7 Jahre bis zum MAINZ-Pouch I (12. März 2012)
Nach einigen Monaten mit winzigen Blutpartikeln im Urin, Schmerzen beim Wasserlassen, vermuteten Blasenentzündungen und letztlich ratlosen Ärzten kam es im Frühjahr 2001 nach einer schnellen Runde Nordic Walking (mit einer Senioren-Weltmeisterin, die Tempo machte!) zu einer Makrohämaturie. Nach einer nun als notwendig angesehenen Blasenspiegelung beim Urologen bekam ich die Verdachtsdiagnose und nach einer TUR-B im Klinikum Darmstadt die bestätigte Diagnose "Blasenkrebs", mit 48 Jahren (und auch sonst ohne Risikofaktoren!). War das nun mein ganzes Leben? Wird es weitergehen? Wenn ja, wie? Die Todesangst war ein Hammer aus heiterem Himmel! Diese "Grenzerfahrung" (so nennen das die Psychologen) konnte ich bald überwinden durch Informationen und die daraus gewonnene Erkenntnis, daß G3CIS zwar schlimm ist, der pTa aber das Anfangsstadium darstellt, in dem der Krebs gut behandelt werden kann. Außerdem kann ein bekannter Feind beobachtet und so im Schach gehalten werden! Der Krebs war also kein Todesurteil! Nach einer 2. TUR-B in der Uniklinik Mainz wurde von Prof. Thüroff vorgeschlagen, die Blase trotz CIS zu belassen und eine BCG-Behandlung durchzuführen.
Die BCG-Behandlung war, durch eine weitere TUR-B in Mainz bestätigt, erfolgreich, der Krebs danach verschwunden. Nun wurde ich zum gewissenhaften Nachsorgegänger, alle 3 Monate wurde von Prof. Thüroff das Licht in der Blase angemacht und nachgeschaut. Der Feind wurde beobachtet, um ihm die Möglichkeit zum Überraschungsangriff zu nehmen. Die Krebsgefahr wurde zum Teil meines Lebens, aber nicht zum alleinigen Lebensinhalt. Ich lernte, damit umzugehen und mich auch auf den Fall einzustellen, daß eine große Operation mit Blasenentfernung notwendig werden könnte. Nach 4 Jahren meinte Prof. Thüroff bereits, wir können nun bald vom 3-monatigen auf ein 6-monatiges Nachsorgeintervall übergehen, doch zu früh gefreut. Beim nächsten Mal im Jahr 2005 wurde das 1. Rezidiv festgestellt, ein pTaG2.
Der Tumor wurde mit einer TUR-B entfernt und danach mit Mitomycin evtl. Reste bekämpft. Eine weitere TUR-B brachte die Erkenntnis: Nichts mehr feststellbar! Bei der Mitomycin-Behandlung waren die ersten 6 Einheiten im Wochenrhythmus problemlos, die folgenden 6 Einheiten im Monatsrhythmus allerdings mit heftigen Blasenentzündungen über je 2 Tage verbunden. Warum, wußte keiner, es ging eine Meldung an den Hersteller.
Mit den Blasenspiegelungen habe ich sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Die Erste beim niedergelassenen Urologen war traumatisch, weil sehr schmerzhaft. Danach habe ich einige unter Dormicum machen lassen, was jedoch nur in der Klinikambulanz ging (Uniklinik Mainz), wegen der Überwachung von Vitalfunktionen. Nach der Zusage von Prof. Thüroff, es ganz vorsichtig ohne Dormicum auszuprobieren, habe ich gemerkt, daß es auch anders geht, allerdings immer noch unangenehm. Bis ich irgendwann mal darauf kam, daß hier Arzt und Patient zusammenarbeiten müssen. Ich kniff nämlich unwillkürlich alles zusammen! Also gut geschmiert (2 x Instillagel tief reindrücken und dann zuklemmen, dann noch 1 x unmittelbar vor dem Eingriff), mit dem Endoskop bis vor die Prostata und dann mir Bescheid sagen. Ich habe dann systematisch alles entspannt, was es im Becken zu entspannen gibt - und ohne daß ich was merkte, wurde die Prostata passiert. Das hat mir sehr geholfen, die Blasenspiegelungen alle 3 Monate über 7 Jahre auszuhalten.
Die Darstellung der ableitenden Harnwege (Nieren, Harnleiter, Blase bzw.Pouch) mit Kontrastmittel im Röntgenbild funkionierte nur zweimal. Denn beim 2. Mal kam es zu einem allergischen Zwischenfall mit dem (jodhaltigen) Kontrastmittel. Meine Erkundigungen hinsichtlich möglicher Alterativen führten zu einer radiologischen Praxis in Darmstadt, die ein neues MRT-Gerät bekommen sollte, mit dem diese Untersuchung mit einem nicht jodhaltigen Kontrastmittel möglich sein sollte. Mein Angebot, mich zur gegebenen Zeit als Versuchskaninchen zur Verfügung zu stellen, wurde dann auch angenommen und so verbrachte ich eine Stunde in der Röhre. Die Bilder waren sehr gut, selbst Prof. Thüroff war beeindruckt und erbat sich eine Kopie. Ich mache diese Untersuchung seitdem jährlich, erfreulicherweise bisher immer ohne Befund! Heute werden die Bilder digital auf CD gespeichert und ich kann mir mit meinem Exemplar mein Innenleben auf dem heimischen PC anschauen.
Nach weiteren 3 Jahren wurde bei einer Nachsorge-Blasenspiegelung um August 2008 das 2. Rezidiv entdeckt und mit einer weiteren TUR-B (wieder pTaG3CIS) bestätigt. Mit G3CIS und einer fragilen Blase nach 7 TUR-B wurden weitere TUR-B als nicht mehr sinnvoll angesehen. Die Blase mußte entfernt werden. Nach 7 Jahren Zeit, um mich auf diese Situation einzustellen, hatte die Blasenentfernung und die Anlage des MAINZ-Pouch I für mich keinen Schrecken mehr. Immerhin war ich bei Prof. Thüroff und dem Team der Urologie der Uniklinik Mainz in den besten Händen, das wußte ich aus der dort bereits gemachten Erfahrung. Von allen Seiten wurde mir gesagt, ich sei jung (55!), fit (na ja!) und mein (kleiner) Bauch sei kein Problem. Auch seien mein Bluthochdruck und meine Allergien keine Probleme. Ich entschied mich dafür, den Ärzten das alles zu glauben. Im Verhältnis zu anderen, deutlich älteren Patienten hatten sie sicherlich recht. Und meine Fragen besonders an die Anästhesisten zur Ausschaltung von befürchteten Operationsrisiken wurden mir mit viel Zuversicht beantwortet. Ich galt als im Wesentlichen gesund, und die von mir befürchteten Risiken sah man als gut beherschbar an. Das gab mir eine Menge Zuversicht! Und es nahm mir die Angst vor der Operation. Warum sollte ich mir Sorgen machen, wenn die Experten sich keine machten? Wir entschieden, einen Mainz-Pouch I zu machen, um das Rezidivrisiko in der Harnröhre zu vermeiden und eine endgültige Lösung herzustellen. Das war am Donnerstag.