Liebe Blasenkrebs Onine Selbsthilfegruppe,
zuerst mal möchte ich euch frohe Weihnachten wünschen und mich kurz vorstellen. Ich heiße Robin, bin gerade 33 Jahre alt geworden und wohne im Rhein-Main Gebiet. Ich bin seit einigen Wochen stiller Mitleser, und habe viel vom Forum profitiert - daher möchte ich jetzt auch etwas zurückgeben, und habe natürlich auch einige Fragen und Interesse an einem Austausch. Ich bin, ich war, bis August 2020 ein kerngesunder Familienvater. Also Papa bin ich natürlich immer noch, mit der Gesundheit ist das aber so eine Sache. Mein Sohn ist zwei Jahre alt, meine Frau ist selber Ärztin und in wenigen Wochen erwarten wir unser zweites Kind.
So, und warum habe ich mich hier angemeldet?
Ca. Ende Juni, Anfang Juli habe ich beim pinkeln ganz am Schluss ein paar, leicht rot-bräunlich gefärbte Tropfen Urin gelassen. Unregelmäßig, insgesamt vielleicht ca. 3-4 mal innerhalb von 5 Tagen. Natürlich direkt mit meiner Frau besprochen, die sagte sinngemäß "Ja, erstmal weiter beobachten, das ist in den allermeisten Fällen nichts schlimmes". Dann ging's ja auch wieder weg. Ich mache ziemlich viel Sport, vielleicht etwas übernommen? Beim Beachvolleyball vielleicht einen etwas zu heftigen Stoß abbekommen. Zu wenig getrunken etc. Ging dann auch wieder komplett weg.
Ende August dann, völlig unerwartet, ist beim letzten Wasser lassen vor dem ins Bett gehen der Urin komplett wie eine Flasche Rotwein, schmerzlose Makrohämaturie. Eigentlich wollten wir am übernächsten Tag, Samstag, in den Urlaub fahren, aber da sagte meine Frau dann doch, geh mal zum Urologen, vor dem Urlaub, und lass das abklären. Alle Praxen haben aber spontan keine Zeit. Dann halt zur Uniklinik in die urologische Notfallambulanz. 5h warten, dann schallt eine junge Assitenzärztin die Blase und sieht nach 5 sek direkt: oh oh, da ist was in der Blase was da nicht hingehört. Damit ihr keinen Roman lesen müsst, der Rest dann etwas schneller erzählt:
- 4 Tage später (Ende Aug 20): erste TUR-B in Offenburg (mit Hexvix) . Der sehr erfahrene Oberarzt sagt nach der OP, er glaubt, alles raus zu haben, aber es war ein richtiger Tumorrasen, ca 3x4 cm groß. Diagnose: PTa G3. Vorsichtiges durchatmen.
- 6 Wochen später (Anfang Okt 20): zweite TUR-B (auch mit Hexvix). Der Arzt sagt postoperativ: sah alles gut aus, aber schwer zu sehen, weil noch soviel entzündet war!
- 2 weitere Wochen später: Histo von der 2. TURB ergibt zusätzliches CIS.
Dann sah es so aus. PTis G3. Optionen wurden erklärt, besprochen. Frühzystektomie oder in die BCG Therapie einsteigen mit regelmäßigem Mapping TURs? Ich habe viele Meinungen gehört, Leitlinien gelesen, hatte durch meine Frau das Glück, mit vielen Urologen sprechen zu können.
Ich habe mich letztlich für eine radikale Frühzystektomie entschieden. Die Gründe und Gegenargumente muss jeder für sich selbst einschätzen und bewerten. Mir fiel die Entscheidung extrem schwer. Meine Hoffnung ist: lieber ein langes Leben mit Neoblase als die alte Blase, und immer zittern zu müssen, dass die BCG nicht anschlägt, oder ein understaging vorliegt, oder man sonst irgendwie ins Hintertreffen geraten könnte.
