Aktualisierter Cochrane-Review zu Prostatektomie und alternativen Konzepten ohne sofortigen Eingriff

  • Erzeugt am : 28. Juni 2020

    Uhrzeit : 22:45

    Von : Blasenkrebs Online-Selbsthilfegruppe

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    Titel : Aktualisierter Cochrane-Review zu Prostatektomie und alternativen Konzepten ohne sofortigen Eingriff

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    Inhalt :

    Ein aktualisierter Cochrane-Review kommt zu dem Ergebnis, dass radikale Prostatektomie bei lokalisiertem Prostatakrebs gegenüber Watchful Waiting zu verbesserten onkologischen Ergebnissen führt, aber auch mit höheren Raten an Harninkontinenz und Erektiler Dysfunktion verbunden ist. Im Vergleich von radikaler Prostatektomie zu aktiver Überwachung zeigen die Daten weniger eindeutig verbesserte onkologische Ergebnisse, zumindest was das Überleben betrifft, jedoch ebenfalls verschlechterte Kontinenz und sexuelle Funktion.

    Als Alternative zur sofortigen radikalen Prostatektomie wurden bei lokalisiertem Prostatakarzinom (T1–2, N0, M0) die Konzepte „aufmerksames Zuwarten“ (Watchful Waiting) und „aktive Überwachung“ (Active Surveillance bzw. Active Monitoring) in randomisierten, kontrollierten Studien geprüft. Watchful Waiting bedeutet eine gegebenenfalls verzögerte Behandlung unter Beobachtung und palliativer Betreuung, unter Active Surveillance/Monitoring versteht man eine engmaschige Überwachung und eine verzögerte lokale Behandlung mit kurativer Absicht. Beide Konzepte wurden jetzt einer neuen Evidenzbewertung durch die Cochrane-Gesellschaft unterzogen. Es handelt sich um ein Update eines Reviews, der bereits 2010 veröffentlicht wurde.

    Nach Auswertung diverser Datenbanken, Versuchsregister und Konferenzzusammenfassungen schlossen die Autoren vier randomisierte, kontrollierte Studien mit 2635 Teilnehmer (Durchschnittsalter zwischen 60 und 70 Jahren) in ihre Analyse ein. Drei multizentrische Studien aus Europa und den USA verglichen radikale Prostatektomie mit Watchful Waiting (n=1537) und eine verglich radikale Prostatektomie mit Active Surveillance (n=1098).

    Radikale Prostatektomie versus Watchful Waiting

    Die Analyse ergab, dass radikale Prostatektomie wahrscheinlich das Todesrisiko aus irgendeinem Grund reduziert (Hazard Ratio [HR] 0,79; 95% -Konfidenzintervall [KI] 0,70–0,90; 3 Studien mit 1537 Teilnehmern; Evidenz mit moderater Sicherheit). Radikale Prostatektomie senkt wahrscheinlich auch das Risiko des Todes durch Prostatakrebs (prostatakrebsspezifische Mortalität nach 29 Jahren; HR 0,57; 95%-KI 0,44–0,73; 2 Studien mit 1426 Teilnehmern; Evidenz mit moderater Sicherheit). Zudem könnte die radikale Prostatektomie das Progressionsrisiko nach 19,5 Jahren verringern (HR 0,43; 95% KI 0,35–0,54; 2 Studien; I² = 54%; Evidenz mit geringer Sicherheit) und kann wahrscheinlich das Risiko einer metastasierenden Erkrankung reduzieren (HR 0,56; 95%-KI 0,46–0,70; 2 Studien; I² = 0%; Evidenz mit moderater Sicherheit).

    Die allgemeine Lebensqualität nach zwölf Jahren ist wahrscheinlich für beide Gruppen ähnlich (RR 1,0, 95%-KI 0,85-1,16; Evidenz mit geringer Sicherheit). Die Harninkontinenzrate kann erheblich höher sein (Risk Ratio [RR] 3,97; 95%-KI 2,34-6,74; Evidenz mit geringer Sicherheit), gleiches gilt für die Rate der erektilen Dysfunktion (RR 2,67; 95%-KI 1,63–4,38; Evidenz mit geringer Sicherheit), beide nach 10 Jahren.

    Radikale Prostatektomie versus Active Surveillance

    Bezugnehmend auf einer Studie mit 1098 Teilnehmern mit zehnjähriger Nachbeobachtungszeit gibt es laut Cochrane-Review wahrscheinlich keine Unterschiede zwischen radikaler Prostatektomie und Active Surveillance in der Zeit bis zum Tod aus irgendeinem Grund (HR 0,93; 95%-KI 0,65–1,33; Evidenz mit moderater Sicherheit). In ähnlicher Weise ist das Risiko, an Prostatakrebs zu sterben, zwischen den beiden Gruppen wahrscheinlich nicht unterschiedlich (HR 0,63; 95%-KI 0,21–1,89; Evidenz mit moderater Sicherheit). Radikale Prostatektomie reduziert aber wahrscheinlich das Progressionsrisiko nach zehn Jahren (HR 0,39; 95%-KI 0,27–0,56; Evidenz mit moderater Sicherheit) und das Risiko der Entwicklung einer metastasierenden Erkrankung (RR 0,39; 95%-KI 0,21–0,73; Evidenz mit moderater Sicherheit). Die allgemeine Lebensqualität während der Nachsorge unterschied sich nicht zwischen den Behandlungsgruppen. Die Harntraktfunktion (mittlere Differenz [MD] 8,60 Punkte niedriger; 95%-KI 11,2–6,0 niedriger) und sexuelle Funktion (MD 14,9 Punkte niedriger; 95% KI 18,5–11,3 niedriger) auf dem Erhebungsbogen EPIC-26 (Expanded Prostate Cancer Index Composite-26 waren in der Gruppe mit radikaler Prostatektomie schlechter.

    „Basierend auf Langzeit-Follow-up führt die radikale Prostatektomie im Vergleich zu Watchful wahrscheinlich zu wesentlich verbesserten onkologischen Ergebnissen bei Männern mit lokalisiertem Prostatakrebs, erhöht aber auch die Rate von Harninkontinenz und erektiler Dysfunktion deutlich“, schlussfolgern die Cochrane-Wissenschaftler, schränken aber auch ein, dass diese Ergebnisse größtenteils auf den Daten von Männern beruhen, deren Erkrankung vor der weit verbreiteten Einführung des PSA-Tests diagnostiziert wurde. „Im Vergleich zu aktivem Monitoring, basierend auf einer Nachbeobachtungszeit von bis zu zehn Jahren, hat die radikale Prostatektomie wahrscheinlich ähnliche Ergebnisse hinsichtlich des Gesamtüberlebens und des krankheitsspezifischen Überlebens, verringert jedoch wahrscheinlich das Risiko eines Fortschreitens der Krankheit und einer metastasierenden Erkrankung“, schließen die Autoren weiter. Die Harntraktfunktion und die sexuelle Funktion seien bei den mit radikaler Prostatektomie behandelten Patienten wahrscheinlich vermindert.

    (ms)

    Publikation:

    Vernooij RW, Lancee M, Cleves A et al. Radical Prostatectomy Versus Deferred Treatment for Localised Prostate Cancer. Cochrane Database Syst Rev 2020 Jun 4;6(6):CD006590.

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    05/2009 CIS, 02/2010 pT4 a, G 3, sechs Zyklen Chemotherapie, Gem/Cis, 08/2018 Nephrektomie rechts


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  • wolfgangm

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