79410 Badenweiler, Römerbergklinik (Bericht aus dem Jahr 2016)

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    Guten Tag,


    ich war nach meiner OP (radikale Zystektomie, Anlage einer Neoblase im Januar 2016) zur AHB noch in der Kurparkklinik in Bad Nauheim, nun nach der adjuvanten Chemotherapie (Mitte Apil bis Anfang Juli 2016) habe ich der ARGE zur Auswahl 2 Reha-Kliniken mit urologischem Schwerpunkt, Sankt Peter Ording oder aber Badenweiler, vorgeschlagen. An die See kommen wohl vorzugsweise Lungenpatienten, jedenfalls erhielt ich vorerst 3 Wochen im Schwarzwald bewilligt (13.10. - 02.11.16).


    Diesmal wurde ich zur Anreise nicht von einem Fahrer abgeholt, sondern bewerkstelligte die Fahrt mit dem Zug (ab Düsseldorf 2 x umsteigen) allein. Dass ich mein Gepäck vorab per Hermes hätte verschicken können, hatte ich irgendwie übersehen, dafür musste man sich aber schon 2 Tage vorher von seinen Siebensachen zwecks Abholung durch den Kurier trennen. So gehörte die Anreise mit Koffer für mich Vielgereiste, allerdings mit Fatigue-Syndrom-Geschlagene, mit zum Programm "Schritte zurück ins normale Leben" :)

    Nun ja, meine Globetrotter-Ehre war in dem Moment, als mir am Hbf Freiburg im Breisgau der zur Hälfte mit Einmal-Kathetern gefüllte Koffer vom Laufband nach oben kippte, und ich dort zusammengesackt und völlig erschöpft wie auch hilflos auf halber Treppe "hing", reichlich angekratzt. Von dem Abenteuer des Sich-Selbst-Katheterisierens auf einer wackeligen Zugtoilette will ich gar nicht erst weiter berichten... musste ich auch dort den kleinen Lofric-Spiegel aus der Zugtoilette fischen? Ich weiß es nicht mehr...

    Endlich am Bahnhof Müllheim (Baden) angekommen, wurde ich vom Sammeltaxi-Fahrer abgeholt. Ein älterer Herr, der meinen Koffer tragen wollte... nein, das konnte ich nicht zulassen.

    Die Römerbergklinik ist tatsächlich recht hoch am Berg, etwas "fernab vom Schuss" gelegen.


    Nach dem Großbetrieb des Glaskastens Kurparkklinik in Bad Nauheim fiel mir sofort das Ruhige, Reduzierte, etwas "altbacken" Wirkende dieser Knappschafteinrichtung der Deutschen Bahn auf.

    "Ojeh, passe ich hier 'rein? Kommt man ohne Auto hier weg?", diese Gedanken schossen mir durch den Kopf.


    Der sensationelle Blick auf den nahgelegenen Berg (Mittelgebirge) von dem mir zugewiesenen Einzelzimmer (mit Balkon) entschädigte mich für diesen anfänglichen Schrecken.


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    Vor den Aufzügen hingen Aufklärungsschilder darüber, dass jede Treppennutzung die Kalorien für einen verspeisten Schokokuss verbrauchen würde. Auf mich, die ich 2 Kleidergrößen durch die OP und die anschließende Chemo verloren hatte, und die so etwas Zuckriges als Krebspatientin sowieso nicht essen würde, wirkte diese "Ermahnung" wenig beeindruckend. Außerdem war ich ja schlapp und trug die hausärztliche Diagnose "Fatigue" wie einen Abwehrschild vor mir her. Somit "durfte" ich zusammen mit den älteren, gehbehinderten Herrschaften den Aufzug benutzen. :)

    Nun ist aber die Klinik so verwinkelt gebaut, dass man bei einem etwas abgelegenerem Zimmer und mit dem Warten auf den Aufzug oft 5 Minuten bis zur Therapieeinrichtung im UG benötigte. Pünktlich zu jeder Anwendung zu sein, das mit Einplanung der 4stündlichen Toilettengänge, das ging also eher mit der frisch-fromm-fröhlichen Nutzung der Treppe.


    Warum ich diesen einzelnen Punkt so herausstelle?


    Er dient als gutes Beispiel dafür, dass in der Römerbergklinik eine freundlich gemeinte Führung der Patienten stattfindet, damit diese tatsächlich auch aktiv etwas für ihre Genesung tun.


    Der mich betreuende Oberarzt, Dr. Kurtz, war seit längerer Zeit endlich wieder ein Arzt, zu dem ich richtig gern ging, da er mich mich rundumfassend beraten hat (sowohl urologisch, psychologisch als auch sozialmedizinisch) und mir auch noch deutlich zu verstehen gegeben hat, dass ich mich nach der grossen OP und der Chemotherapie auch nach vielen Monaten allen Grund hätte, mich so schlapp fühlen zu dürfen, dass es aber auch wieder besser werden würde. Die Römerbergklinik organisiert keine Gesprächskreise unter gleich Betroffenen, aber stattdessen kam ich, organisiert durch den Oberarzt, als einzige Blasenkrebspatientin, in die Gymnastikgruppen der gynäkologischen Krebspatientinnen (in Bad Nauheim hatte ich mich als einzige Frau unter den vielen Prostatakrebspatienten gar nicht wohl gefühlt (Gesprächskreise gab es da auch nicht). So aber quatschte man zum Beispiel in der Damensauna eher zufällig über gemeinsame Erfahrungen, wie die Chemotherapie.


    Die Atmosphäre in der Römerbergklinik ist sehr familiär, die mir zugeteilten Therapeuten sprachen mich alle mit Namen an.

    Das Beckenbodentraining war sehr auf meine persönliche Situation bezogen, die Therapeutin hat mir einfach über ihren aufgelegten Tennisball ein Biofeedback gegeben (kein Schnickschnack mit Elektrostimulator nötig).


    Das Freizeitprogramm in der Klinik ist ansprechend, die abendlichen musikalischen Events richtig gut (so dass teilweise sogar Nicht-REHA-Patienten aus der Umgebung zum Tanz in die Cafeteria kamen). Die Lehrküche der Ernährungsberaterin ist klasse (sie ist auf dem neuesten Stand, da mein Bruder sich als Gesundheitscoach ständig - auch ernährungstechnisch - weiterbildet, kann ich das beurteilen).

    Die Masseurin war sehr gut, auch die Therapeuten für das betreute Gerätetraining (und das, wo ich sonst einen großen Bogen um jedes Fitnessstudio mache), das Wassertraining und die Bewegungsgymnastik. Ein kleines Highlight für mich: Tai Chi.


    Badenweiler selbst hat ein sehr ansprechendes Kurhaus, es gibt dort auch einen "Park der Sinne".


    Blick von der Burg "Belvedere" in Badenweiler:


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    Zusammengefasst: Nach dieser REHA wirke ich nicht nur auf meine engen Bekannten wie ausgewechselt. Ein Beweis: Wo ich anfangs meinte, noch nicht einmal Treppenstufen hochsteigen zu wollen, bin ich in der 4. Verlängerungswoche bis zur Burg Belvedere hochgekraxelt.


    Ich werde in Zukunft bei einer eventuellen 2. REHA wieder zur Römerbergklinik fahren, nur bei den Fotos im Saunabereich (von einer Nordsee- oder Ostseeküste) kam bei mir etwas Bedauern auf, dass Badenweiler doch nicht an der See liegt. Stattdessen traf ich dort eine neue Bekanntschaft aus Flensburg, die schon zum 2. Mail in Badenweiler war. :-).


    Ein Gruß an Alle,


    BladderBee