- Anfang November dann die große OP. Ich wurde in der Uniklinik Dresden operiert, ohne Da-Vinci.
Die OP ging bis auf eine Kleinigkeit (der PDK saß leider nicht richtig, das hatte die ersten 5 post-OP Tage zeitweise sehr starke Schmerzen zur Folge) gut. Keine seriösen Komplikationen, manchmal ging das Spülen aufgrund von Schleim nicht gut....aber sonst alles i.O. und so durfte ich nach 12 Tagen wieder nach Hause. Histo ergibt keine Spur vom Tumor in der Blase, der Prostata und den 10 entnommenen Lymphknoten. Onkologisch gesehen das beste, was mir passieren konnte.
Genau eine Woche später dann Beginn der AHB in Bad Nauheim. Nach der ersten von drei Wochen AHB habe ich beim Niesen einen "Riss" im Bereich der Wunde verspürt, aber das Ultraschall und auch mein Allgemeinzustand haben nichts weiter ergeben. Alles normal hoffentlich.
Meinem Urologen zuhause gefällt der Schleim nicht. Das war vor der AHB schon viel, und ist jetzt anscheinend noch mehr. Rechte Niere ist etwas erweitert. Ich musste aber nie Kathetern oder so.
Seit gut 10-14 Tagen ist es bei mir so:
Tagsüber trinke ich 3-4 ltr Tee (diese supermischung hier aus dem Forum), auch ACC600, auch Preiselbeersaft... alles was man halt so machen kann. Ich weiß, alles nicht evidenzbasiert, aber der Schleim muss raus. Manchmal kommt auch beim Wasser lassen ziemlich viel Schleim mit - würde sagen ca ein Esslöffel voll mit dem Schmodder. Manchmal garnichts. Meine Blase schafft nach anfänglichen 150ml mittlerweile schonmal locker 300ml, einmal waren es sogar 400. Ich messe aber auch nicht jedes mal. Ich spüre den Harndrang spätestens durch einen leichten Druck im Bauch, oder den Nieren. Anfangs hat sich die volle Blase eher durch tröpfeln in die Vorlage bemerkbar gemacht. Die Nächte haben sind von alle 1,5h-2h Wecker auf mittlerweile alle 3h entleeren entwickelt. Komme damit sehr gut zurecht. Ich mache so um die 4000-5000 Schritte pro Tag, in Form von meist einem größeren Spaziergang. Mehr geht noch nicht, dann spüre ich leichte Krämpfe im Bereich der Narbe. Nehme 2 Bicanorm am Tag, sonst keine Meds.
Wie gesagt, die OP ist erst gut 7 Wochen her, und ich bin in Sachen Kontinenz weiter, als ich es mir je erhofft hatte.
Potenz ist noch nicht wirklich da, aber ich glaube manchmal ein wenig Regung zu spüren. Wäre aber glaube ich, trotz meines jungen Alters nicht das Ende der Welt wenn man später auf Hilfsmittel zurück greifen müsste.
Ich probiere so positiv wie möglich zu bleiben. Aber an Wunder glaube ich nicht ... und irgendwie, die nächtliche Kontinenz ist fast ein bisschen zu schön um wahr zu sein.
Könnte die nächtliche Kontinenz eine positive Folge von zu viel Schleim sein, und die Blase versiegelt sich sozusagen immer selbst? Andererseits, warum sollte es dann tagsüber so gut klappen mit der Miktion? Ich muss schon immer etwas mit pressen damit es läuft, aber jetzt auch nicht so, dass die Augen 2cm aus dem Kopf herausstehen.
Es ist vermutlich ein bisschen sehr Früh, um den Tag schon ausschweifend zu loben. Aber BISHER muss ich sagen: ich bin sehr froh, diesen Schritt gemacht zu haben und bislang lief es overall echt gut!
Liebe Grüße und Frohe Weihnachten allerseits!
Robin