Schutz, damit ich irgendwann mal offensiv mit meiner Erkrankung umgehen kann. Allein das Tragen der Pants ist schon entwürdigend genug. Die ganzen körperlich Beschwerden machen mir das Leben schwer. Und wenn dann noch (vielleicht unbeabsichtigt abwertende) Kommentare hinzukommen, bin ich ganz schnell an einer Grenze angekommen.
Ich WAR immer schlagfertig und humorvoll. Voller Energie, mutig und davon überzeugt, dass ich alles irgendwie schaffen kann. Davon ist nicht mehr viel übrig geblieben. Aber ich habe den Eindruck, dass viele von Euch ähnliche Gefühle kennen. Und Ihr seid schon erfahrener. Was habt Ihr Euch zurechtgelegt, um in schwierigen Momenten nicht sprachlos dazustehen?
Ein sonniges, entspanntes Wochenende wünscht Euch
Teddy