Hallo miteinander,
ich bin neu hier im Forum und möchte versuchen, ein wenig von der geballten Erfahrung zu profitieren, die sich hier versammelt.
Vorweg:
Ich leide nicht an Blasenkrebs, trotzdem steht bei mir eine Entfernung der Blase bzw. eine künstliche Harnableitung im Raum.
Zu meiner pathologischen Vorgeschichte:
Ich war erstmals mit etwa zwei Jahren wegen einer Raumforderung im Unterleib in ärztlicher Behandlung – den exakten Befund konnte ich bei meinen jetzigen Recherchen nicht mehr genau ermitteln. Im Alter von fünf Jahren wurden bei mir eher zufällig Urethralklappen diagnostiziert, welche in den Jahren 1989/90 zwei Mal geschlitzt wurden. Ich hatte in der Folge mein gesamtes Leben ein massives Problem mit nächtlicher Inkontinenz und war etwa im Zwei-Jahres-Turnus im Krankenhaus und in ständiger urologischer Behnadlung. Wegen einiger familiärer Belastungen zu dieser Zeit, wurde auch eine psycho-somatische Ursache nicht ausgeschlossen und wegen ausbleibender, körperlicher Befundung eigentlich irgendwann als Hauptgrund ausgemacht. Mit etwa 18 Jahren war ich dann letztmalig zu einem großen Untersuchungsmarathon im Klinikum Augsburg – auch dieser Besuch blieb ohne greifbares Ergebnis. Damals habe ich mich völlig und völlig frustriert von dem Problem abgewendet und mich mehr schlecht als recht mit meiner nächtlichen Inkontinenz eingerichtet.
Nun bin ich 31 und habe vor einem Jahr eine ziemliche Hiobsbotschaft bekommen. Es fing mit etwas an, was ich zunächst für eine Blasenentzündung hielt (war bereits das zweite oder dritte Jahr in Folge der Fall) und wofür ich mir beim Hausarzt ein Antibiotikum verschreiben ließ. Zwei Tage später fing ich nach eitrigem Urin an, tief rotes, fast schwarzes Blut zu pinkeln und bin zum Urologen gegangen. Noch am selben Tag wurde ich eingeliefert und meine extrem gestauten und entzündeten Nierenbecken künstlich über Nierenfistelkatheter abgeleitet. Meine neurogene Blasenstörung hatte sich in den letzten zehn Jahren wohl derart ausgewachsen, dass die Blasenwand sich immer weiter verdickt hat, bis sie anfing, die Harnleiter beim Übergang durch die Blasenwand zuzudrücken. In der Konsequenz hat sich der Urin vermutlich über Jahre in den Harnleitern hoch bis in die Nieren gestaut, ohne dass sich etwas davon mitbekommen hätte – vermutlich auch aufgrund der Tatsache, dass ich ohnehin nie wusste, wie ein normales Miktiosverhalten aussieht.
Meine Nierenfunktion hat recht stark gelitten, sie leisten momentan etwa 60% der altersentsprechenden Normalfiltrationsrate. Dabei leistet die rechte Niere etwa 75%, die linke entsprechend ca. 25%. Meine Harnleiter sind aufgeweitet und aton, erzeugen also keine peristaltischen Bewegungen mehr. Die Blase wird sich wohl nicht mehr regenerieren, weshalb sie auch als Reservorir nicht mehr in Frage kommt.
Die Aussicht:
Nach sehr sehr vielen Besuchen bei verschiedenen Ärzten bin ich persönlich mittlerweile bei zwei Optionen angelangt, nämlich dem Ileum Conduit oder der orthotopen Neoblase nach Hautmann. Beim Conduit würde ich die Blase erstmal im Körper lassen wollen, damit nicht an den Nervensträngen für die Sexualfunktionen herumgeschnitten werden muss. Natürlich ist die Perspektive für den Rest meines Lebens einen Beutel auf dem Bauch zu haben gewöhnungsbedürftig – ich kann es mir momentan gar nicht wirklich vorstellen, um ehrlich zu sein.
Die Neoblase würde einen ständigen ISK nötig machen. Grund dafür ist einerseits mein nicht richtig funktionierender Schließmuskel, v.a. aber die atonen und in diesem Fall auch nicht anti-refluxsiv verpflanzten Harnleiter, durch die jeder kritische Druck eher nach oben in die Nieren aufsteigen würde als nach unten abfließen. Bei der Neoblase würde der Blasenhals stehengelassen werden – trotzdem besteht natürlich die Gefahr, dass die Sexualität in Mitleidenschaft gezogen würde. Vor allem belastet mich der Gedanke was passieren könnte, sollte diese Möglichkeit sich bei mir aufgrund der Häufung verschiedener Probleme nicht so entwickeln, wie gedacht. Es wäre ja durchaus denkbar, dass ein weiterer großer Eingriff und Umwandlung zu einem Ileum Conduit die Erektions- und Ejakulationsfähigkeit vollends killt. Ich weiß auch gar nicht ob, würde die Neoblase in ein Urostoma umgewandelt, der Blasenhals zugenäht werden könnte oder ob gar die Prostata dann mit raus müsste.
Mich würde hier auch interessieren, wie Leute prinzipiell mit der Neoblase klarkommen. Wie spürt Ihr wann es Zeit ist auf die Toilette zu gehen? Wie macht Ihr das in der Nacht? Wie schätzt man das ab, denn die Nieren produzieren zwar ständig aber nicht immer die selbe Menge?
Ich habe wirklich großen Respekt, um nicht zu sagen Schiss vor diesem, mein Leben nachhaltig verändernden Eingriff und möchte mich im Vorfeld so gut wie irgend möglich informieren.
Vielen Dank schon mal