Hallo zusammen,
meine Freundin hat seit Mai letzten Jahres einen musekelinvasiven Blasenkrebs. Der damalige Tumor wurde mittels TURB herausgenommen. Im pathologischen Gutachten wurde festgestellt, daß es sich um einen kleinzelligen, neuroendokrinen Blasenkrebs handelt, also nicht typisch, sondern sehr, sehr selten - erst recht mit dieser Lokalisation. Gleichzeitig wurden Metastasen in der Leber entdeckt (aber darüber hinaus keine weiteren in anderen Organen, auch nicht in den Lymphknoten).
Die Urologen, die zunächst immer von Zystektomie gesprochen hatten wollten wegen dieser Metastasen nicht operieren (es hieß „wir können nichts mehr für Sie tun“). Die Onkologen führten dann eine Chemotherapie mit 3 Zyklen Cisplatin/Etoposid und drei weiteren mit Carboplatin/Etoposid durch. Diese war zwar anstrengend und hatte eine Menge Nebenwirkungen, aber sie war erfolgreich: die Metastasen in der Leber waren im Herbst in der Leber komplett weg. Die Chemo endete Anfang November.
Die Blasenspiegelung im Dezember brachte jedoch erneut einen ca. pfefferkorngroßen Befund, nun mit einem Urothelkarzinom mit carcinoma-in-situ-Anteilen, aber ohne die neuroendokrine Komponente. (Zur Info eine Einteilung nach der klassischen TNM-Klassifikation hat es nicht gegeben.) Jetzt wollten die Urologen nun doch wieder die Blase herausoperieren. Die Onkologen waren eher zweifelnd, der neuroendokrine Tumor würde wieder kommen. Meine Freundin hatte sich schon fast zur Zystektomie entschlossen, im Februar sollte der OP Termin sein, da schien es nun doch noch einen anderen Weg zu geben, den der Bestrahlung im Protonentherapiezentrum München.
Im März wurden dort allerlei Untersuchungen durchgeführt CT, MRT und PET-CT. Im PET-CT stellte sich heraus, dass der neuroendokrine Tumor nicht mehr nachweisbar war (in der Leber waren nur noch Zysten). Jedoch konnte in der Blase kein „Ziel“ für die Bestrahlung ausgemacht werden, da schlicht zuwenig Tumorgewebe vorhanden war.
Im April wurde erneut eine TURB vorgenommen. Dabei wurde in wenigen Gewebespänen wieder ein Urothelkarzinom erneut mit Anteilen eines carcinoma-in-situ festgestellt. Und erneut stellte sich die Frage, was tun.
Die Urologen rieten dringend zur Zystektomie, der Tumor würde weiterwachsen und über die Blasenwand hinaus in die Gebarmutter und die übrige Umgebung einwachsen; wenn das passieren würde könnte man nichts mehr tun. Die Onkologen meinten jedoch, das würde nichts bringen, am Blasenkrebs würde sie nicht sterben. Der limitierende Faktor wäre der neuroendokrine Tumor, dieser würde sehr wahrscheinlich wiederkommen, wahrscheinlich sogar innerhalb eines Jahres. Es käme mehr darauf an, die Lebensqualität zu erhalten.
Woher die Onkologen diese Gewissheit nehmen, ist nicht ganz klar: neuroendokrine Tumore sind normalerweise im Magen-Darmtrakt angesiedelt und sehr, sehr selten. Kleinzellige neuroendokrine Tumoren der Blase gibt es in Deutschland weniger als 20. Aussagekräftige Statistiken kann es da eigentlich nicht geben.
Gestern wurde erneut eine TURB durchgeführt. Jetzt ist ein großer Tumor in der Nähe der Eintrittsöffnung des einen Harnleiters gefunden worden. Dieser konnte nicht komplett abgetragen werden.
Was soll man nun tun?
Die Urologen werden weiterhin zur Zystektomie raten. Die Onkologen sagen, man soll abwarten bis der neuroendokrine Tumor wieder kommt und bis dahin nichts tun. Weder Urologen noch Onkologen bieten zur Zeit eine Chemotherapie an. Beide sagen eine Strahlentherapie sei ausgeschlossen, weil sie nichts bringen und eher Schaden anrichten würde (wobei hier die „normale“ Strahlentherapie gemeint ist; mit der Protonentherapie kennt sich hier in diesem Krankenhaus niemand aus).
Seit April ist die Blasenwand immer entzündlich und ödematös gewesen. Mir scheint das Urothelkarzinom wächst ungerührt weiter. Der neuroendokrine Tumor ist zur Zeit komplett weg. Es gibt keine Metastasen. Meine Freundin ist 63 und ansonsten total fit und hat keine weiteren Krankheiten.
Ob es doch besser ist, die Blase herausnehmen zu lassen in der Hoffnung der neuroendokrine Tumor bleibt noch lang weg oder kommt vielleicht - wider erwarten - doch nicht zurück. Wenn der neuroendokrine Tumor nicht wäre, wäre die Entscheidung wohl eindeutig.
Ist es jetzt nicht auch ein Warten darauf, dass sich doch noch irgendwo eine Metastase des Urothelkarzinoms bildet z.B. in den Knochen, der Lunge oder dem Gehirn? Meines Wissens bekommt man Metastasen des Urothelkarzinoms doch fast gar nicht mehr weg, oder?
Was meint Ihr?
Ich würde gern auch wissen wollen, ob es nicht doch noch eine Möglichkeit für eine Chemotherapie gibt? Und falls es hier einen Experten für
Strahlentherapie gibt, gibt es da nicht heutzutage mehr Möglichkeiten auch mit konventioneller Strahlentherapie?
Ich bin für jeden Rat und jede Idee dankbar.
Viele Grüße Sis